Nr. 60

91. Jahrgang.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

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Montag, den 13. Mär, 1S1«.

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Die militärische und politische Lage.

Die Kämpfe im Norden und Nordastcn von Verdun werden mit großer Heftigkeit von beiden Seiten geführt. Namentlich im Nord westen der Festung scheinen die Franzosen die deutschen Fortschritte am meisten zu beunruhigen, denn dort werden zur Zeit ge­waltige Gegenstöße der Infanterie ausgeführt, um das deutsche Vordringen aufzuhalten. Der französische Be­richt spricht auch von hartnäckigen Kämpfen um Dorf und Panzerveste Vaux, ein Beweis dafür, daß das bis­herige Ergebnis nicht als endgültig von der deutschen 5>eeresleituiig angesehen wird. Entsprechend der Be­deutung der Festung Berdun ist selbstverständlich auch das Ringen um diesen Platz von einem solchen Aus­maß, Laß die Entscheidung nicht heute oder morgen fallen kann. Aber das ist heute schon festzustellen, unsere Truppen arbeiten sich langsam aber planmäßig vor, und so kann der Erfolg letzten Endes doch nicht aus- bleiben. Rocht bedenklich ers "eint den französischen Mi- litärkritilern der Erfolg un>. r Truppen nordwestlich von Reims; sie suchen sich Rechenschaft über die Trag­weite eines etwaigen Borstoßes in jener Richtung zu geben, und vermuten Zusammenhänge zwischen diesen Operationen und den Kämpfen vor Verdun. Natürlich wird im allgemeinen nicht von dem rosaroten Optimis­mus abgegangcn, der sich in den amtlichen Heeresbe­richten. die allerdings auch schon etwasblässer" wer­den, ausfpricht, aber die Stimmung im französischen Volk scheint doch andere Farben auszuweisen, als sie offiziell dargestellt werden. Es muß schon Gewichtiges vorgefallen fein, daß der neue Kriegsminister, der Fachmann, wie ihn dasVolk" wünschte, plötzlicher­krankt" ist, denn man weiß doch in Paris recht wohl, daß eine solcheErkrankung" immer einen peinlichen Eindruck macht, besonders, wenn gerade zufällig gleich­zeitig etwas Unangenehmes passiert, das in das Ressort des betreffenden Staatsmanns fällt. Aber der rücksichts­lose Clemenceau als Vorsitzender des Parlamentsaus­schusses für auswärtige Angelegenheiten kritisiert eben solange, bis wieder einer geht, und/es hat den An­schein, daß er das solange tut, bis die Regierung end­lich merkt, daß kein Nachfolger mehr da ist, der der Kritik des Ministerstürzers standhalten kann, wodurch Herr Cldmenceau dann trotz heftigsten Sträubcns ge­zwungen wäre, die Regierungsgeschäfte selbst zu über­nehmen. Es muß schon recht weit gekommen sein, wenn die füdfranzösischen Zeitungen offen Rebellion gegen das Ministerium propagieren. Wir dürfen aber wohl annehmcn, daß diese düstere Stimmung lediglich das Ergebnis der bisherigen deutschen Erfolge vor Berdun ist, und daß die Entwicklungskurve dieses Zu­standes zum größten Teil von der Entwicklung der militärischen Operationen abgängig sein wird. Das weiß die französische Heeresleitung, das weiß auch das französische Kabinett, und deshalb setzt man alle Kräfte ein, um zu verhindern, daß die Deutschen dasleere Gehäuse" von Berdun bekommen. Man spricht davon, daß sogar die französischen Salonikitruppen nach Frankreich geholt werden sollen, und daß man die Nordfront von eigenen Truppen entblößen will, die dann von den Engländern besetzt werden soll. Vor solchen Nachrichten wird man wohl ein Fragezeichen setzen müssen, eine realere Unterlage dafür, daß die größten Anstrengungen gemacht werden, bietet aber die Tatsache, daß demnächst die Jahrgänge 1867 und 1868 in Frankreich eingezogen werden, also die Leute bis zum 49. Jahre. Gestern ist nun der Ententekriegsrat zu­sammengetreten, und es dürfte naheliegen, daß er sich darüber ausgesprochen hat, wie man der deutschen Offensive im Westen begegnen soll. Man spricht ja schon wieder von einer russischen Gegenoffensive und, auch die italienische Front nimmt zur Zeit wieder größere Lebhaftigkeit an. Die Entschlüsse des Kriegsrats könnten also sich vielleicht lmld auf den Kriegsschau­plätzen geltend machen. Die einzige unmittelbare Hilfe.

die den Franzosen geleistet werden könnte, wäre eine ! starke englische Angrifsstätigkeir oder aber eine ita­lienische Hilfsexpedition. Um letztere wird es sich in den nächsten Tagen auch im italienischen Parlament han­deln. Die Interventionisten, d. h. die Republikaner und die Reformsozialisten, die einen Sieg ihrer Ideen von einem Sieg Frankreichs erhoffen, wollen den eng­sten militärischen Anschluß, also letzten Endes auch die italienische Hilfe an der Westfront. Cädorna und mit ihm Salandra und sein Kabinett aber wollen oder können dieses Risiko nicht übernehmen, weil sie dann für die italienische Front fürchten inüßten, und so wird sich in nächster Zukunft wohl auch in Italien ein inner- politisches Schauspiel abspieien, das den Konflikt zwi­schen einer Regierung darstellen wird, und der Minder­heit eines Parlaments, die man zuerst zwecks Ver­folgung überspannter Ziele zur Macht hat konimeu las sen. und die sich jetzt ihres Einflusses nicht mehr gut­willig begeben will. Die Lage des Mnisteriums Sa­landra ist umso heikler, als die Mehrheitsparteien, die vor dem Krieg neutralistisch gesinnt waren, und nur durch den Terrorismus der Straße sich von der stand­haften Vertretung ihrer Anschauung abbringen ließen, durch ihre Haltung verraten, daß ihnen an den Schmierigkeiten des Kabinetts nichts gelegen ist. Wenn die Negierung sich aber bei der Behauptung ihrer An­schauung aus die Deckung durch das Parlament stützen will, so kann sie die nötige Mehrheit dafür bekommen. Ob es ihr jedoch heute noch möglich ist, sich von den einmal gerufenen Geistern loszusagen, das wird die nächste Zukunft lehren.

Die Kriegserklärung an Portugal wird vorerst leine wesentlichen Weiterungen haben. Der Wert der portugiesischen Armee ist so belanglos für die großen Entscheidungen, daß inan darüber kein Wart verlieren braucht. Der portugiesische Minister des Aeußern er­klärte ohne irgend welches selbständige Empfinden, die Nutzbarmachung der deutsche« Schiffe habe den Bedürf­nissen des Landes und den Interessen Englands ent­sprochen. Diese Aeußerung wird den Engländern nicht gerade gefallen haben, denn sie zeigt doch zu klar, wie England den Schutz auffaßt, den es allen kleinen Staaten angedeihen läßt, Portugal aber wird am Schluß des Krieges recht deutlich merken, daß der vom Zaun gebrochene Krieg tatsächlich nur den Interessen Englands entsprochen hat. 0. 8.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutschen amtlichen Meldungen.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 11. März. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Sächsische Re­gimenter stürmten mit ganz geringen Verlusten die stark ausaebauten Stellungen in den Waldstücken süd­lich non Villc-aux-Bois (20 Kilometer nordwestlich von Reims) in einer Breite von etwa 1400 Metern und einer Breite von etwa 1 Kilometer. An unverwundeten Gefangenen fielen 12 Offiziere und 725 Mann in un­sere Hand, an Beute eine Rcvolvcrkanone, 5 Maschinen­gewehre, 13 Minenwerfer. Aus dem westlichen Maas­ufer wurden die letzten von den Franzosen noch im Raben- und Cumiercs-Waldc behaupteten Nester aus­geräumt. Feindliche Gegenstöße mit starken Kräften, die gegen den Südrand der Wälder und die deutschen Stellungen weiter westlich versucht wurden, erstickten in unserem Abwehrfeuer. Auf dem Ostufer kam es zu sehr lebhafter Artillcrictätigkcit, besonders in der Gegend nordöstlich von Bras, westlich vom Dorf und der Veste Vaux und an mehreren Stellen in der Woevreebene. Entscheidende Znfantcrickämpfe gab es nicht, nur wurde in der Nacht ein vereinzelter französischer Ueberfalls- versuch auf das Dorf Blanzec blutig abgcwiesen. Durch einen Volltreffer unserer Abwehrgeschütze getroffen, stürzte ein französisches Flugzeug zwischen den beider­seitigen Linien südwestlich von ChLlons de Salin bren­nend ab. Insasien find tot «nd wurden mit den Trüm­

mern des Flugzeugs von uns geborgen.

Ocstlicher u. Balkankricgsschauplatz. Nichts Neues.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 12. März. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz Nordöstlich von Neuville sprengten wir mit Erfolg und besetzten die Trichter. Zn der Gegend westlich der Maas mühte sich der Feind unter starken Verlusten in gänzlich ergebnis­losen Angriffen gegen unsere neuen Stellungen ab. Ans den Höhen östlich des Flusses und in der Wocvre-Ebene blieb die Gefechtstätigkeit auf mehr oder minder heftig« Artilleriekämpfe beschränkt. Die in den Berichte« vom 29. Februar und 4. März angegebenen Zahlen an Gefangenen und Beute für die Zeit seit Beginn der Er­eignisse im Maasgebiet haben sich mittlerweile erhöht auf 430 Offiziere, 28 042 Mann an unoerwundete« 8«, fangenen, 189 Geschütze, darunter 41 schwere, 232 Ma­schinengewehre. Bei Obcrsept gelang es den Franzosen trotz wiederholten Angriffs auch gestern nicht, in ihr« früheren Stellung wieder Fuß zu fassen. Sie wurden blutig abgewiesen.

Öestlicher- u. Balkantrigsschauplatz. Keine wesentlichen Ereignisse.

Oberste Heeresleit«ng.

Der französische Bericht.

(WTB.) Paris, 12. März. Amtlicher Bericht vom II. März nachmittags i Nördlich der Aisn« brachen die Deutschen, nachdem sie gestern während mehrerer Stunden unsere Stel­lungen zwischen Troyon und Berry au Bac beschaffen hatten, bei Bille aux Bois vor und griffen den oorspringenden Win kel, den unsere Linien beim Walde von Buttes bilden, an. Nach einem sehr lebhaften Kampf warfen wir den Feind aus dem Nordwestflügel und aus dem Westteil des Waldes, dessen er sich hatte bemächtigen können. Westlich der Maas richteten die Deutschen im Laufe der Nacht einen starken Angriff süd östlich von Bethincourt gegen unsere Gräben, die sich längs der Straße von Böthincourt nach Chattancourt hinziehen. Ein sofort einsetzender Gegenangriff brachte uns wieder voll­ständig in den Besitz des wichtigen Verbindungsgrabens, in den sie hatten eindringen können. Oestlich der Maas verdop­pelte der Feind seine Anstrengungen zwischen dem Dorfe und der Anhöhe der Feste Vaux. Die Beschießung dauerte die ganze Nacht mit großer Heftigkeit und die Infanteriestürmc veroielfältigten sich gegen das in Trümmern liegende Dors. Der Feind bemächtigte sich einiger Häuser östlich der Kirche. Alle seine Anstrengungen scheiterten jedoch gegen den west­lichen Teil des Dorfes, den wir noch immer halten. Infolge einiger Angriffe auf die Höhe des Forts machten die Deut­schen einige Fortschritte auf dem Abhang, aber alle ihre Ver suche, bis an die Drahthindernisse zu gelangen, die sich vor dem Fort ausdehnen, scheiterten an unserem Feuer. In der Wocvre herrschte heftiges Bombardement in der Gegend von Eix und von Moulainville. In Lothringen verursachte unser ! .tiUeriefeuer schweren Schaden an den deutschen Werken bei Embermenil. In den Vogesen waren die Batterien sehr tätig im Tale der Thur und östlich von Thann.

Amtlicher Bericht vom 11. März abends In Belgien Zerstörungsfeuer auf Gräben und Verbindungsgräben des Feindes in der Gegend von Steenstraate und in der Umge­bung von Bixschote. Im Artois, östlich von Neuville, haben wir eine Mine zur Explosion gebracht und den Trichter be­setzt. Zwischen Somme und Oise haben wir deutsche Werte in der Gegend von Herbecourt, Laucourt und Beuvraignes beschaffen. Nördlich der Aisne war die Kanonade sehr leb­haft, auch im Laufe des Nachmittags in der Gegend des Buttes-Waldes, südlich von Bille aux Bois. Auf dem linken Ufer der Maas ist die Tätigkeit der beiderseitigen Artillerien im Laufe des Tages weniger lebhaft gewesen. Auf dem rech ten Ufer hat die Beschießung in der Gegend westlich von Douaumont intensiv angehalten. Auf dem übrigen Teil des Abschnittes, ebenso wie in der Woevre-Ebene, war sie ge­ringer. Der Feind hat auf unserer gesamten Front keine Jn- fanterieünternehmung versucht. Nach neueren Meldungen 'K.d die unfruchtbaren Stürme, die gestern gegen unsere Grä ben westlich von Douaumont unternommen wurden. Uir den