6. Jahrgang
Samstag, 29. Juli 1950
Nummer 116
10 000 Italien-Deutsche atmen auf
Das Ende der wirtschaftlichen Illegalität
Von umerem Mailänder C. M.-Korrespondenten
MAILAND im Juli
Zehntausend Italiendeutsche treten aus der letzten Illegalität, der wirtschaftlichen, hervor. Niemand kennt die Zahl der deutschen Staatsbürger genau, die auf dem Gebiet der Mittelmeerrepublik leben. 2000 etwa wohnen in Rom, weitaus mehr in Mailand und sehr viel weniger in der dritten Millionenstadt des Landes, Neapel. Außer den „Offiziellen“ gibt es Tausende von „Schwarzen“, die auf den Almen und den Dörfern Südtirols hausen, in den unzugänglichen Bergen Sizüiens anzutreffen sind, oder auch als Kindermädchen von Genua bis nach Brindisi hinab in den „besseren“ Haushalten anzutreffen sind. Diese „Schwarzen“ drücken alle Daumen, daß der Herr Generalkonsul kommt und geneigt ist ihnen einen Paß auszustellen, bevor der „Signor Poliziotto“ dahinterkommt, daß sie schon fünf Jahre ohne ein Papier die vielbesungene Sonne des Südens genießen.
Die deutsche Kolonie in Italien hat sich *tets durch Arbeitsamkeit, durch geschickten Handel und eine hervorragende Anpassung an die Lebensverhältnisse dieses in Wirklichkeit sehr armen Landes ausgezeichnet. Nach dem Kriegsende schliefen viele auf den Bänken der öffentlichen Parks anstatt in den heimatliehen requisierten Betten, aber kurze Zeit später war es einem großen Teil von ihnen gelungen, sich in den Handel dort wieder als Fachleute und Angestellte einzuschalten, wo sie einst „Padrone“ waren. Bis heute ist die Lage offiziell noch so, daß kein deutscher Staatsbürger Firmeninhaber sein kann, er darf kein Bankkonto besitzen, keine Schecks ausschreiben, Häuser bauen, Grundstücke kaufen, kurzum er ist gezwungen, in der allertiefsten wirtschaftlichen Illegalität zu leben, die nun ein Ende haben soll. Und deswegen atmen alle auf.
um der Wahrheit die Ehre zu geben, die Italiener haben ein großes Herz mit jedem Unterlegenen und Tausende wurden nicht ein einziges Mal belästigt.
Und doch kam noch in den letzten Monaten vor, daß ein „guter Freund petzte“ und der Beamte klingelte. Die neuen Ersparnisse, die bereits einlaufenden Ueberweisungen aus dem Ausland, waren in ständiger Gefahr der Beschlagnahme und mancher Gang zur Bank geschah auf Stecknadeln. Und die Bundesregierung saß weit und vor allen Dingen hilflos in Bonn...
Der nun vor der alliierten Ratifizierung stehende neue deutsche Handelsvertrag mit Italien, der bis zum 30. Juni 1951 laufen soll und der einen Warenfluß im Werte von 137.5 Millionen Dollar in jeder Richtung vorsieht, soll mit dieser unhaltbaren Lage aufräumen.
Ein Handel von seiten der eingesessenen Kaufleute war meist nur unter einem italienischen Decknamen möglich und viele landeten mit ihren Strohmännern vor Gericht. Vor allem mit denen, denen sie in Kriegszeiten pro forma die Firma überschrieben hatten.
Wenn man Bundesminister Erhards Worten glauben soll, geht Wirtschaft vor Politik. Aber die Praktiken dieses Vertrages sprechen eine andere Sprache. Der alte yertrag lief bereits am 30. Juni 1949 ab, der neue ist nach mehreren Wochen noch nicht in Kraft. Sind sich die Alliierten, die nach Rom einen amerikanischen, englischen und französischen Beobachter schickten, darüber klar, daß diese geleimte Zwischenzeit ein unhaltbares Ding ist? Es geht einfach nicht an, daß die Politik sich vor die Wirtschaft legt.
Ostdeutsche werden „staatenlos“
Von Maltzahn, der sich gut geschlagen hat und die Tür stets offen hielt, ist aber so et
was wie „ein Liebling der Italiendeutschen“ schon deswegen geworden, weil er ihre wirtschaftliche Stellung klärte. Leider hatte der deutsche Missionschef nicht die Vollmacht der Frage jener Güter anzuschneiden, die nach dem Kriege den hier lebenden Deutschen auf Grund des Washingtoner Abkommnes vom 16. August 1947 „zur Feststellung“ von den Italienern im Aufträge der Sieger beschlagnahmt wurden. Die Italiener weisen lächelnd auf die Besatzungsmächte, diese aber hüllen sich in ein geradezu bewundernswertes Schweigen. Dafür erklärten sich aber die Italiener gern bereit, alle jene Kapitalien anzuerkennen, die nach dem Friedensvertrag mit Italien (15. September 1947) gebildet oder eingeführt wurden.
Hunderte große Firmen von Besitzern, die sich zu Kriegsende in Deutschland befanden, wurden von den Italienern zugunsten der Alliierten versteigert. Wenn man erfährt, daß allein für Siemens 1,8 Milliarden Lire oder 12 Millionen DM auf den Tisch gelegt wurden, kann man sich den Gesamtwert ausmalen. Viele Hundert von deutschen Unternehmen warten darauf, daß sie wieder in die Hände der Hiergebliebenen zurückkommen und man kann sicher sein, daß auch hier viele hundert Millionen DM auf dem Spiel stehen.
Alle Italiendeutschen zusammen warten auf die Pässe, die sie bewegungsfrei machen, die aber vom römischen Permit Officier nur für die Westdeutschen ausgegeben werden. Die Ostdeutschen sind „staatenlos“, sie können durch viel Glück durch die italienische Regierung ein Personalpapier ohne Staatsangehörigkeit erhalten, um so dann zu Handelsabmachungen als „without nationality“ zu erscheinen. Wenn die Ostrepublik hier vorhanden wäre, würde jeder Mann aus Bielefeld und Aachen ein Papier oder Paß in die Hand bekommen. Aber sollte man Angst vor einigen hundert „Flüchtlingen“ haben? Diese Haltung erbittert und darüber sollte man sich von Bonn bis zum Combined Travelboard in Herford einig sein.
NachrichteiTaus aller Welt
Die Möbel „fliegen davon“
„Entschuldigen Sie schon, ich bin geschickt worden, um ihre Möbel zu beschlagnahmen...“ sagt höflich aber bestimmt der italienische Beamte und er hat volles Recht dazu. Neben den Gütern, den Fabriken, den Konten haben sich auch die Möbel teilweise verfluchtet, aber
Nidit verteidigungsbereit
Churchill warnt
LONDON. Am Donnerstag lehnte das britische Unterhaus einen Antrag des Oppositionsführers Winston Churchill, die Verteidigungsdebatte in geheimer Sitzung weiterzuführen, mit nur einer Stimme Mehrheit ab. Danach wies Churchill darauf hin, daß Großbritannien 40 000 sowjetischen Panzern nur 6000 entgegenzustellen habe. Gegenwärtig stehe nichts zur Verfügung, das den Lawinen von Panzern gewachsen wäre, die beim Ausbruch eines Krieges zu erwarten seien.
Er wundere sich nicht, daß an den Ostgrenzen der Bundesrepublik Panikstimmung herrsche. Jeder Deutsche, dem an der Versöhnung mit der demokratischen Welt des Westens gelegen sei, wisse genau, daß in seiner Nähe jemand lauere, der ihn für eine baldige Liquidation vorgemerkt habe.
Churchill sagte: „Wir sind weniger verteidigungsbereit als je, aber wir dürfen nicht verzweifeln. Es kann sehr gut sein, daß wir genügend Zeit haben werden, um das gewaltige Militärpotential Großbritanniens und seines Commonwealths zu entfalten.“ Er wolle jedoch das Haus darauf aufmerksam machen, daß man sich gegenwärtig in einer genau so großen Gefahr befinde wie vor 10 Jahren. Aus verschiedenen Gründen sei er jedoch der Auffassung, daß ein dritter Weltkrieg nicht unmittelbar bevorstehe. Er begründete diese Ansicht mit der Ueberlegenheit der USA auf dem Gebiet der Atombombenproduktion.
TÜBINGEN. Bundespräsident Prof. Dr. Heuß hat zugesagt, anläßlich der deutschen Turnermeisterschaften am 2. und 3. September Tübingen einen Besuch abzustatten.
MÜNCHEN. Das Schwurgericht München verurteilte am Donnerstag nach zweitägiger Verhandlung den 38jährigen Schneider Werner Klüh, der schuldig befunden wurde, im Januar d. J. ein 23jähriges Mädchen in einer Gartenlaube am Stadtrand von München erdrosselt und die Leiche skalpiert zu haben, zu lebenslänglich Zuchthaus.
GIESSEN. Der im März d. J. in Gießen gegründete „Verband der Sterilisierten und Gegner der Sterilisation“ hat die Bundesregierung und den Bundestag gebeten, die zwischen 1933 und 1945 Sterilisierten bei der Wiedergutmachung zu berücksichtigen.
KÖLN. Rund 180 000 Kölner Arbeitnehmer beteiligten sich am Donnerstag an einem einstün- digen Warnstreik als Protest gegen die hohen Lebensmittelpreise.
DÜSSELDORF. Der Landtag von Nordrhein- Westfalen hat am Donnerstag in geheimer Wahl den bisherigen Ministerpräsidenten Karl Arnold (CDU) mit 120 von 202 abgegebenen Stimmen wiedergewählt.
HAMBURG. Der Hamburger Bürgermeister Max Brauer kündigte am Donnerstag an, daß in etwa zwei Jahren die Minenfelder der Hansestadt Hamburg beseitigt sein würden.
BERLIN. In dem ursprünglich für 1500 Gefangene eingerichteten Zuchthaus Bautzen befinden sich nach Angaben eines nach Westen geflüchteten Wachtpostens zurzeit 7000 Häftlinge, davon etwa 800 mit offener Tuberkulose.
PARIS. Ein sechs Mann starker kommunistischer Sabotagetrupp versuchte am Donnerstag, in das französische Kriegsarsenal in Angouleme (Südwestfrankreich) einzudringen und vor kurzem geliefertes amerikanisches Kriegsmaterial zu zerstören, In der vergangenen Woche waren schon zwei ähnliche Anschläge versucht worden.
ROM. Die Frage, wer den sizianischen Banditenführer Salvatore Giuliano erschossen hat,
beschäftigt nun einen Untersuchungsausschuß des italienischen Parlaments. Es geht dabei um Beförderungen und Ordensverleihungen.
PRAG. Tschechoslowakische Staatsgerichtshöfe verurteilten am Donnerstag 33 Personen wegen angeblicher staatsfeindlicher Umtriebe zu Gefängnisstrafen -zwischen einem Jahr und lebenslänglich.
LONDON. Prinzessin Elisabeth und Prinz Philipp sind am Donnerstag von Malta nach London zurückgekehrt, Prinz Philipp wird als Kapitänleutnant das Kommando über eine Fregatte übertragen erhalten. Prinzessin Elisabeth erwartet im kommenden Monat ihr zweites Kind.
ISTANBUL. 16 von 20 griechischen Pilgern, die das St. Anna-Kloster auf der Insel Imros in der Aegäis besuchen wollten, ertranken am Donnerstag, als ihr Boot kenterte.
NAIROBI. In^Nakuru auf dem Hochland von Kenia wurde am Donnerstag ein britischer Zoll- offlzier beim Verlassen seines Hotels von einem Eingeborenen mit Pfeil und Bogen erschossen. Man nimmt an, daß der Anlaß zu dem Mord in der steigenden Feindschaft der Eingeborenen den Europäern gegenüber zu suchen ist.
BOISE (Idaho). Sergeant John Woods, der die in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen Verurteilten gehängt hat, ist durch einen Unglücksfall ums Leben gekommen. Seiner Frau wurde mitgeteilt, daß ihr Gatte auf dem En- wietok-Atoll (Marshall-Inseln) verunglückt sei.
WASHINGTON. Nach Angaben der „Washington Post“ kostet der Bau eines Bombers vom Typ B 36 4,7 Millionen Dollar, ein Düsenjäger etwa 1 Million Dollar, ein mittlerer Panzer 120 000, und einige neue Geschützarten pro Stück etwa 400 000 Dollar.
PEKING. Die chinesischen Kommunisten haben am Donnerstag die Besetzung von 31 Inseln vor der Mündung des Perlenflusses innerhalb der letzten vier Wochen bekanntgegeben.
ROM. Nach Angaben des Senders des Vatikans sind in den letzten fünf Jahren im kommunistischen Osteuropa über 13 000 katholische Priester ermordet oder ins KZ geworfen worden.
Kästner und Nusdike erledigt
Kandidatur bei den Ostzonen-Oktoberwahlen sehr fraglich
BERLIN. Die Gerüchte über die Ablehnung des stellvertretenden Ministerpräsidenten und LDP-Vorsitzenden, Prof. Hermann Kästner, durch seine Partei haben sich bestätigt. Kästner nimmt jedoch, wie berichtet wird, den Standpunkt ein, daß er sich einer nur vom Führungsausschuß seiner Partei - beschlossenen Amtsenthebung nicht beugen werde. Er ist der Ansicht, daß nach den Satzungen der LDP sein Ausschluß aus der Partei sowie die Neuwahl eines LDP-Vorsitzenden nur durch das höchste Gremium der LDP, den Parteitag, erfolgen kann. Kästner scheint auch den Plan, bei den Oktoberwahlen der Ostzone als Vertreter der LDP zu kandidieren, nicht aufgegeben zu haben.
Nach Informationen aus Kreisen der Ost- zonenregierunug ist über Kästner eine verstärkte Polizeiüberwachung verhängt worden. Da seine Stellung auch in der Regierung der Ostzone als erschüttert angesehen werde, solle einer Flucht nach dem Westen vorgebeugt werden.
Maßgebende Kreise der Ost-CDU erklärten am Donnerstag, mit dem Abtreten des OstCDU-Vorsitzenden und stellvertretenden Ministerpräsidenten Otto N u s c h k e von der politischen Bühne sei „bald“ zu rechnen. Nuschke werde aller Wahrscheinlichkeit nach schon bei der Aufstellung der Kandidaten für die „Volkswahlen“ keine Berücksichtigung mehr finden. Mit einem Parteiausschluß Nuschkes werde allerdings nicht gerechnet.
Auf Anordnung der Volkspolizeileitung werden seit einigen Tagen in der Ostzone verschärfte Ausweiskontrollen durchgeführt. Begründet werden diese Maßnahmen mit notwendig gewordenen Sicherheitsvorkehrungen und dem „Schutz des Aufbaus“. Wer Personen beherbergt, die keinen in der Sowjetzone ausgestellten Personalausweis besitzen oder polizeilich nicht gemeldet sind, soll nach der Verfügung mit Gefängnis oder mit Geldstrafen bik zu 10 000 Ostmark bestraft werden.
Preissteigerungen verurteilt
Besprechung der Industrie mit Bundesministern
BONN. Die Spitzenverbände der deutschen Industrie des Einzel- und des Großhandels verurteilten am Donnerstag in einer Besprechung mit Vizekanzler Blücher und Bundeswirtschaftsminister E r h ar d Einzelfälle ungerechtfertigter Preissteigerungen. Sie äußerten den Wunsch, gemeinsam mit den Gewerkschaften solchen Auswüchsen entgegenzutreten und erklärten sich bereit, den von diesen vorgelegten beweisbaren Klagen nachzugehen, weil sie jede Beeinträchtigung der Kaufkraft durch eine ungerechtfertigte Preisentwicklung ablehnten.
Als Ergebnis der Besprechung wurde festgestellt, daß die Versorgungslage, die erwarteten Zufuhren und die voraussichtliche Entwicklung der Nachfrage die Preisstabilität sicherten.
Die Vertreter der Wirtschaft begrüßten die Anregung der Bundesregierung, die Besprechungen über die Preisentwicklung in Kürze mit Vertretern der Landwirtschaft und der Gewerkschaften fortzusetzen.
Resolution gegen Uebergriffe
FREIBURG. Die Bürgermeister des Kreises Emmendingen haben den südbadischen Staatspräsidenten Wohieb in einer Resolution aufgefordert, den in ihrem Amtsbereich vorge- fallenen Uebergriffen französischer Besatzungsangehöriger durch eine Intervention beim Landeskommissar entgegenzuwirken, teilte die südbadische Staatskanzlei am Donnerstag mit.
Nachdem vor einigen Wochen in der Nähe der Gemeinde Forchheim der Fischhändler Mathis aus Weißweil von einem französischen Soldaten erschossen worden war, wurde am vergangenen Wochenende eine 19jährige Frau von zwei Wachsoldaten der gleichen Einheit an der gleichen Stelle vergewaltigt. Die eingeleitete Untersuchung führte zur Festnahme der Täter.
^ i ROMAN VON HERMANN WEICK
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2 2. Fortsetzung
„Schön ist sie zweifellos... “
„Sie gefällt Ihnen also?“
„Das möchte ich nicht behaupten! Margot Thomaschek ist eine sehr kühle Schönheit und nach allen Anzeichen als Tochter eines schwerreichen Vater9 von sich und ihrem Wert überzeugt; wenigstens ließ sie es, zumal in der ersten Zeit, mir gegenüber an Ueberheblich- keit nicht fehlen!“
„In der ersten Zeit sei dies so gewesen? .... Danach ist es darin jetzt besser geworden?"
Ganz so reserviert wie zu Anfang ist Margot Thomaschek in meinem Beisein jetzt nicht mehr!“
„Danach sind Ihre Aussichten ja nicht ungünstig, Herr Lauren; und wenn Sie die Dame liebgewinnen_“
„Ich will sie aber nicht liebgewinnen!“ In leidenschaftlicher Erregtheit sah Lauren die Amerikanerin an. „Ich verstehe überhaupt nicht, wie ich gerade zu Ihnen, Maud, von dieser Hedratsgeschichte sprechen konnte!“
Zittern befiel Maud Smith.
Was sie bisher ahnend gefühlt und in unklarem Verlangen ersehnt hatte — Laurens letzte Worte hatten ihr Gewißheit erbracht: daß er sie liebte.
Sie wußte, vom Glück dieses Augenblickes fast überwältigt, nicht gleich, was sie erwidern sollte. Dann sagte sie, sie meinte, Lauren müsse das jubelnde Schlagen ihres Herzens hören:
„Warum sollten Sie nicht mit mir über diese Dinge reden, Herr Lauren? Ich meine es gut mit Ihnen—“
„Dann dürfen Sie mir nicht raten, eine Frau, die ich nicht liebe, niemals lieben kann, zu heiraten, Maud!“ erwiderte er in leidenschaftlicher Aufgewühltheit.
Zum zweiten Male hatte er sie beim Vornamen genannt; Maud fühlte, wie sie schwach wurde. Aber sie schüttelte diese Anwandlung von sich ab.
Nein — Peter durfte von dem, was sie zutiefst bewegte, fürs erste nichts erfahren! Von sich aus mußte er den Weg suchen ... und entscheiden, wohin es ihn zog.
„Sie sollten die Sache nicht so schwer nehmen, Herr Lauren“, sagte sie und schlug einen leichten Plauderton an, während in ihr sich alles gegen ihre eigenen Worte sträubte, „heute und morgen brauchen Sie sich ja nicht zu entscheiden. Vielleicht wird Fräulein Thomaschek Ihnen mit der Zeit sympathischer -wenn nicht, können Sie sich noch
immer nach einer anderen reichen Frau Umsehen!“
Wie gelassen Maud über diese Dinge sprach! dachte Lauren in schmerzvoller Enttäuschung. Wenn sie ahnte, wie es in ihm aussah!
*
In Baron von Hasses Begleitung war Margot Thomaschek zum Badestrand gekommen. Während sie mit gelangweilter Miene den Worten Hasses zuhörte, gingen ihre Blicke immer wieder erwartungsvoll zur Strandpromenade hinauf.
Freudiges Aufleuchten zeigte sich plötzlich in ihren Zügen.
Peter Lauren kam soeben die Treppe herab.
Er ging auf die beiden zu.
..Guten Morgen! rief er schon von weitem.
Freundlich erwiderte Margot den Gruß; Baron von Hasse war sehr reserviert.
Auch heute konstatierte Lauren, daß Mar
got Thomaschek sich in ihrem Verhalten ihm gegenüber erheblich gewandelt hatte. Ein wärmerer Klang war in ihren Worten, wenn sie mit ihm sprach; unverkennbar war, daß sie an seiner Gesellschaft Gefallen fand.
Was mochte diese Veränderung bewirkt haben?
War die Lehre, die er ihr neulich abends, auf der Terrasse ihrer Villa, erteilt hatte, nicht spurlos an ihr vorübergegangen?
Vieleicht hatte dieser verwöhnten Dame bisher nur jemand gefehlt, der ihr klarmachte, daß er sich auch von einer Margot Thomaschek nicht imponieren ließ?
Lauren hätte also mit der Wendung der Dinge zufrieden sein und sich über die sichtliche Bevorzugung durch Margot Thomaschek gegenüber Baron von Hasse auch an diesem Morgen freuen können, wenn seine Gedanken und seine Blicke nicht immer über den Strand hingegangen wären . . . dorthin, wo er Maud Smith an ihrer gewohnten Lagerstätte vermutete.
Nun entdeckte er die Amerikanerin.
Gerade hatte sie sich erhoben, sie schien
suchend umherzuschauen. hatte sie ihn
vorhin kommen sehen? Wartete sie darauf daß er sich bei ihr einfinde?
„Heute abend gehen wir zum Kurhausball“ hörte er Margot Thomaschek neben sich sprechen und wandte sich ihr zu. „Haben Sie Lust mitzukommen, Herr Lauren?“
„Gewiß!“
„Tanzen Sie gerne?“
„Sehr gerne sogar!“
„Durch Baron von Hasse bin ich sehr verwöhnt; er ist ein fabelhafter Tänzer 1“
Hasse lächelte geschmeichelt.
„Gnädiges Fräulein übertreiben!“
„Hoffentlich falle ich dem Herrn Baron gegenüber nicht allzusehr ab!“ meinte Lauren darauf mit leisem Spott. •
Gleich danach erhob er sich. Er hatte sich an diesem Vormittag pflichtgemäß Margot Thomaschek gewidmet, sich ihr auch für den
Abend zur Verfügung gestellt-nun wollte
er noch etwas zur eigenen Freude haben!
„Darf ich mich verabschieden, gnädiges Fräulein?“
„Wollen Sie uns schon verlassen?“
„Vor dem Nachhausegehen möchte ich ein gründliches Bad nehmen; bei der Hitze die heute herrscht, sehne ich mich nach Abkühlung!“
„Sie holen mich am Abend zum Balle ab’" fragte Margot Thomaschek.
„Um welche Zeit?“
„Sagen wir: um einundzwanzig Uhr!“
Das wäre erledigt! dachte Lauren erlöst und ging mit weiten Schritten ins Wasser. Rasch hatte er die Amerikanerin entdeckt.
„Endlich!“ sagte er und preßte ungestüm Mauds Hand. „Guten Morgen, Fräulein Smith!“
„Guten Morgen, Herr Lauren! Wie geht es Ihnen?“
„Jetzt geht es mir wieder gut!“
„Und vorher?“
„Da fragen Sie noch? ... Sie haben ja keine Ahnung, was es für mich bedeutete eine geschlagene Stunde bei Fräulein Thomaschek sitzen zu müssen, statt bei Ihnen sein zu dürfen!“
E : n weicher Schein huschte über Mauds Antlitz. (Forts, folgt.)