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Am 31. März 1950 wurde ein Drudewerk be- teilung, 65 Prozent Protestanten und 35 Pro- Gotik gemessenen armseligen gotischen Zeugendet, das den Titel trägt „Le Wurtemberg“. zent Katholiken. Im übrigen Beziehungen der n i sse der Kloster- und Kirchenbaukunst, wie Es ist ein Prachtwerk auf Kunstdruckpapier verschiedensten Art (1939 waren 80 Prozent e t wa das Münster zu Ulm, das er eine kalte mit über 200 einfarbigen Bildern und Zeich- ausländischer Kapitalanlagen schweizerischen M ac he nennt. Wie sollte ihm eine Rottweiler nungen. Unter der technischen Leitung von Ursprungs) und die weltberühmte Basler Mis- Q d e r Gmünder Portalplastik auch imponieren, Raymond B o n n i n, dem Chef der „Imprime- sion, die von Württembergern gegründet ihnl) dem Kenner der Reimser, Chartreser und rie Nationale“ in Tübingen, hat die deutsche wurde.“ Amiensfiguren? Württemberg bleibt in der Re-
Druckerei Enßlin & Laiblin in Reutlingen den p er Direktor des Institut frangais in Tü- zeption der großen mittelalterlichen Stile sehr französischen Text fehlerlos gesetzt und ge- hingen, Rene Cheval, gibt freilich unter man- aufs Kleine und Bürgerliche beschränkt. Für druckt. 1500 Exemplare des Werkes sind für cherlei Vorbehalten des gebildeten Pariser Pro- Kenner gibt er ausgezeichnete Winke, etwa in den freien Verkauf von der „Regie autonome fessors, der eine französische Weltliteratur im der Herleitung der Gotik in Wimpfen im Tal. des publications officielles“ Baden - Baden, Kopfe hat, eine geistvolle Skizze des 1 i t e - Daß die Schloßbauarchitektur von Stuttgart, Lichtentaler Straße 65, zur Verfügung gestellt, rarischen Schwaben bis auf Hermann Ludwigsburg, Solitude, Monrepos im 18. Jahr- Deutsche Interessenten können durch Vermitt- Hesse. Es fällt ihm schwer, nachdem Nadler hundert unter direktem französischem und ita- lung ihrer Buchhändler das Werk für den lä- e j ne nazistische Stammesgeschichte der Lite- lienischem Einfluß stand, wird sachgemäß recherlich geringen Preis von 15 DM bekommen. ra t ur geschrieben hat, gewisse deutsche The- gistriert.
(Ein deutscher Verlag könnte das Werk nicht sen 0 h ne Krtitik anzunehmen. Und er hat si- Mehr als die Hälfte des gesamten Textes unter 40 DM Selbstkosten herstellen.) cher damit Recht, wenn er schreibt: Eine Li- nimmt die Geschichte ein. Jean Noutary
Auf den 365 Seiten Großformat steht nicht teraturbetrachtung unter Mißachtung der Vor- schrieb diesen Abschnitt unter dem Titel: „Ge- mehr und nicht weniger als die auf der aller- herrschaft des Geistes und des Allgemein- schichtliche Beziehungen zu Frankreich.“ Wahrneuesten Forschung beruhende Landeskunde nen und einer Umwelttheorie, an der schon lieh ein dankbares und weitläufiges Thema, des früheren Staates Württemberg. Vier hö- der große Taine gescheitert ist. Man kann das das, wie wir Herrn Noutary bestätigen dürfen, here französische Verwaltungsbeamte, die seit geistige Leben nicht so behandeln wie das so- noch nie von württembergischen Federn, in 1945 in Tübingen sind oder waren, gelehrte ziale oder wirtschaftliche Leben. Es gibt für solcher Ausführlichkeit und Vollständigkeit Männer und Freunde unseres Landes haben ihn darum weniger eine schwäbische Literatur dargeboten wurde.
den viergeteilten Text geschrieben. Sie wur- als Schwaben in der Literatur. Ausgezeichnet Der Autor ist nicht nur im Stuttgarter Haupt - den selbstredend bei ihren Forschungen von Chevals Beobachtungen über den Charakter Staatsarchiv gewesen, um sich Material zu ho- namhaften deutschen Sachkennern, vor allem des Schwaben, seine Mundart und seine Stel- len, sondern auch in den vielen hohenlohischen von den Direktoren unserer großen Archive lung innerhalb der anderen deutschen Stäm- und oberschwäbischen Archiven und hat vor und Bibliotheken, die ihnen einen Großteil des me. Haerings „Schwabenspiegel“ hat ihm da allem ein ganz ausgezeichnetes Bildmaterial, verarbeiteten Materials lieferten, aufs glücklichste unterstützt.
Württemberg in der Sicht eines Franzosen, das ist das hervorragend durchgeführte Thema x des Werkes. Unsere Landsleute, die Kenner
und die einfachen Leute, vermögen ihrerseits wieder von dem zu lernen, was die Franzosen von uns gelernt haben, dadurch daß wir ihre Urteile und Kenntnisse mit den unseren vergleichen. Es bereitet also ein doppeltes Vergnügen für den, der die französische Sprache genügend beherrscht — und das sind bei uns alle Lehrer und Beamten — sich in diesen Text zu vertiefen und zu vernehmen, was dem französischen Temperament besonders gefallen hat bei uns.
Die Beschreibung Württembergs beginnt mit einer Darstellung der vier natürlichen Landschaften: Schwarzwald, Unterland (worunter das Neckarland gemeint ist), die Schwäbische Alb und Oberland (Oberschwaben) in geologischer und morphologischer Ausprägung. Jean D o 11 f u s schreibt gewandt, als kenntnisreicher Geograph und mit einem für deutsche Verhältnisse bemerkenswert weitausholenden Schwung uhd einem fast dichterischen Verständnis für die Eigenart dieser Landschaften, die er alle durchwandert und durchfahren hat.
Wie freut es uns, wenn er etwa das zentrale Hügelgelände um den Neckar, was Fruchtbarkeit und Physiognomie anlangt, mit der zentralen französischen Ile de France-Landschaft vergleicht. Wir erfahren in kurzen Zügen das Wichtigste über das Gewordensein der Bevöl- manches genützt und es schmeichelt uns, wenn das noch kaum je ein Schwabe gesehen hat, kerung seit den Alamannenzeiten, über den der große Montaigne den schwäbischen Cha- zutage gefördert.
Unterschied des demokratischen Altwürttem- rakter auch schon treffend charakterisiert hat. Wir sehen da, um nur einiges Wichtige zu berg zu dem katholischen und unter der Herr- Cheval gesteht darum am Schluß nach seinem nennen, den Brief Napoleons an Friedrich von schaff von kleineren Souveränitäten stehenden Gang durch die Jahrhunderte und der Auf zäh- Württemberg, das Dankschreiben der franzö- Oberschwaben, über die verschiedenen Typen lung der großen Namen: „Wir sind dahin ge- sischen Kriegsgefangenen aus Ravensburg von Bauernhäusern, über Landwirtschaft und kommen, den Schwaben zu verstehen, oft auch (1795), das Kontributionsschreiben des franzö- Industrie in ihrer Verteilung auf die vier na- ihn zu schätzen. Wenn wir auch gelegentlich sischen Oberintendanten De la Grange (Lud- türlichen Landschaften. Am Schluß zieht Doll- über ihn im Scherz gesprochen haben, so nur wigs XIV. an die Reichsstädte und die rechts- fus einen bemerkenswerten Vergleich mit der darum, weil er uns nicht gleichgültig gelassen rheinischen Länder, ein Schreiben des Prinzen Schweiz. „Aehnlichkeit der Rasse und der hat. Ein nicht leichtes Gespräch hat sich ent- von Conde, Führers der Emigrantenarmee in Mundart, Einheit der Landschaft an beiden wickelt, möge es weitergehen. Und wenn uns den Revolutionszeiten an die Regimenter des Ufern des Bodensees, Verdichtung der Staat- der Zweifel befällt, so wissen wir, zu welchen Fürsten von Hohenlohe, der sich als einziger liehen Kräfte in den gleichgewichtig liegenden Mittlern wir flüchten müssen. Keine sichere- süddeutscher Souverän der Sache der Emi- Talebenen des Neckars und der Aare, Fehlen ren Schutzheiligen gibt es als Kepler oder granten annahm.
größerer schiffbarer Flüsse. Ausgleich der Schiller, Mörike oder Uhland, Hölderlin oder Wir bringen bei unseren Abbildungen in der Landwirtschaft mit ihren mittleren Bauern- Hesse.“ SZ. den Prinzen Alexander von Württemberg,
betrieben und einer rohstofffreien Industrie, Jacques V a n u x e m äußert sich über die der sich mit einer Prinzessin aus dem Hause die nur ein wagemutiges Unternehmertum und der Kunst angehörenden architektonischen ge- Orleans vermählt hat, die württembergische ein typisches Handwerk entwickelt hat, im schnitzten und gemalten Denkmale in unserem Prinzessin Katharina, die Tochter des von Na- ganzen ähnliche politische und soziale Bestre- Raum. Mit sichtbarer Kennerschaft verweilt poleon zum König gemachten Friedrich I., die bungen, trotz des Wechsels von Verfassungen er im Mittelalter, zur Bewunderung kommt es auf Befehl ihres Vaters Jerome, den Bruder und Regierungsarten, fast bis auf die kleine bei ihm bei der Beschreibung der Klöster des Napoleons, geheiratet hat, der nach Verlust Zahl übereinstimmende Einwohnergröße oberschwäbischen Barock. Keinen Eindruck seines westfälischen Königreiches in Europa (3 500 000), fast die gleiche konfessionelle Ver- machen ihm die freilich an der französischen umherirrte, und den seine Frau trotz aller An-
Württemberger in der Grande Armee gegen Kos aken 1813. Gemälde von J. B. Seele
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Von links nach rechts: Henry Arnaud, Pfarrer, Erzieher und General der Waldenser. — Herzog Alexander von Württemberg, der 1837 die Prinzessin Marie von Orleans heiratete. Ihr Enkel ist der heute noch lebende Herzog Philipp, Chef des württembergischen Hauses, — Karl Reinhard aus Balingen, der es bis zum französischen Außenminister brachte (siehe Text)
Das württ. Wappen 1593. Die Felder sind von links oben: die württ. Stangen, die Wecken von
Teck, die Reichssturmfahne und die Barben von Mömpelgard
strengungen ihres Vaters nicht verlassen hat, weil sie Frankreich und ihrer Ehe treu blieb bis an ihr Lebensende Sie sehen Henri Arnaud, den streitbaren Pastor, der aus der Dauphine um 1700 nach Westwürttemberg eingewanderten Waldenser, und Karl Reinhard, den Zögling des Tübinger Stifts, der es unter der Protektion des Abbe Sieyes bis zum französischen Außenminister aus der Revolutionszeit brachte. Aber das ist nur ein ganz kleiner Teil der französisch-württembergischen Beziehungen im Laufe von über tausend Jahren. Nou- harty ist mit gelehrtem Eifer und gutemSpürsinn den kleinen und großen Ereignissen nachgegangen, die zwischen den beiden Staaten spielten, und mit höchstem Genuß liest man seine Berichte und Uebersetzungen aus deutschen Archiven und seine Urteile, mit denen wir etwa, was Melac und andere anlangt, freilich nicht immer einverstanden sein können. Aber was schadet das?
Die große Politik zwischen den französischen Königen und den Herzögen von Württemberg oder den Souveränen von Hohenzollern beginnt im 16 Jahrhundert, nachdem schon lange Zeit vorher durch Erwerbung der Möm- pelgardischen (am mittleren Doubs) und elsäs- sischen Besitzungen durch die Württemberger unsere Fürsten Lehensmänner von Frankreich geworden waren. Wie fein hat sich Nouharty in die regen religiösen Auseinandersetzungen Herzog Christophs und seiner Nachfolger mit den Königen von Frankreich vor der Katastrophe der Bartholomäusnacht eingefühlt, wie standen da einen Augenblick beide Staaten fast gleich auf gleich im Geben und Empfangen.
Auch Frankreich hätte seine protestantische Stunde, bis es dann anders kam.
Württemberg geriet im 17. und 18. Jahrhundert zum großen Teil durch freiwillige Anlehnung an den kulturell und politisch fortgeschritteneren Nachbar fast ganz in die höfische Sphäre von Versailles, und es hat ihm nicht viel geschadet, denn sonst fehlten ihm seine Schlösser und noch vieles andere mehr. Daß Rottenburg und das Gebiet bis Rottweil hinauf in der Revolutionszeit das Lager und die Heimat der französischen Emigranten war, ist hier bedeutungsvoll zu vermerken, denn in der Napoleonszeit greift der große Nachbar wieder aktiv und fördernd in unser Land herüber, das seine geographische und administrative Höhe und seine endgültige politische Gestalt keinem Geringeren als Bonaparte-Napoleon verdankt. In dieser Zeit wurde auch die erste moderne und ruhmwürdige Waffenbrüderschaft im Feldzug gegen Rußland begründet, die ihr Andenken, wie Nouharty nachweist, bis kurz an die eigene Erinnerung aufrecht erhielt.
Und das Fürstentum Hohenzollern wäre von Württemberg mit sanfter Gewalt schon in der Napoleonszeit verschluckt worden, wenn die Heirat des hohenzollerischen Erbprinzen Karl mit einer Nichte Murats, des Königs von Neapel, die Souveränität des Landes nicht gerettet hätte.
Möge das alles in guter Erinnerung bleiben bei unseren Kindern und Kindeskin- dem. E. M.