6. Jahrgang

Samstag, 8. Juli 1950

Nummer IM

Riesengebirge - deutsches Gebirge ...

Rübezahls Reich weiterhin das Dorado der Sportler und Wanderer

Als die Baudenwirte im Riesengebirge im Zuge der Kampfhandlungen oder der Massen­vertreibung aus Schlesien und dem Sudeten­land ihre alte Bergheimat verlassen mußten, glaubten sie, daß nunmehr dort das Chaos ein­ziehen werde. Anfangs tobte sich der Pöbel in einzelnen Bauden aus und nahm mit, was im­mer nur fortgetragen werden konnte. Fen­sterscheiben und Einrichturagsgegenstände wur­den in vielen Fällen zerschlagen und ver­brannt. Aber im Laufe der Zeit trat sowohl auf der schlesischen als auch auf der sudeten­deutschen Seite des Riesengebirges Ordnung ein und ein Teil der Riesengebirgsbauden wur­de wieder in Betrieb genommen. Besonders die Polen legten großen Wert auf die Wieder­eröffnung der Bauden, da sie diese für den von ihnen gepflegten Wintersport brauchten.

Wenn es auch schwierig ist, genaue Berichte über die heutige Verfassung aller Riesenge­birgsbauden zu erhalten, so ergibt sich doch unter Zugrundelegung einiger Berichte von Deutschen, die noch im Riesengebirge leben, ein ziemlich klares Bild über den dortigen Betrieb.

Einheitlich wird berichtet, daß besonders in den Wintermonaten in den bekannten Kuror­ten Hirschberg (Jelenia Gora), Krurnmhübel (Karpacz) und Schreiberhau (Szklarska Pore- ba) großer Betrieb herrschte. Die Polen be­mühen sich, in ihren Werbeprospekten immer auf den polnischen Ursprung der Kurorte hin­zuweisen und tun alles, um den Aufenthalt im Riesengebirge wirksam zu propagieren. U. a. heißt es in einem der überall au fliegenden Werbeblätter, daß Jelenia Gora im Jahre 1108 alspolnische Siedlung gegründet wurde.

Langsam beginnen die deutschen Kurorte im Riesengebirge den polnischen Karpathenorten Zakopane und Krynica den Rang abzulaufen, vor allem deshalb, weil infolge der Vertrei­bung der Deutschen sehr viele und gute Un­terkunftsmöglichkeiten bestehen.

Krummhübel ist jetzt das Zentrum der pol­nischen Wintersportkämpfe. Die Skisprung­schanze steht jener von Zakopane nur wenig nach. Gern besucht werden auch Bad Flinsberg und Bad Warmbrunn. Warmbrunn ist zum Erholungsaufenthalt des Stadtpräsidenten von Breslau geworden Am stärksten ist Hirsch­berg von Polen bewohnt. Es leben dort heute etwa 36 000 Polen und 200 Deutsche, fm gan­zen Kreis gibt es rund 1000 Deutsche, die vor allem in den Industrieorten Petersdorf. Erd­mannsdorf und Schmiedeberg wohnen. Da die Sowjets, deren Wort auch im Riesengebirge mehr zu sagen hat als das polnische, überall nach Uran suchen, werden die zurückgeblie­benen Deutschen in die Bergwerke zwangs­verpflichtet.

Die Preise in den schlesischen Bädern sind relativ hoch. Der Aufenthalt in einem Bade kostet etwa 1500 Zloty je Tag. Das Durch­schnittseinkommen eines polnischen Arbeiters beträgt etwa 15 000 Zloty im Monat. Trotzdem sieht man, zumindest in den kleineren Kuror­ten und Bädern, zahlreiche Werktätige, die auf Grund ihrer guten Leistungen von den Be­trieben in dasFerienparadies der Werktäti­gen, wie das Riesengebirge oft genannt wird, geschickt wurden.

Die Grenze zwischen Polen und der Tsche­choslowakei verläuft dort, wo früher die Grenze zwischen Deutschland und der benach­barten Tschechoslowakei verlief,-niich über den Riesengebirgskamm. Auf beiden Seiten wird sie von schwerbewaffneten Grenztruppen bewacht. Die Schneekoppe (Sniezkal, mit 1605 Meter der höchste Gipfel des Riesengebirges, darf von Deutschen nicht bestiegen werden. Hier finden sich nur Polen, Russen und Tsche­chen zusammen.

Weit schweift der Bb'ck von, der Koppe über das Land im Tale. Zahlreiche Ortschaften sind verwaist, vollkommen leer, besonders auf der tschechoslowakischen Seite des Riesengebirges. Ein tschechischer Offizier, der inzwischen nach Bayern geflohen ist, berichtete über seine Ein­drücke, die er bei einer Dienstfahrt durch die Riesengebirgsdörfer gewonnen hatte, wie folgt: Stundenlang geht es durch Wälder, oft nur

verwachsenen Waldwegen entlang. Die spär­lich bewohnten Dörfer sind ohne Organisation und Polizei. Schließlich verebbt das mensch­liche Leben gänzlich. Es geht durch die toten Dörfer. Voll Unrat sind die Straßen, mitten auf ihnen kommen kleine Rasenflächen zum Vorschein. Meterhohes Gras wächst in dem Straßengräben und -rändern und erkämpft sich jeden Schritt unbewachsenen Bodens. Tü­ren und Tore stehen weit geöffnet oder hän­gen zersplittert in den Füllungen. Haushalts­geräte liegen in den Höfen verstreut umher. Ein paar magere Katzen huschen scheu durch die Fensterhöhlen.

In Bad Warmbrunn jagt der Wind und peitscht der Regen durch die ausgerissenen Fenster des einst prächtigen Schlosses des Reichsgrafen von Schaffgotsch. Die weiten Fluchten stehen leer und das kostbare Mobi­liar wurde überallhin verschleppt. Das male­risch im Tal von Mittelschreiberhau gelegene Haus Gerhart Hauptmanns wurde mit einem Schild versehen, auf dem in polnischer Sprache geschrieben steht:Kulturinslitut Republik Polen. Die Kirche Wang, die Friedrich Wil­helm IV. von Norwegen auf eine einsame Ge- birgshöhe transportieren ließ, ist der Zerstö­rung entgangen. Die Bergkapelle, die unter

Wie Dr. Lewis M. Terman, Professor der Psychologie an der Stanford-Universität in Kalifornien nach langen eingehenden Studien feststellte, ist anzunehmen, daß der kleine Junge, der Integralrechnungen spielend be­herrscht und eine Unterhaltung über den Kon­trapunkt führen kann, mit 35 Jahren aller Wahrscheinlichkeit nach eine bekannte Per­sönlichkeit in seinem Wohnort sein und in dem von ihm gewählten Beruf eine führende Stel­lung einnehmen wird.

Seit 1922 verfolgt Professor Terman den Le­bensweg solcherWunderkinder. Er legte eine Kartei an, auf deren Blättern er die Schicksale von 1400 Knaben und Mädchen fest­hielt. Rund 90 Prozent dieser Kinder besuch­ten Collegs und Universitäten. Die meisten wandten sich sodann der juristischen Lauf­bahn zu. Die nächstgrößte Gruppe interessier­te sich für Technik, dann folgten Bergbau und Geologie. An vierter Stelle rangierte Medizin, dann Erziehungswesen, Religion und Fürsor­gewesen, Gebiete, für die ziemlich gleichmäßi­ges Interesse herrschte. Die Berufswahl dieser .Menschen zeigt, daß es ihnen nicht bloß dar­um ging, auf irgendeine Art ihren Lebensun­terhalt zu bestreiten, sondern daß sie eine Ar­beit leisten wollten, die auch für die Allge­meinheit von Bedeutung ist. Von den musik­begabten Kindern gelangte ein hoher Prozent­satz zu internationaler Berühmtheit.

Das alte Wort, daß ein wirklich intelligenter Mensch keine Arbeitslosigkeit zu fürchten ha­be, bewahrheitete sich während der amerika­nischen Wirtschaftskrise in den dreißiger Jah­ren. Keiner der Beobachteten, weder Mann noch Frau, beanspruchte damals irgendeine Unterstützung.

Zu denKindern Professor Termans gehör­ten u. a. Professor Norris E. Bradbury. der Lei­ter des Atomforschungsinstitutes von Los Ala- mos, und der Psychiater Dr. Douglas M. Kel- ley, der die Hauptschuldigen von Nürnberg auf ihren Geisteszustand untersuchte. Amü­siert berichtet Terman aber auch über die au­ßergewöhnlichen Ideen seiner Schützlinge. So wurde einer z. B. Fuchszüchter und verdient heute über 50 000 Dollar im Jahr. Nebenbei schreibt er gelehrte Abhandlungen über Zucht­methoden. Einer wurde Polizist, nachdem er doppelter Doktor geworden war, und ein zwei­ter ging als einfacher Matrose zur See und verzichtete auf seine wissenschaftliche Kar­riere, obwohl er ein hervorragender Mathe­matiker war. In klassischen Sonetten besingt

schwedischem Protektorat steht, wird von einem der wenigen protestantischen Pfarrer betreut, die noch im polnischen Verwaltungs­gebiet amtieren dürfen.

Auf der tschechoslowakischen Seite hat sich in den letzten beiden Wintern ebenfalls ein recht reger Sportverkehr entwickelt. Von Prag aus fuhren wieder die Wochenendzüge nach Hohenelbeund Freiheit. Vom Riesengrund wur­de eine Drahtseilbahn zur Schneekoppe ge­baut, die seit zwei Jahren in Betrieb ist.

Alle Riesengebirgler wissen, daßRübe­zahls Reich deutsch ist und ewig deutsch bleiben wird. Es mag für sie schmerzlich sein, in bedrückten Verhältnissen jetzt fern der Heimat leben zu müssen. Aber ihre Herzen hängen an den blauen Bergen und den grü­nen Tälern, die man ihnen genommen hat. Vielleicht ist es ihnen aber ein Trost zu wis­sen, daß ihre Bauden, zu denen sie oftmals hinaufstiegen, nicht zerstört sind und daß auch an vielen Orten, wo sie früher einmal wohn­ten, das Leben weitergeht. Nach übereinstim­menden Berichten sollen weder auf polnischer noch auf teschechoslowakischer Seite Ortschaf­ten zerstört worden sein, wie dies im mitt­leren Sudetenland geschah. Der alte Berggeist hält schirmend seine Hand über dem Gebirge, wo er, seit JahrhundertenSagen und Mär­chen spinnt, die niemals vergessen werden, so lange deutsche Herzen schlagen.

AEP

er den Ozean, weigert sich jedoch, seine Wer­ke drucken zu lassen.Hohe Intelligenz ist eben mitunter exzentrisch, meint Professor Terman.

Unter den Mädchen wandten sich die mei­sten dem Lehramt zu oder wurden Bibliothe­karinnen oder Uebersetzerinnen. Die künstle­risch Begabten wirkten als Innenarchitektin­nen oder fanden Beschäftigung in der Mode­branche.

Allerdings gab es unter denWunderkin­dern auch solche, die im späteren Leben nicht das hielten, was sie in der Jugend versprochen hatten. Wie Dr. Terman feststellte, waren es diejenigen, die, ständig auf der Suche nach dem Unerreichbaren, immerfort Stellung, Auf­enthaltsort und Interessengebiet wechselten Die Ursache solcher Fälle war meist unver­nünftige Erziehung.

Interessant ist die Feststellung, daß gerade der hochintelligente Mensch imstande ist, sich mit den Problemen der Ehe auseinanderzuset­zen. Er ist vorsichtig in der Wahl seines Part­ners und lebt daher glücklicher mit ihm. Im Vergleich zur durchschnittlichen Scheidungs­ziffer von 18 Prozent in den USA sind nur 6 Prozent von Dr. Termans Schützlingen ge­trennt oder geschieden.

Professor Terman warnt besonders davor, ein außergewöhnlich begabtes Kind ständig zu bewundern. Wenn man es stets als Ausnahme­fall betrachtet, hält es sich schließlich selbst dafür. Das aber ist für seine Entwicklung nur hemmend. Wunderkinder sind nicht anders als ihre Mitmenschen; sie unterscheiden sich nur dadurch, daß sie mitunter mehr erreichen als ihre Altersgenossen. A. D.

Trüffel-Hunde

Mit der Abrichtung von Hunden für die Su­che von Trüffeln, die in USA wenig bekannt und sehr teuer sind, hat auf Anregung des Leiters des New Yorker Botanischen Gartens, Dr. D. Philip Rogers ein bekannter Züchter begonnen. Jagd- und Hühnerhunde, die über eine gute Nase verfügen, sollen hierfür beson­ders geeignet sein. Um die Tiefe auf ihre Ar­beit abzurichten, wird zunächst reifer Gorgon­zola-Käse in der Erde vergraben. Haben sich die Hunde erst einmal an die neue Methode gewöhnt, so ist es leicht, sie am Ende des Sommers, wenn die Reifezeit der unterirdisch wachsenden Edelpilze beginnt, auf Trüffeln anzusetzen. w. K.

Mosaik der Woche

Streiflichter, bunt gewürfelt

Ausgestorben wie der Neanderthaler seien die anziehenden Männer in Amerika, stellten sechs bekannte Schauspielerinnen und Schrift­stellerinnen fest. Warum sollte das Land der aus­gezogensten Frau die anziehendsten Männer be­sitzen? Von 100 Nichtrauchern werden 66 sech­zig Jahre und älter, von 100 mäßigen Rauchern werden 46 sechzig Jahre und älter, hat die ame­rikanische Statistik errechnet. Weil mehrere Frauen seiner Gemeinde auf dem Kirchgang überfallen wurden, erteilt Pastor Hopkinson in London auf Wunsch weiblichen Gemeindemit- gliedem kostenlos Unterricht in Jiu Jitsu. War­um sollte dieecclesia militans nicht über ein Amazonenkorps Verfügen? Auf den falschen Knopf drückte ein Einbrecher, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, die Kirche von Hartzweiler (Elsaß) zu berauben Statt Licht bei seinem dunklen Unternehmen zu machen, setzte er das Läutewerk in Bewegung. In seiner Zelle wird er jetzt -darüber nachdenken, daß es nicht ganz angebracht ist, jedes Vorhaben an die große Glocke zu hängen.

Omnibusbahnhof in Köln

In Zusammenarbeit zwischen der Stadt Köln, der Post, der Verkehrs-AG-Wupper-Sieg und der Bundesbahn wurde die Anlage eines mo­dernen Omnibusbahnhofs für Köln geplant und nun auch verwirklicht. Damit konnte einem star­ken Verkehrsbedürfnis Rechnung getragen wer­den. Am 2. Juli 1950 wurde dieser Omnibusbahn­hof in Betrieb genommen und dem öffentlichen Verkehr übergeben. In zentraler Lage, dicht am Kölner Hauptbahnhof gelegen, fügt sich hier eine neuzeitliche Verkehrsanlage zweckentspre­chend in das Verkehrszentrum ein.

FünfBahnsteige und ein Parkplatz sind großräumig und übersichtlich angelegt und er­möglichen einen reibungslosen Betriebsablauf. DreiBahnsteige dienen der Post, einer der Verkehrs-AG-Wupper-Sieg und einer der Bun­desbahn. Die Länge derBahnsteige ermög­licht es, vier Omnibusse oder zwei Omnibus­züge abzufertigen. Ueberdachte Sitzgelegenhei­ten auf jedem Bahnsteig werden in absehbarer Zeit dem wartenden Reisenden Gelegenheit zum Ausruhen geben.

Preisliste der Schimpfwörter

Ein wahrhaft nützliches Buch ist jetzt in den USA erschienen. Es enthält 2000 Schimpfworte. Der Sinn des Buches aber ist, daß sein Benut­zer feststellen kann, wie hoch die Strafe ist, die er bei Gebrauch eines Schimpfwortes zu erwar­ten hat. Jeder Amerikaner oder jede Amerika­nerin kann also in Zukunft, ehe er mit jeman­dem in Streit gerät, erst einen Blick in das neue Wörterbuch werfen und sich darüber klar wer­den, ob er ein billiges oder ein teures Schimpf­wort gebrauchen will.

Ein Ohr, aus Trümmern geborgen

In der Rekordzeit von einer Minute und fünf­zig Sekunden nähten die Aerzte des St.-Vincent- Krankenhauses in Sydney das bei einem Ver­kehrsunfall abgerissene Ohr eines Mannes wie­der an. Das Ohr hatte neben dem Verletzten in den Trümmern des Wagens gelegen

Sechs Robinsons und eine Frau

Mit sechs Männern und einer Frau an Bord hat der kleine SchonerBlue Goose den Ha­fen von New York in diesen Tagen verlassen. Die sieben Passagiere haben die Zivilisation und die drohenden Kriegsaussichten satt. Sie wol­lenirgendwo auf den Windward-Inseln ein abgeschiedenes Robinson-Paradies gründen und zunächst ein geeignetes Eiland für ihr Utopia ausfindig machen. (_y.)

Nach 8 Jahren

Ein Verkehrspolizist in München sah sich ge­zwungen, ein verkehrswidrig fahrendes Auto an.- zuhalten. Erst bei Feststellung der Personalien stellte der Schutzmann fest, daß er seinen Vater gestellt hatte. Beide stammten aus Danzig und hatten sich seit 1942 nicht mehr gesehen. Der Sohn war erst in diesem Jahr aus russischer Ge­fangenschaft gekommen.

Ueber 1 Million Handgepäck

In Berlin starb kürzlich ein Eisenbahner, der 42 Jahre im Dienst als Packwagenschaffner ge­standen hat. Nach seinen interessanten Aufzeich­nungen transportierte er über 1 Million Stücke Handgepäck, 220 000 Stücke Klein- und Feder- vieh, darunter 27 Affen und 16 kleine Tiger und Löw r en. Insgesamt ist er mit dem Packwagen 3 1 .'.- mal um die Erdkugel gefahren.

Enttäuschen Wunderkinder?

Hohe Intelligenz führt oft zu merkwürdigen Schicksalen

Rund um die Badewanne

Von wasserscheuen und wasserfreudigen alten Zeiten

Eigentlich sollten wir Goethe aus dem Spiel lassen. Es ist im vergangenen Jahr seiner so oft gedacht worden, und sicher hat irgendeiner irgendwo auch des Olympiers Verhältnis zum Wasser als Traktätchen im Schreibtisch liegen. Darin wird dann zu lesen sein, daß der Dichter in seiner Jugend gelegentlich der Schweizer Reise mit den beiden Grafen Stolberg im Freien badete, wodurch er den braven Gast­geber Lavater in höchste Bedrängnis versetzte, denn das war Erregung öffentlichen Aerger- nisses. Und Goethe selbst, Mann geworden, zählte später das Baden in fließendem Wasser zu dendamaligen Verrücktheiten seiner Ju­gend.

Wenn der alte Kaiser Wilhelm I. baden wollte, wurde die einzige Badewanne desHo­tels de Roma auf einem Handwagen in das Schloß gefahren, wo nämlich keine vorhanden war. Immerhin: er badete zuweilen, was zu Zeiten Friedrichs II. und des Rokoko unmög­lich gewesen wäre. Frisches Wasser wurde, um buchstäblich in gutem Geruch zu stehen, damals durch Parfüm ersetzt. ..Baden wäre meine Sache nicht, habe diese Lust mein lebe­lang nicht begreifen können, schrieb um diese Zeit Liselotte von der Pfalz.

Die alten Griechen und Römer waren ande­rer Meinung gewesen. Sie wetteiferten förm­lich in der Beschaffung von einwandfreiem Wasser zum Baden und Trinken. Oeffentliche Bäder lassen sich hier bis ins 5. vorchristliche Jahrhundert nachweisen. Zu Cäsars Zeit hatte Rom 970 Bäder mit einem täglichen Wasser­verbrauch von 750 Millionen Liter. Je mehr im alten Rom der Luxus zunahm, um so größer und prächtiger wurden die Bäder. Jene ge­waltigen ..Termen mit den vielfältigen Ein­richtungen zu warmen und kalten Bädern wurden geschaffen. : n denen auch Geselhgkeit gepflegt wurde. Schwitzbäder. Wannenbäder. Schwimmbäder, Erfrischungsräume, Bibliothe­

ken alles war da. Auch die heißen Quellen wurden genutzt, und die Aerzte verschrieben Badekuren. Der Arzt Charmis, der Sebastian Kneipp des Altertums, kurierte nur mit kal­tem Wasser. Eine Kur berechnete er mit 30 000 Mark. Fajas und das alte Tibur in Latium waren die Wiesbaden und Baden-Baden der damaligen Zeit. Wiesbaden und Baden-Baden, sie waren wie Baden bei Wien, Badenweiler, Ems, Baden bei Zürich schon damals bekannt, und Tacitus erzählt in seinerGermania, daß anno 58 n. Chr. die Chatten mit den Hermun­duren um den Besitz eines für die Gewinnung von Salz sehr ergiebigen Grenzflusses, der fränkischen Saale, sich die Köpfe blutig ge­schlagen haben das ist die kohlensäurereiche Sole Kissingens.

Im Mittelalter zählte das Schwimmen zu den sieben Rittertugenden, obwohl das kalte Was­ser damals nicht nach jedermanns Geschmack war. Dennoch spielte dasBadstüblein eine gewichtige Rolle; im Haus der Fugger zu Augsburg war es sogar ein Prachtraum ge­worden.

Paracelsus und Thurneiser. zwei Aerzte von großem Ruf. machten im 16. Jahrhundert große Reklame für Gastein, wie überhaupt damals die Heilquellen außerordentlich ge­schätzt wurden.

Während wir noch an den Badstubenbildern des 16. Jahrhunderts auch Dürer hat uns ia in einem Holzschnitt eine Badstube geschil­dert, während Lukas Cranach einenJung­brunnen wiedergab helle Freude haben, setzt plötzlich jenes Zeitalter der europäischen Wasserscheu ein. Im Jahre 1782 wird in einer ..Anleitung zum guten Ton zum Gebrauch für die höheren Stände ausdrücklich davor ge­warnt, Wasser zum Waschen zu benutzen.

Das Zeitalter der Wasserscheu hielt fast zwei Jahrhunderte an. Der Theologiestudierende Seume hatte 1780 noch Schwierigkeiten mit dam Leipziger Konsistorium, das ihm vor­warf. zu oft gebadet zu haben. Tn demPoi- tevinschen Radschiff bei Paris badete man taktvoll in Wannen, in die das Seinewasser

geschöpft wurde. Auch in Heiligendamm, dem 1793 gegründeten ältesten deutschen Ostsee­bad,schwamm man in Wannen auf dem Meere, ähnlich denen in der Seine.

Humor

Zwei Dienstmädchen sprechen von ihren Herrschaften.Ach, ich habe es schlecht ge­troffen, beklagt sich die eine.Den ganzen Tag geht es nurJawohl, gnä Frau hin und Jawohl, gnä' Frau her.

Na, und ich erst, sagt die andere.Ich werde Tag und Nacht nicht fertig mit dem Nein, gnä' Herr, nein, gnä Herr!

*

Wie ist der Kommerzialrat eigentlich zu seiner Frau gekommen?

Sie war Verkäuferin auf der Wiener Messe. Er sah sie dort und heiratet sie vom Fleck weg.

So, also eine typische Meßalliance.

*

Mac Gregory, der geschäftstüchtige alte Schotte, hat sich beim Rasieren geschnitten. Eiligst stürzte er ans Telefon und rief das nächste Hospital an:Brauchen Sie vielleicht für jemand eine Bluttransfusion, was zahlen Sie dafür?

Für den Bücherfreund

Literatur und Kunst

Max B e n r. e, Ptolemäer und Mauretanier. Verlag Kippenhauer GmbH Köln und Berlin. 64 S. Brosch.

Der Verfasser versucht sich einen Einblick in die Geisteswelt einiger Autoren zu verschaffen und bemüht sich, zu korrigieren, wo seiner An­sicht nach, allgemeine ästhetische und mora­lische Regeln der Individualität des Autors vor­zugehen haben.

Josef Weinheber, Von der Kunst und vom Künstler Georg Müller-Verlag. 16 Seiten Brosch.

In einem glutvollen Gedicht, wird der Lei­dens- und Freuden weg des Künstlers beschrieben:

Ecce homo

Ja! Ich weiß, woher ich stamme! Ungesättigt gleich der Flamme glühe und verzehr ich mich.

Licht wird alles, was ich fasse,

Kohle alles, was ich lasse:

Flamme bin ich sicherlich!

FRIEDRICH NIETZSCHE

.... .. . ....... . .

Wie er sich aus dunkler Nachl in strahlendes Eicht emporarbeitel, wie er am Ruhm zweifelt und auf ihn verzichtet, wie er nur seinem Werke lebt, voller Glaube und Demut.

Ueber das Morgenland

Ludwig Ferdinand Claus,Thuraja" Kom­paßverlag Oberursel Ganzleinen 226 S mit 23 Kunstdrucktafeln

Der Dichter, der scharf zu sehen gelernt hat und packend schreiben kann, schildert hier in bunten Farben das Morgenland Ein Europäer heiratet ein Beduinenmädchen. Ist eine Doppel­ehe möglich? Dies ist das ausführlich bespro­chene Problem, das jedoch unserer Meinung nach leider keiner endgültigen Lösung zuge- fuhrt ist.

Die Trossinger Musiktage finden in diesem Jahre vom 14. bis 16. Tuli statt. Veran­stalter ist die städtische Musikschule Trossingen, der Leitung von Prof. Hugo Herrmann. Mitwirkende sind das Orchester des staatlichen Hochschulinstituts unter Leitung, von Prof. Ernst Lothar von Knorr, das Orchester des Hauses Hohner unter Leitung von R. Würthner, die Jugendmusikschule Trossingen, eine Spielgruppe für Clubinstrumente und mehrere Solisten.

Nach dem Abschluß der Schauspielaufführun­gen im Säckinger Schloßpark wurde am Sams­tagabend die Opernspielzeit mit NeßlersDer Trompeter von Säckingen eröffnet. Solisten, Orchester und Ballett des Neuen Theaters Vil- lingen unter Leitung des Dirigenten Kenner­knecht und der Regie von Egon Schmidt brach­ten die Neueinstudierung auf der prächtigen Na­turbühne zur Geltung.