<J. Jahrgang
Samstag, 24. Juni 1950
Nummer 90
sungsmöglichkeiten auf dem gewerblichen und handwerklichen Sektor wünschen oder nicht, weder mit unserer Erziehung zur Demokratie noch mit der Sicherheit der Alliierten etwas zu tun hat. Auf jeden Fall aber müßte das nach der Beendigung des Kriegszustandes eine Frage sein, die wir allein zu entscheiden haben.
Wir haben diese Beispiele angeführt, nicht um Forderungen zu stellen, sondern um zu zeigen, daß es auch nach dem Aufhören des Kriegszustandes fraglos noch viele Dinge geben wird, die zu Auseinandersetzungen über unser Verhältnis zu den Westmächten führen werden. Selbst nach der beabsichtigten Erklärung, die die am 3. Juli beginnende Londoner Konferenz in ihrem Umfang festzulegen hat, werden wir leider noch lange keinen wirklichen Frieden haben, sondern den Tatsachen nach noch immer zwischen Krieg und Frieden stehen, wobei wir noch nicht einmal an den eisernen Vorhang zu denken brauchen, der mitten durch unser Land geht.
Bundestag nicht einverstanden
BONN. Der Bundestagsausschuß für Geschäftsordnung und Immunität hat am Donnerstag zu der Mitteilung der Hohen Kommission an Bundeskanzler Dr. Adenauer, daß sie eine unbedingte Immunität der Abgeordneten des Bundestages und der Länderparlamente nicht anerkennen könne, und die Alliierten müßten sich die richterliche Gewalt auch über die Abgeordneten Vorbehalten, Stellung genommen. Der Ausschuß äußerte größte Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit und verfassungsmäßige Zulässigkeit des alliierten Standpunktes. Die Haltung der Alliierten Hohen Kommission laufe praktisch auf eine Beurteilung des Wertes der Immunität nach dem Ermessen der alliierten Behörden hinaus.
Gegen die möglichen Folgen der alliierten Auffassung legte der Ausschuß rechtliche Verwahrung ein. Er kündigte an, daß er nach Prüfung des genauen Wortlauts der alliierten Stellungnahme „in Wahrung der Bestimmungen des Völkerrechts, des Grundgesetzes, des Besatzungsstatuts und der deutschen Länderverfassungen“ Klarheit über die Rechte der Abgeordneten schaffen wolle.
Feitenhansl freigelassen
MÜNCHEN. Der am Montag wegen Verletzung des ihm auferlegten politischen Betätigungsverbotes verhaftete Gründer der „Vaterländischen Union“ Karl Feitenhansl ist am Donnerstag wieder aus der Haft entlassen worden. Feitenhansl mußte sich verpflichten, sich nicht mehr politisch zu betätigen und sich einmal in der Woche bei der Kriminalpolizei zu melden. Außerdem darf er das Stadtgebiet von München nicht verlassen.
„Völlig unsinnig“
BONN. Das französische Hohe Kommissariat bezeichnete am Donnerstag alle Meldungen über angeblich vorgesehene Rheinüberflutungen als „völlig unsinnig und aus der Luft gegriffen“. Die Maßnahmen, die an der an dem Loreleifelsen vorbeiführenden Straße getroffen wurden, stünden keineswegs vereinzelt da. Die Vorkehrungen bewegten sich innerhalb eines interalliierten Beschlusses und würden ebenso in anderen Ländern Westeuropas — auch in Frankreich — vorgenom— men. Sie trügen den Charakter spezifisch passiver Verteidigungsmaßnahmen und gefährdeten keineswegs die Bevölkerung.
Dank für Schulspeisung
BONN. Vizekanzler Franz Blücher hat im Namen führender Mitglieder des Bundestages dem früheren amerikanischen Präsidenten H o o v e r den Dank des deutschen Volkes für die große Hilfe ausgesprochen, die in den schweren Nachkriegsjahren den deutschen Kindern durch Hoovers Hilfe geleistet worden ist. Er hat Hoover darum gebeten, die kommende Schulspeisung in der Bundesrepublik „Hoover-Speisung“ nennen zu dürfen.
2. Fortsetzung
S pöttisches Lächeln huschte über Trudes Antlitz.
„Sie gehen ja gleich scharf ins Zeug, Herr Lauren! Wenn der arme Kerl ahnte, welche Gefahr ihm droht! Ein Glück für ihn, daß er sich jetzt davonmacht!“
Angestrengt schaute sie zum Strand hinauf, in der Richtung, wohin der Herr im hellblauen Bademantel sich entfernt hatte . . . und wo, in einen Roman vertieft, ihre Mutter im Sande ruhte.
Nun gewahrte sie, wie ihre Mutter sich jäh aufrichtete . . .
Jetzt hat es eingeschlagen! dachte Trude kampfeslustig. Mama wird toben . . . aber wir wollen abwarten, wer den größeren Dickschädel hat — meine alten Herrschaften oder die Trude!
. Mama winkt mir“, sägte sie gleich darauf zu Lauren, , kommen Sie mit?“ „Selbstverständlich!“
Als sie sich schon in der Nähe von Frau W nckhaus befanden, stockte Laurens Fuß.
Au f der Strandpromenade stand die Fremde vcm Schiff.
Alles umher versank Lauren.
Trude Wenckhaus hatte er vergessen, von den vielen Menschen gewahrte er nichts m"hr . . . nur die schlanke Erscheinung im we‘ßcn Kleid sah er noch, zu der eine rätselhafte Gewalt ihn hinzuziehen schien. Unbewußt schritt er den Strand hinauf.
Nun war ihm, als erkenne die Fremde ihn wieder. Einen grüßenden Blick ihrer Augen meinte er, zu empfangen. Dann ging die Fremde langsam weiter, während Lauren wie entrückt ihr nachschaute-
Zu sehr mit sich beschäftigt, war Frau Wenckhaus und ihrer Tochter das seltsame Verhalten von Peter Lauren ganz entgangen.
„Weißt du, daß Herr Völker hier ist?“ hatte Frau Wenckhaus in zorniger Erregtheit die Jüngere empfangen, als diese bei ihr erschienen war.
Bonner Aufträge werden fiberprüft
Sind die Aufwendungen für die Bundeshauptstadt zu groß gewesen?
BONN. Der vom Bundestag eingesetzte Untersuchungsausschuß zur Prüfung der Auftragsvergebung in Bonn hat bereits eine Reihe von eigenartigen Feststellungen getroffen. Vom Büro Baudirektion hat er jetzt einen Bericht darüber angefordert, warum bei einzelnen Bauvorhaben wesentlich höhere Beträge verausgabt wurden, als ursprünglich angegeben worden waren. Die Kosten für den Ausbau der Troilo-Kaseme haben bei einem Voranschlag von 600 000 DM 1,7 Millionen DM betragen. Bei der Gallwitz-Kaserne wurde das Vierfache des Voranschlages gebraucht. Offenbar hat der Untersuchungsausschuß den Eindruck, man habe in Bonn die Voranschläge absichtlich niedrig gehalten, um damit den Bundestag zur Wahl Bonns als Bundeshauptstadt zu bestimmen. Dr. Wandersieb, heute Staatssekretär im Bundeswohnungsministerium, soll als früherer Leiter des Büros Bundeshauptstadt nun befragt werden, wie solche eigenartigen Voranschläge zustande gekommen sind.
Der Ausschuß beschäftigte sich ferner eingehend mit einem Bericht des Rechnungshofes für das vereinigte Wirtschaftsgebiet, in dem Erhebungen über die Finanzierung aus Bundesmitteln angestellt werden. Nordrhein- -Westfalen hatte dem Bund 3,9 Millionen DM als Vorschuß zur Verfügung gestellt, die es jetzt bei den Steuerüberweisungen an den Bund einbehalten hat. Damit war aber der Bundesfinanzminister, wie ein Vertreter des Ministeriums im Ausschuß erklärte, nicht einverstanden. Es müßten noch rund 1200 Rechnungen geprüft werden, um festzustellen, welche davon der Bund und welche Nordrhein-Westfalen übernehmen muß. Vor der
Abstimmung über Bonn war der Eindruck, ob absichtlich oder unabsichtlich, bleibe dahingestellt, erweckt worden, als ob dasLandNord- rhein-Westfalen bereit sei, größere Opfer zu bringen, wenn die Wahl auf Bonn falle. Der Rechnungshof hat die Meinung geäußert, daß die Bonner Ausstattung nicht immer der Armut des Volkes angepaßt sei. Der Ausschuß will nun klären, auf welche Tatsachen sich dieser Eindruck stützt. Zu diesem Zweck soll der Leiter der Beschaffungszentrale eine Aufstellung über die Aufwendungen für politische Persönlichkeiten einschließlich der Regierungsmitglieder geben. Auch die Vollmachten und die Ueberwachung des für die Einrichtungen verantwortlichen Architekten, Prof. S c h w i p - pert, sollen geprüft werden.
Warum kein Friedensvertrag?
BONN. Der Vorschlag Frankreichs, den zurzeit noch bestehenden Kriegszustand zwischen den Alliierten und Deutschland zu beenden, zielt darauf -hin, einen Friedenszustand zu schaffen, ohne daß ein Friedensvertrag abgeschlossen wird. Warum ein Friedensvertrag zurückgestellt werden muß, ergibt sich daraus, daß der Abschluß eines Friedensvertrages die Teilung Deutschlands sanktionieren würde. Die Bundesregierung ist nach Auffassung der Alliierten berufen, die gesamtdeutschen Interessen effektiv zu vertreten. Daher wird es als nicht praktisch erachtet, wenn die-Regierung durch ihre Unterschrift zu einem separaten Friedensvertrag die sowjetische Besatzungszone aufgeben würde.
Nachrichten aus aller Welt
FREIBURG. Das Institut für internationale Begegnungen in Freiburg veranstaltet in diesem Jahr zusammen mit dem französischen Institut gleichen Namens 14 internationale Jugendtreffen. Sie finden u. a. in Stuttgart, Freiburg, Reutlingen, Meersburg und im Schwarzwald sowie in Paris, Besancon, Lyon und in den Alpen statt.
OBERAMMERGAU. Nur um einer Hauptvorführung der Oberammergauer Passionsspiele beiwohnen zu können, war ein indisches Ehepaar mit dem Flugzeug nach Zürich gekommen, von dort mit einer Taxe nach Oberammergau gefahren, am nächsten Morgen nach der Aufführung nach Zürich zurückgekehrt und am gleichen Tage nach Indien geflogen.
MÜNCHEN. Die Anmeldefrist für alte Patente ist nach Mitteilung des Patentamtes in München nochmals um drei Monate bis zum 30. September 1950 verlängert worden.
MÜNCHEN. 21 322 bayerische Arbeiter sind auf Grund freiwilliger Meldungen bis zum 1. Juli d. J. in den Ruhrbergbau vermittelt worden.
WÜRZBURG. Ein amerikanisches Gericht verurteilte zwei deutsche Staatsangehörige, die in einem Würzburger Gasthaus einen jüdischen Kaufmann überfallen und ihn, als ör Widerstand leistete, so gewürgt und geschlagen hatten, daß sein Tod eintrat, zu lebenslänglichem Zuchthaus.
NÜRNBERG. Der amerikanische Major Hurst ist von einem Militärgericht zu 1200 Dollar Geldstrafe verurteilt worden, weil er in betrunkenem Zustand zwei Deutsche mit der Pistole bedroht hatte.
KASSEL. An den Fahrkartenschaltern sämtlicher Bahnhöfe des Bundesgebietes werden jetzt nach einer Vereinbarung der Bundesbahnverwaltung und der kirchlichen Bahnhofsmission Spendenkarten zu 10 Pfg. ausgegeben werden. Der Erlös soll der Bahnhofsmission zugute kommen.
MAINZ. Während eines Klassenausfluges ertranken ein 56jähriger Studienrat und ein elfjähriger Schüler. Der Schüler war beim Baden in einen Strudel geraten und hatte den Lehrer, der ihn retten wollte, mit in die Tiefe gezogen.
MÜNSTER. Der Regierungspräsident von Münster hat alle ihm unterstellten Behörden darauf hingewiesen, daß es mit Rücksicht auf die Notlage stellungsloser Musiker nicht statthaft sei, wenn sich Beamte nebenberuflich als Musiker betätigen.
LÜBECK. Nach viertägiger Verhandlung wurde der 28jährige kaufmännische Angestellte Lösel aus Nürnberg wegen Hochstapelei zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Er hatte behauptet, über verborgene Schätze früherer nationalsozialistischer Machthaber Aufschluß geben zu können und mit seinen Behauptungen sich betrügerische Machenschaften zuschulden kommen lassen.
HAMBURG. Ueber die nordfriesischen Halligen brach am Donnerstagnachmittag eine Sturmflut herein. Auf verschiedenen Inseln ist die gesamte Heuernte des ersten Schnitts verlorengegangen.
BERLIN. Als man die Mauerverschalung um das Denkmal Friedrichs II. Unter den Linden im Berliner Sowjetsektor abbrach, um es im Park von Sansouci aufzustellen, stellte man fest, daß Pferd und Reiter von Metalldieben, die ganze Teile mit einer Metallsäge abgeschnitten hatten, schwer verstümmelt worden waren.
WALKENRIED. An einem Zonengrenzübergang im Harz wurde ein aus Nordhausen stammender Mann von einem Volkspolizisten erschossen, als er sich bereits auf britischem Besatzungsgebiet befand.
LONDON. Im Unterhaus erklärte am Donnerstag ein Abgeordneter, viele Frauen glaubten, ohne Nylonstrümpfe keinen Mann zu bekommen. Sie zögen diese eleganten Strümpfe dem Essen und Trinken vor.
NEW YORK. Das Philharmonische Orchester in New York wird mit seinen Dirigenten Bruno Walter und Mitropulos zum erstenmal, seit 21 Jahren nach Europa kommen, um an den Festspielen in Edingburgh 1951 teilzunehmen.
WIEN. Der österreichische Außenminister Dr. Gruber wird Mitte Juli zu Besprechungen mit dem italienischen Ministerpräsidenten de Gasperi und Außenminister Sforza nach Rom reisen.
BERN. Der ehemalige Schweizer Bundespräsident und jetzige Post- und Verkehrsminister, Enrico Celio, ist zum Schweizer Gesandten in Rom ernannt worden.
GUAYAQUIL (Ecuador). Auf der Strecke Guayaquil—Salinas stieß ein Autobus mit einer Eisenbahnlokomotive zusammen, wobei 18 der 35 Insassen des Autobusses, die nicht ins Freie gelangen konnten, durch brennendes Benzin den Tod fanden. Elf Fahrgäste erlitten lebensgefährliche Brandwunden.
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Trude markierte völlige Ahnungslosigkeit.
„Fritz? . . .“
„Soeben ging er hier vorüber; er trägt einen hellblauen Badeanzug!“
„Kann das nicht ein Irrtum von dir sein, Mama?“
Mit strengem Blick maß Frau Wenckhaus ihre Tochter.
„Ich lasse mir nichts vormachen; es war ein abgekartetes Spiel zwischen dir und Völker, daß er uns nachreisen solle!“
„Ganz und gar nicht, Mama!"
„Oder willst du behaupten, daß du Völker von unseren Ferienplänen nichts erzählt hast?“
„Warum hätte ich es ihm nicht erzählen sollen? Wir brauchen vor anderen Leuten doch kein Geheimnis aus unserer Sommerreise zu machen!“
„Ich rede nicht von anderen Leuten, sondern von Herrn Völker! Du müßtest nachgerade wissen, wie Papa und ich über diesen Herrn denken!“
Trotzig warf Trude den Kopf zurück.
„Die Hauptsache ist doch wohl, wie ich über ihn denke!“
„Schweige!“ flüsterte Frau Wenckhaus aufgeregt. „Herr Lauren kommt; er braucht von dieser unerquicklichen Sache nichts zu erfahren!“
Sie brachte es fertig, Lauren’ zuzulächeln.
»War m schön in den Weilen?"
„Ja . . .“, antwortete Lauren abwesend und träumte sehnsuchtsvoll der Fremden nach. Er mußte sie kennenlernenl Vielleicht würde sie zum nächsten Kurhausball kommen, dann würde er sie zum Tanze bitten . . . vielleicht würde auch ein glücklicher Zufall ihm schon vorher zu Hilfe kommen. ‘. . .
*
Sie werde noch rasch die Bilder beim Photographen holen, sagte Trude Wenckhaus, als Lauren sich im Hotel verabschiedet hatte; aber ihre Mutter widersprach:
„Das hat Zeit bis heute nachmittag! Jetzt möchte ich mit dir reden! Bitte, komme mit hinauf!“
Wortlos folgte Trude ihrer Mutter.
Im Zimmer hatte Frau Wenckhaus, das Gesicht zornig erregt, auf dem Diwan Platz genommen. Trude blieb stehen.
„Wissen will ich jetzt, ob es zwischen dir und Herrn Völker verabredet war, daß er hierher nachkomme!“ begann Frau Wenckhaus das Verhör.
Gleichmütig zuckte Trude mit den Schultern.
„Ich habe das vorhin schon verneint und kann dir auch jetzt keine andere Antwort geben, Mama! Fritz wußte wohl von unserer Reise; absichtlich ermunterte ich ihn aber mit keinem Wort, hierherzukommen, weil ich weiß, wie du über ihn denkst, und ich dir dl« F«rl«n nicht verdarben wollte!“
1000 DM Geldstrafe für Gutmann
Kritik darf nicht schrankenlos sein
ROTTWEIL. Die Große Strafkammer des Landgerichts Rottweil hat am Donnerstagnachmittag den verantwortlichen Redakteur der kommunistischen Zeitung „Unsere Stimme“, Schwenningen, Wolfgang Gut mann, zu 1000 DM Geldstrafe verurteilt. Der Oberstaatsanwalt hatte 1200 DM beantragt..
Die Zeitung hatte am 29. November 1949 im Anschluß an die Unterzeichnung des Petersberger Abkommens Dr. Adenauer als einen „Verräter“ bezeichnet, der „kein Deutscher mehr“ sei. Die von der Verteidigung beantragte Vorladung des Bundeskanzlers wurde abgelehnt. Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Sigloch, Tübingen, betonte, daß es im übrigen nicht um die Frage einer formalen Beleidigung, sondern darum gehe, daß Gutmann als „Ueberzeugungstäter“ in seiner Eigenschaft als Redakteur in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt habe, und es gehe auch darum, die Presse im demokratischen Staat als ein Organ der öffentlichen Meinung und der berechtigten Kritik anzuerkennen.
Bei der Urteilsbegründung legte der Gerichtvorsitzende Wert auf die Feststellung, daß das Recht des Angeklagten auf eine sachliche Kritik nicht bestritten werde, daß jedoch die Beurteilung . politischen Handelns nicht vor das Forum eines Gerichtssaales gehöre, sondern in das Parlament. Der Ange : klagte habe nach Auffassung des Gerichtes die Schranken der sachlichen Kritik überschritten und habe zu persönlichen Verunglimpfungen gegriffen. Ausdrücke wie „Verräter“ und „kein Deutscher mehr“ seien handfeste Beleidigungen und Ehrverletzungen, mit denen der Angeklagte den Rahmen der sachlichen Kritik überschritten habe. Selbst unter Berücksichtigung des Rechtes eines Redakteurs auf Kritik sei das Gericht zu der Ansicht gekommen, daß der Angeklagte die Absicht gehabt habe, die persönliche Ehre des Bundeskanzlers zu verletzen und ihn verächtlich zu machen. Das Urteil sei kein Angriff auf die Freiheit der Presse. Im Grundgesetz sei das Recht der freien Meinungsäußerung festgelegt, jedoch habe dieses Recht seine Grenzen im Schutz der allgemeinen Gesetze und der persönlichen Ehre. Die Pressefreiheit der Kritik dürfe nicht schrankenlos sein,
Gutmann hat gegen das Urtei Revision angemeldet.
Bauern verlangen Zol’schütz
BONN. Der stellvertretende Präsident des •Deutschen Bauernverbandes, Rehwinkel, verlangte in einem Brief an den Bundeskanzler als dringende Maßnahmen für die Landwirtschaft Einfuhrbegrenzung und ausreichenden Zollschutz, Erhöhung der Getreidepreise, Schutz der deutschen Veredelungs- Wirtschaft und Verbilligung der Produktionsmittel. Die Bauern fragen die Bundesregierung, ob die Landwirtschaft im volkswirtschaftlichen Interesse weiter intensivieren, oder ob sie, alleingelassen und auf den Weg der Selbsthilfe verwiesen, Verluste durch Extensität, Kaufenthaltung und Produktionssenkung ausgleichen soll. Der Deutsche Bauernverband wandte sich auch gegen eine Erklärung des Presse- und Informationsamte* der Bundesregierung, das Verhandlungen zwischen deutschen und französischen Landwirtschaftsorganisationen als nicht zweckmäßig für den Schumanplan bezeichnet hatte.
Grönings Sekretär verhaftet
MÜNCHEN. Dr. Meckelburg, der Sekretär des „Wunderdoktors“ Bruno Gröning, wurde in München verhaftet. Man verdächtigt ihn, 100 000 DM veruntreut zu haben, die er als Geschäftsführer des Vereins zur Förderung der Gröriing-Heilmethoden von Patienten zum Bau von Gröning-Heilstätten entgegengenommen, aber nicht an die Vereinskasse abgeführt haben soll.
„Dann war es eine Frechheit von ihm, daß er uns trotzdem nachfuhr! Aber wenn dieser Herr glaubt, daß er auch hier aüf Schritt und Tritt hinter dir her sein kann, wie er es in München tat, irrt er sich! Ich werde dem einen Riegel vorschieben, darauf kannst du dich verlassen!“
Hartes Glänzen trat in Trudes blaue Augen.
„Tue, was du für gut findest, Mama! Da* eine kannst du dir aber merken: ich habe Fritz Völker lieb und lasse mich durch nichts von ihm abbringen!“
„Und ich sage dir: daß wir eine Heirat mit Völker nicht zuiassen werden!“ entgegnete Frau Wenckhaus, durch Trudes Entschlossenheit noch mehr aufgebracht. „Du kennst Papa und weißt, daß, wenn er etwas nicht will, es auch nicht geschieht! Völker mag ein talentierter Maler sein, vielleicht hat er auch eine große Zukunft, wie du immer wieder behauptest — sicher ist das keineswegs! Und wir wollen unser einziges Kind einem so ungewissen Schicksal unter keinen Umständen preisgeben; es gibt genug andere Männer, die besser zu dir passen . . .“
„Herr Lauren wäre wohl einer dieser für mich passenden Männer?“ warf Trude mit höhnischem Auflachen ein.
„Warum nicht? . . . Mir gefällt er ausgezeichnet, und ich betrachte es als glücklichen Umstand, daß wir uns begegenet sind!“
„Geschah das’wirklich ganz zufällig,Mama?"
„Wie meinst du das?“ erwiderte Frau Wenckhaus und wurde verlegen.
„Offenheit gegen Offenheit, Mama: ich erklärte dir wahrheitsgemäß, daß ich mit Fritz Völker kein Zusammentreffen in Norderney verabredet hatte; nun will ich aber auch wissen, ob es wirklich Zufall war, daß Herr Lauren zur selben Zeit wie wir sich hier aufhält und überdies im gleichen Hotel wohnt! Von dem Augenblick an, als Herr Lauren erwähnte, daß ihm unsere Anwesenheit bekannt war, kam mir die Sache (Fortsetzung folgt)