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NR. 50 / 2. JAH RSANS
ILLUSTRIERTES WOCHENBLATT
1 0. D EZ E M B E R 1950
VORWEIHNACHT
Adventszeit,
O Seligkeit!
Ein inniges Beben An reichem Erleben.
Ein holdes Ahnen
Und seliges Mahnen
An kommende Weihnachtszeit.
Adventszeit,
O Seligkeit!
Es leuchten die Kerzen In unsere Herzen,
Ein Schwingen und Klingen,
Als ob Engelein singen
Von kommender Weihnachtszeit.
BERTA AMMON
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Lob der Walnuß
Von Karl Bahnmüller
Doppelt gepanzert den kostbaren Kern, fällt sie vom Baum. Ihre äußere grüne Schale, die mancher nicht kennt, weil diese Frucht nur mit ihrer inneren holzigen auf den Tisch kommt, ist von einer starken Beize durchtränkt, zudem duftet sie sonderbar streng. Wer, der einen Nußbaum im Garten stehen hat, machte nicht die Erfahrung, daß es beim Einbringen von Walnüssen nie ohne braun verfärbte Hände abgeht?
Was mich betrifft, so hatte- ich als Junge im Herbst oftmals nußbraune Finger. Damals pflegte ich nämlich, wie seltsam sich das auch anhören mag, Nüsse zu fischen. Ein kleiner Fluß, an dessen Ufern viele Nußbäume standen, trug nicht wenige Früchte auf seinem Rücken davon, und sie waren vom Steg aus mit einem Netz an der Stange dem Wasser leicht zu entreißen. Viel mühsamer war es, durch beide Schalen hindurch an den Kern zu gelangen. Wie zäh haftete doch die grüne Schale am Holz der zweiten, und das weiße Innere wollte sich noch nicht aus dem Gehäuse lösen lassen. Es waren bittere Nüsse. Doch war ich glücklich an jenen Nachmittagen am Fluß, der viele grüngoldene Blätter und immer einmal wieder eine Walnuß mit sich führte.
Wie Wein, so müssen auch Walnüsse ihre Zeit haben, ehe sie uns munden. Wenn es hell klingt, trocken klappert, beim Griff in den Sack, dann ist’s soweit, dann kann man sie zusammen mit Aepfeln und Birnen auftragen. Sie zu öffnen, gibt es verschiedene Weisen. Als Kinder haben wir sie ganz einfach zwischen den Backenzähnen aufgeknackt. Alten Leuten hat es dabei gegraust, sie warnten uns. Ehe es uns gelang, ihrer eine mit Hilfe einer zweiten zwischen Daumenansatz und den vier anderen Fingern zu zerdrücken, mußten wir beinahe erwachsen sein. Zarte Hände sind dazu nie imstande. Sie bedienen sich auch der Anmut wegen besser der stählernen Zange oder des guten alten Nußknackers mit seinem martialischen Gesicht. Aber wie wir es nun auch machen, es gilt, den Kern unverletzt in die Hand zu bekommen.
Wem an guten Gesprächen liegt, der setze seinen Freunden Walnüsse vor. Es denkt sich leichter beim Nüsseknacken, und mir scheint, es sei kein Zufall, daß diese unterhaltsame Beschäftigung zu einem Gleichnis geistigen Bemühens geworden ist. Jede Nuß ist ja ein Rätsel, denn weiß man, ehe sie geöffnet ist, was sie enthält: ein Nichts oder den künftigen Baum? Sie veranlaßt uns, das Mögliche auszudenken. „In nuce“, verwenden wir als Sinnbild, wenn gesagt sein soll, ein Sachverhalt sei auf seinen geringsten Umfang gebracht.
Mit wunderlichem Behagen beißen wir in den geschrumpften, ölhaltigen Kern, der dabei
Nun dauert’s noch zwei Wochen bis zum Weihnachtsabend
Aufnahme: Schmid
Es träumen still die Kinder und die Alten
Nun zünden sie in allen warmen Stuben Die zweite von den roten Kerzen an . .. Verstohlen duftet es nach Schnee und Tann' Von Schaukelpferden träumen alle Buben!
Ganz still und tief verschneit liegt's kleine Städtchen,
Und Weihnachtsmarkt ist auch am alten Tor - Der Kantor probt den Christnachtmettenchor Von blonden Puppen träumen alle Mädchen!
MiiimmiiiimiiiMiinmii
Sankt Nik’laus kam und ließ die Hände falten,
Er holt’ die gold’nen Nüsse aus dem Sack Und nahm die bösen Kinder Huckepack ... Von ferner Jugend träumen still die Alten . ..
CARLHEINZ WALTER
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in viele Teilchen zerspringt. Im ersten Augenblick sind wir enttäuscht. Wir haben etwas zu uns genommen, aber wo ist es? Nur Geduld, das Eigentliche ist der Nachgeschmack. Er, der immer offen läßt, ob wir Süßes, ob wir Bitteres kosten, kommt wie der von gutem Wein sehr iangsam und steigert sich. Wir loben ihn, wenn er uns ganz erfüllt. Nüsseessen glättet die Zunge, die vom Wein rauh ist, und besänftigt das Gemüt.
Harmlose Liegnitzer Bomben
Ach, dieses berühmte Königsberger Marzipan. Natürlich, Marzipan wird überall hergestellt, vor allem noch in Lübeck, aber Königsberger war eben Königsberger. Seine Herstellung war eine Industrie, deren Erzeugnisse in alle fünf Erdteile hinausgingen. Kam man in den Wochen vor Weihnachten in eine der beiden Konditoreien in der alten Ordensstadt, die auf diesem Gebiet führend waren, dann lag alles vollgestapelt mit Paketen und Päckchen, die nach Brasilien und Ceylon, nach China, Nordamerika oder Afrika adressiert waren. Süße Grüße gingen vom Schloßteich in wirklich aller Herren Länder, meist als Verbindung von der Heimat zu ihren Söhnen und Töchtern in der Ferne, die das ganze Jahr über kaum noch an sie dachten, zu Weihnachten aber das heimatliche Marzipan nicht ver
missen mochten. Was dem Ostpreußen Königsberger Marzipan, war dem Schlesier seine Liegnitzer Bombe. Die runden Pfefferkuchen „aller Kaliber“ mit der unvergleichlich süßen, würzigen Füllung trugen den Namen „Bomben“ übrigens schon von der Zeit, ehe die ersten Flugzeuge ihre Hüpfversuche vorführten und eine „Bombe“ sonst höchstens ein Ding war, mit dem Attentäter nach Zaren und Gouverneuren warfen. Man braucht also keine Rückschlüsse von dem Namen dieser Köstlichkeit auf besondere militärische Neigungen ihrer Verehrer und Verzehrer zu ziehen. Auch in Liegnitz gab es zwei Betriebe, die um den Ruf der besten „Bombenfabrik“ rangen, aber wer Liegnitz und seine Bomben wirklich kannte, der wußte schon, welchen der beiden er den Vorzug zu geben hatte. Statt der Lieg
nitzer Bombe bevorzugte Oberschlesien das „Neißer Konfekt“, das weit mehr eine örtliche Spezialität war und außerhalb des nun völlig in Trümmer hingesunkenen „schlesischen Roms“ kaum hergestellt wurde.
Weniger hoffnungslos als mit diesen Erzeugnissen, von denen vielleicht wirklich nur noch die Erinnerung übriggeblieben ist, sieht es mit den Genüssen aus, die jede Hausfrau nach eigenen Rezepten zauberte. Da handelt es sich vor allem um den Mohn, den die vertriebenen Schlesier vor der Währungsreform in ihren Kleingärten und „Grabeländern“ an- bauten, weil sie die unentbehrlichen Mohnklöße — von Mohnkuchen aller Art abgesehen — nicht länger entbehren wollten. Diese Mohnklöße haben mit Klößen nicht das geringste zu tun. Sie sind in der Hauptsache ein Brei aus Mohn, Weißbrot, Milch und Zucker. Aber Weihnachten und Silvester ohne Mohnklöße, das ist für den Schlesier eben kein richtiges Fest.
Wenn man von Spezialitäten aus dem Osten redet, dürfte man ja das Trinken nicht vergessen. Doch dann kommt man mit ostpreußi- schen Bärenfang, mit Danziger Lachs und Goldwasser, mit Stonsdorfer und Kroatzbeere auf ein allzu weites Feld der Genüsse und würde schließlich doch beim echten ostpreußischen Grog hängen bleiben. Und beim ostpreußischen Grog hängenzubleiben — das war allemal nicht ganz ungefährlich. EDMO.
Letzter Tag
für die Einsendungen der Auflösung des Weihnachtspreisausschreibens
10. Dezember 1950
Herrliche Preise winken
Die Kunst zu schenken
Von August Lümmle
Liebe Freunde, Schenken fängt mit Denken an, mit dem Sichbesinnen, nicht was man übrig hat, sondern was der andere braucht oder brauchen kann, was er sich selber wünscht, was ihm Freude machen würde. Man muß bei dem zu Beschenkenden anfangen! Anders herum wirds falsch.
Der in der Wilhelminischen Zeit durch seine ungeschminkte Aufrichtigkeit bekannte Diplomat Kiderlen-Wächter erzählte einmal die Geschichte eines Geschenks, ich glaube eines „Kunstgegenstandes“ aus Bronze oder so etwas, einer teuren Figur, die ein schmachtendes Liebespaar darstellte. Man war in der Familie sehr gebildet und schenkte nur echte Sachen. Eine Tante hatte das Stück aus einer Pariser Erbschaft erhalten. Als sie ihren 70. Geburtstag feierte und anfing, noch „mit warmer Hand“ ihre Kostbarkeiten zu verteilen, gab sie es einer Nichte. Von der Nichte ging die Figur an eine Base als Hochzeitsgeschenk, von da weiter auf den Gabentisch einer Kon-
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Du bist nicht allein
Nun ist- das zweite Lichtlein auf gewacht Und knistert leise: Gib fein acht Auf jede kleinste Freude. Laß sie ein,
Sie soll dir ein willkommner Bürge sein, Daß über allem irdischen Geschehn Die güt’gen Augen deines Gottes stehn.
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firmandin, von da an einen Vetter nach bestandenem juristischem Examen, dann an einen Onkel zum Geschäftsjubiläum, von da weiter und weiter... aber es gibt eine Oekonomie der Gerechtigkeit: das vielgereiste schmachtende Liebespaar kam pünktlich an ihrem 75. Geburtstage zur Erbtante zurück. — Kider- len setzte einen schwäbischen Trumpf drauf und sagte:
„Lieber an d-Leut na’, als in d-Kutterkist!“
Ja: „man übereignet einem anderen irgend etwas“. Und das ist dann ein Geschenk. Das kann herzlich gut gemeint und doch falsch sein.
Die Minna war die beste und freigebigste Frau, ihre Menschenliebe kannte keine Grenzen. Eines Tages kam sie zu den Freunden in Stuttgart, sagte, sie wolle ein Hochzeitsgeschenk kaufen für das Neuhausener Bäsle.
„Wen heiratet sie denn?“ fragten die Freunde.
„Einen Lehrer“, sagte Minna, „einen Lehrer aus einer Familie mit acht Kindern.“
„Was wollt Ihr schenken?“
„Wir haben gedacht, wir wollen den Blumenschmuck schenken für den Hochzeitstisch. Das Bäsle hat die Blumen so gern.“
„Ja, was wollt Ihr ausgeben?“
„Es soll etwas Rechtes sein: hundert Mark oder so wollen wir ausgeben.“
„Was tut man mit den Blumen nachher?“ „Die nimmt man mit heim. Man kann auch den Gästen davon mitgeben.“
„Wie lange glaubst Du, daß die Blumen halten?“
„Wenn man sie pflegt, können sie schon noch vier, fünf Tage halten.“
„Vier, fünf Tage? Haben die jungen Leute ein großes Einkommen?“
„Nein, Das ist’s ja eben. Es wird knapp hergehen bei ihnen.“
„Aber die Braut hat gewiß eine rechte Aussteuer, alles sechs- und zwölffach an Wäsche, und Küchengeschirr und auch Geld auf der Sparkasse?“
„Das glaub ich nicht. An Aussteuer hat sie nur das Allernötigsfe.“
„Wollt Ihr dann nicht lieber einen Veilchenstrauß kaufen um eine Mark? Die neunpnd- neunzig Mark könntet Ihr dann in eine Schachtel tun und den Veilchenstrauß draufbinden und den Brautleuten heimlich geben.
„Aber das geht doch nicht! Geld geben!? Das ist doch beschämend.“
„Beschämend? Arme Leute schämen sich nicht, wenn sie Geld kriegen; sie schämen sich, wenn sie beim Bäcker und beim Metzger aufschreiben lassen. Bauern schenken fast immer Geld. Da weiß man, was man hat!“-
Es blieb dann bei dem Veilchenstrauß. Und nach der Hochzeit kam ein Brief: „Wir waren alle fröhlich. Am fröhlichsten war das Bäsle und der wirklich nette neue Vetter. Die Schulkinder haben der Braut zwölf Blumenstöcke geschenkt. Die standen auf dem Tisch.
Es war sehr festlich!“-
Ja, Schenken fängt mit Denken an.
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