NUMMER 180
WIRTSCHAFT
SAMSTAG, 18. NOVEMBER 195 0
Steuerlast und Volkseinkommen
Aufbringung zusätzlicher Belastung kaum möglich
<3. W. B. Das Institut „Finanzen und Steuern'' in Bonn hat in Untersuchungen, die auf einwandfreiem amtlichen Material und zuverlässigen Vergleichsmethoden aufgebaut sind, die in letzter Zeit immer wieder aufgestellten Behauptungen, die deutsche Steuerlast sei relativ wesentlich geringer als die in Frankreich, Großbritannien und in den USA, Uberprüft. Das Ergebnis dieser Untersuchungen wurde vor kurzem in der Schrift „Die Steuerlast“ veröffentlicht. Aus der wohlabgewogenen Darstellung ergibt sich vor allem auch ein Ueberblick über den verschwommenen Begriff des deutschen Volkseinkommens, bei dem nicht selten die Milliarden nur so hervorgezaubert werden.
Das Volkseinkommen der Bundesrepublik Des Brutto-Sozialprodukt kann fUr 1949 mit rund 81.97 Milliarden DM veranschlagt worden. Es setzt «Ich zusammen aus
Volkseinkommen (Faktorkosten) 64.48 Mrd. DM Indirekte Steuern und Gebühre n 10.66 Mrd. DM Nettosozialprodukt zu Marktpreisen 73.14 Mrd. DM
Abschreibungen 6.88 Mrd. DM
Bruttosozialprodukt 1949 81.97 Mrd. DM
Zum Vergleich sei angeführt, daß das deutsche Volkseinkommen (in jeweiliger Kaufkraft) 1913 rund 45.7 Mrd. Mark, 1928 rund 75.3 Mrd. HM und 1933 rund 46.5 Mrd. RM betrug; wenn man die Kaufkraftunterschiede zum Beispiel zwischen Vorkriegs-Mark und DM ungefähr erwägt und das Vielfache der heutigen Steuerbelastung betrachtet, zeigt sich recht deutlich unsere Armut trotz der nominalen Höhe des Volkseinkommens 1949 und der optimistischen Ankündigung von Prof. Erhard, daß das Volkseinkommen der Bundesrepublik bald 100 Mrd. DM überschreiten werde.
Di# Verwendungsbilanz des Bruttosozialprodukts 1949, bei der für die Bundesrepublik ein Außenbeltrag von 2.59 Mrd. DM hinzuzurechnen ist, zeigt erhebliche Unterschiede zu der Verwendungsbilanz des Sozialprodukts der USA:
Bundesrepubl. USA
Mrd. DM
Mrd. $
Privatverbrauch
53.0
62.6
179.8
70.04
Staatsausgaben
12.0
14.2
43.7
17.02
Investitionen
19.6
23.2
33.2
12,94
Bruttosozialprodukt 84.6 100.0 256.7 100.0
Die Notwendigkeit, zur Wiederherstellung des Produktionsapparates überdurchschnittlich hohe Investitionen vorzunehmen, hat den Anteil des Privatverbrauches in der Bundesrepublik erheblich gedrückt; dadurch ergibt sich bei uns ein erheblich stärkerer relativer Steuerdruck als in den USA.
Die Steuer- und Sozialbelastung Die gesamte Steuerbelastung im Gebiet der Bundesrepublik war 1949 rund 19.44 Mrd. DM; dazu kommt die Beitragslasf für die Sozialversicherung mit 5.65 Mrd. DM, zusammen also 25.09 MM. DM. Die entsprechenden Vergleichszahlen der USA zeigen folgendes Bild:
Die Mehrbelastung in der Bundesrepublik ge- gegenüber den USA ist offensichtlich. Auf Grund der amtlichen französischen Zahlen errechnet sich für Frankreich ein Anteil der Steuer- und Sozialbelastung am Volkseinkommen 1949 von 32 Prozent.
Sozial Produkt und Besatzungskosten
Im Zusammenhang mit den deutschen Vorstellungen wegen der Höhe der Besatzungskosten wird neuerdings von amerikanischer Seite betont, daß das relative Gewicht unserer Besatzungskosten wesentlich geringer sei als die Belastung in den USA aus den Ausgaben für die nationale Verteidigung. Das Institut kommt zu folgenden Vergleichszahlen:
1949 Bundesrepublik USA
Besatzungs- Verteidigungskosten ausgaben
in °/o des Volkseinkommen 6.98 5.89
in °/o des Bruttosozialprodukts 5.49 5.02
Dabei darf einmal nicht übersehen werden, daß die Verteidigungsausgaben in den USA der dortigen Wirtschaft in höherem Maße zugute kommen als die Aufwendungen für Besatzungskosten die deutsche Wirtschaft befruchten. Bei der Beurteilung der wirklichen Steuerlast muß man nicht nur das reine Prozentverhältnis betrachten, das an sich schon die amerikanische Behauptung widerlegt, sondern auch eine Reihe anderer Umstände berücksichtigen. Von Bedeu
tung ist das Verhältnis der Besteuerung zu dem Betrag, um den das Durchschnittseinkommen das Existenzminimum übersteigt; es ist bekannt, daß bei uns Millionen von mittellosen Helmatvertriebenen, Heimkehrern nicht in der Lage sind, sich an der Aufbringung der Lasten zu beteiligen, die sich daher ungleich schwerer auf die übrigen Steuerzahler verteilen; man sieht auch hier, aut welcher schlechten Grundlage der Gundsatz von der „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“ ruht. Wenn man also den engen Spielraum zwischen unserem Sozialprodukt und den auf ihm ruhenden Lasten sieht, kann man die Auffassung, daß die Lage nicht so ungünstig sei, wie es dem deutschen Steuerzahler scheinen könnte, keineswegs teilen.
Neue Steuern — verheerende Folgen
Neue Steuern, gleichgültig in welcher Form, ob versteckt durch den Abbau von Vergünstigungen oder offen durch die Erhöhung der Steuersätze, müßten in jedem Fall verheerende Folgen nach sich ziehen, weil sie nach den Erfahrungen der letzten Jahre nicht nur auf die Steuermoral, sondern vor allem ln vieler Weise auch auf das Sozialprodukt Zurückschlagen, also den Druck der Steuerlast potenzieren. Es wird, darüber muß man sich nun einmal klar sein, eine schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe sein, die Stabilität der Währung unangetastet zu lassen. Ob sich nicht vielleicht doch durch den oft gehörten Grundsatz zu „eiserner Sparsamkeit“ die Aufwendungen, die sich zu unserer Sicherheit nicht vermeiden lassen, zum Teil hereinholen ließen?
Wichtiges in Kürze
Versorgungsstörungen durch Aufrüstung
WASHINGTON, Vor den nachteiligen weltwirtschaftlichen Folgen des Koreakrieges und der Wiederaufrüstung warnte ein Sonderausschuß der Emährungs- und Landwirtschaftsorgantsatlon der UN (FAO), der mit der Prüfung der Internationalen Nahrungsmittelversorgung unter Berücksichtigung der politischen Lage beauftragt war. Zur Vermeidung von Wirtschaftskrisen, Nahrungsmittelverknappungen und Arbeitslosigkeit empfiehlt der Ausschuß, dem Vertreter von 11 Staaten angehören, den wirtschaftlich stärkeren Ländern eine Drosselung der Vorratskäufe von Rohstoffen bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Produktion von Düngemitteln, Landmaschinen und anderen landwirtschaftlichen Geräten.
Weiter toird empfohlen, den wirtschaftlich rückständigen Ländern auch in der Zukunft jede nur mögliche technische Unterstützung zu gewähren. — Der Präsident des britischen Industrieverbandes, Sir Robert Sinclair, rechnet mit einer recht ernsten Störung des britischen Wirtschaftslebens durch die Wiederaufrüstung. Es seien Engpässe und Verknappung zu erwarten, weil die Regierung die Industriellen nicht ausreichend darüber informiere, wo sie rechtzeitig Umstellungen oder Produktionssteigerungen vornehmen müßten.
Ausnahme der Produktion von Salpetersäure ist aber durch die US-Militärbehörden der chemischen Industrie Japans bei allen wichtigen Produkten volle Friedenskapazität belassen worden. Man rechnet damit, daß auch die Anlagen für die Treibstoffsynthese ihre Produktion wieder aufnehmen werden.
Noch Kohlenschwierigkeiten bei Opel FRANKFURT. Die Opel-Werke in Rüsselsheim werden am Montag entscheiden, ob sie wegen Kohlenmangel schließen oder ob und in welcher Form der Betrieb weiterlaufen kann. Der Regierungspräsident in Darmstadt hatte an den üundcswirtschaftsminister appelliert, die sofortige Lieferung von mindestens IS 000 t Kohle sowie weitere Monatslieferungen von 10 000 t zu veranlassen. Bisher seien aber trotz fester Zusicherung kurzfristiger Lieferungen nur kleine Mengen angekommen, und mit diesen spärlichen Lieferungen arbeiteten die Opeltoerke jetzt „von der Hand in den Mund“.
Hotclrabatt in der Schweiz
BASEL. Der schweizerische Hotelierverband hat beschlossen, jedem ausländischen Gast, der
Revision der Steuervergünstigungen
FRANKFURT. Bundesfinanzminister Fritz Schäffer kündigte auf einer CDU-Wahlversamm- lung in Offenbach an, die gesetzlichen Bestimmungen über die Steuervergünstigungen würden zurzeit von seinem Ministerium nachgeprüft. Der Minister wandte sich dabei gegen Steuerhinterziehungen und insbesondere gegen eine allzu großzügige Inanspruchnahme der Steuervergünstigungen.
In 28 Großbetrieben sei bei einer Nachprüfung festgestellt worden, daß durchschnittlich nur 57 */• der Steuern bezahlt und die restlichen 43 '/• „unter der Flagge Steuervergünstigungen“ dem Fiskus entzogen worden seien. Weiter führte Schaffer aus, daß voraussichtlich keine neuen Steuertarife und Steuergesetze eingeführt werden müßten, um den sozialen Frieden und die innere Sicherheit zu erhalten und einen wirtschaftlichen Beitrag für die Verteidigung des Westens zu leisten, wenn die bestehenden Steuergesetze wirklich beachtet würden.
•
JK. Nach der jahrelangen Ueberziehung der Steuerschraube mußte es jedem Einsichtigen klar sein, daß die Steuerehrlichkeit sich nicht von heute auf morgen wiederherstellen ließe. Und was die Steuervergünstigungen betrifft, so darf darauf hingewiesen werden, daß sie eingeführt wurden zur Stärkung der Investitionstätigkeit durch Selbstfinanzierung und zur Milderung immer noch bestehender Steuerüberlastungen in den Tarifen. Der Finanzminister hat wohlweislich von dem Fiskus „entzogenen“ — nicht hin- terzogenen — Steuern im Zusammenhang mit den Steuervergünstigungsbestimmungen gesprochen. Will er neuerdings dem Steuerzahler zumuten, freiwillig auf die Ausnutzung aller gesetzlichen Bestimmungen zur Erleichterung seiner Steuerbürde zu verzichten? Das wäre etwas völlig Neues; daß einem solchen Appell, dessen Bedeutung über eine rein rhetorische Wirkung keinesfalls hinausgehen kann, Erfolg nicht beschieden sein wird, versteht sich von selbst. Und was heißt in diesem Zusammenhang „allzu großzügige Inanspruchnahme der Steuervergünstigungen“? Man fasse die Gesetze so, daß unterschiedliche Auslegungen nicht möglich sind, und braucht sich dann nachher nicht über zu großzügige Auslegung zu beklagen. Im übrigen philosophiert bekanntlich das Pferd anders über die Peitsche als der Fuhrmann.
zwischen dem 23. Dezember und dem 28. Februar mindestens 14 Tage in einem schweizerischen Hotel verbringt, SO Franken als Rabatt von der Rechnung abzusetzen und in bar zurüekzuerstat- ten. Die auf 1 Mill. Franken veranschlagten Gesamtkosten des Programms werden von den einzelnen Hotels und dem schweizerischen Hotelierverband aufgebracht, doch wird damit gerechnet, daß die Regierung die Hälfte der Auslagen übernimmt.
Ueber 500 Millionen DM Subventionen BONN. Nach einer Zusammenstellung des Bundesfinanzministeriums hat sich in der Zeit vom 1. März 1949 bis zum 31, März 1950 der westdeutsche Subventionsbedarf für Lebensmittelsubventionen auf insgesamt 544 482 000 DM belaufen.
Lnndwntschntt Liberalisierung schafft Inlandskaufkraft
Bundesrepubl. USA Anteil der Steuer- und Sozialbelastung am Volkseinkommen 38.91*/» 26.61*/»
Anteil der Steuer- und Sozialbelastung am Bruttosozialprodukt 30.61'/» 22.71*/»
DM-Wechselkurse
Die zu Jedem Wochenende erscheinende Tabelle weist das Umrechnungsverhältnis von 100 DM zu den wichtigsten fremden Währungen aus. und zwaf nach den Kursen im Züricher Freihandel.
16. ll. 15.11
Schweiz. Franken
81.50
81.25
USA-DoUar . . .
a
18.73
18.67
Engl. Pfund. . .
•
a
•
a
7*29
7.21
Franz. Franken .
a
7276.—
7190.—
Belg. Franken . .
•
949.88
946.97
Holl. Gulden . •
«
•
77.61
77.38
Span. Peseten . .
•
993.90
996.95
Port. EskUdos . .
«
562.41
560.34
Schwed. Kronen .
110.88
110.92
Argen t. Pesoa . .
•
•
379.06
377.90
Bras. Milreis . .
a
626.92
625.—
Oesterr. Schilling
«
565.97
571.38
Ital. Lira ....
•
•
•
«
12756.—
12687.—
Tschech. Kronen .
•
7761.—
7738.—
Oelmangel hindert die UdSSR an Weltkrieg
LOS ANGELES. Die Sowjetunion wird nach der Meinung des Forschungsdirektors der „Universal Oil Products Co." keinen Weltkrieg beginnen, weil sie nicht über die Oelfelder des Mitteiostens verfüge. Die Sowjetunion habe gegenwärtig nur 8 Prozent der Weltrohölproduktion und nur über 25 Prozent der Weitölreserven. Der Rest unterstehe der Kontrotte des Westerts. Solange die Kontrolle der Oelfelder von de« demokratischen Ländern ausgeübt werde, könne der Weltfriede erhalten bleiben. Die West machte müßten klar heraussteilen, daß sie jedem Versuch, den demokratischen Ländern die Kontrolle zu entreißen,, äußersten Widerstand entgegensetzen würden. Andererseits produzieren die UdSSR und ihre Satelliten täglich etwa 137 Milt, kg synthetische Treibstoffe.
Japan volle Chemie-Friedenskapazität eugebilligt
HAMBURG. Die Produktionsmöglichkeiten der japanischen Industrie wurden durch Kriegseinwirkungen schwer beeinträchtigt. Die Kr tegs- sch&den betrugen bis zu 50 Prozent. Später sollten noch zahlreiche Anlagen von friedenswirt- schaftUcher Bedeutung demontiert werden. Mit
KÖLN. Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Prof. Dr. Niklas, forderte die Landwirtschaft auf, sich nicht der Liberalisierung entgegenzustellen. Der Minister sprach auf der 50jährigen Jubiläumsfeier des Deutschen Viehhändlerbundes und erinnerte die Landwirtschaft daran, daß die Liberalisierung trotz mancher unangenehmen Erscheinung für die Landwirtschaft — besonders auf dem Gemüse- und Obstmarkt — auf Grund der durch sie erweiterten Exportmöglichkeiten ausreichende Kaufkraft im Inland schaffe, um die Produktion der deutschen Landwirtschaft zu entsprechenden Preisen verkaufen zu können.
Andererseits sei es selbstverständlich, daß die deutsche Landwirtschaft nicht schutzlos den Strömungen der Welt ausgesetzt werde. — Der Minister kündigte dann noch an, daß innerhalb der nächsten drei Wochen das Zuckergesetz, das Vieh- und Fleischgesetz und das Milch- und Fettgesetz im Parlament beraten würden, aber die Landwirtschaft brauche keine Angst vor Zwangsmaßnahmen zu haben. „Ich hasse Eingriffe des Staates in private Vorgänge.“ Zwar könnten die wirtschaftlichen Verhältnisse der Zukunft so
sein, daß der Staat unter Umständen aktiv werden müsse, aber das nur so lange und so weit, ala die Probleme auf anderem Wege nicht gelöst werden könnten. An die Landwirtschaft richtete der Minister die Bitte, ihre augenblicklichen Beschwerden zurückzustellen; die gegenseitige Rücksichtnahme der Stände aufeinander sei das Fundament für den deutschen und europäischen Wiederaufbau.
Bessere Futter- und Kohlrübenernte
WIESBADEN. Die Futter- und Kohlrübenernte im Bundesgebiet ist trotz verminderter Anbaufläche infolge höherer Hektarerträge in diesem Jahr ertragreicher ausgefallen als 1949. Nach den Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes liegt die Gesamternte bei Futterrüben mit 22,7 Mill. t um 3,6 Mill. t oder 18,7 "/» höher als im Vorjahr. Der Hektarertrag ist sehr viel höher als im Vorjahre und liegt im Durchschnitt des Bundesgebietes rund 25 •/» über dem Ergebnis von 1949. Dm Ernte an Kohlrüben wird auf 2,5 Mill. t geschätzt und liegt um 2,5'/» über dem Vorjahresertrag.
Aus der christlichen Welt
Was kommt auf uns zu?
Text; Offenbarung des Johannes, Kap. 21, 9—27
Lies diesen Abschnitt im letzten Buch der Bibel und du wirst den Kopf schütteln: Eine fremde, unverständliche Welt! Dabei will der Verfasser doch einfach sagen, daß Gott die letzte Gewalt über die Erde hat und seinen Willen durchsetzt, und daß dieser Wille, trotz allem, waa du erlebt und gesehen hast, es mit dir und der Welt gut meint. Und du sollst dich von all den anderen Gewalten in der Welt, die jetzt am Ruder sind und dir Sorg und Kummer machen, nicht beeindrucken lassen: Gott läßt sich von ihnen in seinem Werk nicht aufhelten und nicht ins Handwerk pfuschen. — Deshalb kommt die neue Stadt senkrecht von oben und fix und fertig vom Himmel herab.
Und du sollst dich auch nicht von dem menschlichen Satze beindrucken lassen, der sagt, daß wo Licht ist, auch Schatten sein müsse. Denn in der Gottesstadt gibt es keine dunkeln Straßen und Viertel, keine Slums, da beruht nicht die Freude der einen auf der Armut der anderen: Nicht unsere irdischen Lichter, sondern Gott selbst leuchtet dort und macht alles hell.
Auch nicht von der deinem armen Herzen so naheliegenden Sorge, du müßtest in der himmlischen Stadt vor Langeweile umkommen! Denn sollt« der Schöpfer, der die Erde so reich erschuf, daß du weder Geld noch Zeit noch auch Verständnis genug hast, um alle ihre Herrlichkeiten zu erleben, nicht das geeignete Material haben, dein Herz für immer zu erfreuen? Deshalb strahlt und funkelt es in der Stadt nur so von Gold und Edelsteinen, die dir sicher ein Juwelier einmal zeigt, wenn du, wie Luther, als er die Stelle zu übersetzen hatte, ihn drum bittest. , _
Und nicht von dem Gedanken, daß es ja so viele Auffassungen von Gott und Orte, wo er verehrt wird, gebe, und man daher nie wisse, wo er zu suchen und zu finden seil Denn dort gibt es keinen Tempel mehr, weil Gott selber da ist, nicht mehr verborgen und nicht mehr vergebens gesucht, sondern offenbar, so wie es uns von Jesus verkündigt ist.
Auch nicht von der Sorge, daß die Eigenart der Völker und ihre Angst voreinander den Frieden der Stadt stören müsse! Denn die Völker erkennen dann einen Herrn und e i n Recht über sich an, das sie nun nicht mehr behaupten und erkämpfen müssen. Deshalb sind die 12 Tore der Stadt immer offen und laden ein zu kommen — und die Völker kommen und bringen 1 erfreut, wie die Weisen aus dem Morgenland, ihre Schätze.
Ein phantastisches Wölkenkuckucksheim, in da 9 fromme Träumer aus der nicht bewältigten Gegenwart fliehen, denkst du. Uebersieh aber nicht die sehr konkreten, gegenwärtigen Farben, mit denen dieses prächtige Bild untermalt ist! Es ist nämlich einer der sieben Engel mit den Zornesschalen, der dem Seher die Stadt zeigt: Mitten in dem Gericht Gottes, in Krieg, Tyrannei, Unglück, Krankheit und Elend ist Gottes Heil auf dem Wege, in deiner trüben Gegenwart Ist Gottes herrliche Zukunft schon gegenwärtig, und es sind die Namen der zwölf Stämme Israels, die an den Toren der Stadt zu lesen stehen: Ganz konkrete Menschen, die um dich her wohnen und deren Namen du kennst, werden dort Bürger sein, und das Bürgerrecht wird jetzt in deiner Gegenwart verteilt. Und die Grundmauern der Stadt tragen die Namen der Apostel, der Prediger des Evangeliums, und das heißt doch: Wo überall jetzt das Wort verkündigt wird, da ist zu jener Stadt der Grund gelegt!
Merkwürdig, wie das zunächst unverständliche Bibelwort unsere unverständliche Gegenwart so verständlich und durchsichtig macht! Wie die Geister sich scheiden und die Fronten sich klären! Deshalb heißt dieses Buch „Offenbarung“. Vergiß nicht, daß es von d i r handelt und dein Name unter denen aufgezeichnet ist, die in jener Stadt aus- und eingehen. Kumpf
Warum Berlin statt Stuttgart?
Zu der Wahl Berlins an Stelle von Stuttgart als Tagungsort für den Deutschen Evangelischen Kirchentag 1951 erklärt der Präsident des Kirchentages, Dr. von Thadden, der Weg nach Berlin sei nicht ein politischer Beitrag zur Doku- mentierung der Einheit Deutschlands, sondern der Ausdruck des unbeirrbaren Willens der Glieder der Kirche Christi, einander beizustehen in
den großen Nöten, die uns alle gemeinsam betroffen haben. Das Warten der Menschen in den östlichen Kirchen auf Gottes Wort in ratendem und helfendem Mund der Brüder aus dem Westen fordere darum so eindringlich ein deutliches Ja, weil sich die Herzen drüben sonst zu verschließen drohten. Schon der Entschluß, den Kirchentag 1951 in Berlin abzuhalten, werde als Tat des glaubenden Gehorsams verstanden werden und aufrichten und ermutigen, „Wir waren uns klar, daß wir lieber mit bangem Gewissen nach Berlin gehen sollten als mit schlechtem Gewissen nach Stuttgart. So ist der Kirchentag 1951 in Berlin kein geistiger Kreuzzug im Gefühl westlicher Ueberlegenheit und mit Eroberungsplänen ln der Tasche, sondern er geschieht in der tiefen Gewißheit, daß wir Leute des Westens durch die Brüder der östlichen Kirchen selbst unbeschreiblich beschenkt werden. Sie werden uns helfen, in Zukunft zuversichtlicher zu glauben, treuer zu gehorchen, uns aktiver als Christen in unseren Berufen zu bekennen, richtigere Maßstäbe zu gewinnen für das Wesentliche und für das Geringfügige in unserem Leben und klare Wege zu finden zu klarem Ziel,“
ROTTENBURG a. N. Eine Werkwoche der katholischen Landjugend für Singen, Laienspiel und Volkstanz wird unter Leitung von Pfarrer Eugen Schmidt, Reute, vom 27. November bis 1. Dezember 1950 an der Bischöflichen Musikschule in Rottenburg veranstaltet.
BAD LIEBENZELL. Pfarrer Dr. Max Loeser, bisher theologischer Lehrer und Rektor des Missionsseminars in. Bad Liebenzell, wurde in das Amt eines theologischen Referenten des Evang. Rundfunkreferats für den Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) berufen.
BAD BOLL. Eine Aussprache in der Evang. Akademie zwischen Kirche und Industrie erfolgt auf Anregung des württembergischen Landesbischofs D. Haug vom 24. bis 26. November.
FRANKFURT. Bundespräsident Prof. H e u ß wird auf der Hundertjahrfeier der Inneren Mission am morgigen Sonntag in der Frankfurter Dreikönigskirche die Festrede halten.
LIMBURG. In Limburg findet am 10. Juni 1951 unter Beteiligung der bedeutendsten Gießereien der Bundesrepublik ein Glockenwettstreit statt,
Kunst als Ktinderin der Heilswahrheit
Auf einer „Religiösen Einkehr für bildende Künstler" in der Erzabtei Beuron wurde festgestellt, daß auch im kirchlichen Raum neue Wege der Gestaltung gefunden werden müssen, wenn der fragende Mensch unserer Tage durch echte Verkündigung der Heilswahrheit missionarisch erfaßt werden solle. Das Kirchenvolk müsse durch eine kirchliche Kunst, die der jetzigen Situation gerecht wird, aus seiner falschen und gefährlichen Sicherheit herausgerissen werden.
zu dem etwa 50 auf den gleichen Ton abgestimmte Geläute au9 verschiedenem Material entsandt werden,
AACHEN Im kommenden Jahre wird nach 14- jähriger Unterbrechung wieder die „Aachener Heiligtumsfahrt“ gefeiert werden, Die Eröffnung des Marienschreins, der die „Vier großen Heiligtümer“ birgt, erfolgt am 7. Juli 1951.
MÜNCHEN. Im Alter von 67 Jahren Ist der evangelische Theologe Dr. Karl August Meißin- ger, der erste Vorsitzende des Münchner Instituts für Reformationsforschung, gestorben. Sein Roman „Der Abenteurer Gottes“ gewann durch Uebersetzungen internationale Anerkennung.
GENF. In der überwiegend katholischen Gemeinde Grellingen, im Schweizer Jura, konnten die etwa 100 evangelischen Einwohner wegen finanzieller Schwierigkeiten ihren Wunsch nach einem eigenen kleinen Gotteshaus nicht verwirklichen. Jetzt hat die katholische Gemeinde einstimmig beschlossen, den Bau der evangelischen Kirche durch eine Spende von 10 000 Franken zu ermöglichen.
VATIKANSTADT. Papst Pius XII. empfing den Erzbischof von Freiburg, Dr. Wendelin Rauch, in Privataudienz. — Das Kardinalskollegium zählt gegenwärtig noch 53 Mitglieder, davon 19 Italiener und 34 Angehörige anderer Nationen. 17 Sitze sind vakant. — Der bisherige Präfekt der Ritenkongregation, Kardinal Clemente Micara, ist zum Präfekten der Reiigionskongregation ernannt worden. Diesem Organ der Kurie unterstehen alle katholischen Orden. — Der Erzbischof von Libanon und Damaskus der syrisch-jakobitischen Kirche, Iwanis Youhanna Candour, ist zum Katholizismus übergetreten.