6. Jahrgang
WIRTSCHAFT
Nummer 155
Umkämpftes Preis-Lohn-Abkommen in Oesterreich
Nur eine Kompromißlösung
Von unserem E. B:-Oesterreich-Korrespondenten
Am Vorabend des Ministerrates, in dem die Regierung das von den Kammern und dem Gewerkschaftsbund abgeschlossene vierte Preis- Lohn-Abkommen sanktionieren sollte, setzten die schwersten Streikunruhen ein, die Oesterreich bisher nach dem Krieg kannte. Die kommunistische Propaganda lief auf vollen Touren und auch die beschwichtigenden Aufrufe des Gewerkschaftsbundes und der Bundespolizeidirektion vermochten die Ruhe nicht wieder herzustellen. Unter dem Druck dieser Unruhen gab der Präsident des Gewerkschaftsbundes, Böhm, bereits vor dem Ministerrat die Einzelheiten des neuen Preis-Lohn-Abkommens bekannt. Das Kommunique der Bundesregierung nach dem Ministerrat brachte somit kaum Neues. Die Demonstrationen nahmen jedoch ihren Fortgang.
Die Einzelheiten des Abkommens
Subventionen für Kohle erhöht sich der Preis von 38,81 auf 47,74 Schilling pro 100 kg, mit daraus folgender Erhöhung der Strom- und Straßenbahnpreise. Diese Preiserhöhungen ergeben nach den amtlichen Berechnungen einen monatlichen Mehrverbrauch für eine zweiköpfige Familie von 54,73 Schilling und 21,39 Schilling für ein Kind.
Diese Erhöhung der Lebenshaltungskosten soll durch eine Erhöhung der Löhne und Gehälter von 10 Prozent, mindestens aber von 100 Schilling im Monat ausgeglichen werden. Entsprechende Erhöhungen sind für Pensionisten, Sozialrentner und Kriegsgeschädigte vorgesehen. Auch die Kinderbeihilfe wird entsprechend höher ausbezahlt. Stichtag des neuen Lohn-Preis-Abkom- mens, das nach einer Verlautbarung des Ge- werkschaftstoundes auch die bereits erfolgten Preiserhöhungen berücksichtigen soll, ist der
1. Oktober. Für die Lohn- und Gehaltsempfänger, deren monatliches Einkommen unter 1000.— Schilling liegt, beträgt die Lohnerhöhung 13 Prozent.
Wann fünftes Preis-Lohn-Abkommen?
Es ist heute schon abzusehen, daß auch dieses Preis-Lohn-Abkommen nicht die ersehnte wirkliche „Generalbereinigung“ gebracht hat. Wie immer in den letzten Jahren kam ein Kompromiß zustande, das wieder nur eine Atempause gewähren wird. Das amtliche Kommunique spricht mit keinem Wort, ob in den Abkommen die voraussichtlichen Auswirkungen der bevorstehenden Schaffung des Einheitskurses berücksichtigt wurden. Wahrscheinlich also nicht. Das vom Finanzminister aufgestellte Prinzip: zuerst Einheitskurs, dann Lohn-Preis-Abkommen ist, zumindestens soweit der Oeffentlichkeit zugänglich, nicht eingehalten worden. Vielleicht kommt der Einheitskurs auch noch vor dem 1. Oktober, jedenfalls wird seine Einführung Einfluß auf das Preisniveau haben. Das eben geschlossene Abkommen droht daher wenige Wochen später wieder gefährdet zu werden.
Landesproduklenbörse Sluttgart
3. Oktober 1950
Nach der Anordnung Pr. 59/50, die noch der amtlichen Verkündigung bedarf, gehören die Länder Württemberg-Baden und Württemberg- Hohenzollern für Roggen und Weizen zum Preisgebiet IV. Die Erzeugerfestpreise betragen hiernach im Monat Oktober je 100 kg für Weizen DM 32.15, für Roggen DM 28.15.
In Braugerste sind die Umsätze bei unveränderten Forderungen gering. Auch in Futtergetreide bewegen sich die Umsätze in sehr engen Rahmen. Futterhafer kostet im Großhandel DM 25.— bis DM 26— per 100 kg je nach Qualität ab Verladestation. Für feinste Partien, die sich für Industriezwecke eignen, werden Aufgelder erzielt.
Das Geschäft in Weizen- und Roggenmehl ist schleppend. Das Angebot ist reichlich, aber nicht dringend. Die oberrheinischen Mühlen haben den Preis teilweise um 25 Pfg. je 100 kg erhöht. Es werden notiert für Type W 550 DM 51.75, W 812 DM 48.60, W 1050 DM 46.85, W 1600 DM 42 85, R 1150 DM 40.25 je 100 kg brutto für netto einschließlich Sack frei Empfangsstation.
Das Geschäft in Mühlennachprodukten hat sich noch nicht belebt. Die Unterbringung prompter Ware bereitet Schwierigkeiten.
Das Einkellerungsgeschäft in Speisekartoffeln ist langsam im Anlaufen. Angebot und Nachfrage halten sich die Waage. Die Großhandelspreise liegen unverändert bei DM 7.80 bis DM 8.— je 100 kg lose, waggonfrei Empfangsstation.
Das Geschäft in Heu und Stroh ist durch die Feldarbeit ins Stocken geraten. Einer geringen Nachfrage steht ein ebenfalls nur kleines Angebot gegenüber. An den seitherigen nominellen Notierungen hat sich weiterhin nichts geändert.
gierung im Rahmen der Auslandshilfsprogramme, Zuwendungen privater Organisationen und Privatanleihen an andere Staaten sowie Auslandsinvestitionen in Höhe von 1,363 Mrd. Dollar gegenüber.
Nach dem Bericht konnten die Länder des Sterlingblocks durch Transaktionen mit den USA ihre Gold- und Dollarreserven um etwa 280 Millionen Dollar erhöhen, die übrigen Marshallplanstaaten um rund 230 Millionen, Japan um 60 und Kanada um 40 Millionen. Diese Entwicklung muß jedoch noch weitere zwei Jahre im gleichen Ausmaß andauern, ehe die Gold- und Dollarbestände dieser Länder wieder die Höhe erreicht haben, die sie bei Ende des zweiten Weltkriegs hatten.
USA
heben Baumwollanbaubeschränkungen auf
WASHINGTON. Alle Beschränkungen für den Anbau von Baumwolle sowie die marktregelnden Bestimmungen in bezug auf Baumwolle sind vom amerikanischen Landwirtschaftsministerium aufgehoben worden. Diese Entscheidung wurde getroffen, weil man für 1951 mit einer Verknappung von Baumwolle rechnet.
Die Bremer Baumwollbörse stellt in ihrem Jahresbericht fest, daß über 80 Prozent der westdeutschen Baumwollimporte aus den USA kamen und mit ECA-Mitteln finanziert wurden.
Wirtschaftspropramm der Bundesregierung
ll-Punkte-Programm in der Beratung
Das vierte Lohn-Preis-Abkommen sieht eine Erhöhung der Getreide- und Futtermittelpreise sowie der Zuckerrübenpreise vor. Dementsprechend erhöhen sich verschiedene Lebensmittelpreise, wie z. B. Brot von 1,90 auf 2,40 pro Kilogramm, Mehl von 1,82 auf 2,98 pro kg, Zucker von 4,10 auf 5,50 pro kg. Infolge des Abbaues der
Man könnte noch soaren!
TÜBINGEN. Der Bund der Steuerzahler teilt mit:
Die Bevölkerung von Württemberg-Hohenzol- lem hat sich mit Mehrheit für eine Aenderung des bisherigen Staatsgebildes entschieden. Dies erfolgte wohl überwiegend aus der Einsicht heraus, daß die Aufspaltung in Kleinstaaten unverhältnismäßig große Verwaltungskosten verursacht.
Die eingehende Prüfung des uns vom Finanzministerium auf unsere Bitte zur Verfügung gestellten Haushaltsplanes bestätigt die Auffassung der Bevölkerung. Erhebliche Einsparungen würden sich durch Auflösung des Staates Württem- berg-Hohenzollern ermöglichen lassen.
Zum Haushaltsplan selbst ist zu bemerken, daß grundsätzlich das Bestreben vorhanden zu sein scheint, die bekannte schwäbische Sparsam- keit zu verwirklichen. Einige Etatpositionen müssen jedoch als überhöht angesehen werden. Zum Beispiel werden durch die Tübinger Regierung noch mehrfach Personaleinstellungen vorgesehen. Neue Einrichtungen und Behördenbauten sollen geschaffen und auch noch zusätzliche Kraftfahrzeuge angeschafft werden. Alles zu einer Zeit, in der damit zu rechnen ist, daß der Staat Württemberg-Hohenzollern nun noch ein sehr kurzes Leben haben wird.
Der Bund der Steuerzahler wird zunächst die erhobenen Beanstandungen mit dem Tübinger Finanzministerium klären. Die Oeffentlichkeit wird weiter darüber unterrichtet werden.
BONN. Im Zusammenhang mit der Preis- und Lohnentwicklung im Bundesgebiet beabsichtigt die Bundesregierung ein umfassendes Wirtschaftsprogramm durchzuführen. Ueber die Grundsätze dieses Programms haben bereits Besprechungen zwischen dem Bundeskanzler, dem Wirtschaftspolitischen Ausschuß des Bundeskabinetts und Vertretern der Regierungsparteien stattgefunden.
In weiteren Besprechungen sollen folgende Maßnahmen behandelt werden:
1. Eine unbedingt prohibitive Kreditpolitik gegenüber allen Kreditwünschen zu Hortungs- Zwecken.
2. Aeußerste Einschränkung des Kreditbedarfs der öffentlichen Hand, soweit er nicht für volkswirtschaftlich notwendige Vorratszwecke benötigt wird.
3. Zeitweise Aufhebung bzw. Herabsetzung bestimmter Einfuhrzölle für lebensnotwendige Güter.
4. Herabsetzung der Kaffee- und Zigarettensteuer zur Erhöhung der Realkaufkraft.
5. Geschickte Ausnutzung aller Einfuhr- und Vorratsmöglichkeiten unter Einschaltung von Importhandel und Wirtschaft sowie •marktwirksamstem Einsatz von Vorräten bei nervöser Uebersteigerung der Nachfrage.
6. Gewährung von bevorrechtigten Einfuhrmöglichkeiten als Prämie für besonders verantwortungsbewußte Preisgestaltung.
7. Beschleunigte Verabschiedung der drei restlichen Agrargesetze und Aufnahme der marktregelnden Funktion mit marktkonformen Mitteln.
8. Zielbewußter Umbau des gesamten Lohnsystems auf leistungsbezogene Löhne.
9. Aenderung der Steuerpolitik der Art, daß ein Teil der bisher für die Selbstfinanzierung
gewährten Vergünstigungen nur noch für die Anlage in Aktien und anderen Kapitalmarktmitteln gewährt wird.
10. Erlaß eines Schieds- und Schlichtungsgesetzes für Lohn- und Tariffragen.
11. Erlaß eines verschärften Preisgesetzes.
13,5 MUL t Stahl 1950/51
DÜSSELDORF. In dem Ende September abgelaufenen Eisenwirtschaftsjahr 1949/50 wurden in der Bundesrepublik nach vorläufigen Schätzungen rund 11,2 Millionen t Rohstahl produziert. Infolge der steigenden Auslandsaufträge haben, wie bereits gemeldet, die Hohen Kommissare nachträglich die Ueberschreitung der derzeitigen Stahlquote von 11,1 Millionen t um 100 000 zugestanden.
Die Walzwerkerzeugung belief sich im gleichen Zeitraum auf rund 7,53 Millionen t. Die Gesamteintragsaufgänge im verflossenen Produktionsjahr betrugen rund 11 Millionen t an Walzwerkerzeugnissen, wovon rund 2,15 Millionen t auf Exportaufträge entfielen.
Nach vorsichtigen Schätzungen zuständiger Fachkreise rechnet man im neuen Eisenwirtschaftsjahr 1950/51 mit einer Stahlproduktion von mindestens 13,5 Millionen t.
Steigende Gold- und Dollarreserven
WASHINGTON. Die Zahlungsbilanz der USA im Verkehr mit den übrigen Ländern der Welt führt nach einem Anfang der Woche veröffentlichten Bericht des amerikanischen Handelsministeriums im zweiten Quartal 1950 ein Defizit von 637 Millionen Dollar auf. Einem Ausfuhrüberschuß der USA in Höhe von 726 Millionen Dollar standen die Leistungen der amerikanischen Re
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