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HEIMATBOTE FÜR DEN BEZIRK NAGOLD
FREITAG, 29. SEPTEMBER 1950
ÜBERPARTEILICHE HEIMATZEITUNG
6. JAHRGANG / NR. 151
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Friedenspläne für Korea
UN-Vollversammlung wird über Fortführung des Krieges in Korea zu entscheiden haben
WASHINGTON. Die USA, Großbritannien und Frankreich sind übereingeköpimen, daß die UN-Streitkräfte in Korea den 38. Breitengrad nur nach Billigung der Vollversammlung der I N überschreiten sollen. Man will die Vollversammlung ersuchen, sofort den Status des 38. Breitengrades festzulegen: ob er immer noch eine Grenze darstelle, oder ob er infolge der nordkoreanischen Aggression nicht mehr in diesem Sinne zu werten sei. Es wird nicht angenommen, daß es bei einem Einmarsch der UN-Truppen zu einem Zusammenstoß mit der Sowjetunion und Rotchina kommen könnte.
Nach unbestätigten Gerüchten, die am Mittwoch in der UN-Vollversammlung kursierten, sollen die Nordkoreaner zur Einstellung des Kampfes unter Annahme eines UN-Schlich- tungsvorschlags bereit sein. Zurzeit werden zwei Friedenspläne für Korea bei den UN und in New York erörtert. Ein britischer Vorschlag sieht 'die Errichtung eines geeinten und unabhängigen Koreas, freie Wahlen unter UN-Kon- trolle und die Bildung einer starken UN-Kom- mission für die zeitweilige Ueberwachung des Landes vor. Außerdem sollen die UN die Verantwortung für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Koreas übernehmen.
Ein nordkoreanischer Vorschlag, der die Zustimmung Moskaus und Pekings haben soll, spricht von der sofortigen Einstellung der Feindseligkeiten, dem Rückzug der Nordkoreaner hinter den 38. Breitengrad, der Besetzung Südkoreas durch UN-Truppen bei Zurückziehung der amerikanischen Einheiten in den Pusan-Brückenkopf und freien Wahlen in ganz Korea unter UN-Aufsicht, Bildung einer gesamtkoreanischen Regierung und Rückzug der ausländischen Truppen. Es wird erwartet, daß Indien auf der Grundlage des. nordkoreanischen Vorschlags versuchen wird, einen Kompromiß herbeizuführen.
In diplomatischen Kreisen Washingtons
rechnet ‘man damit, daß die Sowjetunion noch vor Ende dieser Woche Friedensverhandlungen zur Beilegung des Korea-Konfliktes in die Wege leiten wird.
In der amerikanischen Bundeshauptstadt finden Geheimbesprechungen, die sich mit der Frage der Besetzung Nordkoreas beschäftigen, statt. Sowohl die USA als auch Großbritannien treten dafür ein, daß der Vormarsch über
den 38. Breitengrad hinaus fortgesetzt wird.
Der Sicherheitsrat der UN konnte sich auf seiner Mittwochsitzung nicht über die Frage einigen, ob ein Vertreter der chinesischen Volksrepublik zu der Debatte über die Beschwerden Pekings über die amerikanische Formosapolitik hinzugezogen werden soll. Da man sich nicht darüber einigen konnte, über welchen der vorliegenden Vorschläge zuerst abgestimmt werden sollte, vertagte man die Debatte.
In der Mittwochsitzung der UN-Vollversammlung erklärte der französische Außenminister S c h u m a n , Friedensverhandlungen zwischen Ost und West würden so lange fruchtlos sein als Rußland in anderen Ländern Agitation treibe und Bürgerkriege entfeßle.
Schonende Vorbereitung
Britischer Hoher Kommissar Kirkpatrick: „Die Sicherheit kostet Geld“.
BONN. Die Verstärkung der alliierten Streitkräfte in Deutschland werde auch für die deutsche Bevölkerung Opfer und Ungelegenheiten mit sich bringen, erklärte der Hohe Kommissar Kirkpatrick auf einer Pressekonferenz. Offenbar als Trost kündigte er gleichzeitig an, daß Großbritannien energische Schritte zur Senkung der Besatzungs- kosten unternommen habe.
Kirkpatrick sagte: „Wir müssen einsehen, daß in der Welt, in der wir heute leben, Sicherheit nicht ohne erhebliche Kosten und persönliche Ungelegenheiten garantiert werden kann.“ Die Last der Besatzungskosten,
Nordkoreanisdie Truppen in Auflösung
100 000 Mann im Südkessel vor der Vernichtung
SEOUL. Die nordkoreanische Armee befindet sich in voller Auflösung. Als organisierte Streitmacht existiert sie nicht mehr. Diese Erklärung gab der Befehlshaber der 8. amerikanischen Armee, Generalleutnant Walker, am Donnerstag vor der Presse ab. Er fügte hinzu: „Wir werden vielleicht noch harte Kämpfe zu bestehen haben, aber sie werden nur örtlichen Charakter haben. Wir bleiben dem Feind auf den Fersen und wollen ihn noch vor dem 38. Breitegrad vernichten.“ Walker deutete an, daß er bald Instruktionen erwarte, ob er über den 38. Breitegrad hinaus vorstoßen solle.
Amerikanische Vorhuten, die nach Norden vorgestoßen sind, haben sich dem 38. Breitegrad, der Grenze zwischen Nord- und Südkorea, bis auf 30 km genähert. An der Ostküste stehen die südkoreanischen Truppen noch 100 km von der Grenze entfernt.
des Kapitols, früher Sitz der südkoreanischen Regierung, das amerikanische Sternenbanner gehißt haben. Schnelle amerikanische Truppen sind bereits von Seoul aus nach Osten vorgestoßen, um dem Gegner im mittelkoreanischen Raum den Rückzug nach Norden abzuschneiden. Die Masse des nordkoreanischen Heeres ist bereits durch die Vereinigung der von Süden vorstoßenden Truppen mit den Verbänden, die irri Inchon-Brückenkopf gelandet sind, eingekesselt. Hier gehen Teile von sechs feindlichen Divisionen, insgesamt etwa 100 000 Mann, ihrer Vernichtung entgegen.
Nach harten Kämpfen sind am Donnerstag amerikanische Truppen inTaejon, etwa 150 km südlich von Seoul, zeitweise Sitz der südkoreanischen Regierung, eingedrungen.
die Deutschland zu tragen habe, werde aber wahrscheinlich leichter sein, als die Last der Wiederaufrüstung, die Großbritannien auf sich nehmen müsse. Die Alliierten dächten jedoch nicht daran, die Fra-ge der Besatzungsko'sten so zu lösen, daß die deutsche Wirtschaft ruiniert würde. Großbritannien habe astronomische Verluste erlitten und es sei der Umsicht und der Klugheit 'seiner Führung zu verdanken, wenn es heute schon wieder in der Lage sei, ein Drittelnder Staatseinkünfte und ein Zehntel des Nationaleinkommens für die Verteidigung auszugeben.
Die in gewissen deutschen Kreisen ausgesprochene Befürchtung, daß die Sicherheitspolizei den geheimen Kern einer Armee bilden soll, sei unbegründet. Die Aufgaben dieser Truppe und ihre Ausbildung würden strengstens darauf beschränkt sein, die Auftechter- haltung der inneren Ordnung sicherzustellen.
Der Hohe Kommissar kündigte dann weiter an, daß die Revision des Besatzungsstatuts in Form vertraglicher Vereinbarungen zwischen der Bundesregierung und den Westalliierten erfolgen werde. Der Abschluß dieser Vereinbarungen werde viel Arbeit erfordern. Danach werde die Bundesregierung praktisch jedoch Herr ihrer eigenen Angelegenheiten sein und die Hohe Kommission wird nur noch die Rolle eines reinen Beobachters spielen. Kirkpatrick warnte Deurtschla-nd davor, zu versuchen, aus der Lage „kleinliche Vorteile herauszuschlagen“. Bei der Aufrechnung der Schulden der Bundesrepublik mit den Vermögenswerten im Ausland würden auch die als Reparationen beanspruchten Werte aufgerechnet.
Amtliche amerikanische Sprecher erklärten am Mittwoch in Washington, die Korea-Beschlüsse des Sicherheitsrates ermächtigten General McArthur die UN-Truppen über den 38. Breitegrad zu entsenden, wenn dies militärisch notwendig sein sollte.
Die Kämpfe in Korea standen am Donnerstag zum größten Teil im Zeichen von Säuberungsaktionen, nachdem amerikanische Marineinfanteristen nunmehr die letzten Gebäude in Seoul erstürmt und auf dem Dach
Polizei räumt KPD-Parteihaus
DÜSSELDORF. Am Donnerstag um 12 Uhr räumte deutsche Polizei gewaltsam das von der britischen Besatzungsmacht für die beschlossenen Truppenverstärkungen beschlagnahmte Hauptquartier der kommunistischen Partei Westdeutschlands. 30 Polizisten drangen in das neue fünfstöckige Parteihaus ein und gaben den Insassen fünf Minuten Frist zur Räumung. Dann drangen die Polizisten mit umgeschnallten Sturmriemen in die einzelnen Räume vor-. In der Kantine im Keller des Hauses wurde sie von 80 Kommunisten mit einem Hagel von Biergläsern und Aschenbechern empfangen. Schließlich wurden, die Kommunisten aus dem Gebäude gedrängt, nachdem ihi heftiger Widerstand mit Gummiknüppeln bezwungen worden war. Um 14 Uhr wurde das Gebäude der britischen Militärpolizei übergeben.
Am Mittwochabend verhinderte ein starkes Polizeiaufgebot einen Propagandamarsch, mit dem die Kommunisten gegen die Beschlagnahme ihres Parteigebäudes protestieren wollten. Die Polizei wurde von den Demonstranten be-. schimpft und mit Steinen beworfen.
Erhard in Paris
PARIS. Bundeswirtschaftsminister Erhard ist in Paris eingetroffen. Er will vor allem mit Staatssekretär Buron vom Wirtschaftsministerium und mit dem Planungsbeauftragten Monnet Wirtschaftsbesprechungen führen.
Marshall: Auch USA bedroht
General Bradley für deutsche Streitkräfte
CLEVELAND. Der amerikanische Verteidigungsminister Marshall erklärte am Mittwoch in Cleveland vor Angestellten des Roten Kreuzes — Marshall ist Präsident des amerikanischen Roten Kreuzes —, auch der amerikanische Kontinent sei im Kriegsfälle bedroht. Die USA durchliefen gegenwärtig eine Zeit großer Gefahren. Es wäre töricht, die Möglichkeit eines Angriffs mit Atomwaffen außeracht zu lassen.
Der Vorsitzende des gemeinsamen Stabs der amerikanischen Streitkräfte, General Bradley, vertrat die Ansicht, die Verteidigung Westeuropas sei der Schlüssel zur Sicherheit
der USA. Dabei müßten auch deutsche Streitkräfte mitwirken. Allerdings dürften solche nicht in einem Ausmaß aufgestellt werden, daß dadurch die Sicherheit des Westens bedroht werden könnte. Eine Verteidigung am Rhein bedeute praktisch die Aufgabe Westdeutschlands und eine Auslieferung des Landes an die Sowjetunion.
Wenn auch zurzeit noch der Krieg in Asien tohe, so dürfe man doch nicht vergessen, daß in Europa die Entscheidung falle.
Die gegenwärtig in Europa stehenden Streitkräfte könnten eine Aggression nicht aufhalten. Die amerikanische Europapolitik müsse auf dem Prinzip ausreichender militärischer Stärke beruhen, damit Europa mit einer wirksamen Verteidigung rechnen könne, statt auf eine spätere Befreiung hoffen'zu müssen.
Falkenhausen-Prozeß in Brüssel
Die Angeklagten mit ihren Verteidigern hei der Wiederaufnahme des Prozesses in Brüssel am 25. September 1950. Von links nach rechts (mittlere Reihe): Ernst von Falkenhausen; Hans Reeder; Georg Bertram; und Bernhardt von Claer. Foto; Ap
Asiens neue Rolle
Von Wolf Schenke
Als 1937 an der Marco-Polo-Brücke bei Peking die ersten Schüsse im chinesisch-japanischen Krieg fielen, da ahnte weder in Europa noch in Amerika der Mann auf der Straße, wie sehr diese Auseinandersetzung auch sein Schicksal beeinflussen würde. Und doch führte der in der übrigen Welt so- wenig ernst genommene chinesisch-japanische Krieg später dazu, daß der zwAte, zuerst auf Europa und Nordafrika beschränkte Weltkrieg Ende 1941 mit der Ausdehnung auf den Pazifik erst wirklich erdumspannende Ausmaße annahm.
Europa und Amerika haben sich innerlich auch heute noch längst nicht auf die veränderte Rolle Asiens umgestellt. Irgendwie nimmt man, wenn man ehrlich sein will, selbst die großen unter den asiatischen Völkern, die Chinesen und die Inder, immer noch nicht ganz für voll, nur weil sie bisher die technischen Machtmittel des Westens nicht besaßen. Asien, so denkt man, muß entweder den Gleichschaltungsbestrebungen des Kreml unterliegen, oder es muß zu seinem Schutz ein Teil der „freien Welt“, des politischen Systems unter der Führung der Vereinigten Staaten von Amerika sein.
Nach dieser Theorie wird seit etwa zwei Jahren politisch gehandelt, ohne daß die für diese Politik maßgeblichen Politiker des Westens Beteuerungen des Gegenteils aus asiatischem Munde, z. B. Nehrus und Soekarnos, irgendeine Bedeutung zubilligten. Wenn seit dem koreanischen Krieg, wie die amerikani- sdifen Korrespondenten berichten, eine Welle anti-amerikanischer Gefühle durch Asien geht, so ist man in den USA darüber erschrocken und steht zunächst vor einem Rätsel.
Man kommt der Lösung gleich näher, wenn man den Blick einmal weniger auf Korea als auf Formosa lenkt. Für die asiatischen Völker steht, es fest,, daß Mao Tse-tung auf dem Festland Tschiang Kai-schek ohne sowjetische Unterstützung aus dem Sattel gehoben hat, obwohl Tschiang von Amerika weitgehend unterstützt wurde. Für die Chinesen, Inder und andere asiatische .Völker stellt sich Amerikas Eingreifen zum Schutze Formosas deshalb als der Versuch einer außerasiatischen Macht dar, ein von einer einheimischen Volksbewegung vertriebenes Regime am Leben zu erhallen. Die Bewegung Mao Tse-tungs wird in Asien als ein Teil der allgemeinen asiatischen Frei- heits- und Unabhängigkeitsbewegung angesehen. Man ist z. B. in Indien der Meinung, daß die bewegenden Grundkräfte des chinesischen Kommunismus als eines Bestandteils der von Sün-Yat-sen begonnenen chinesischen Revolution in erster Linie nationalistischen Charakters sind und daß sie sich gegen jede fremde Intervention in die Angelegenheiten Chinas, also auch gegen eine etwa versuchte sowjetische, wenden müssen. Die Nichtanerkennung Mao Tse-tungs durch die Vereinigten Staaten wird als Hauptgrund dafür angesehen, daß Mao Tse-tung, obwohl er von den Sowjets keine Hilfe erhielt, als er sie während seines Kampfes hätte gebrauchen können, nach seinem Siege sich in erster Linie an die Sowjetunion anlehnte.
Es sollte im Westen zu denken geben, daß ein Mann wie Nehru, der dem Kommunismus gewiß nicht weniger abhold ist als z. B. Präsident Truman, mit dem kommunistischen China zusammenarbeitet, ohne zu befürchten, daß sein Partner nur ein Werkzeug des sowjetischen Imperialismus ist, auch zur schließ- lichen Unterjochung Indiens bestimmt. Die falsche Voraussetzung der amerikanischen Asienpolitik liegt in der Annahme, daß die asiatischen Nationen in derselben Furcht vor der Sowjetunion leben wie die meisten Völker des Westens und daß sie sich deshalb dankbar einer auf die Abwehr des sowjetischen Imperialismus gerichteten Front eingliedern müßten. Länder wie China und Indien sind sich ihrer Stärke bewußt. Sie sind wegen ihrer ungeheuren Ausdehnung und geographischen Lage fern vom Machtzentrum der Sowjetunion, selbst wenn man dieses jetzt als hinter dem Ural liegend annähme, sicher, daß die Rote Armee sie niemals erobern kann. Sie können bei ihrer gewaltigen Bevölkqrungszahl und gleichzeitig immer noch niedrigem Stand der Technisierung selbst einen Atomkrieg leichter ohne substanziellen Schaden überstehen als alle anderen Länder der Welt. Sie sind zutiefst erfüllt von einem jungen und kräftigen Streben nach nationaler Unabhängigkeit und einem unbändigen National- und Kulturstolz, die auch die Möglichkeit einer indirekten Versklavung durch den Kreml ausschließen. Selbst als gleichberechtigte Verbündete Moskaus würden' sie sich nicht kriegerischen Eroberungsplänen der Sowjets zur Verfügung stellen, denn sie wünschen nichts sehnlicher als den Frieden, weil zur Durchführung ihrer großen Industrialisierungsprogramme Jahrzehnte ungestört friedlicher Entwicklung notwendig sind.
Die anti-amerikanische Stimmung in Asien entsteht nicht aus der Furcht vor kolonialer Ausbeutung durch Amerika, sondern aus de: Abneigung der Asiaten, durch den Einfluß