Nr. 72.
Amts- und Anzeigeblatt für dm Oberarntsbezirk Calw.
91. Jahrgang.
>etch»iu»» 2 lw«is«: Smal wöchentlich. Ln>eig«npr«it: Jv> vberaintr- 8^tn Lalw für d-t« emspalttoe LargltzrU, 10 Pfg.. außrrh-lb derjelbrn 12 Psg-, Reklamen 28 Pf». Tchluß für Jnseratanaahme 10 Uhr vormittag«. Lelefon S.
Montag, den 27. Rä^ 1916.
I B e>ug«prei«: Jo der Stadt mit LrLgerlahn Mt 1.25 vtertrlführltch, Roft»
I de»ug«pret« für den Ort«- und Nachbarort»v«rkehr Mk. 1.30, tm FeroverrHr I Mt. 1LÜ. Bestellgeld io Württemberg W Pfg., in Bagern nnd Reich M Pfg.
WW S«- mi AiWOnMifte« i« Mifrießsihn Wk.
Die militärische Lage.
Teil 2 Tagen har sich nichts Besonderes vor Verdun ereignet, nach der bisherigen Beobachtung der Kampfhandtungen an diesem Frontabschnitt ist also anzunehnicn, daß ans beiden Seiten die Vorbereitungen zu erneutem Ringen getroffen werden. Denn das ist ja sowohl aus den amtlichen Kundgebungen der französischen Heerführer und Staatsmänner wie aus den Erörterungen der Presse ersichtlich, der französische Generalstab wird alles aufbieten, um Verdun zu halten, selbst um den Preis größter Opfer. Mau hat den Eindruck, als handle cs sich bei der zähen Verteidigung der Festung nicht so sehr um das strategische Moment, das selbstverständlich auch in gewissem Grade ins Gewicht sällt, das aber infolge der Vorteile des Feldbcfestigungskrieges, der doch eine viel größere Elastizität der Kampffront ermöglicht, nicht als ausschlaggebend für den bis aufs äußerste getriebenen Widerstand der Franzosen erachtet werden darf. Tie Gründe liegen zweifellos mehr auf einem andern Gebiet. Verdun hat bisher dem französisschen Volk als uneinreißbarer Eckpfeiler in dem Festungsdamm gegolten, den cs mit gewaltigen Kosten gegen die Gefahren eines erneuten deutschen „Ueberfalls" seit 1871 aufgebaut hatte. Welche Sorgfalt die Franzosen an die Ausgestaltung ihrer Festungen gewandt haben, das sehen wir ja jetzt mit aller wünschenswerten Deutlichkeit. Und nun soll dieses Verdun, von dessen Un einnehmbarkeit alle Fachleute bis vor 4 Wochen felsenfest überzeugt waren, gefährdet sein. Das ist es, was das Volk in eine Nervosität brachte, die denselben Grad erreicht hat, wie im September 1914, als die deutschen Kavalleriepatrouillen bis 60 Kilometer vor Paris vorgedningen waren. Die künstlich erzeugte Stimmung von der deutschen Ermattung und der bevorstehenden Gcneraloffensive der Alliierten ist nur noch in den Spalten der regierungstreuen Presse vorhanden, das Volk und mit ihm die, die noch nicht ganz in das Fahrwasser der fälschenden Regierungspolitik geleitet wurden, blicken mit angstvoller Spannung nach Verdun, denn dort steht nicht nur der Verlust der Festung auf dem Spiel, der bei den immer noch vorhandenen Rückzugsmöglichkeiten doch nur eine mehr oder weniger große Einbuße au Gelände und Kriegsmaterial bedeuten würde, dort wird vor allein uni das Ansehen der französischen Militärmacht gcfochten, dort aber ringt auch der französische Generalstab um das Vertrauen des Volkes. Man weiß in den Regierungskreisen ganz genau, daß dieses Vertrauen keine allzu große Belastungsprobe mehr ertragen könnte, und man bemüht sich deshalb auf die raffinierteste Weise, die so sehr empfindlich gewordene Volksseele mit betäubenden Mitteln zu beruhigen. Jeden Tag wird neben dem Heeresbericht ein amtliches Communiqu^ von der Regierung herausgegeben, das die Lage schildert, und das bestrebt ist, die Zuversicht in der Bevölkerung wieder aufleben zu lassen. Das geht nun schon seit Wochen so. Währenddessen aber nimmt der deutsche Angriff gegen die Festung entsprechend dem Gegendruck, der fast über die Kräfte der Franzosen steigt, langsam aber stetig, von sorgfältiger Planmäßigkeit getragen, seinen Fortgang. Es ist den Franzosen nicht gelungen, d i e Stellungen gegeii den deutschen Ansturin zu behaupten, die im Besitz des Gegners die Festung in erster Linie bedrohen, die Stellungen auf der Linie Avocourt—Chattanconrt und das ihnen vorgelagerte Waldgelände. Die Wäldchen südlich dieser Linie sind von der deutschen Artillerie „niedergelegt" worden, sodaß sie keine Deckung mehr für die französische Infanterie boten. Mit diesen Fortschritten im Nordwesten der Festung wird aber erstens nun auch aus jener Richtung der Kampf gegen die innere Verteidigungslinie der Festung getragen - gegen die Bourrusstellung —, dann aber wird! sich wohl bald der Geländegewinn dahin bemerkbar machen, daß die den Franzosen bis jetzt noch gebliebene einzig^ Bahnlinie, die Linie Verdun—Clermont. in den Bereich. des deutschen A:Rlleriefeners gerät. Was die Gefährdung
Englische Schiffe und Flieger
an der nordfriesischen Küste.
^ Von zwei durch ein Kreuzergeschwader und eine Zer- störcrflcttille begleiteten Mutterschiffen sind gestern früh englische Wasserflugzeuge zum Angriff auf unsere Lnftschiffanlagcn in Nordschleswig auf- gestiegen. Nicht weniger als 3 von ihnen, darunter ein Kampfflugzeug, wurden durch den frühzeitig benachrichtigten Ab- wchrdienst auf und östlich der Insel Sicht zum Niedergehe» gezwungen. Dir Insassen — 4 englische Offiziere und ein Unteroffizier sind gefangen genommen. Bomben wurden nur in der Gegend von Hcper-Tckcheuse abgcworfcn. Schaden ist nicht angrrichtct.
Oberste Heeresleitung.
(WTB.) Berlin, 27. März. (Amtlich.) Am 25. März morgens haben englische T c e st r c i t k r 8 f t e einen Flieger» ngriss auf den nördlichen Teil der » o r d f r i e s i s ch e n Küste h e r a n g e t r a g e n. Der Flicgerangrisf mißlang völlig, wie der Heeresbericht vom 26- März gemeldet hat. Zwei auf Vorposten befindliche armierte Fisch dampfer sind den englischen Schissen znm Opfer gefallen. Unsere Marineflugzeuge griffen die englischen Sccstreitkräftc an und erzielten eine Anzahl Treffer. Ein Torpedoboots zerstören wurde schwer beschädigt. Von unseren sofort ausgcsandten Srestreit- kräften stießen nur einzelne Torpedcbootc in der Nacht vom 25. zum 26. März auf den abzichenden Feind. Eins diese r B o o t e ist bisher nicht z u r ü ck g c k c h r t.
Ter Ehef des Admirnlstabs der Marine.
<WTB.) '.Kopenhagen, 27. März. „Bcrlingske Tidende" berichtet aus Esbjerg über ein Seegefecht zwischen etwa 28 englischen Kriegsschiffen, darunter 5 größeren Kreuzern, und l5 Tcrpdobootsjägern mit deutschen Fischdampfcrn, die anscheinend im Fahrwasser südlich Fanö fischten. Tie Fischdampfer zogen sich, nachdem, wie man zu beobachten meinte, zwei von ihnen in Brand geschossen worden waren, zurück. Einige deutsche Kriegsschiffe und ein Zeppelin kamen zu Hilfe Es entstand eine gewaltige Kanonade, die 10—15 Minuten dauerte. Die Begebenheiten stellten sich so weit vom Lande ab, daß es selbst mit den besten Ferngläsern unmöglich mar, die Einzelheiten zu verfolgen. Tie Luft verdickte sich.
diese* Bahn für die Verteidigung der Festung bedeutet, das geht aus einer kleinen llcberlegung genügend hrvor. Man nimmt an. daß in dem ,Sack" von Verdun, wie er durch den konzentrischen Angriff des deutschen Heeres geschaffen worden ist, etwa eine Armee von einer halben Million zusammengezogen ist, deren Verproviantierung mit Munition und Lebensmittel in ausreichendem Maße zuni größten Teil nur auf dieser Hauptstrecke bewerkstelligt wird. Dazu kommt der Abtransport der Tausenden von Verwundeten und die Herbeiführung von Ersatzmannschaften. Man kann sich also denken, welche Schwierigkeiten entstehen würden, wenn diese Verkehrsmöglichkeit abgeschnittcn würde. Auch für einen etwa geplanten raschen Rückzug, der sich als notwendig erweisen könnte, ist die Bcförderungsmöglichteit durch die Bahn Hauptcrforderms, wenn man bedenkt, daß unsere Truppen schon beinahe direkt im Westen der Festung stehen, einen langsamen Abzug der Franzosen, falls diese sich nicht mehr zu halten vermöchten, also in seinein Gelingen schwer bedrohen könnten. Daß die Franzosen die Gefahren kennen, die die jetzige Form ihrer Verteidigungsstellung enthält, ist anzunehmen und daher haben sie ja auch alles nach Verdun geworfen, was irgend wie entbehrlich an anderen Front- ieilen erscheint, oder was noch an Reserven etwa vorhanden war. Aber neben den physischen Kräften, Artillerie und Infanterie, messen sich diesmal auch in erhöhtem Grade wieder!
die Kräfte der beiden Heeresleitungen, und das bisherige Ergebnis des Kampfes hat zweifellos auch hier wieder die Ueberlegenheit der deutschen Kriegskunst dargelegt. Man ist nervös in den französischen Militärkreisen, weil man nicht weiß, was der deutsche Generalstab vor hat, und während man von den angeblich ziel- und zwecklosen butschen Angriffen schwatzt, sieht das ernüchterte Auge doch die Planmäßigkeit der deutschen Angriffsbewegung in den anscheinend zusammenhanglosen Teilaktionen gegen die Festimgsfront. Das ist es, was die Franzosen beunruhigt, jener feste, einheitliche Plan des Angriffs und jene ausdauernde Energie, mit der seine Ausführung verfolgt wird. Auch hier wieder hat der deutsche Generalstab dem Feinde das Gesetz der Handlung diktiert. Der große Ent- lentckriegsrat hatte nach der vollständigen Balkanniederlage beschlossen, durch eine allgemeine Offensive aller Alliierten den Zcntralmächten die Möglichkeit zu nehmen, sich mit großer Kraft gegen einen der Feinde zu werfen, um diesen dann entscheidend zu schlagen, wie sie das bezüglich Rußland und Serbien gemacht hatten. Sie sollten gezwungen werden, sich zu zersplittern, um den von allen Seiten an- dringenden Gegnern nur mit geteilter Kraft begegnen zu können. Unsere Heeresleitung hat diesen an sich nicht üblen Plan vereitelt, indem sie die Beendigung der Vorbereitungen nicht abwartete, sondern selbst zum Hieb ausholte, und dadurch den einen Gegner zur Abwehr zwang, die andern aber veranlaßte, vor Abschluß ihrer Vorbereitungen dem Verbündeten zu Hilfe zu kommen. So haben wir die miß glückte italienische Offensive erlebt und so wird auch die russische Entlastungsoffensive letzten Endes scheitern, weil sie auf einen vorbereiteten Verteidiger gestoßen ist, und die Angreifer nicht in der Lage waren, jene Faktoren zur Geltung zu bringen, die als erste Voraussetzung für das Gelingen erforderlich sind, die Ueberraschung des Gegners und damit die Notwendigkeit für diesen, sich dem Willen des andern indezug auf On und Zeit der Kampfhandlungen zu unterordnen. O. 8.
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Die deutschen amtlichen Meldungen.
(WTB.) Großes Hauptquartier, 25. März. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Die Lage hat gegen gestern keine wesentliche Veränderung erfahren. Zm Raasgebiet fanden besonders lebhafte Artilleriekämpfe statt, in deren Verlauf Verdun in Brand geschossen wurde.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Westlich von Iatcbstadt gingen die Russen nach Einsatz frischer sibirischer Truppen und nach starker Feueroorbereitung erneut zum Angriff über. Er brach verlustreich für sie zusammen. Kleine Vorstöße wurden südwestlich von Iakobstadt und südwestlich von Dünaburg mühelos abgewiesen. Ebenso blieben alle, auch nachts wiederholte Anstrengungen des Feindes gegen die Front nördlich von Widsq völlig erfolglos. Weiter südlich, in der Gegend des Naroczsees beschränkte sich der Feind auf Artillerielämpfe.
Balkankriegsschauplatz. Bei einem erneuten Fliegerangriff wurde ein feindliches Flugzeug im Lustkamps zum Absturz zwischen den beiderseitigen Linien gebracht und dort durch Artilleriefeucr zerstört.
(WTB.) Großes Hauptquartier, 26. März. lAmt- lich.) Westlicher Krieg sschauplatz. Gestern konnte der gute Erfolg einer in der vorhergehenden Nacht ausge- führten Sprengung nordöstlich von Vermelles festgestellt werden. In dem Sprengtrichter liegt ein feindlicher Panzerbeobachtungsstand; mehrere englische Unterstände find zerstört. Nordöstlich von Neuville unternahm eine kleine deutsche Abteilung nach geglückter Sprengung einen Erkun» dungsvorstoß in die feindliche Stellung und kehrte planmiißig mit einer Anzahl Gefangener zurück. Der französische Brr-