FREITAG, 17. NOVEMBER 1950
WIRTSCHAFT
NUMMER 179
Wie lange noch Kohlen-Zwangsexport ?
Haushalte sollen nur kleinste Mengen erhalten / Sind die Verbraucher nun selbst schuld, wenn sie frieren müssen?
ESSEN. Der Zentralverband des Kohleneinzelhandels in Essen erklärte, daß er bestrebt sein werde, die verfügbaren Kohlenmengen nach der Dringlichkeit des Bedarfs auszuliefern. Einstweilen könne der Handel nur kleinste Mengen, die sogar unter einem Zentner liegen, an die Haushalte verteilen, für die an sich 14,4 Zentner vorgesehen waren. Der Verband habe schon vor zwei Monaten auf die kommenden Schwierigkeiten aufmerksam gemacht, beim Bundeswirtschaftsministerium aber kein Gehör gefunden. Es sei nicht möglich gewesen, im Sommer große Lager anzulegen, da nicht genügend Kapital zur Verfügung gestanden habe. Die Verbraucher, die im Sommer trotz dringlicher Aufforderung keine Kohlen eingekauft hätten — so erklärt der Verband des Kohleneinzelhandels—, müßten sich den gegenwärtigen Mangel selbst zuschreiben.
Aus Düsseldorf verlautet zum Kohleproblem noch, daß unter Umständen Meinungsverschiedenheiten zwischen der internationalen Ruhrbehörde und der alliierten Kohlenkontrollgruppe in Genf einerseits und dem Bundeswirtschaftsministerium andererseits auftreten werden. Das Bundeswirtschaftsministerium hat der internationalen Ruhrbehörde eine Kohlenexportquote von 5,1 Mill. t für das erste Quartal 1951 vorgeschlagen. Dagegen hat die alliierte Kohlenkontrollgruppe in Genf bereits durchblicken lassen, daß sie die
Die Kohlenkurve blieb zurück
Unsere Zeichnung veranschaulicht das Mißverhältnis zwischen Produktionskurve und Kohlenkurve. Es ist aus ihr zu ersehen, daß sich seit der Währungsreform die Industrieproduktion fast um das Eine inhalb fache erhöhte, wogegen die Kohlenförderung nur eine Steigerung von einem Fünftel aufweist. Industrie, Handel und Gewerbe sind mit 40 bis 50*/» die Hauptabnehmer der Kohle. Ihnen folgte mit durchschnittlich 26*/» der Export. Die Exportsätze wurden von der internationalen Ruhrbehörde vor■ längerer Zeit festgelegt. Während diese Behörde in den letzten Monaten mit ihren Vorschriften kaum noch in Erscheinung trat, besteht sie jetzt plötz-
ANSTIEG SEIT DER WÄHRUNGSREFORM
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^HUNFÖRDERUNG
KOHLENAUSFUHR
Monatsdurchschnitt
1948 1949 1950
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1,38 J 12,01
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— rund 26 % des gesamten Kohlenabsatzes.
lieh wieder auf der Erfüllung der Sollsätze. Sie handelt dabei im Interesse der übrigen von ihr vertretenen westeuropäischen Mitglieder, die infolge der Rüstungskonjunktur natürlich erhöhten Kohlenbedarf haben. Damit droht sie aber Westdeutschland jenen natürlichen Ausweg zu versperren, den eine souveräne Volkswirtschaft in unserer Lage beschreiten würde (und den zum Beispiel England auch beschreitet): Kürzung der Ausfuhr in bestimmten Grenzen, um Notstände im Inland zu vermeiden. Damit ist Westdeutschland vor die Alternative gestellt: Produktionseinschränkung und Drosselung des Hausbrandverbrauchs — oder kostspielige Kohleneinfuhr. Kohleneinfuhr in die Bundesrepublik, dem größten Kohleerzeuger des Kontinents!
Beibehaltung der augenblicklichen Kohlenexportquote von 6,8 Mill. t wünscht. Bei der internationalen Ruhrbehörde sollen bereits interne Beratungen über die Festsetzung der Kohlenexportquote für das erste Quartal 1951 begonnen haben, ln diesem Zusammenhang werden in der Industrie Befürchtungen laut, daß die erwartete zusätzliche Steinkohlenförderung zum Teil ausgeführt werden soll. Die, intensiven Bemühungen um eine Schließung der innerdeutschen Kohlenlücke, die nicht zuletzt die Folge einer Exportquote von 6,83 Mill. t im letzten Quartal 1950 ist, würden größtenteils wieder illusorisch werden.
*
JK. Eine Exportquote dieser Größenordnung bedeutet, daß — bei Annahme einer durchschnittlichen Tagesförderung von 350 000 t — das Förderergebnis von nahezu 20 Tagen in einem Vierteljahr exportiert werden muß. Welchem anderen Land Westeuropas schreibt man noch die Höhe seines Kohlenexports vor? Ganz abgesehen davon, daß politische Lenkungsmaßnahmen von so einschneidender Bedeutung schon längst beseitigt zu werden verdienen, weil die Bundes
republik sich als korrekter Wirtschaftspartner mit ausgesprochenem Verpflichtungsgefühl für die europäische Zusammenarbeit erwiesen hat, geht es nun, im Zeichen der gemeinsamen Verteidigungszusammenarbeit, ja keineswegs an, diskriminierende Maßnahmen, dazu auch noch solche mit so ungemein wirtschaftsstörenden Auswirkungen, aufrechtzuerhalten, — Aber in diesem Zusammenhang ist noch etwas anderes interessant, nämlich der erste Teil dieser Meldung, der sich mit der Kohlenversorgung der Haushalte befaßt. Einerseits gilt auch hier, daß man uns nicht zum Kohleexport zwingen und den deutschen Werktätigen frieren lassen kann. Andererseits irrt der Zentralverband des Kohleneinzelhandels mit seiner Feststellung, die Haushalte treffe selbst die Schuld, wenn sie sich nicht rechtzeitig mit Kohlen eingedeckt hätten, doch ganz gewaltig. Wenn er bei solchen Feststellungen die gravierende Tatsache außer Betracht läßt, daß die große Mehrzahl aller Haushalte von der Hand in den Mund lebt und in der Regel nicht die Mittel hat, sich Kohle im voraus zu kaufen, dann muß er sich den Vorwurf eines sehr oberflächlichen Urteils gefallen lassen.
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Lockerung der Produktionsbeschränkungen
BONN. Gutunterrichtete Kreise rechnen mit einer baldigen Acndcrung des alliierten Gesetzes Nr. 24 über die Beschränkung gewisser Produktionen auf einzelnen Gebieten. Voraussichtlich werden auch deutsche Stellen hierzu gehört werden.
Angestrebt wird auf deutscher Seite im Eisen- und Stahl bereich der Wiederaufbau der August-Thyssen-Hiitte und der Reichswerke, wodurch die Kapazität um 1 Mill. t erhöht werde. Die Wiederaufbaukosten von etwa 500 Mill. DM sollen dabei wenigstens zum Teil aus ECA-Mit- teln gedeckt werden. Gewünscht wird ferner, daß der bestehende Engpaß in Blechen durch die Einschaltung der Mittelblechstraße in Hörde gemildert wird. Auf dem Chemiesektor haben sich insbesondere die Kapazitätsbeschränkungen für Chlor, Ammoniak, St er ol und weißen Phosphor als sehr nachteilig erwiesen, so daß man sich um ihre Aufhebung bemüht. Eine Aufhebung des Produktionsverbotes für Buna und die Produktionsbeschränkungen für die Bergius- und Fischer - Tropsch - Anlagen von Gelsenberg, Wesseling und der Gewerkschaft Viktor wird angestrebt; ferner bemüht man sich darum, daß die Erleichterungen für den Schiffsbau auch auf den Schiffsbau für deutsche Rechnung ausgedehnt werden. In der Elektrotechnik hält man es für wünschenswert, die Leistung gewisser Senderöhren zu erhöhen. ^
BONN. Die Rohstoffversorgung der deutschen Industrie in einigen wichtigen Zweigen ist nach Mitteilung des Bundesioirtschaftsministeriums unter Berücksichtigung der Bestände, der schwimmenden Warenlieferungen und der abgeschlossenen Kontrakte in folgendem Rahmen als gesichert anzusehen: Baumwolle und Wolle für vier Monate, Kautschuk für vier bis fünf Monate, Kupfer für dreieinhalb Monate, Zink für fünf Monate, Aluminium für zweieinhalb Monate (davon für zwei bis drei Mill. Dollar Einfuhren aus den USA erforderlich, Finanzierung aus ECA-Mitteln), Kunstfasern für viereinhalb Monate, Sulfat- zellstoff für fünfeinhalb Monate, L i n t er s (Baumwolle für technische Zwecke) für eindreiviertel Monate, Häute und Felle für viereinhalb Monate.
Stromversorgung leicht entspannt — aber labil
DÜSSELDORF. Durch die starken Regenfälle in den letzten Tagen hat sich die Stromversorgungslage des Bundesgebietes etwas entspannt. Die günstigen Wasserverhältnisse führten zu einer erhöhten Elektrizitätserzeugung in den Süddeutschen Wasserkraftwerken, die die im
Rahmen der Verbundwirtschaft zwischen Süddeutschland und dem Rheinland arbeitenden Steinkohlenkraftwerke im Bereich der Rhein.- Westfälischen Elektrizitätswerke entlastet hat. Von Fachseite wird betont, daß die Lage indessen nach wie vor sehr labil sei und ein Kälteeinbruch zu nicht unbeträchtlichen .Versorgungsschwierigkeiten führen müsse.
120 Mill. Dollar EZU-Kredit endgültig
PARIS. Der Rat der OEEC hat am Dienstagabend den Vorschlag der Europäischen Zahlungsunion zugestimmt, der Bundesrepublik Deutschland einen Sonderkredit in Höhe von 120 Mill. Dollar unter der Bedingung zu gewähren, daß Deutschland entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung seiner Zahlungsbilanz durchführt. Der OEEC-Rat ist dabei von der Ueberzeugung ausgegangen, daß die Bundesrepublik kein Verschulden an der schnellen Verschlechterung. ihrer Zahlungsbilanz treffe; es handele sich hier nicht, um strukturelle oder chronische Schwierigkeiten, sondern nur um „vorübergehende Wachstumsstörungen einer sich entwickelnden Volkswirtschaft, die bis zum Frühjahr behoben sein könnten“.
Abkommen mit Griechenland
FRANKFURT. Zwischen der Bundesrepublik und Griechenland ist ein Handels- und Zahlungsabkommen paraphiert worden. Im Rahmen dieses Abkommens wird Westdeutschland für 35 Mill, Dollar (147 Mill. DM) nach Griechenland exportieren und für 25 Mill. Dollar (100 Mill. DM) — in erster Linie Tabak, Weine, Korinthen und Tomatenmark — importieren. Das Abkommen sieht erstmalig nach dem Kriege die Anerkennung der alten deutschen Warenzeichen vor. Beide Partner sichern sich auch die Meistbegünstigung zu.
Steuerfreie Beträge für 1950 noch jetzt beantragen
BONN. Nach einer Erklärung des Bundesfinanzministeriums kann nicht damit gerechnet werden, daß Werbungskosten oder Sonderausgaben für 1950 wie bisher in einem Lohnsteucr- jahresausgleich nachträglich angerechnet werden, sofern nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen. Der Jahresausgleich solle lediglich dazu dienen, unterschiedliche Besteuerung infolge schwankenden Verdienstes auszugleichen. Das Ministerium empfiehlt, evtl. Aenderungen der Werbungskosten oder Sonderausgaben für 1950 noch jetzt dem zuständigen Finanzamt vorzulc- gcn. Nur die etwa im Dezember entstehenden besonderen Aufwendungen könnten auch noch nachträglich im Lohnsteuerjahresausgleich geltend gemacht werden.
Kein Stop für Lebensmitteleinfuhren
BONN, Die in der Presse veröffentlichte Meldung über einen angeblichen Beschluß des interministeriellen Einfuhr-Ausschusses vom 6. November über einen Stop für Lebensmittel-Einfuhren aus den Ländern der europäischen Zahlungsunion entbehrt jeder Grundlage. Der Einfuhr-Ausschuß hat auf seiner letzten Sitzung die gegenwärtige Situation ausführlich erörtert, jedoch einen derartigen Beschluß nicht gefaßt. Ausschreibungen für die Einfuhr von Lebensmitteln erfolgen regelmäßig. Für die Ausnutzung der Einfuhrkontingente gegenüber den Handelspartnern Deutschlands ist selbstverständlich in erster Linie der jeweilige Devisenstatus der Bundesrepublik maßgeblich. Auch die liberalisierten, also nicht durch Kontingente begrenzten Einfuhren werden — worauf in diesem Zusammenhang besonders hingewiesen sei — nach wie vor nach den bisherigen Bestimmungen durchgeführt.
Aus Frankfurt wird uns in diesem Zusammenhang noch mitgeteilt, daß bei den deutsch-italienischen Wirtschaftsbesprechungen auch die Auswirkung der deutschen Devisensituation auf den deutsch-italienischen Warenverkehr zur Debatte stand. Italienische Befürchtungen über eine Verzögerung von Ausschreibungen, die gemäß den deutschen Vertragsverpflichtungen gegenüber Italien vorzunehmen waren, konnten dabei jedoch zerstreut werden; auch im vergangenen Jahr sei beispielsweise der Fluß der landwirtschaftlichen Lieferungen durch entsprechende deutsche Ausschreibungen aufrechterhalten worden.
„Kravag“ noch nicht zugelassen
w HAMBURG. Der in Gründung befindliche „Versicherungsverband des Deutschen Kraftverkehrs VVaG“ (Kravag), Hamburg, ist, entgegen anders lautenden Meldungen, von der Versicherungsaufsicht noch nicht zugelassen worden. In diesen Tagen schweben noch Verhandlungen mit der Versicherungsaufsichtsbehörde in Hamburg, die die bisher angebotenen Sicherheiten der „Kravag“ nicht anerkennen konnte, nachdem sich gezeigt hatte, daß ein Akkreditiv und eine Bankbürgschaft nicht die an den geforderten Gründungsfonds von 2 Mill. DM geknüpften Bedingungen erfüllten. Es bleibt daher der „Kravag“ noch Vorbehalten, den Gründungsfonds von 2 Mill. DM nachzuweisen, von dem 500 000 DM bar greifbar sein müssen. Diese von der Versicherungsaufsicht geforderten Sicherheiten stützen rieh auf die gesetzlichen Bestimmungen zur Beaufsichtigung des Versicherungswesens, die ganz besonders im Falle einer Neugründung zu beobachten sind. ►
Steinkohlenförderung leicht gestiegen
ESSEN. Die Förderung des westdeutschen Steinkohlenbergbaus hat sich im Oktober gegenüber dem Vormonat um 0,27 Millionen t auf 9 ,49 Millionen t erhöht. Arbeitstäglich wurden bei 26 Arbeitstagen im Oktober 365 000 t Steinkohle (+ 11 000 t) gefördert. Die Haldenbestände gingen bis Ende Oktober auf 195 000 t zurück.
Landesproduktenbörse Slullgart
14. November 1950
Die Umsätze in Brotgetreide sind sehr klein, da nur vereinzelte Angebote vorliegen.
Braugerste steht in genügender Menge zur Verfügung, aber die Brauereien und Malzfabriken üben noch immer Zurückhaltung mit neuen Abschlüssen. Die Forderungen sind unverändert gegenüber der Vorwoche, nämlich zu 35.— DM je 100 kg ab Erzeugerstation. Für Ausstichware werden höhere Preise gefordert.
In Futtergetreide finden keine Umsätze mangels Angeboten statt. Ausländische Ware läßt keine Rechnung.
Nachdem der Mehlabsatz zum Monatsanfang sich etwas gebessert hatte, ist erneut wieder größere Ruhe eingetreten. Die Preise sind gegenüber der Vorwoche unverändert.
Entsprechend der geringen Vermahlung ist der Anfall an Mühlennachprodukten sehr beschränkt.
Das Einkellerungsgeschäft in Speisekartoffeln ist beendet. Das Rauhfuttergeschäft hat eine Belebung erfahren, der Nachfrage steht kein nennenswertes Angebot gegenüber.
Es werden notiert (die Preise sind Großhandelspreise je 100 kg und verstehen sich waggonfrei württembergischer Verladestation): Roggen-, Gerste-, Weizen-, Jiaferstroh (bindfadengepreßt) 2.25 bis 2.50 DM; Roggen-, Weizen-, Gerste-, Haferstroh (drahtgepreßte Ware) 2.75 bis 3.— DM. Wiesenheu, gut, gesund, trocken, lose 8.— bis 8.50 DM; Luzerneheu, gut, gesund, trocken, lose 7.50 bis 8.— DM.
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Verloren
Dienstag, 14. Nov. 1950, gegen 18.30 Uhr ist im kleinen Enztal, Ortsausgang Calmbach bis Enzhof rechte Straßenseite braune Damentasche aus dem Auto gefallen. Persönl. wertvoller Inhalt, Andenken an gef. Sohn u. Brille. Der ehrl. Finder wird herzl. gebeten, geg. gt. Belohng. Nachricht zu geben an: „Schwarzwald-Echo“, Altensteig.
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