Nr. 61.
91. Jahrgang.
Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
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Dienstag, den 14. März 1316.
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Die neuesten militärischen Pläne unserer Feinde.
„An der bessarirbischdn Front und am Dnjestr wurden russische Vorstöße abgewiesen," meidet heute der österreich- ungarische Bericht. Schon seit einiger Zeit wurde von der Südostsront gemeldet, daß die Russen wieder umfangreiche Vorbereitungen getroffen haben, und vcrschiedentliche Aktionen lokalen Charakters deuteten auch aus die Absicht hin, cs nochmals gegen die österreich-ungarische Nordostgrenze zu versuchen. Vielleicht soll also jetzt die Frühjahrsosscnsive kommen, was schon deswegen gar nicht unwahrscheinlich ist, als auch die Italiener an der österreich-ungarischen Front eine lebhaftere Tätigkeit begonnen haben, denn man hat es hier zweifellos mit einer praktischen Betätigung des militärischen Zusammenwirkens der Alliierten zu tun. Unsere Bundesgenossen sollen verhindert werden, ihre ganze Kraft einem der Gegner zuwenden zu können, so ist wohl der Plan der Russen und Italiener aufzusassen. Die Anfänge dieser korrespondierenden Offensiven haben zu keinem Ergebnis geführt. Die österreich-ungarischen Stellungen sind an beiden Fronten so ausgebaut, und werden mit solcher Tapferkeit gehalten, daß die Angreifer wie bisher sich nur blutige Köpfe holen dürften. Der Entwicklung der gesamten Kriegslage werden also diese Operationen wohl kaum eine andere Wendung zu geben vermögen.
Dieselbe Tendenz der Zersplitterung der gegenerischeu Kräfte verfolgen die Russen und Engländer bezüglich der türkischen Armee. Die Russen haben durch ihre mit überlegenen Streitkräften durchgeführte Kaukasusoffmsive die Türken von der Entfaltung ihrer ganzen Macht gegen Aegypten und Mesopotamien abgehalten, und damit selbstverständlich auch ihre politischen Ziele bezüglich Persiens und Armeniens verfolgt. Die Russen messen seit neuestem ihre Erfolge in Kleinasten nach dem Maßstabe der Entfernung von Bagdad. Man weiß also ihre Absichten. Nach dem heutigen Bericht stehen sie noch 200 Kilometer von Bagdad entfernt,! das ist also noch ein guter Weg nach dem Ort ihres Herzens,: umsomehr, als die Meldungen aus Konstantinopel zu sagen - wissen, daß der russische Vormarsch (infolge der Heran-^ Ziehung von Verstärkungen) in der Hauptsache zum Still ! stand gebracht wurde. Unsere türkischen Bundesgenossen wer-! den wohl die nötigen Kräfte aufbringen, um die russischen ' Pläne zunichte zu machen. Gegen die Engländer haben sie ^ in den letzten Tagen zwei bemerkenswerte Schläge geführt, i An der Jrakfront, d. h. in dem Bagdad vorgelagerten Hügel- ; gclände versuchten die Engländer wieder einmal vorzubrcchen um den in Kut-el-Amara cingefchlossenen General Towns- hend mit seinen 30 000 Engländern zu befreien. Es ist ihnen nicht gelungen; der Feind wurde mit einem Verlust von annähernd 5000 Mann zurückgeworsen. Dasselbe Schicksal erlitten die Engländer an der Nemenfront, an der Südwestspitze Arabiens. Bekanntlich stehen die Türken schon längere Zeit in jener Gegend, und wohl nur die Schiffsgeschützc der englischen Flotte haben es bisher verhindert, daß sic nach Aden vorgedrungen sind, wodurch der Ausgang des Roten Meeres in türkischem Besitz wäre. Natürlich ist den Engländern der Verkehr nach Indien durch das Rote Meer so überaus wichtig, daß sie ebenso wie zum Schutz des Suezkanals auch zur Verteidigung des südlichen Ausgangs des Roten Meers die umfangreichsten Vorkehrungen getroffen haben. Es ist deshalb auch erklärlich, daaß ihnen die Nähe der Türken in jener Gegend gar keine Freude macht, und so werden fortwährend Angriffe gegen die türkischen Truppen gemacht, die aber bis jetzt noch immer zurückgewiesen wurden. So ist.es auch dem letzten englischen Vorstoß am ll. März ergangen, der von einer Abteilung von 6000 Mann ausge- führt worden war, und der in einem fluchtartigen Rückzug endete. Die harten Kämpfe aber, die unsere türkischen Bundesgenossen zu bestehen haben, zeigen, wie wertvoll uns die türkische Freundschaft ist, und wie sehr unsere Feinde darauf ausgehen, diesen Bundesgenossen Deutschlands niederzuringen. O. 8.
Großadmiral von Tirpitz erkrankt.
(WTB.) Berlin, 13. März (Nichtamtlich.) Wie wir höre» ist der Staatssekretär des Reichsmarineamtes, Großadmiral von Tirpitz seit einigen Tagen erkrankt. Die Ge schäfte werden von dem dirnsliiltcsten Offizier geführt.
Die Türken im Kaukasus.
Zürich, 13. März Hier vorliegenden neutralen Mel düngen zufolge ist cs den Türken im Kaukasus gelungen, de» rusischen Vormarsch in der Hauptsache zum Stillstand zu bringen. Nach dem Eintreffen bedeutender Verstärkungen rüsteten die Türken nunmehr zum Gegenstoß. Insbesondere hätten die Türken das Manko an schwerer Artillerie, das ihren Rückzug von Erzerum veranlaßt hatte, bereits mett- gemacht. - z
Griechenland und die Entente.
(WTB.) Berlin. 1t. März. Nach verschiedenen Morgen blättern lautet die griechische Antwort auf die Bierverbands sorderungen: Die griechische Regierung gesteht in keinem Fall zu, daß die mazedonischen Bahnen ausschließlich den Zwecken des Bierverdandes dienen sollen. Ferner wird gesagt, daß die griechische Heeresleitung es nicht für zweckmäßig findet, jene griechischen Truppen, die bei Florina und Kaoalla stehen, durch andere Truppen zu ersetzen, daß ein eventueller Versuch, die bcideu Ausgänge des Kanals oon Korinth durch Vierocrbaudstruppen zu besetzen, di« griechische Regierung zu solchen Gegenmaßnahmen zwingen würde, die Las Verhältnis Griechenlands zum BierverbanL bedeutend stören würden. Andererseits werde die griechische Regierung ge zwunge» sein, Maßnahme» auch dann zu ergreifen, wenn die Vierverbandsheeresleitung an den zwei Ausgängen von Korinth funkentclegraphische Stationen errichten sollte.
Italiener an der Westfront.
Berlin, 14. März. Einer Meldung des „Berliner Lakalanzeiger" aus KarSruhe zufolge, berichten die „Basler Nachrichten" aus Rom, der Abtransport italienischer Soldaten nach Frankreich dauere fort. Es handle sich um ältere Jahrgänge für den Etappendienst, wodurch französische Soldaten frei würden.
Der englische Schiffsraummangel.
Berlin, 14. März. Aus Rotterdam wird dem „Berliner Lokalanzeigec" gemeldet: Riinriman kündigte im Unterhaus«: an, daß in einigen Tagen die ausländische Einfuhr von eingemachten und gedörrten Früchten »ach England verboten werden würde. Nur für griechische Korinthen werde eine Ausnahme gemacht. Um Schiffsraum zu sparen, werde auch in kurzem die Einfuhr von frischem Obst ans den britischen Kolonien beschränkt werden.
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Die deutsche amtliche Meldung.
(WTB.) Großes Hauptquartier. '3 März. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Bei günstigen Be- obnchtnngsverhältnisjcn war dir Tätigkeit der beiderseitigen Artillerien auf einem großen Teil der Front sehr lebhaft und hielt fick» beiderseits der Maas und bis zur Mosel hin auf größerer Heftigkeit. Anher Patrouillengcfechtcn an der Somme und dem Scheitern eines kleinen französischen Angriffes im Priesterwalde sind keine Ereignisse zu berichten. Neben ausgiebiger AusklSrungstätigkeit griffen unsere Flieger feindliche Bahnanlagen und Unterkunftsorte, besonders an der Eisenbahn Elermont—Verdun erfolgreich an. Es wurden 3 feindliche Flugzeuge vernichte«, 2 in der Champagne und eines im Maasgebiet.
Aus dem französischen Bericht.
(WTV.j Paris, 13. März. Amtlicher Bericht von gestern abend: In der Gegend nördlich von Berdun fand im Laufe des Tages keine Insanterietätigkeit statt An den bei
den Maasnscr» war die gegenseitige Beschießung heftig. Unsere Artillerie feuerte auf feindliche Ansammlungen in der Schlucht an der Nordseitc des Pfesserhügels und auf deutsche Batterie» in der Gegend westlich oon Louvemont. Heute mor ge» schoß Unterleutnant Guyemer ein deutsches Flugzeug ab das in der Nähe von Thiescourt brennend in unsere Linien siel. Dies ist das achte Flugzeug, das dieser Flieger abgeschossen hat. Sechs davon sind in unsere Linien, zwei in die feindlichen Linien gefallen. Ein anderer unserer Flieger schoß gleichfalls ein feindliches Flugzeug ad, das bei Dombasle in den Aigonnen in unsere Linien fiel. Die Insassen der beiden zerstörten Flugzeuge sind tot. Am selben Tage lieferten verschiedene Gruppen unserer Kampfflugzeuge 18 Luftkämpsr in der Gegend von Etain und schlugen den Feind in die Flucht.
Von gestern nachmittag: Nördlich von der Aisne war der AUillerickampf in der Gegend des Waldes von Buttes süd» iich von Bille-aux-Bois sehr lebhaft. Auf dem linken User der Maas ziemlich heftige Beschießung in der Gegend von Bethin- court. Auf dem rechten User wurde ein schwächerer deutscher Angrifs mit Handgranaten im Walde von Lauch (Haute Poivrej leicht abgeschlagen. Das Artillerieseuer blieb heftig östlich vom Fort Douaumont und in der Gegend des Forts Baux, wo der Gegner seit vorgestern keinen neuen Versuch zur Ersteigung des Plateaus, das das Fort Vaux überragt, unternommen hat. In der Woeore erbeuteten die Deutsche» gestern gegen Ende des Tages noch Artillerievorbereitung im Lauf eines Angriffs einen lleinen Graben bei der Strage nach Etain nördlich von Eix.
Bor Berdun.
Zürich, 13. März. Der „Tagesanzeiger" schreibt: Franzö fische Quellen und Blätter geben jetzt selbst zu, daß sich die deutsche Linie immer näher an Verdun hcranrückt. Die größeren Aktionen vor Berdun verzögern sich nur, weil der reiche Schuecfall das Gelände durchweicht hat und das Heranbringen der schweren deutschen Geschütze erheblich verzögert.
- Die französische Zensur hat verboten, daß in den nächsten Tagen französische Blätter die Grenze passieren und in aen- tralc Lander gelangen. Mehrere bekannte Pariser Zeitungen wurden gemnßregclt, einige eingestellt. Die Haltung der Presse und deren pessimistische Sprache wegen der Verduner Kämpfe sowie die Erörterungen über die Möglichkeit eines Regierungswechsels sollen die Gründe dieser Verfügung sein.
In Abwesenheit Gallienis gab der erste Sektionschef des Kriegsininisteriums den für die Auslandspresse bestimmten heutigen amtliche» Bericht an. Die offiziöse Darstellung betont lt. „Kriegsztg ", daß die gestern sestgestellte geringere Tätigkeit der gegnerischen Infanterie nicht Dauer verspreche. Ein untrügliches Vorzeichen eines neuen deutschen kombinierten Massenansturmes sei tagsüber «vahrgcnommen worden, eine großzügige, den taktisch wichtigsten Punkten auf beiden Maasufern geltende artilleristische Vorbereitung. Zn den er wähnten taktisch wichtigsten Punkten zählt die Fachkritik den Kreuzpunkt Eil, nordwestlich von Verdun, woselbst es den Deutschen gestern gelang, sich in der Nähe des Forts Tavannes einzunisten. Ueber die bevorstehenden Vorgänge links der Maas wagt die Fachkritik keinerlei Urteil. Der Bericht Ioffres bietet keinerlei Anhaltspunkte, er erwähnt auch das sogenannte Felsennest Morthomme nicht mehr.
Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.
(WTB.) Wien, 13. März. Amtliche Mitteilung vom 13. März, mittags:
Russischer Kriegsschauplatz. An der bessara- bischen Front und am Dnjestr wurden russische Vorstöße ab- gewiescn. Sonst keine besonderen Ereignisse.
Italienischer Kriegsschauplatz. Die erhöhte Tätigkeit der italienischen Artillerie dehnte sich auf die ganze Jsonzofront aus. Nachmittags wurde ein feindlicher Angriff bei Selz abgeschlagen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Unverändert.
Der Stellvertreter des Chefs des Ecneralstabs: von Höf er, Fcldmarschallentnant.