PARIS IST GANZ ANDERS

DieSonntags-Zeitung aut Stippvisite in der iranzösischen Metropole

Paris bei Nacht ist für die Fremden da. Wer die Stadt keine wütenden und schimpfenden Leute. Verkehrsteilneh- und die Pariser kennenlemen will, darf sie nicht in den rqer in Paris zu sein, ist keine nervenaufreibende Strapaze, Amüsierlokalen suchen. .Wildern beinahe ein Vergnügen.

Morgens baut der Gemüsehändler in der Rue Brezin mit vorsichtigen Griffen vor seinem kleinen Laden eine Kartoffel­pyramide auf. Mit­tags hebt er sie Stück um Stück wieder ab, um sie nach der Ge­schäftspause wieder sorgfältig zu errich­ten. Sein Nachbar, der Schlachter, ist kein Fleischhauer in deut­schem Sinne. Mit zar­ten Fingern und fei­nen Messern geht er den Karbonaden und Rouladen wie ein Chirurg zu Leibe. Zierlich umwickelt er die Portionen mit Speck und nimmt der Hausfrau die Arbeit ab. Der Gemüsehändler könnte die Kartoffeln aus dem Sack vor seinen Laden hinschüt­ten, der Metzger das Fleisch mit mächtigen Beilhieben zurecht hauen, aber dann wäre Frankreich nicht mehr Frank­reich und der Franzose kein Franzose mehr: ein völliger Strukturwandel hätte sich vollzogen, und es ist sehr fraglich, ob das gut wäre. So wie es ist, ist Frankreich vielleicht das einzige Land Europas, in dem man noch arbeitet, um zu le­ben und nicht lebt, um zu arbeiten.

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Die Methodik des Bequemen geht bis ins kleinste und ab­gelegenste Gebiet. Man merkt das am deutlichsten an den Läden, die etwas so Abseitiges wie Malerbedarf verkaufen. Was für ausgeklügelte und praktische Töpfchen, Staffeleien, Gliederpuppen usw.! Man wird all das in Deutschland ver­geblich suchen. Es gibt Straßen der Bildersalons, der Antiqui­tätenhändler, der Buchläden und der Lebensmittelverkäufer. Wer etwas Besonderes wünscht, hat alles beisammen und braucht nicht erst lange herumzulaufen. Und vollends die Kaffeehäuser und Restaurants sind Paradiese der Bequem­lichkeit, die ohne Methodik und hochgezüchtetem. Kunden­dienst nicht möglich wären.

Die amerikanische Gewerkschaftsdelegation, die kürzlich Frankreich bereiste, um sich über die Verwendung der Mar­shallgelder zu informieren, wünschte den Wandel, erschüttert, im Geburtsland des Realismus so wenig rationelle Verfah­rensweisen anzutreffen. Dabei hätten die Amerikaner gar nicht an die Seine zu fahren brauchen, um sich davon zu überzeugen, daß die gerühmte Ratio Frankreichs nichts wei­ter als ein liebenswürdiger Aberglaube ist, den einer dem andern von Generation zu Generation nachplappert und nach­schreibt. Oder sind etwa die gewaltigen Königsschlösser, die Parkanlagen im geometrischen Stil, die Wasserkünste und Triumphbögen, die Griechentempel als Kirchen, die nationa­len Heiligtümer, wie Pantheon und Kaisergrab, der Eiffel­turm, ja selbst die RevolutionsdeviseFreiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, nicht Projektionen eines aufs Phantastische U»d Ideale zielenden Geistes, der den Alltag nicht ohne Pa­thos erträgt?

Dabei kann der Franzose dennoch vollkommen rationell «ein, aber sein Rationalismus dient nicht der Sache, sondern dem Menschen. Die Organisation des Verkehrswesens beweist es. Wenn in Hamburg die Hochbahn abfährt, entsteht an sechs Tagen der Woche so etwas wie Absetzbewegung auf den Bahnsteigen wer zurückbleibt, fällt dem Feind in die

Unter dem. von Napoleon errichteten Triumphbogen brennt die ewige Flamme am Grabe des Unbekannten Soldaten

Hände. Wer in deutschen Klein- und Großstädten die Straße überquert, muß mit Tod oder Blessuren rechnen. In Paris kann man selbst in den Stunden des Hauptverkehrs die Champs Elysees und den Boulevard St. Germain so ruhig überqueren, als habe man den Schutzengel der Schutzengel zur Seite. Man braucht nur zwischen den Nägeln zu gehen. Falls dennoch etwas passieren sollte, der Fahrer hat auf je­den Fall die Schuld. Das System ist einfach, und es hat sich bewährt

In der Metro verhindern automatische Türen den hysteri­schen Run auf die einfahrenden Züge. Sobald die Wagen auf den Bahnsteig rollen, schließen sie sich, um sich erst zu öff­nen, wenn der Zug den Bahnhof verläßt. Selbst abends um die Zeit des Ladenschlusses sind die Autobusse nicht über­füllt. Stehplätze gibt es nicht. Man zieht an der Haltestelle eine Nummernkarte aus einem Automaten. Steigen fünf Leute aus. so besetzen die nächsten fünf in der Nummernfolge die Plätze. Es gibt kein Gedränge, keine abgerissenen Knöpfe,

Paris ist ganz anders, als man gewöhnlich lesen kann. Nicht die Eleganz der Pariserinnen springt zuerst ins Auge: am elegantesten gekleidet sind die Kinder. Alle die Kleinen sind übermüdet, die Liebe ihrer Eltern ist so groß, daß sie sich von den reizenden Puppen am Abend nur schwer zu trennen vermag.

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Canadienne ist die große Mode der Männer. Franzosen und ausländische Studenten tragen die pelzbesetzte grüne Wind­jacke wie eine private Uniform. Hüte sind verpönt, nur äl­tere Herren und Auslän­der tragen sie. Amerika­nisch gestutztes Stehhaar ist immer noch beliebt. Die jungen Leute versu­chen sich in extravagan­ten Bärten, die Weltan­schauung ausdrücken. Auf dem BoulMich, der Hauptstraße des Quartiers Latin, ziehen mittags nach Vorlesungsschluß die Stu­denten in Scharen. Man sieht Backenbärte ä la Faun, Erlöser- und Con- dottiribärte. Die Gemälde im Louvre scheinen als Vorlage zu dienen.

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Arbeitslosigkeit gibt es in Frankreich nicht. Jeder­mann verdient, und doch ist das Leben teuer. Was billig ist, läßt sich beinahe an den Fingern einer Hand abzählen: Austern, im Re­staurant das Dutzend 120 ffrs. = 1.- DM, ferner

Wein, Kaffee, Handschuhe und Damenschals. Da sich allein davon nicht leben läßt, stöhnt alle Welt über leere Taschen. Dabei ist der Franzose womöglich noch sparsamer als vor Jahrzehnten. Der Kindersegen zwingt ihn dazu, die vielen bebes, die ihm andererseits klingende Staatsbedhilfen ins Portemomaie zaubern.

Afrikanische Eleganz, etwas Alltäg­liches für Paris Aufnahmen: Näher

Der Eiffelturm, das Wahrzeichen der betriebsamen Stadt

Die Pariser leben auf Du und Du. Aber sie tun es dennoch per Distanz. Sie sind nicht nur gegenüber Fremden von einer vollendeten Höflichkeit. Das hindert sie nicht, vielleicht abends um 11 Uhr oder so, wenn der Himmel dunkel wird, die Sterne kommen und der Eiffelturm scheinwerferange- strahlt verkündet: ici Paris! in einem kleinen Bistro die Stühle zusammenzurücken und bis 3 oder 4 Uhr morgens Lieder zu singen. Alte und neue Melodien, die jeder kennt oder auch nicht kennt bunt durcheinander. Einer hat eine Laute, und er gibt den Ton an. Und es sind vielleicht zwei Schwarze aus Marokko dabei. Die steigen auf den Stuhl und singen Lieder, die sie noch von einer früheren Heimaterinne- rung her kennen. Und die Umsitzenden summen mit und machen den Chor. Dann bricht man auf ohne Händeschüt­teln, mit einem lächelnden au revoir und trifft sich vielleicht einmal wieder ohne Einladung, ohne Absprache und ohne Programm. Denn Paris ist immer eine große party immer und überall.

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Die Franzosen lieben den saloppen Anzug. Und manche* Nichtfranzose, der längere Zeit in dieser Stadt lebt, kann sich der Art dieses Sichkleidens nicht entziehen. Der Einfluß der Existenzialisten ist zumindest in diesem Punkt stark. Es er­regt deshalb kein Aufsehen, wenn aus einem chromblitzen­den Citroen plötzlich zwei Landstreicher aussteigen. Sie in aufgekrempelter blauer Monteurhose, ärmellosem Pulli und er im ähnlichen Anzug. Der Portier des Hotels George V. öffnet die Tür wie bei befrackten Gästen, denn seinem ge­schulten Blick entging nicht der graulivrierte Diener, der den Wochenendkoffer hinter seinenLandstreicher-Herrschaften hertrug. Was würde dazu der Geschäftsführer des Hotels Frankfurter Hof sagen?

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Geheimnisse zwischen Tibet und dem Amazonas

Den Menschen ist die Erde zu klein geworden. Sie planen Weltraumschiffe und Inseln im Kosmos. In Wirklichkeit ist die Erde ja noch gar nicht enträt­selt. Für die nächsten 25 Jahre so versichern jene, die sich in diesen Din­gen auskennen hat unser Planet noch genug Geheimnisse zu klären, genug Rätsel für jene, die da meinen, es sei schon alles getan.

Werfen wir nur einen kleinen Blick auf die Erdkarte, dann zeigt sich, daß genau genommen nur Europa einiger­maßen bis zur Stunde bekannt ist, wäh­rend 25 Prozent der übrigen Welt, also genau ein Viertel unseres Globus, bis­her von keinem Weißen- betreten und durchforscht worden ist.

Unbestreitbar die interessantesten Rätsel birgt Südamerika, das süd­liche Brasilien, das Becken des oberen Amazonas und des Orinoco. Dort liegen Welten, die buchstäblich von keinem Weißen bisher erreicht wurden, dort le­ben ganze Stämme von weißen India­nern, deren Herkunft niemand kennt, und die vielleicht durch eine gewaltige Erdkatastrophe einmal dorthin getragen wurden, wo sie jetzt im Dschungel, fernab von aller bekannten Welt, leben.

Oder lenken wir unseren Blick auf Tibet oder Nepal, wo sich nur Berg­steiger-Expeditionen dann und wann an gewaltigen Berggipfeln versuchen, ohne aber in die Täler einzudringen, in denen Völker leben sollen, die niemals mit der weißen Welt eine Berührung hatten. Ein einfaches Beispiel: von dem berühmten großen chinesischen Fluß Yang-tse-Kiang wissen wir heute genau so viel wie vor tausend Jahren der be­rühmte Weltreisende Marco Polo zu be­richten wußte, als er aus Ostasien wie­der heimkehrte.

Auch auf Neu-Guinea, dessen Be­sitz seit einiger Zeit zwischen den Na­tionen und sogar vor der UNO fleißig debattiert wird, sind weite Gegenden vollkommen unbekannt. Die wenigen Forscher, die sich daran wagten, auch den letzten Schleier von den Geheim­nissen von Neu-Guinea zu reißen, sind t?on ihren Expeditionen niemals zurück­gekehrt.

Australien birgt gleichfalls gewaltige Wüstengebiete im Bereiche von Vikto-

Nur kleine Sachen

Zwei junge Ehemänner tauschten ihre Erfahrungen aus.Ich bin der Herr im Haus, erklärte der eine,schließ­lich bin ich es doch, der das Geld ver­dient!"

Weißt du", meinte der andere nach­denklich,meine Frau und ich haben uns auf einen Grundsatz geeinigt, der sich ausgezeichnet bewährt. Die gro­ßen Sachen entscheide ich, die kleinen sie!

Der andere war nicht überzeugt. .,Ja, und wer entscheidet nun, was groß und was klein ist?

Da wurde sein Freund etwas klein­laut.Bis jetzt, erklärte er,ist noch keine große Sache vorgekommen ...

ria und im ganzen mittleren und öst-, liehen Australien, wo niemals jemand das Land durchquerte oder gar in die riesigen unterirdischen Höhlengänge ein­drang, die sich dort unter der Erde in unabsehbarer Weite erstrecken.

Sogar Afrika, von dem wir soviel zu wissen glauben, ist in den Gebieten zwischen Belgisch-Kongo und Rhodesien im Bereich der portugiesischen Besitzun­gen und dort, wo Südwestafrika in end­

losem Dschungel in modriger Wärme seine Geheimnisse unter einem dichten Laubdach verbirgt, unerforscht.

Müssen wir bis in die Antarktis, bis zum Südpol, gehen, um weitere Ge­biete kennenzulernen, von denen wir kaum etwas wissen? Sogar der äußerste Norden Kanadas, also jenes Eisland, das sich dem Nordpol nähert, ist nur auf ganz schmalen Straßen bekannt und er­forscht. Man vermutet nur, daß am Nordpol und am Südpol unter dem Eis riesige Schätze liegen, die nur auf die Hebung warten.

Aber wir brauchen wirklich nicht bis zu den Polen zu gehen. Kehren wir noch einmal nach Asien zurück, von dem wir schon sprachen. Asien ist der gewal­tigste Erdteil, der eine Milliarde Men­schen beherbergt, die Hälfte der ganzen Bevölkerung unseres Planeten, ein Riese unter den Kontinenten und gleichzeitig ein Riese mit tausend Geheimnissen. In jenem China, das Mao Tse Tung nun für sich zu buchen versucht und zu be­herrschen glaubt, gibt es eine gewal­tige Zone, das sogenannte Gebiet von Takla-Makau, ein Komplex von rund vierhunderttausend Quadratkilometer, also ein Gebiet, das etwa dem alten Deutschland vor 1933 entsprach. Und von diesem Gebiet weiß man fast gar nichts. Aber man vermutet, daß dort mit die größten Schätze unseres Globus lie­gen und jener Rasse harren, die sie Ein das Tageslicht hebt.

Auch zwischen China und Burma sind weite Gebiete mit tropischer Vegetation überdeckt. Niemand weiß etwas Genaues über die Menschen, die dort leben, und über die Geheimnisse, die dort der Dschungel verbirgt. Dann und wann hat man am Rande des Dschungels Städte aufgetan, die eine uralte Kultur haben.