6. Jahrgang

Samstag, 25. März 1950

Nummer 17

Ostzonale Wirtschaft

Erfahrungen einer Reise in die Sowjetzone

o. h. Es wäre ein Fehler würde man nicht zugeben, daß in der Ostzone in den letzten zwei Jahren in wirtschaftlicher Hinsicht man­che Fortschritte erzielt worden sind und daß vor allem in bezug auf die Qualität vieles besser geworden ist. Sehr sinnfällig wurde das in Berlin im Gebäude des Amtes für In­formation, also dem früheren Propaganda­ministerium des Dritten Reiches, dem Besu­cher der AusstellungQualität vor Augen geführt. Hier wurden Schund und Qualität einander an Maschinen, Werkzeugen und Ge­brauchsartikeln in der Entwicklung seit 1946 gegenübergestellt. Doch selbst hier in dieser zweckgebundenen Schau blieben noch viele Wünsche offen. Bei einem Paar Schuhe zum Beispiel haben sich die Besucher sehr leb­haft gestritten, ob sie bereits Qualitäts- oder noch Schundware seien. Als sie dann das Qualitätsschildchen entdeckten, haben sie et­was kopfschüttelnd den Stand verlassen. Und aus den Unterhaltungen der Besucher konnte man so gut wie bei eigenem aufmerksamem Betrachten der Läden feststellen, wie sehr die Fabrikate in der Ausstellung erst noch Wunsch und noch keineswegs in der Wirklichkeit über­all anzutreffen sind. Was bisher noch an wirk­lich guter Ware erzeugt wird, etwa an Texti­lien, bekommt auch heute noch in den sel­tensten Fällen der ostzonale Käufer. Das ist in erster Linie Produktion für den Export.

Hauptsache darauf zurück, daß man sich bis­her auch auf diesem Gebiete etwas übernom- hat und deshalb eine Atempause einschalten muß. Auch auf dem Lande hält man sich in der Kollektivierung vorläufig zurück. Von offizieller Seite wurde nun erklärt, daß man an irgendwelche Maßnahmen in dieser Richtung nicht denke, es sei denn, die Bauern wür­den das selbst verlangen. Wir sind unbesorgt, zu gegebener Zeit werden sie es eben verlan­gen. Denn man weiß ja, wie so etwas organi­siert wird.

Eines der trübsten Kapitel ostzonaler Wirt­schaftspolitik sind die HOs, die Läden der Handelsorganisation, in denen gegen in der Re­gel (auch umgerechnet) wesentlich höhere Preise als in Westdeutschland fast alles, wenn auch nicht in der besten Qualität, zu haben ist. angefangen vom kleinen DKW zu 18 000 Mark bis zur Margarine zu 18 Mark das Pfund. Abschöpfung der überschüssigen Kaufkraft nennt die offizielle Propaganda dieses Ver­fahren des Staates, der auf diese Weise zu den so dringend benötigten Investitionsgel­dern kommen will, die er als Spargelder nie

erhalten würde. In Wirklichkeit sind diese Läden das schamloseste System der Ausplün­derung des kleinen Mannes, der seinen letzten Pfennig opfern muß., um nur das Allemoi- wendigste zu erhalten.

Damit die HO-Läden Äoch mehr Anreiz bie­ten, werden sie von den für die Verteilung zuständigen Stellen bei den Warenzuteilun­gen besonders bevorzugt. Geht die erste Qua­lität einer Ware in den Export, so die nächst­beste in die HOs. Die dritte Qualität ist für die Konsumvereine und erst zuletzt kommt der Einzelhandel, dem man auf diese Weise möglichst die Kundschaft vertreibt. Es wird also nicht sozialisiert. Aber man erreicht das gleiche Ziel auf eine viel einfachere Weise. Und wenn heute in den Städten der Ostzone Ruinen zu Läden ausgebaut werden, so ge­hören die neu entstandenen Verkaufsräume in der Regel der HO. Ein Ostzonenpolitiker versicherte uns:Denken Sie nur, die Laden­besitzer kommen immer häufiger freiwillig zur HO und bieten ihr ihre Läden an! Natürlich, weil sie sonst sowieso kaputt gemacht wür­den. So erhalten sie wenigstens noch einige Zeit die Miete für ihren Laden. Auch das ist eines der Mittel, das Bürgertum in dieser angeblich so freienDeutschen Demokrati­schen Republik zu zerschlagen. Denn die Ni­vellierung ist das letzte Ziel.

Der Römerschatz von Bischosheim

Deutsche Kriegsgefangene finden 10 000 römische Münzen

Das Los des Kriegsgefangenen war zu al­len Zeiten bitter bitter, wenn auch nicht ohne Hoffnung für die, welche Ende 1947 noch in Frankreich warten mußten. Mancher, der beim Bauern arbeiten konnte, hatte es nicht schlecht; und Wenn es gar ein elsässischer Bauer war, der deutsch sprach, so bedeutete dies für viele eine große Erleichterung. Bauerndasein bringt viel Arbeit, auch ein- , . , __. , tönige Arbeit. Dies mögen auch die beiden

^ l h"! deutschenLandser empfunden haben, die

Werke, die infolge ihrer jahrzehntelangen r

Bnteignung brachte keinen Fortschritt

Man hat zwar auf der Leipziger Messe mit allen Mitteln den Eindruck zu erwecken ver­sucht, die Sozialisierungsmaßnahmen, deren sichtbarster Ausdruck die volkseigenen Be­triebe sind, hätten sich als ein Fortschritt auch in der Leistung erwiesen. Gewiß gibt es einige Betriebe, die Spitzenleistungen zei-

das Schicksal 1947 nach Bischofsheim im

Unterelsaß verschlagen hatte. - Es war an

litätsarbeit geleistet haben und die jetzt mei stens noch von dieser Substanz zehren.

Im allgemeinen sieht die Wirklichkeit je­doch wesentlich anders aus und nichts kann darüber hinwegtäuschen, daß ein großer Teil der volkseigenen Betriebe sich in Schwierig­keiten befindet, die nur zum Teil auf den trotz aller Bevorzugung dieser Betriebe be­stehenden Rohstoffmangel zurückzuführen sind. Eine der Ursachen ist psychologischer Natur. Besonders im Westen hat man viel­fach, zum Teil auf üble Erfahrungen in den früheren Jahren zurückgehende Bedenken gegen die Leistungsfähigkeit der Werke und ist deshalb nicht geneigt, ihre Waren ab­zunehmen.

Keine Freiheit für schöpferische Menschen

Einer der Hauptgründe für den Leistungs­rückgang vieler Betriebe ist die übersteigerte Bürokratisierung des gesamten Wirtschafts­apparates. Sehr unangenehm bemerkbar macht sich auch, daß im Rahmen und unter dem Zwang erhöhter Planerfüllung dem schöpfe­rischen Menschen in den Betrieben nicht ge­nügend freie Bewegungsmöglichkeit gegeben werden kann. In manchen Werken macht sich bereits ein starkes Fehlen von hervorragen­den Fachkräften bemerkbar, die zu einem gro­ßen Teil nach Westen abgewandert sind. Es ist zum Beispiel kein Zufall, daß in der gan­zen Ostzone kaum noch ein Kolloid-Chemiker von Rang zu finden ist.

Noch weniger erfreulich ist die Lage des Privatunternehmers, der in den seltensten Fällen Rohstoffe zugeteilt bekommt, sondern sie sich auf allen möglichen dunklen Wegen beschaffen muß. Kein Wunder, daß die Kor­ruption in einem bei uns selbst in der Hoch­blüte der Zwangswirtschaft nicht gekannten Maße floriert. Darauf ist der Warenaustausch zurückzuführen, der meist über Westberlin neben dem Verkehr im Rahmen des Frank­furter Abkommens unentwegt und meist unter Bestechung irgendwelcher Stellen seinen Weg geht. Das erleichtert aber für den einzelnen Unternehmer keineswegs die Situation, denn er befindet sich damit dauernd in der Ge­fahrenlinie einer Anklage wegen Wirtschafts­sabotage, bei der er nur dann unter Umstän­den mit einem blauen Auge davonkommt, wenn er sich in der Gesellschaft volkseigener Betriebe befindet.

Im Augenblick scheint zwar die Sozialisie­rungswelle zum Stillstand gekommen zu sein. Auch der Volkswirtschaftsplan 1950 sieht nichts dergleichen vor. Das geht abe.r in der

einem Novembertag dieses Jahres. Ihr Bauer hatte sie angewiesen, hinter der Scheune ein

s»»,:

Links: Münzporträt des Kaisers Gallienus (253 bis 268 n. Chr.). Unter seiner Regierung wurde der Limes aufgegeben. Rechts: Münzporträt des Kai­sers Aurelian (270275 n. Chr.). Mit ihm schließt die Münzreihe des Schatzes von Bischo fsheim Aufn. Archäologisches Institut Tübingen

Loch auszuheben. Wie sie so einen Meter tief waren, fuhr ihr Spaten in etwas hinein, das wie ein Topf aussah. Sie hielten inne, räum­ten die Erde zur Seite, griffen vorsichtig in das angebrochene Gefäß hinein und zogen zu ihrer großen Ueberraschung eine Handvoll Münzen heraus. Man hört buchstäblich die Ausrufe der beiden unfreiwilligenSchatz­gräber: Ein Schatz! Geld! Gold? Altes Geld, soviel, daß man darin wühlen konnte. Die Frage nach dem Material wurde von den ehrlichen Findern sofort an Ort und Stelle entschieden. Wie weiland August der Starke brachen sie eine Münze durch und entdeckten zu ihrer Enttäuschung, daß es nur Bronze war.

Schließlich wurde der Bauer selbst herbei­geholt. Er staunte über die Fülle der Münzen und benachrichtigte seinen alten Lehrer. Da­mit war der Fund gesichert und auf den Dienstweg gebracht, an dessen Ende das Mu­seum und der archäologische Spezialist steht. Dessen Urteil steht zwar noch aus. Aber im allgemeinen ist die Bedeutung des Fundes gesichert: es handelt sich um einen römischen Schatzfund von etwa 10 000 römischen Bron­zemünzen, die alle in einem großen Topf la­gen, der seinerseits wieder in einem Tontel­ler stand. Die Münzen haben ein Gewicht von etwa 27 Kilogramm. Kaum drei Meter davon entfernt stieß man bei einer Nachgrabung auf die Mauern eines Baus, der nach den dabei liegenden Scherben wohl ebenfalls römisches Alter hat.

Die Einzelbestimmung der Münzen ist noch

lange nicht abgeschlossen. Aber schon bei oberflächlicher Durchsicht ergab sich, daß viele davon die Köpfe der spätrömischen Kai­ser zwischen Galienus und Aurelian tragen was der Epoche zwischen 260 und 275 n. Chr. entsprechen würde. Die Münzreihe en­det also auch hier wie in anderen elsässischen Münzschatzfunden mit dem Jahr 275 n. Chr., in dem für jenen Teil des auseinanderbre­chenden römischen Imperiums zum ersten Mal die Katastrophe kam: der Einbruch ala- mannischer Kriegsvölker, die unter Umgehung der römischen Stützpunkte im rechtsrheini­schen Gebiet den Rhein überschritten hat­ten.

Schon den Vorgängen des Aurelian wird nachgerühmt,daß sie Gallien vor den heranflutenden Barbaren geschützt hätten. Diese Ueberfälle müssen eine dauernde Pa­nikstimmung erzeugt haben. In den festen Städten fühlte man sich noch sicher. Aber draußen im Land war man den Eindringlin­gen völlig ausgeliefert. Man grub sein Geld ein und rettete das nackte Leben. Mochte der vergrabene Schatz später wieder gehoben werden! Wer weiß, warum das dann doch nicht geschah. Vielleicht starb der Besitzer in der Fremde, vielleicht wagte er sich in das zerstörte Gehöft nicht mehr zurück. Denn der Zustand der allgemeinen Unsicherheit ließ nicht nach, und auch das kommende vierte Jahrhundert war für das römische Grenzge-

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Das ist der neue Klein-Diesel, über den wtr tn der heutigen Sonntags-Zeitung berichten. Die Bielefelder Firma Lohmann Werke AG. zeigt ihn auf der Frankfurter Frühjahrsmesse als Motor für Fahrräder, der laut Prospekt mit wenigen Griffen an jedem Fahrrad angebracht werden kann. Sein Hubraum beträgt 18 cm*, sein Ver­brauch liegt bei K Ltr. Dieselöl auf 100 km. Hier­bei werden Geschwindigkeiten bis zu 25 km/std erreicht. Der Preis des 5 kg wiegenden Motör- chens beträgt 129 DM Aufn.: AP

biet eine böse Zeit. So 'blieb der Schatz ver­gessen im Boden bis auf den heutigen Tag. Schafft nicht jeder Krieg solche Situatio­nen und ist nicht auch im letzten viel ver­graben worden, was nie mehr abgeholt wird? Wie sagte doch jener Skeptiker zu mir, den ich auf der Höhe des letzten Krieges, als der Endsieg schon mehr als fraglich war, in Straß­burg traf: Hier im Elsaß würde ich nichts vergraben! _ Dr. Rieth

Vogel Uhr

. Auch Vögel haben in ihrem täglichen Leben eine Zeiteinteilung. Sie ist vor allem für die Zeit des morgendlichen Erwachens so genau, daß man die Uhr danach stellen kann. Nach den Forschungen des Darmstädter Zoologen Schwan, der den Begriff der Vogel-Uhr prägte, ist jetzt ein origineller Vogelkalender her­ausgekommen. Er gibt für die einzelnen Mo­nate Auskunft darüber, welche Vogelstimmen in ihnen zu hören sind. EineVogel-Uhr zeigt die genaue Stunde an, in der am Mor­gen die einzelnen Vögel ihr Lied anzustim­men pflegen. (K)

Bakterien fressen Wunderheilmittel

Das schwierige Problem der Mutation bei der Krankheitsbekämpfung

Daß ein Bazillus sich an das Heilmittel ge­wöhnt, das zu seiner Vernichtung erfunden wurde, und schließlich ohne dieses Mittel nicht mehr leben kann, mag überraschend klingen. Es ist aber nur ein folgerichtiger Schritt in der Entwicklungsmechanik. Der amerikanische Biochemiker Demerec hat die Wirkung von Streptomycin auf einen Darmbazillus, Esche­richia Coli, untersucht. Das Heilmittel tötete alle Bakterien bis auf ein Exemplar unter einer Milliarde. Dieses erwies sich als resi­stent, und zwar von Natur aus: es wurde da­für Sorge getragen, die Möglichkeit einer Im­munisierung durch das Mittel selbst auszu­schalten.

Die Resistenz ist ein Fall von Mutation. Die mei­sten Mutationen (Veränderungen) solche ge­hen in allen Organismen ständig vor sich sind nachteilig aber wenn sich die Umgebung des Organismus ändert, können sie sich plötz­lich als vorteilhaft erweisen. Dann bleibt die Nachkommenschaft der Mutanten am Leben, indes die ältere Art ausstirbt. Auf diese Weise entwickeln sich die Organismen weiter. Die resistenten Bazillen wurden im Streptomycin weitergezüchtet: ihre Nachkommenschaft er­wies sich nicht nur als dauernd immun gegen Streptomycin, sondern etwa zwei Drittel der Zucht konnten nur leben, wenn das Strepto­mycin ihrer Nahrung beigemischt wurde. Die Zurückzüchtung derNormalrasse gelang gleich­falls: man entzog den Mikroben das geliebte

Gift, worauf die meisten starben, doch blie­ben immerhin 37 pro Milliarde übrig. Die Tendenz, sich von der Giftsucht zur Normali­tät zurückzuentwickeln, war löblicherweise stärker als die umgekehrte. Die Sache ist von praktischer Bedeutung. Die Zunahme gewis­ser Krankheiten in penicillin-resistenter Form an manchen Orten deutet darauf hin, daß durch den langen Gebrauch des Mittels eine Auslese der resistenten Bakterien stattgefun­den hat, die nun das Feld zu beherrschen be­ginnen.

Man hat ähnliches auch in bezug auf Sul- fionamide beobachtet. Es handelt sich beson­ders um venerische Krankheiten. Auch größere Lebewesen passen sich den gegen sie ange­wendeten Giften an. So wird aus vielen Ge­genden, von Skandivien bis Italien, von den pazifischen bis zu den atlantischen Staaten Amerikas, eine wachsende Widerstandsfähig­keit der Stubenfliege gegen das bekannte Mittel DDT berichtet. Das Gift hat die nicht­resistenten Fliegen ausgerottet, die resistenten blieben am Leben und breiten sich nun aus. Das Gegenmittel in all diesen Fällen besteht darin, Kombinationen mehrerer Mittel anzu­wenden. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Or­ganismus gegen alle zugleich resistent ist, kann nicht groß sein. Es zeigt sich jedenfalls, daß auch die neuen Mittel noch nicht alle Probleme gelöst haben. (BF)

ie Hauptursache der Motorenabnutzung beseitigt

Eingehend« Untersuchungen der Shell-Wissenschaftler haben zu der überraschen­den Feststellung geführt, daß die Abnutzung der Lager, Kolben und Zylinder zum größten Teil auf Korrosion beruht, die durch kondensierende Verbrennungs­produkte und Wasserdampf verursacht wird. Die Korrosion tritt vor allem im unterkühlten und stillstehenden Motor auf. Die Shell - Forschungszentren in Europa und U.S.A. haben in rund zehnjähriger Forschungsarbeit mittels sorg­fältig ausgewählter, hochkonzentrierter Veredlungsstoffe, sog. Additives, ein fundamental neues Dl entwickelt, dessen Schmierfilm unter alleji Betriebsbedin­gungen aktiv wirksam bleibt und jetzt auch in Deutschland überall erhältlich ist.

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