Nr. 45.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

91. Jahrgang.

Donnerstag, den 24. Februar 1916.

V«zrrg<pre1S: In der Stadt mit LrLgerlohn Mt 1ZS vierteljährlich. PoR» be-ugSpreiS für den OrtS- und NachbarortSvertedr Dtt. im Fernve^che Mt. 1L0. LesteÜtzeLd in Württemderg SV Pfg., m Bayern und Reich 4L Pfg.

Ein glänzender Erfolg vor Verdun.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 23. Febr. (Amt­lich.) Westlicher Kriegschauplatz. Durch eine Sprengung in der Nähe der von «ns am 21. Februar eroberten Gräben östlich von Souchcz wurde die feind­liche Stellung erheblich beschädigt. Die Gefangencnzahl erhöhte sich hier auf 11 Offiziere und 348 Mann, die Beute beträgt 3 Maschinengewehre. Auf den Maas­höhen dauerten die Artilleriekämpfe mit unver­minderter Stärke fort. Oestlich des Flusses griffen wir die Stellungen an, die der Feind etwa in Höhe der Dörfer ConsenvoyeAzzannes seit 1 ^ Jahren mit allen Mitteln der Befestigungskunst ausgcbaut hatte, und die nun eine für uns unbequeme Einwirkung auf unsere Verbindung im nördlichen Teile des Woevre bildeten. Der Angriff stieß in der Breite von reichlich 1V Kilometer, in der er angesetzt war, bis zu 3 Kilo­meter Tiefe durch. Neben sehr erheblichen blutigen Ver­lusten blitzte der Feind mehr als 3ÜW Mann an Ge­fangenen und zahlreiches, noch nicht übersehbares Ma­terial ein. Im Oberelsatz führte der Angriff westlich Hcidweilcr zur Fortnahme der feindlichen Stellung in einer Breite von 7VV Metern und einer Tiefe von 4VV Metern, wobei etwa 8V Gefangene in unseren Händen blieben. In zahlreichen Luftkämpfcn meist hinter den feindlichen Linien behielten unsere Flieger die Oberhand.

Oestlichcr- u. Balkankricgsschauplatz. Nichts Neues.

Oberste Heeresleitung.

Aus dem französischen Bericht.

(WTB.) Paris. 23. Febr. Amtlicher Bericht vom 22. Februar, nachmittags: Im Artois hat der Feind nach einer heftigen Beschießung, die schon gestern ge­meldet worden ist, gegen Ende des Tages einen starken Angriff auf unsere Stellungen im Walds von Eivenchy unternommen. Er ist in unsere Gräben erster Linie eingedrungen, die aus einer Front von etwa 800 Metern vollständig zerstört waren, und an einigen Punkten in unsere zweiten Gräben, von denen er nach einem Ge­genangriff von unserer Seite nur noch einige Teile be­setzt hält. Der Feind, dessen Stärke auf 7 Bataillone geschätzt wird, erlitt durch unser Sperrfeuer und durch das Feuer der Infanterie und Maschinengewehre be­trächtliche Verluste. Nach verstärkter Artillerietätigkeit in der Gegend von Verdun haben die Deutschen gegen Tagesende unsere Stellungen östlich Brabant-sur-Meuse zwischen dem Walde von Houmet und Hcrbebois ange­griffen. Sie faßten in einigen Teilen unserer vorge­schobenen Gräben Futz, stießen aber nicht zu dem zwei­ten Graben vor. Sie wurden durch unsere Gegenangriffe zurückgervvrfen.

Amtlicher Bericht vom 22. Februar, abends: In der Gegend nördlich von Verdun richteten die Deut­schen nach heftiger Beschießung auf beiden Maasufern im Laufe des Tages eine Reihe äußerst heftiger Jn- fanterieangriffc gegen unsere Front zwischen Brabant- sur-Meuse und Herbebois. .Alle Angriffe gegen Bra baut und Herbebois wurden abgeschlagen. Zwischen diesen beiden Punkten konnte der Feind unter betracht lichen Verlusten für ihn de« Wald von Heumont und einen Vorsprung besetzen, den unsere Linie nördlich von Beaumont bildet.

Zu dem Erfolg vor Berdrm.

(WTB.) Berlin, 24. Febr. Die MorgenbMter widmen dem deutschen Erfolg nördlich von Ber-dnn Be­

sprechungen, aus denen hervorgeht, daß die Erwartun­gen des deutschen Volkes, die seit einer Reihe von SKochen, wie dieVossische Zeitung" meint, ohne Frage gespannt sind, als weit übertroffen gelten dürfen. Durch den gelungenen Vorstoß sind unserer Truppen jetzt in den vollen Wirkungsbereich der ständig ausgebauten Nordfront der Fortlinie Verduns, der stärksten Festung Frankreichs, gekommen. DasBerliner Tagebatt" schreibt: Alle Erfolge, welche unsere Teiloperationen in der letzten Zeit an der Westfront davon trugen, überragt die gestern gemeldete nördlich Verduns. In derGer­mania" heißt es: Unsere Truppen haben jetzt zum er­stenmal in der narren Kampfperiode einen größeren Angriff unternommen und ein glanzendes Ergebnis erzielt.

Zu den Kämpfen im Westen.

Berlin, 23. Febr. DemLokalanzeiger" wird be­richtet: Die seit Montag abend in zwei der wichtigsten Sektoren am La Bassöekanal und an der Maas von den Franzosen erlittene erhebliche Eeländeeinbutze hat in Paris um so schmerzlicher berührt, als derTemps" und andere vom französischen Hauptquartier unter­richtete Blätter noch vorgestern nachdrücklich versicherte», daß gegen eine» nördlich Verdun oorzutragenden deut­schen Angriff, sowie gegen etwa bei Arras und weiter südlich gleichzeitig unternommene deutsche Vorstöße die zuverlässigste Abwehr vorbereitet sei. Heute wird klein­laut zugestanden, daß die Ereignisse der letzten 24 Stunden einen solchen Optimismus nicht' vollkommen rechtfertigen. Es wäre nutzlos zu leugnen, daß die fran­zösische Maassront durch die Verluste bei Haumont und bei Bcaumont (südlich der im deutschen Tagesbericht erwähnten Linie ConsenvoyeAzannes) eine< Schädi­gung erlitten hat. lieber die französische Schlappe öst­lich Souchcz behält die Fachkritik sich eine eingehende Besprechung bis zum Eintreffen genauer Meldun­gen vor.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.) Wien, 23. Febr. Amtliche Mitteilung vom 23. Februar:

Russischer Kriegsschauplatz. Nordwest­lich von Tarnopol schlugen unsere Sicherungstruppen russische Vorstöße gegen die schon wiederholt genannten vorgeschobenen Feldwachenoerschanzungen ab. Sonst keine besonderen Ereignisse.

Italienischer Kriegsschauplatz. Die lebhaften Artillcriekämpfe an der küstenländischen Front dauern fort. Hinter den feindlichen Linien wurden größere Brände beobachtet.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Südöst­lich von Durazzo wurde der Gegner aus einer Vorstel­lung geworfen. Ein österreichisch-ungarischer Flieger bewarf die im Hafen von Durazzo liegenden italieni­schen Schiffe mit Bomben. Ein Transportdampfer wurde i« Brand gesetzt und sank.

Der Stellvertreter des Ehess des Gcneralstabs: von Hofer, Feldmarschalleutnant.

Zum Vormarsch in Albanien.

Zürich, 23. Febr. Der hiesigeTagesanzeiger" meldet: Aus Albanien erfährt man an Hand der spär­lichen Nachrichten, daß italienische und serbische Trup­pen Durazzo verteidigen und dabei von allen Seiten eingeschlossen werden. Verstärkung oder Entsatz kann ihnen nur mehr auf dem Seeweg gebracht werden und deshalb ist es wohl möglich, daß daraus die maritime Tätigkeit in der Adria in nächster Zeit eine Verschärfung erfahren wird. Die weiterhin als besetzt gemeldeten Orte Pekni, Ljusna imd Berat geben einen Anhalts­

punkt dafür, daß der österreichisch-bulgarische Vormarsch »ach der albanischen Küste in sehr breiter Front erfolgt und bereits die Höhe von Valona erreicht. Es wird sich bezüglich der Einnahme von Durazzo wohl noch darum handeln, daß unsere Verbündeten genügend schwere Geschütze herbeischaffen, um die feindlichen Kriegsschiffe in respektvoller Entfernung vom Hafen von Durazzo zu halten.

DerErzerum"-Schwindel.

Zürich, 23. Febr. Der ZürcherTa-gesanzeiger" be­richtet. Die vom kaukasischen Kriegsschauplatz kommen­den Nachrichten, die sämtlich aus russischer Quelle stam- men. lassen erkennen, daß die bisher gemeldete Gefange­nenbeute bei Erzerum im Verhältnis zu dem ganzen Ereignis mehr als bescheiden, ist und daß sich auch die zuerst gemeldete Geschützbeute als übertrieben heraus­gestellt hat.

Deutschland und Amerika.

Staatssekretär Jagow über den U-Bootkrieg.

Berlin, 23. Febr. Herr von Wiegand, der bekannte Vertreter derNewyork World" veröffentlicht einen Bericht über eine Unterredung, die er am Sonntag mit dom Staatssekretär von Jagow über den Handels­krieg gegen England hatte. Herr von Jagow sagte nach derDeutschen Tageszeitung" u. a. folgendes: Die deutsche Regierung steht auf dem Standpunkt: 1 . daß es in unseren Zeiten zu Verteidigungszwecken bewaff­nete Handelsschiffe nicht mehr geben kann, und daß die Armierung solcher Schisse mit Kanonen und Artil­leristen diese Schiffe heutzutage zu Kriegshilfskreuzern für Offensivzwecke stempelt, und zwar vorsätzlich und tatsächlich. 2. Daß bei den Bedingungen des modernen Seekrieges kein Rechtsgrund mehr für die ArmieruuM von Handelsschiffen bestehe. Das internationale Gesetz, das seinerzeit die Armierung solcher Schiffe zu Ver­teidig» ngszwecken zuließ, gilt nicht mehr. Es wurde in einem früheren Zeitalter eingesührt, als noch Kauf­fahrteischiffe von Seeräubern und Piraten angegriffen wurden. Aber Seeräuber und Piratenschisfe bestehen schon seit 50 Jahren nicht mehr. Herr von Jagow gab im Verlaufe des Gesprächs rückhaltlos zu, daß er augenblicklich ohne bestimmte Informationen von Wa­shington sei und deshalb nicht wüßte, was Staatssekre­tär Lansing zu tun beabsichtige. Herr von Jagow führte aus, daß es den bewaffneten Handelsschiffen nicht mehr einfallen würde, einem modernen Kreuzer Widerstand leisten zu wollen, und daß die von den Mächten jetzt armierten Handelsschiffe ausschließlich den Zweck ver­folgen, die U-Boote zu zerstören, wenn diese den Ver­such machen sollten, diese Schisse anzuhalten und auf Bannware zu untersuche«. Wenn ein N-Vovt zu diesem Zweck sich dem bewaffneten Handelsschiffe nähere und längseits des Schiffes legen würde, könne es mit einem Schuß zerstört werden. Da Deutschland den Beweis für den wirklichen Zweck der Bewaffnung der Handels­schiffe erbracht und durch Beispiele bereits erhärtet hat, sah es sich dann genötigt, andere Maßnahmen zu tref­fen, um den Gefahren zu begegnen. U-Boote find eine vollständig defensive Waffe im modernen Seekrieg, und sogar Amerika hat das auch anerkannt. Unser ll-Boot- feldzug ist uns aufgezwungen worden als eine Vergel­tungsmaßnahme gegen Englands vollständig ungesetz­liche Aushungerungsmethode, die *n völligem Wider­spruch mit dem Völkerrecht steht, was ja der Protest des Präsidenten Wilson gegenüber England am besten auch beweist. Unsere jetzigen Maßnahmen find lediglich solche der Selbstverteidigung gegen Englands Pläne, seine Handelsschiffe für Offenfivzwecke zu armieren.