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M. 133.

Amts- und Änzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

91. Jahrgang.

«tnungSw«cse: Smal wöchentlich. Anzeigenpreis i Im Oberamto Talw silr die einspaltige BorgiSzeile lO Pfg.. außerhalb desselben 12 Psg.. iltokEen LS Psg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Leleson 8.

Freitag, den 9. Zuni 1918.

Bezugspreis: In der Stadt mit Lrügerlohn Mt. 1.A vierteljährlich, Pott- bezugSpreis für den OrtS- und Nachbarvrtsverkehr Mt. 120. im Fernverkchr Mt. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.

Die russische Entlastungsoffensive für die Italiener.

Es scheint, dag der Alliiertenkriegsrat doch das Ergeb­nis gezeitigt hat, daß die Kriegführung auf feindlicher Seite jetzt mehr nach einheitlichen Gesichtspunkten gerichtet wird, jo daß Sonderinterefscn nicht mehr so kraß in Erscheinung treten wie zu Anfang. Eine Ausnahme machen jedoch die Engländer, die ihre bisherige Zurückhaltung auf den Land- kriegsschauplätzen mit der großen Inanspruchnahme aus airdern Gebieten Kriegsmaterialien- und Rohstoffversorgung der Alliierten, Flotte und Finanzen entschuldigt haben. Wäh­rend nun auch heute überall unter dem rücksichtslosen Ein­satz der letzten Reserven gekämpft wird, herrscht nur auf dem englischen Frontabschnitt an der Westfront eine verhältnis­mäßige Ruhe. Wie die Russen anfangs des Jahres an un­serer Südostfront und im März von Dünaburg bis Smorgon mit ungeheueren Massen angriffen, um einmal unsere Bal- kanoffenfive, zum andern unsere Offensive im Westen zu er­schüttern, so opfern sie sich heute zu Gunsten der Italiener. Es muß geradezu fürchterlich sein, welche gewaltigen Men- schenmassen auf der Front von der rumänischen Grenze bis zum Pripet angesetzt werden. Teilweise ist die Infanterie in 1« Reihen oorgetricden worden. Dieses Mal ist auch eine ganz enorme Munttionsverschwendung zu beobachten. Die zu stürmenden Stellungen wurdcndurch lang andauerndes bisher unerhörtes Trommelfeuer bearbeitet. Wie man hört, sollen für die Angriffe größtenteils Truppen der Kaukasus­armee herangezogen worden sein, wodurch der schnelle Rück­zug der Russen gegenüber den mit verstärkter Macht angrei­fenden Türken dortseldst seine Erklärung finden könnte. Wenn die Russen aber dort einen großen Teil ihrer Mann­schaften wcgnehmen mußten, so beweist das. daß auch der russische Mannschastsersatz nicht unerschöpflich ist. Diese Of­fensive aber wird weiterhin wütend an der Kraft der russi­schen Heeresreserven fressen. Daß die Massenangriffc bis heute noch kein wichtiges Ergebnis gezeitigt haben, außer der Zurücknahme österreichisch-ungarischer Truppen in die zweite Verteidigungsstellung an zu stark feindlichem Feuer ausgesetztcn Stellen, zeigt, daß die Russen trotz ihrer lan­gen Vorbereitungen dis jetzt noch keinen wichtigen Punkt an der Südostfront so bedroht haben, daß rin Durchbruch von Einfluß auf die Eesamtfront im Südosten werden könnte. Die Russen haben bisher nur Erfolge erzielt in Wolhynien, wo die Linien unserer Verbündeten am weite­sten vorgeschoben, und deshalb am meisten gefährdet waren, nicht aber an der galizischcn und bukowinischen Grenze ,wo die Hauptverteidigung steht. So dürfen wir hoffen, daß auch diese neueste, vielleicht letzte, russische Kraftanstrengung keine ungünstigen Folgen für uns hat, wenn wir uns natür­lich auch nicht werden verhehlen inüssen, daß unsere tapferen Verbündeten schwere und hartnäckig« Kämpf« zu bestehen haben werden. Denn die russischen Machthaber möchten eben vor Torschluß wohl doch noch irgend ein wertvolles Pfand in die Hand bekommen.

Unsere Bundesgenossen niüjsen umso fester hinstehen, als sie doch gleichzeitig mit großer Kraft daran gegangen sind, dem treulosen Dreibundgenosjen an ihrer Südwestgrenze die richtige Antwort auf dessen Verrat zu geben. Im Verlaus von zwei Wochen haben die österreichisch-ungarischen Trup­pen ihren wohlvorbereitcten Angriff in den Vizentiner Al­pen zu einem glücklichen ersten Abschluß gebracht. Die erste italienische Verteidigungslinie ist erschüttert, die stärksten feindlichen Werke und befestigten Stellungen wurden be­zwungen, der Feind aus dem österreichischen Gebiet im Sü­den vertrieben und außerdem wurden noch mehr als 250 Quadratkilometer feindliches Gebiet besetzt. Dazu kommen über 30 000 Gefangene und gewaltige Beute an Kriegsmate­rial. Das ist für den ersten Abschnitt der Offensive ein er­freuliches Ergebnis. Und nach dem letzten Bericht geht der Angriff auf der Front südlich ArsieroAsiago stetig weiter. Die Rüsten haben also vorerst mit ihrer Enilastungsoffenfive kein Glück gehabt. In Italien aber beginnt die öffentliche Meinung nun unruhig zu werden. Es sind trotz der rück­sichtslosesten Zensurtätigkett nach und nach doch die Nach­richten von der unglücklichen Kriegslage ins Volk gedrungen.

Zur Frage der Reichseisenbahnen.

(WTB.) München, 8. Juni. Bei der Beratung des Eisenbahnetats in der Kammer der Abgeordneten er­klärte Berkehrsminister von Seidlin bezüglich der Frage einer Reichseijenbahngemeinschast, die Frage sei zur Zeit erledigt. Preußen habe erklärt, daß es seine Bahnen in der Hand behalten müsse. Er könne für Bayern die gleiche Erklärung abgeben. Die getrennte Verwaltung der Staatseisenbahnen habe sich im Frieden und Kriege bewährt. Es könne nicht die Rede davon sein, datz dabei Sondcrinteressen über Reichsinteresten gestellt würden.

Griechenlands Einfuhr soll verhindert werden.

(WTB.) London, 9. Juni. (Reuter.) DasForeign Ofsice teilt mit: Die Haltung der griechischen Regierung gegenüber der Lage, die sich aus der Uebergabe grie­chischen Gebiets an die bulgarischen Truppen ergeben! hat, hat es für die Alliierten notwendig gemacht, ge­wisse vorbeugende Maßregeln zu ergreifen. Die britische Regierung trifft gewisse Vorsichtsmaßregeln bezüglich der Kohlenausfuhr und der grichischen Schiffahrt in britischen Häfen, um zu verhindern, daß Vorräte den Feind erreichen. Die Alliierten beraten über ein­schränkende Bestimmungen für griechische Häfen. Es liegt auf der Hand, datz es sich für die Alliierten in erster Linie darum handelt, Griechenland durch Aushunge­rung ihrem Willen gefügig zu nrachcn. Die Schrift!.

und nun wendet sich schon die Presse gegen die Regierung, und klagt sie der Irreführung der öffentlichen Meinung an. wodurch das Volk in Sicherheit gewiegt worden sei, so daß unliebsame Ueberraschungen" die schwersten Folgen zeiti­gen könnten. Wie in England, so glaubt man wohl auch in Italien, die Mißerfolge auf Spione znrückführen zu , müssen. Deshalb haben auch hier die Kriegshetzer einen Antrag auf Internierung verdächtiger Bürger gestellt. Die Mehrheit der italienischen Kammer hat jedoch auf Vorschlag der Regierung den Antrag abgelehnt. Es scheint demnach als hätten die Kriegshetzer in der Kammer nicht mehr den Einfluß, den sie zwecks Auftechterhaltung der Kriegsstim­mung erstreben, und das trotz der wüstesten Agitation. Die Entwicklung der Kriegslage in der bisherigen Richtung dürfte aber das italienische Volk bald noch bedenklicher stimmen. o. 8.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartirr. 8. Juni. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Die Artillerirkiimpfr beiderseits der Maas dauern mit unverminderter Heftigkeit an.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Südlich von Smorgon drangen deutsche Erkundungsabteiluagrn über mehrere feindlich« Linien hinweg bis in das Dorf Knnawa vor, zerstörten dir dortigen Kampsanlagen und kehrten mit Gefangenen und einem erbeuteten Maschinengewehr zurück. Aus der übrigen Front bei den deutschen Truppen keine be­sonderen Ereignisse.

Balkankriegsschauplatz. Ortschaften am Doi- ran-See wurden von feindlichen Fliegern ohne jedes Er­gebnis mit Bomben beworfen.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagerdericht.

(WTB.) Wien, 8. Zuni. Amtliche Mitteilung vom 8. Zuni. mittags:

Russischer Kriegsschauplatz. Zn Wol­hynien haben unsere Truppen unter Nachhutkämpfen ihre neue Stellung am Stqr erreicht. Au der IIwa «ad nördlich Wizniowczyk an der Strypa wurden mehrere russische Angriff» abgewiese«. An »er unte­

ren Strypa greift der Feind abermals mit starken Kräften an; die Kämpfe sind noch nicht abgeschlossen. Am D n j e st r und au der b e s s a r a b i s ch e n F r o n t herrschte gestern verhältnismäßig Ruhe.

Italienischer Kriegsschauplatz. Aus der Hochfläche von Asiago gewann unser Angriff an der ganzen Front südöstlich Cesuna-Eallio weiter Raum. Unsere Truppen setzten sich auf dem Monte Lemerle (südöstlich von Tesuna) fest und drangen östlich von Galli» über Ronchj vor. Abends er­stürmten Abteilungen des bosnisch-herzegowinischen In­fanterie- Regiments Nr. 2 und des Grazer Znfauterie- Negimcnts Nr. 27 den Monte Meletta. Die Zahl der seit Anfang dieses Monats gefangen genommene» Italiener hat sich aus 12 4 Vv darunter 21S Offiziere, erhöht. An der Dolomiteusront wurde ein An­griff mehrerer feindlicher Bataillone a»f die Eroda delAncona abgewiesen.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Unver­ändert.

Die Maffenangriffe der Russen au der österreichischen Front.

Berlin, 8. Juni. DerLokal-Anzeiger" meldet, aus dem Kriogspressequartier: Die Schlacht an der Rortwfk front von Wolhynien bis zur desscrrabischeu Grenze war gestern stellenweise noch intensiver. Der Hauptangrff, richtet sich gegen unsere walhy nische Front. Trotzdem auch gegen die Abschnitte der übrigen Front große An griffswellen eingesetzt werden, werden dir rusfiscbe Maffenangriffe auch jetzt ohne Rücksicht a«f Mensche« material durchgeführt. Besonders grcch sind die feind lichen Verluste dort, wo die stürmende Infanterie ft, bas Feuer unserer flankierenden Stellungen gerät. Einen Begriff von der Angriffsmethode kann man be kommen, wenn man einige Zeilen aus dem Befehl des russischen Oberkommandos liest. Es wird den Offizieren besonders zur Pflicht gemacht, daß die stürmenden Kolon­nen, wenn sie in eine feindliche Stellung einbrechen, nicht stehen bleiben sollen, sondern weiter stürmen, un­geachtet der Gefahr, daß sie vielleicht abgeschnitten wür­den. Besonders streng sind die Instruktionen für Lie Artillerie. Sie darf das Feuer erst dann einstellen, wenn die Cturmkolonnen schon bie feinblici)e Stellung erreichten. Es darf nicht Rücksicht darauf genommen wer­den, daß durch das Verlängern der Feueraktion womSg- lich die eigenen Truppen gefährdet werden. Diese struktionen haben wir bei Gefangenen der letzten T. gefunden mit den üblichen Drohungen, dah jede Kolonne von der Artillerie erbarmungslos beschösse« wird, wen« sic zurückweicht, oder wenn sie durch ihre zaghafte Haltung die moralische Kraft der Truppenteile nachteilig deein flußt. Demgemäß werden die russischen Angriffe »nier fortwährendem Einsatz von Reserven trotz großer Ver luste ununterbrochen fortgesetzt. An der bessaradiscbe,, Front haben wir dank der Tapferkeit der dort kämpfen den Truppen die weit überlegenen feindlichen Angriffe zurückgeschlagen und halten unsere Stellungen fest bei Jaslowice und Sapanow. Hier verbluteten sich die Russen schon in den ersten Gefechtstagen derart, daß hier der feindliche Angriff zum Stehen gebracht wu » Besoiides hartnäckig sind die Angriffe des Feindes gegen die Armee Bothmer, hauptsächlich nordwestlich Tarn., pol. Dort setzten gegen eine Division die Russen 7 Mas-, senstürme an, die alle unter dem Zurücklassen von Leichenfeldern abgeschlagen wurden. Der Feind erlitt hier ungewöhnlich starke Verluste. Im Raume o n Mlyirow und Olyka haben wir unsere Linien ettvas rückgenomtnen.

Saloniki. Verdun.

Berlin. 9. Juni. Wie derBerliner Lokalanzeiger" aus Wien erfährt .meldet der Bukaresterlltso" au» Athen, imß 1V Regimenter franzöfischer Kolonialtruppen.