8. Jahrgang
WIRTSCHAFT
Nummer 154
Auswirkungen der Arbeitsbeschaffung
Da« Handwerk im 3. Vierteljahr 1950
weil die steuerliche Belastung des Handwerks einfach zu hoch ist.
Materialbeschaffung
REUTLINGEN. Die Handwerkskammer Reutlingen hat dem Bundeswirtschaftsministerium einen Wirtschaftsbericht zugehen lassen, der u. a. folgendes enthält:
Vom abgelaufenen Berichtsvierteljahr kann gesagt werden, daß es für die meisten handwerklichen Berufszweige wohl das arbeitsreichste des bisherigen Jahresablaufes — ja -sogar seit 1945 — gewesen ist. Die Ursachen dieser erfreulichen Feststellung sind in den Auswirkungen der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Bundes- und der Landesregierung zu suchen, die sich in erster Linie auf die intensive Förderung des Wohnungsbaues erstrecken.
Erstmals sind nun auch die mehr ländlichen Gemeinden und Kreise an der Besserung der Beschäftigungslage beteiligt, allerdings nur im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Bauhandwerks. An der nunmehr andauernden Notlage des von der landwirtschaftlichen Auftragserteilung abhängigen Landhandwerks hat sich leider auch im 3. Quartal 1950 nicht viel geändert.
Wettbewerb im Handwerk
Der Wettbewerb im Handwerk hat an Schärfe in den letzten Monaten eher zu- als abgenommen. Zahlreiche handwerkliche Erzeugnisse werden serienmäßig in den Fabriken — oft auch auf Kosten der Qualität — billiger hergestellt. Die solide Handwerksarbeit erscheint dabei auf den ersten Blick viel zu teuer und wird von der kaufkraftgeschwächten Kundschaft wohl anerkannt und begehrt, aber nur sehr zögernd gekauft. Die handwerklichen Betriebsinhaber sind deshalb gezwungen, immer noch schärfer zu kalkulieren und die Arbeitsmethoden durch Modernisierung der Betriebseinrichtung zu verbessern. Dies erfordert aber Betriebskapital oder wenigstens die Möglichkeit zur Kreditaufnahme. In beiden Fällen war es auch im vergangenen Vierteljahr nicht gut bestellt, so daß die sehr angespannten Geldverhältnisse im Handwerk weiterhin andauern. Dazu kommt noch der schlechte Zahlungseingang. Die Zeit zwischen der Auftragserledigung und Bezahlung der Rechnungen hat sich leider noch mehr verlängert. Zweifellos sind hier die Angstkäufe auch vielfach die Ursache, denn in dieser Zeit und auch teilweise heute noch wird Bareinkäufen für Lebensmittel und Bekleidung der Vorzug gegeben, den Handwerker läßt man eben noch länger warten. Das Bauhandwerk ist von diesen unguten Erscheinungen besonders betroffen, wo es doch ohnehin durch die Unterbietungen bei den Vergebungen oft schon mit recht gedrückten Preisen arbeiten muß.
Preisentwicklung
Das Handwerk ist in seiner Mehrzahl nicht in der Lage, bei seinen Verddenstspannen und den
Steuerterminkalender
10. Oktober
a) Lohnsteuer: Vierteljahreszahler und Monatszahler: Anmeldung und Abführung der im abgelaufenen Kalendervierteljahr bzw. im Vormonat einbehaltenen Lohnsteuer;
b) Notopfer Berlin (Abgabe wie Lohnsteuer der Arbeitnehmer);
c) Umsatzsteuer: Vierteljahreszahler und Monatszahler: Abgabe der Voranmeldung und Abführung der Umsatzsteuer für das abgelaufene Kalendervierteljahr bzw. für den Vormonat;
d) Beförderungssteuer: Vierteljahreszahler und Monatszahler: Nachweisung und Abführung der Beförderungssteuer für das abgelaufene Kalendervierteljahr bzw. für den Vormonat, soweit nicht mit dem Verband (Kraftverkehr Württem- berg-Hohenzollern eGmbH-KWH) abgerechnet wird.
15. Oktober
a) Gewerbsteuer: In Gemeinden mit Monatszahlung: Monatsrate;
b) Grundsteuer: In der Regel Monatsrate.
25. Oktober
Abgabe zur Förderung der Landwirtschaft: In Höhe der Festsetzungen des Finanzamts.
zurückliegenden auftragsarmen Zeiten erhöhte Preise für Roh- und Halbmaterial aufzufangen, ohne weitergeben zu dürfen. Erhöhte Verkaufspreise bedeuten aber angesichts der sehr geschwächten Kaufkraft der Bevölkerung Rückgang des Umsatzes. Das Metzger-, Bäcker-, Schuhmacher- und andere Handwerkszweige durchleben diesen Zustand bereits schon. Mit großer Sorge verfolgt das Handwerk die Preisend Lohnbewegungen und bedauert sehr, daß die Zeit der stabilen und rückläufigen Preise schon wieder vorbei sein soll. Es wird damit deutlich, wie die wirtschaftliche Entwicklung des Handwerks in einem Abhängigkeitsverhältnis zur weltpolitischen Lage steht und weitgehendst von dieser beeinflußt wird. In vielen Berufszweigen machen sich Verzögerungen in der Roh- und Halbmaterialbeschaffung störend bemerkbar, teilweise führen sie bereits zu Umsatzrückgängen; in den meisten Fällen dürfte aber eine Vorratsentnahme zunächst noch einen Ausgleich herbeiführen können. Eine baldige Normalisierung der politischen Lage ist deshalb ein dringender Wunsch auch des Handwerks.
Zahlreiche Klagen gehen immer wieder ein,
ESSEN. Nach einem Bericht der deutschen Kohlenbergbauleitung sind infolge der großen Kohlennachfrage im September über die laufenden Förderungen hinaus täglich etwa 30 0001 Steinkohle von den Halden verladen worden. Nach dem Bericht werden die Haldenbestände bei Anhalten dieser Entwicklung bis Mitte Oktober geräumt sein. Der größte Teil der Steinkohle geht in die Industrie oder wird exportiert.
Generaldirektor Dr. Kost erklärte in einer Beiratssitzung der Deutschen Kohlenbergbauleitung, nach Räumung der Haldenbestände müßte sich die Nachfrage nach dem Angebot aus der laufenden Förderung begnügen. Eine Fördersteigerung sei ohne erhebliche Investitionen unmöglich. Die arbeitstägliche Steinkohlenförderung
BERLIN. Das neue britische Handelsabkommen, dessen Urkunden am vergangenen Sonntag in Berlin zwischen dem britischen Handelsminister Wilson und Bundeswirtschaftsminister Erhard ausgetauscht worden sind, wird das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern gegenüber der Regelung in dem abgelaufenen Vertrag fast verdoppeln. Großbritannien stimmte dem Abkommen der britischen Freiliste auf die Bundesrepublik zu, während diese 60 '/■ der britischen Einfuhr in das Bundesgebiet im Rahmen der OEEC-Freiliste abzuwickeln bereit ist. Als wichtigster Punkt des Vertrages ist die Abschaffung der Dollarklausel anzusehen.
Die britische Regierung wird ihre abhängigen überseeischen Gebiete anweisen, von Diskriminierungen von Importen aus der Bundesrepublik im Vergleich mit ähnlichen Einfuhren aus anderen OEEC-Ländern abzugehen. Auf Grund der Gefahrenklausel steht beiden Ländern das Recht zu, Einfuhren einzustellen, wenn diese zu ernsthaften wirtschaftlichen Störungen führen sollten.
Besondere Abmachungen sind in dem neuen deutsch-britischen Handelsvertrag über Erdöllieferungen in das Bundesgebiet getroffen worden. Danach wird die Bundesrepublik 1,55 Mill. t Rohöl aus Venezuela, dem Irak usw beziehen. Hinzu kommen noch 150 000 t Dieselöl und 125 000 t Benzin.
Trotz Erschöpfung der Schrottanlieferungen im Bundesgebiet will die Bundesregierung im Fiskaljahr 1950/51 Ausfuhrgenehmigungen für Schrott bis zu 600 000 t erteilen.
Für unsichtbare Transaktionen und Ueberwei- sungen soll der Grundsatz größtmöglicher Freizügigkeit gelten.
Der britische Wirtschaftsminister erklärte beim Ausstellen der Urkunden, er erwarte von dem Vertrag einen Warenaustausch von 500 Mill. Dollar in jeder Richtung (auf das Jahr umgerechnet).
Die gesamte Versorgung mit Rohstoffen, Halbmaterial, Fertigerzeugnissen zum Einbauen, Werk- und Hilfsstoffe konnte bis zu Beginn des Berichtsvierteljahrs als zufriedenstellend mit wenigen Worten abgetan werden. Seither sehen wir uns aber vor eing vollständig veränderte Lage gestellt, so daß es schon notwendig war, dem Bundeswirtschaftsministerium gegenüber etwas ausführlicher auf diese Verhältnisse em- zugehen.
In manchen Fällen wäre die mangelhafte Belieferung noch erträglich und’ ausgleichbar, weil ja bis zum Beginn des Berichts Vierteljahres alles reichlich vorhanden war, sich ausgesprochene Engpässe also kaum schon bilden und durch die Materialbeschaffungsschwierigkeiten verursachte Umsatzrückgänge sich erst im Anfangssla- dium befinden, wenn die mit der Materialverknappung verbundenen Preissteigerungen sich jedoch nicht schon so sehr hemmend und unangenehm bemerkbar gemacht hätten. Preiserhöhungen von 10, 15 und 25 Prozent sind keine Seltenheit mehr, beim Leder ist man sogar schon bei 40 Prozent angelangt und Wollgarne kosten 40—50 Prozent mehr.
liege trotz starken Ansteigens im September mit einem Durchschnitt von etwa 355 0001 noch erheblich unter dem Voranschlag von 386 000 t für das vierte Quartal 1950.
Die Zahl der im Steinkohlenbergbau beschäftigten Arbeiter sei im September erneut zurückgegangen, der Ausfall lasse sich nur durch ungelernte Kräfte ausgleichen. Die weitere Förderentwicklung hänge entscheidend von der Lösung der Wohnungsfrage ab. Die Ertragslage des Steinkohlenbergbaus habe sich gegenüber dem Vorjahre weiterhin verschlechtert. Die ungedeckten Kosten des Steinkohlenbergbaus einschließlich der Nebenbetriebe beliefen sich im Durchschnitt der ersten sieben Monate des Jahres auf 3,64 DM je t verwertbarer Förderung gegenüber 3,09 DM im Monatsdurchschnitt 1949.
Der alte Vertrag hatte ein Volumen mit einer Jahresrate von etwa 280 Mill. DM in jeder Richtung.
78 des Exports nach europäischen Ländern
REUTLINGEN. Nach Feststellungen der Industrie- und Handelskammern von Württemberg- Hohenzollern gingen im zweiten Quartal 1950 78 Prozent des Exports aus diesem Lande nach europäischen Ländern, 10 Prozent nach Amerika, 8 nach Asien, 3 nach Afrika und I Prozent nach Australien und Polynesien. Gegenüber dem ersten Quartal hat der Export nach Amerika um 4 Prozent nachgelassen, während er nach Asien und Afrika um je 2 Prozent gestiegen ist. Von dem Export nach Amerika übernimmt Nordamerika 37 Prozent, Süd- und Mittelamerika 63 Prozent
Unter den europäischen Abnahmeländern stehen trotz eines Rückganges seit dem ersten Quartal immer noch die Beneluxstaaten mit 72 Prozent und Frankreich mit 15 Prozent an der Spitze. Doch auch die Schweiz hat bereits 15 Prozent aufgenommen. Hinter ihr folgen die Nordländer mit 12 und Oesterreich mit 11 Proz. Nach dem Saargebiet sowie nach Großbritannien und Irland betrug der Export je 3 Prozent. Die übrigen europäischen Länder nahmen die restlichen 19 Prozent auf.
Steigerung des Pflanzkartoffelexports
DÜSSELDORF. Der Pflanzkartoffelexport des Bundesgebietes hat im abgelaufenen Wirtschaftsjahr mit 43 574 t gegenüber den Vorjahren eine erhebliche Steigerung erfahren. Von der Ausfuhr gingen 18 000 t nach Frankreich, 12 000 nach Spanien, 10 800 nach Belgien und 9000 nach der Schweiz.
Steinkohlen-Haldenbestände gehen zu Ende
Fördersteigerung ohne erhebliche Investitionen unmöglich
Verdoppelung des deutsch-englischen Handels
Warenaustausch von 500 Millionen Dollar in jeder Richtung
Wtchtiaes m Kürze
Dachoigaiueation der Gewerbevereine gestündet
RIEDLINGEN. Die Vorsitzenden sämtlicher
i Württemberg-Hohenzollern bestehenden Gewerbevereine trafen sich in Riedlingen, um den Beschluß, eine Dachorganisation zu gründen, in die Tat umzusetzen. Durch einmütigen Beschluß wurde Bürgermeister Kauter, Ehingen, zum Vorsitzenden des neugegründeten Verbandes gewählt.
Als weitere Mitglieder des Vorstandes benannte die Versammlung Abt (Wangen), D e r r (Rottweil) und Hartmann (Mengen). Den Ausschuß bilden die Vorstände der bisher bestehenden 17 Gewerbevereine. Dieser Ausschuß wird im nächsten Monat in Sigmaringen erstmals zusammentreten.
Kauter stellte in einem Referat fest, man habe bei Verhandlungen in Stuttgart kein Hehl daraus gemacht, daß der Handel in Zukunft gegen jedes weitere Vorgehen gegen seine Interessen eindeutig Stellung nehmen werde. Handel und Handwerk seien in den Parlamenten mangelhaft vertreten, daher bilde eine der entscheidendsten Zukunftsaufgaben, hier für Abhilfe zu sorgen.
Mit aller Deutlichkeit wurde in der Versammlung abgelehnt, den Handel durch die Gewerkschaften als den Teil hinstellen zu lassen, der in der Wirtschaft für die derzeitigen Preiserhöhungen verantwortlich zu machen sei. Allgemeine Zustimmung fand die Kritik an der derzeitigen Finanzgebarung von Ländern und Bund.
Druck auf Fleischpreise
BONN. Die Bundesregierung, stellte am Samstag für die Einführung von rund 25 Millionen Dosen Rindfleischkonserven aus den USA 3,5 Millionen Dollar zur Verfügung. Durch diese Einfuhr sollen die Fleischpreise im Bundesgebiet gedrückt werden. Die Konserven werden den Verbrauchern voraussichtlich für rund 1 DM je Pfund verkauft werden.
5,48 Mrd. Zigaretten versteuert
MANNHEIM. Im 2.. Quartal 1950 wurden in der Bunderepublik 5,48 Mrd. Zigaretten, 977 Millionen Zigarren 4073 t Feinschnitt und 1228 t Pfeifentabak versteuert. Einem Kleinverkaufswert von 556 Mill. DM für Zigaretten stand ein Steuerwert von 333 Mill. DM gegenüber. Die entsprechenden Werte lagen für Zigarren bei 183 und 56, für Feinschnitt bei 149 und 81 und für Pfeifentabak bei 25 und 11 Mill. DM.
Seit Währungsreform 390 Mill. DM ausgezahlt
KARLSRUHE. Die Lebensversicherungsunternehmen des Bundesgebiets zahlten im 2. Quartal 1950 53,1 Mill. DM an ihre Versicherungsnehmer bzw. deren Hinterbliebene aus. Damit erreichten die seit der Währungsreform bis zum 30. Juni 1950 erfolgten Auszahlungen im Bundesgebiet eine Höhe von rund 390 Mill. DM.
Neue Steigerung der VW-Produktion
WOLFSBURG. Die Volkswagenwerke stellten im September bei nur 23 Arbeitstagen insgesamt 9450 Personenwagen und 1285 Lastwagen her, gegenüber 8515 Pkws und 1136 Lkws im August, und erreichten damit die bisher größte Nachkriegsproduktion in einem Monat.
Wirkereibetriebe gut beschäftigt
EBINGEN. Die gute Beschäftigungslage der Wirkereibetriebe in Württemberg-Hohenzollern hält nach einem Bericht der Fachvereimgung Wirkerei des Landes an. Die Firmen sind größtenteils für das Wintergeschäft ausreichend mit Aufträgen versehen. Teilweise mußten bereits weitergehende Wünsche der Käuferschaft abgelehnt werden. Die Rohstoffversorgung wird als gesichert bezeichnet. Nach einer zeitweiligen Zurückhaltung der Spinner in der Belieferung mit Garn ist jetzt eine Entspannung eingetreten.
Keine Bindung des kanadischen Dollars an US-Dollar mehr
OTTOWA. Der kanadische Finanzminister Abbot gab am Samstag in Ottawa die Aufhebung der festen Parität des kanadischen Dollars zum US-Dollar bekannt. Der bisherige Wechselkurs für den kanadischen Dollar war auf 90,0 US- Cents (3.82 DM) festgesetzt. Die Bewertung des kanadischen Dollars bleibt damit zum erstenmal seit 11 Jahren wieder dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage überlassen.
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