6, Jahrgang

Samstag, 12. August 1950

Nummer 124

Weitere Nagolder Stadtnacbrickten

Frohe Stunden im Waldeck

Die Jugend- und Musikgruppe derNatur­freunde bereitete wieder einmal den Patien­ten im Waldeck einen frohen Unterhaltungs- abend. Lampions und bunte Lichter gaben den Rahmen zu einem kleinen Sommernachtsfest. Der Chefarzt begrüßte alle mit launigen Worten. Er stellte fest, daß überall gefeiert werde und daß auch die Kranken einmal einige frohe Stunden erleben sollen, damit Freude und Humor ihren Beitrag zur Gesun­dung geben können. Schwester Anna er­hielt einen Sonderbeifall, als sie die Vertei­lung der Preise beim Preiskegeln vomahm. Der Schweiß, der bei diesem Wettstreit ver­gossen wurde, erhielt seine Belohnung durch habhafte und nützliche Dinge.

Die Darbietungen derNaturfreunde, die viel Heiterkeit auslösten, wurden wirksam durch Musikvorträge ergänzt. Die Mädchen in ihren bunten Dirndlkleidern erfreuten mit ihren herzhaft gesungenen Liedörn. Ein Sprecher der Patienten stattete den Dank für den schönen Abend an Chefarzt undNatur­freunde ab. Mit dem Feierabendlied und dem gemeinsam gesungenen HeimatliedKein schöner Land begleitet von der Musikgruppe, klang der Abend aus.

Flüchtlinge suchen Wohnung

Wie das Bürgermeisteramt mitteilt, wurden der Stadt Nagold in dieser Woche eine drei­köpfige und eine sechsköpfige Familie zur Aufnahme zugewiesen, für die noch keine Wohnung ausfindig gemacht werden konnte. Außerdem befindet sich aus früheren Zuwei­sungen im Durchgangslager Wildberg noch eine Familie mit 9 Personen, die ebenfalls noch auf Unterbringung wartet. Dabei gehen die Zuweisungen laufend weiter, sodaß der Engpaß immer gefährlicher wird.

Wir haben schon mehrfach auf die Notwen­digkeit des Flüchtlingsausgleichs hingewiesen und an das Verständnis wie an die christliche Nächstenliebe der einheimischen Bevölkerung appelliert. Es ist oft recht beschämend, daß heute mancher versucht, die Last von sich ab­zuwälzen und den abzugebenden Raum rasch anderweitig in Anspruch zu nehmen. Wir haben die sittliche Pflicht, unseren heimat­vertriebenen Brüdern und Schwestern bei uns eine neue Heimat zu schaffen. Wenn wir dieser Pflicht nicht nachkommen und im Egoismus verharren, werden wir bälder oder später für unser Versagen zur Verantwor­tung gezogen.

Offene Stellen beim Arbeitsamt Nagold

Bei den Vermittlungsstellen des Hauptamts in Nagold werden gesucht:

Männlich: 1 Glasermeister, 1 Maurer­polier, 2 Maurer. 2 Maler, 2 Gipser, 2 Mon­teure (gelernte Flaschner) für Außenmontage, 1 Damenfriseur, mehrere Pferde- und land­wirtschaftliche Dienstknechte.

Weiblich: 1 perfekte Damenfriseuse (mit Kenntnissen im Herrensalon), 2 Anfangsbe­dienungen, mehrere perfekte Hausgehilfin­nen, mehrere Küchenmädchen.

Sprechstunden: Montag 812 Uhr und 1416 Uhr, Dienstag und Mittwoch 812 Uhr. Donnerstag 812 Uhr und 1419 Uhr, Freitag und Samstag 812 Uhr.

Für den Kurgast

Der Verkehrs- und Verschönerungsverein Nagold hat ein Veranstaltungsprogramm für die Woche vom 1318. August aufgestellt, das besonders für unsere Kurgäste von Inter­esse ist. Man begrüßt diese Neuerung dank­bar. die hoffentlich zu einer ständigen Ein­richtung wird, sodaß der Fremde sich jeder­zeit einen kleinen Plan für seinen Urlaubs­aufenthalt hier entwerfen kann.

Am Sonntag, den 13. August, findet abends

um 8 Uhr ein Tanzabend im Traubensaal statt, bei dem das vorzügliche Tanzorchester der Stadtkapelle spielt. Der Eintritt kostet 1. DM.

Am Dienstag, den 15. August, erfolgt eine Omnibussonderfahrt zur Gartenschau nach Stuttgart. Abfahrt um 13 Uhr am Vorstadt­platz, Rückkehr gegen 19 Uhr. Der Fahrpreis beträgt 4.50 DM.

Am Donnerstag, den 17. August, wiwrd wie­der eine Omnibusfahrt zur Schwarzenbach­talsperre, Sand, Mummelsee. Ruhestein, Freu­denstadt unternommen. Abfahrt um 9 Uhr am Vorstadtplatz, Rückkehr gegen 18 Uhr. Der Fahrpreis beträgt 5,50 DM.

Am Donnerstag veranstaltet die Stadt­kapelle im Musikpavillon am Kleb von 20.30 bis 21.30 Uhr ein Promenadekonzert.

Und am Freitag, den 18. August, geht es mit dem Omnibus zur Bärenhöhle und zum Lichtenstein. Abfahrt um 13 Uihr am Vor­stadtplatz, Rückkehr gegen 19 Uhr. Der Fahr­preis beträgt 4.50 DM.

Anmeldung und Kartenverkauf erfolgt für alle Fahrten in der Drogerie Letsche, Bahnhofstraße (Telefon 427). Selbstverständ­lich ist auch die Bevölkerung zur Teilnahme an den Fahrten eingeladen.

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Aus Emmingen wird berichtet!

Die hiesige Musikkapelle brachte der seit Wochen hier bei Verwandten auf Besuch weilenden Familie Emil H ö r g e r aus Ame­rika als Abschiedsgruß der alten Schwarz­waldheimat einige vertraute heimatliche Weisen zu Gehör. Anschließend traf man sich im Gasthaus zumLamm zu einem letzten gemütlichen Beisammensein bei fro­hen und heiteren Weisen. Die ganze Bevölke­rung Emmingens wünscht der Familie Hör- ger eine glückliche Überfahrt in der Hoffnung auf ein späteres gesundes und frohes Wieder­sehen.

Bei ihrem' Ausflug in den Schwarzwald stattete die Ortsgruppe der Kriegs- und Kör- perbefechädigten der Gemeinde Jebenhausen Kreis Göppingen unserem Ort einen Besuch ab. Im Gasthaus zumLamm nahmen die Gäste das Mittagessen ein, welchem sich dann ein Rundgang durch den Ort anschloß. In froher Stimmung setzten die Gäste bei schön­stem Sonnenschein ihre frohe Fahrt fort.

Nachdem das unfreundliche Regenwetter der letzten Woche sein Ende gefunden hat, nimmt die Getreideernte und öhmdernte in unserer Gemeinde bei herrlichstem Sonnen-

Ein seltener Beruf

Ein Besuch bei Graveurmeister Paul Walther in Altensteig

Beim Gauliederfest in Nagold erhielten sämtliche teilnehmende Vereine eine künst­lerisch ausgeführte Plakette, die wir neben­stehend im Bilde wiedergeben.

Der Schöpfer dieser Plakette ist Graveur­meister Walther in Altensteig. Als wir vor einigen Tagen einen Besuch in seiner Werkstätte machten, rückte er zuerst seine mit einer Lupe bewaffnete Brille auf die Seite und mit einem freundlichen Willkomm gab er uns dann bereitwillig Auskunft über alle Fragen. Eine große Zahl kleiner und kleinster Werkzeuge liegt auf dem Werktisch. Mit drei Einbuchtungen ist dieser versehen und drei Arbeiter hätten an ihm ihren Ar­beitsplatz das wären die sogenannten Brettkollegen, doch Herr Walther arbeitet allein. Er muß sich schon genau auskennen, um aus den vielerlei Werkzeugen, den Meißeln zu den Stahlarbeiten, den Punzein zum Zise­lieren, den Riffelelsen zum Saubermachen, den Sticheln zum Herstellen von Monogram­men und Gravuren von Stempeln und all den vielen anderen Stahlstäbchen jeweils rasch und sicher das richtige herauszuflnden.

Die Arbeit eines Graveurs verlangt neben einem künstlerischen Verständnis vor allen Dingen Genauigkeit und Pünktlichkeit in be­sonders hohem Maße. Der Werdegang einer solchen Plakette (siehe Bild) die nebenbei gesagt einen Zeitaufwand von mehr als 40 Stunden erforderte ist aus vielen kleinen und umfangreichen Arbeitsgängen zusammen­gesetzt.

Die Vorlage (sie stammt bei der Plakette von Herrn Jäger in Nagold, doch verfügt Herr Walther auch über eine große Anzahl eigener Entwürfe) wird mit einer Reißnadel auf Stahl aufgezeichnet. Die groben Konturen (wie z. B. der Himmel) werden mit dem Mei- sel weggeschlagen. Die stärkeren Linien auf der Stahlzeichnung werden mit den Sticheln weiter verschnitten, mit den Punzein die feineren Linien und Striche straff gezogen und die verschiedenartigen Formen in sorg­fältiger Kleinarbeit matt geschlagen (z. B. Horizont und Wald). Die Tannenzweige und das Wappen müssen mit den Sticheln vor­gearbeitet werden und dann mit den Punzein straff nachgezogen werden. Was jetzt noch rauh ist- auf dem Stahlblock, muß mit Rif­feleisen glatt gefeilt, mit Schmiergel und Po­lierholz sauber geschliffen werden. Je nach der Stahlsorte wird nun der fast fertige

Stempel im Härteofen bis zu 850 Grad er­hitzt und entweder im Wasser- oder Ölbad abgeschreckt. Ein sorgsam prüfender Blick überschaut und prüft nochmals das ganze Werk, bis es ins Gesenk verbracht wird, wo durch die Presse das notwendige Spiegelbild der Vorlage hergestellt wird. Aus den fach-

Plakette vom Gäuliederfest ln Nagold

Aufnahme: Photo-Hollaender, Altensteig

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männischen Erklärungen und Erläuterungen des Meisters war deutlich ersichtlich, mit welcher Sorgfalt an solch einer Vorlage ge­arbeitet werden muß.

Mit einem gewissen Stolz zeigte uns Herr Walther noch seine weiteren Erzeugnisse, Abzeichen, Stahlstempel zum Einschlagen, Stahlstiche für Tiefdruck (auf diesem Gebiet ist Herr Walther der einzige Vertreter im Bezirk), Kupferstichabdrucke und noch man­che andere Arbeiten, die alle die treue und sorgfältige Arbeit des geübten Fachmannes verraten.

Zur Zeit ist der Auftragseingang zufrieden­stellend und wir sind beim Absehiednehmen davon überzeugt, daß sich solche wertvolle künstlerische und handwerkliche Arbeit durchsetzen und Anerkennung finden wird.

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schein ihren Fortgang. Unermüdlich wird Wagen auf Wagen mit Garben schwer beladen unter das schützende Dach eingeführt. Die Getreideernte kann heuer als befriedigend bezeichnet werden, werden doch die Scheunen mit Garben bis an den First - dicht gefüllt. Wohl wird der Ertrag des Getreides gegen­über dem letzten Jahr etwas Zurückbleiben, denn die zahlreichen und heftigen Gewitter­regen der letzten Wochen haben doch man­ches Kornfeld niedergewalzt, so daß das Korn bereits in der Blüte und auch bis zur Reife sich nicht voll entwickeln konnte. Die schö­nen wie Gold glänzenden Getreidekörner der letzten Jahre waren heuer nirgends anzu­treffen, hat das Getreide durch den Regen der letzten 2 Wochen doch einen trüben bezw. grauen Schimmer erhalten.

Trotz alledem wollen wir unserem Schöp­fer für den reichen Erntesegen danken und jedes Stückchen Brot mit Ehrfurcht genießen.

Noch sind nicht die letzten Garbenwagen eingefahren und schon wieder führt der Land­wirt den Pflug mit sicherer, schwerer Hand durch das Stoppelfeld, damit der Kreislauf von Saat und Ernte nach ungeschriebenen Gesetzen seinen Fortgang nimmt und wir auch im kommenden Jahre wieder auf eine Ernte hoffen dürfen.

Wiederaufforstung unserer heimatlichen Wälder

Emmingen. Die uns mit ihrem stillen und geheimen Raunen so vertrauten und ans Herz gewachsenen heimatlichen Tanenwälder wur­den durch den Raubbau der letzten zwei Jahrzehnte und die willkürlichen Kahlhiebe erheblich gelichtet und bereit in ihrem Le­bensnerv bedroht.

Daß dies nicht ohne merkliche Rückwir­kungen auf unsere klimatischen Verhältnisse bleiben konnte, hat sich bereits in den beiden hinter uns liegenden Trockenjahren eindeutig bewiesen und sieb auch bereits sehr nachteilig auf unsere gesamte Wasserwirtschaft und Stromversorgung ausgewirkt, so daß Stadt und Land im Blick auf die Trinkwasserver­sorgung bereits wieder vor ein neues und dringendes Problem gestellt sind.

Aber trotz allen Widerwärtigkeiten haben unsere Forstleute und Gemeinden unverzüg­lich die Wiederaufforstung der riesigen Kahl­hiebflächen in Angriff genommen, um unse­ren Wald pnd unser Land vor der Verstep­pung zu schützen.

Auch in den Kulturen der Martin Renz, Nachf., Klenganstalt und Forstbaumschulen in Emmingen rühren sich seit Jahren fleißige Hände, die mit der Gewinnung von Fichten- und vielen anderen Forstsamen, der Aus­saat derselben und Pflege und Hege der jun­gen Sämlinge und Pflanzen beschäftigt sind.

Trotz Ausdehnung der Kulturen kann die überaus große Anfrage nicht befriedigt wer­den, so daß in dieser Branche noch etliche Jahre lang eine rege Nachfrage herrschen wird, hoffen wir, daß für diese vordringliche Aufgabe auch Mittel aus der Marshallplan­hilfe zur Verfügung gestellt werden, damit auch dieser wichtige Teil unserer Wirtschaft wieder gesunden kann.

Die Firma Martin Renz, Nachfolger, Kleng­anstalt und Forstbaumschulen in Emmingen wurde bereits im Jahre 1823 gegründet und genießt über die Grenzen unseres Schwaben­landes hinaus einen guten Ruf.

Der jetzige Inhaber Kaufmann Otto Fischer bringt den Betrieb durch Umsicht und Tat­kraft immer mehr zu einem führenden Be­trieb in diesem Geschäftszweig. Die Bevölke­rung Emmingens weiß das Aufblühen dieses Betriebes zu schätzen, da in den Hauptar­beitszeiten des Frühjahrs und Herbstes doch über 50 Personen, größtenteils Frauen unserer Gemeinde beschäftigt werden, die somit ei­nem lohnenden Verdienst nachgehen können.

Des Lebens ungemifchte Freuöe

Vom Leben und Sterben im Kreis Calw Es wurde viel geheiratet Immer noch hoher Anteil der unehelichen Kinder

Wenn wir heute von der Lebensbilanz un­seres Kreises in nüchternen Zahlen berichten, so mögen diese dem einen oder anderen viel­leicht nichts mehr bedeuten als eben eine statistische Erhebung. Wir wollen aber nicht vergessen, daß hinter diesen Zahlen all das steht, was wir Leben nennen: eine Unzahl menschlicher Schicksale, Auf- und Abstieg, selige Stunden und Zeiten tiefster Enttäu­schung. Wenn wir diese Statistik in einer ru­higen Stunde betrachten, so wird doch man­cher von uns dabei auch Überlegungen über sein eigenes Leben anstellen.

In der Lebensbilanz des Kreises Calw für das Jahr 1949 gibt es neben Lichtblicken doch auch einige Schattenseiten, besonders wenn man sie mit dem Vorjahr (in Klammern) und auch mit dem Durchschnitt des ganzen Lan­des Wurttemberg-HohenzoHem vergleicht. 936 (788) Paare haben bei uns den Weg auf das Standesamt unternommen, annähernd ein Fünftel mehr. Dadurch lag die Zahl der Eheschließungen mit 9,7 auf je 1000 Einwohner unserer Wohnbevölkerung noch etwas über dem Landesdurchschnitt mit nur 9,5.

Lebend kamen im Kreis Calw 1717 (1527) Kinder zur Welt, eine verhältnismäßig noch stärkere Zunahme als in den meisten Kreisen. 905 (767) von ihren waren Knaben und 812 (760) Mädchen. Dies ergibt eine Geburten­ziffer von 17,7 auf je 1000 Bewohner, was diesmal so ziemlich dem Durchschnitt des ganzen Landes entsprach. Dazu traten noch 46 (34) Totgeborene (19 Knaben und 27 Mäd­chen). leider die höchste Ziffer von allen Kreisen des Landes. Von der Gesamtzahl der Geborenen mit 1763 (1561) waren 197 (202) un­eheliche Geburten, mit 11,2' (12,9) % zwar er­

freulicherweise wieder beträchtlich weniger aber trotzdem immer noch der höchste Anteil im ganzen Land mit einem Durchschnitt von nur noch 9,5 (11)/o nach den beiden Kreisen Freudenstadt und Ravensburg.

Gestorben sind in unserem Kreis an­dererseits insgesamt 1100 (1058) Menschen, etwas mehr, und zwar 516 (485) männlich und 584 (473) weiblich. Auf je 1000 Einwohner ent­fielen damit bei uns 11,4 Tote, nur unwesent­lich mehr als im Landesdurchschnitt mit 11,3. Unter den Verstorbenen befanden sich 540 (497) Personen im Alter von 70 Jahren und darüber, wobei die Frauen mit 316 (291) wie­der sehr viel stärker vertreten waren als die Männer mit 224 (206), die allgemein Im Durch­schnitt nicht so alt werden als die Frauen. Der Anteil der Alten an allen Toten erhöhte sich im Kreis Calw etwas auf 49,1 (47) %>. Weiter befanden sich unter den Gestorbenen 97 (108) Kinder im ersten Lebensjahr, näm­lich 53 (48) Knaben, dagegen nur 44 (60) Mäd­chen. Von der Säuglingssterblichkeit werden erfahrungsmäßig die Knaben sehr viel eher betroffen als die Mädchen. Sie war In un­serem Kreis mit nur noch 5,8 auf je 100 Le­bendgeborene nicht unbeträchtlich günstiger als im Landesdurchschnitt mit noch 6,1.

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Wenn sie gewußt hätten, wie es ausgeht

Scheidungsprozesse und was sie bringen

Ein aktuelles Problem*

Da sind die Ehen, die im Kriege rasch ge­schlossen wurden aus meist materiellen Moti­ven. Heute im Lebenskampf, wo oft nur ein inniges Verbundensein mit dem Ehekamera­den alles Schwere tragbar macht, glauben die Ehepartner das Nebeneinander nicht mehr er­tragen zu können. Oft einigen sich die Schei- dungslustigen dahin, daß jeder einen Teil der

Schuld auf sich nimmt.Nur frei werden! Sogleich türmen sich aber die Probleme. Wenn je um etwas erbittert gerungen wird, so ist es um die Kinder.

Wer bekommt die Kinder, die bei Schei­dungen meist die wirklich Leidtragenden sind? Ein neues Verfahren, nun beim Vormund­schaftsgericht, wird eröffnet. Die Entscheidung des Landgerichtes, ob schuldig oder unschul­dig geschieden, spielt hier eine große Rolle. Nicht selten sind die Gegner erschrocken: Hätte ich das gewußt, hätte ich nicht so viel Schuld auf mich genommen! Frauen sind bei der Eröffnung, daß ihnen das Kind nicht zugesprochen werden kann, oft ganz verzweifelt und weisen darauf hin, daß ihnen damit ihr ganzer Lebensinhalt genommen wird.Das, muß der Richter ihnen dann oft entgegenhalten,hätten Sie sich vorher über­legen sollen.

Ist aber das Sorgerecht auch entschieden, dann wird über das Verkehrsrecht mit den Kindern meist heftig weitergestritten, eirie Quelle immer neuer Verfahren. So kann z. B. der Mann das Verfahren wieder aufrollen, wenn die Frau sich mit dem Ehebrecher ver­heiratet, und es ihm unbillig erscheint, das Kind dann bei ihr zu belassen. Oder es tritt vielleicht der Fall ein, daß die geschiedene Frau auswandert und das Kind mitnehmen will. Dem Manne wurde aber laut Entscheid des Vormundschaftsgerichtes' der persönliche Verkehr mit seinem Kinde gestattet. Außer­dem ist es ungewiß, in welche Verhältnisse das Kind in der Fremde gerät. Der Mann er­hebt also Einspruch. In jedem Falle wird dann in erster Linie die beste Lösung für die Kinder gesucht, um die der Kampf bis zu deren Volljährigkeit geht. Da kommt es auch vor, daß die geschiedenen Eltern angesichts der sich vor ihnen auftürmenden Gerichts­akten den einfachsten Weg wählen und sich aufs neue heiraten.

Ein weiteres Verfahren betritt die Versor­gung, wobei nach jeder Änderung der Ver­

hältnisse erneut prozessiert wird Sei es nun, daß die Frau wieder heiratet, womit die Ver­sorgung ganz wegfällt, sei es, daß der Mann eine zweite Ehe eingeht, aus der Kinder her­vorgehen, wodurch eine neue Regelung nötig wird. Weiter kommt es vor, daß der Mann erwerbsunfähig wird und nicht mehr bezahlen kann, oder die Frau befand sich nach der Scheidung finanziell in guten Verhältnissen und konnte auf eine Versorgung verzichten, oder sie war in der Lage zu arbeiten und sich ihren Unterhalt zu, verdienen. Auch da fällt eine Versorgung durch den geschiedenen Mann weg. Ein anderer Fall: das Vermögen wird verloren z. B. durch Währungsreform oder die Arbeitskraft der Frau erlahmt. Dann steht sie mittellos da. Ehefrauen können auch durch Verfehlungen gegen den Ehemann den Unter­halt verwirken. Immer wieder treffen sich so die Partner vor Gericht!

Neben dem erbitterten Ringen um die Kin­der. dem Kampf um die Versorgung, geht es noch um ein großes Problem: wer erhält die Wohnung. Ein besonders heikles Kapitel in unserer wohnungsknappen Zeit. Ist keine sofortige Trennung möglich, verlangt der Mann oft. daß die Frau, die er versorgen muß, weiterhin für ihn kocht, was meist zu neuen Unersprießlichkeiten führt. Dann ist noch der Hausrat und die Wäsche aufzuteilen, ein Pro­blem, das in den seltensten Fällen ohne ge­richtliches Urteil gelöst wird. Weitere .Ver­fahren ergeben sich u. a. beim Zurückverlan­gen von Geschenken, oder es kann unter Um­ständen der Frau die Namensführutig des Mannes untersagt werden. So bildet sich eine endlose Kette gerichtlicher Verfahren und verwässert alle Freiheitsillussionen. Dabei sind das, was wir hier anführten, nur Andeu­tungen der ganzen, aus dem Thema Schei­dung entstehenden laufenden Komplikationen. Manches Paar würde oft das unerträglich Scheinende auf sich nehmen, wenn es vorher alle aus einer Scheidung erwachsenden Schwierigkeiten voraussehen könnte. _,