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LchwaezwAser Tageszeitung
Nr. 13
Das Barometer steht auf wunderlich
von Alfred Lemeran
„Exzellenz, das Barometer fleht auf Wunderlich", fache der Ka .'wiener zu dem Präsidenten des Oberappellalionsgerichts zu ^armstadl, Gchcimrat von Arcus. An jenem Morgen aber, an dem der Kanzleidiemr aljo sprach, stand das Barometer ungewöhnlich tref, weit unter Sturm, so dafz die Quecksilbersäule fast bis dahin gejunkeu war, wo der Verfertiger des Instruments, der Wunderlich huch, seinen Namen angebracht hatte.
Karl Wunderlich war Großherzoglicher Hessischer Rat, tvurde aber schon, als er kaum das fünfunddreißiaste Jahr erreicht hatte, im Jahre 1804 pensioniert. Er füllte von fernen Freistunden immer einige mit der Verfertigung von Barometern und Thermometern aus, die er fast für alle Kanzlei,en Darmstadts lieferte. Auch als Schriftsteller trat er auf dem .Gebiet Ser Technik mit eurer Arbeit über einen Sparosen auf.
Er gehörte zu jenen sonderbaren Menschen, für die es undenkbar' ist, das; alles auf der Welt mit natürlichen Dingen zu- gchen soll, die, nachdem Kepler, Newton und Laplace auf- etreten waren, noch an geheime Einflüsse der Sterne und an le Umwandlung der Metalle glaubten.
Er,war Mitglied der von dem jovialen Verfasser der Job» siade, Dr. Kortum in Bochum, gegründeten sogenannten ^hermetischen Gesellschaft", von der er „in honorem Divini-Numinis" zum Ehrenmitglied ernannt wurde. Mit selbstbewußtem Stolz zeigt« er seinen vertrauteren Bekannten, wenn auf diese Ge- felljchasr, die für ihn wirklich nicht nur in der Einbildung ihres Begründers existierte, die Rede kam, das Insignum seiner Würde: eine kleine Wünschelrute.
Gleich dem Baron Slernhayn zu Karlsruhe, der noch im Anfang des neunzehnten.Jahrhunderts Alchimie trieb und sich, wie er sagte, durch sein hermetisches Diplom mehr als durch feinen Adelsbrief geehrt fühlte, hatte er von -der Kortumschen Schelmerei keine Ahnung und glaubte wirklich Mitglied eines geheimen Bundes zu sein.
Fünfzig Jahre brütete Wunderlich über den großen alchimistischen Geheimnis. Bon der Offenbarung Johannis an bis >zii Eckartshauiens 1802 erschienener „Wolke über dem Heilig- Ihumc" belaß er die ganze alchemistische Ljteratur.
In seinem Arbeitszimmer waren Tiegel und Kuppelöfen aufgehäuft und ein wahrer Wust des verschiedenartigsten Plunders: Erüspiegel, Wünschelruten, Totenspiegel, Nägel von Sär gen, Glas von zerbrochenen Kirchenfenstern und wer weiß, war sonst noch alles, hatte sich hei ihm angesammelt. In einem be- sonderen Zimmer aber, gewissermaßen dem Allcrheiligsten, wai seine über dreitausend Bände starke Bibliothek, die ganze alchimistische und kabbalistische Literatur, aufgestellt.
Wenn er nicht in ihr studierte, stand er mit seiner brauner Perücke und dem großen grünen Augenschirm an seinem Werktisch oder.seiner Drehbank und baute seine merkwürdigen Appa- rate. Gründlich forschte er nach dem „Schlüssel aller Heimlichkeit", dem großen Magisterium. Ueberall in den von ihm be- nutzten Büchern standen Anmerkungen, in denen er seine Erfahrungen mitteilte. So machte er zu einem Aufsatz Kortums, der das Erdpech für die wahre materia prima hielt, die Randbemerkung: „Nein, es ist nicht wahr, der Galmey ist es." Aber auch der Galmey führte ihn nicht zum Ziel, und er versucht« es nacheinander nnt Blei, Arsenik und Spießglanz, zuletzt gar mit einer Materie, die hier nicht genauer bezeichnet werden kann. Aber seine Mühe und sein Suchen waren vergeblich.
Der Erzfeind des Menschen, der Teufel, der ihm bald als - wütender großer Hund oder als em anderes Ungetüm oder auch als mächtiger Wollsack, der ihm beim Nachhausegehen die Treppe versperrte, erschien, verdarb ihm immer, wenn er ans Ziel gekommen zu sein glaubte, die lange mühevolle Arbeit. Beinahe noch mehr als den Teufel fürchtete er den Erdgeist, den gefährlichen Hüter der unterirdischen Schätze. Und als ihn Landgraf Christian, der Bruder des Großherzogs Ludwig I., beauftragte, den Erdgeist zu beschwören, lehnte er es unter einem glaublichen Vorwand ab. Er halte keine Lust, für den hohen Herrn die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Dazu waren ihm, wie er sagte, sein Leben und seine unsterbliche Seele zu lieb.
Als er 1840 starb, durfte er hoffen, daß nun seine Seele in die „philosophische Spießglanzhöhle" einöringen und durch sie den Weg zum, „Thal Josaphat" finden werde, wo das ganze Magisterium in aller Reinheit aufgehäuft liegt und ewige Gesundheit dem Alchimisten zum Lohn wird.
Seine Maschinen und Apparate wandelten zum Trödler, seine Bibliothek aber, die vollständigste alchimistische und kabbalistische, die es aibt, erwarb die Hofbibliothek zu Darmstadt. Dock erhielten die Bibliothekare Me Weisung, all denen, die ein Buch iiber Alchimie, Dämonologie, Roscnkreuzertum, Freimaurerei
oder etwas Aehnliches verlangten, namentlich Ungevilderen oder solchen, bei denen es etwa Nicht ganz „richtig" sein könnte, die Ausgabe zu verweigern: Sie erklärten dann, nicht damit dienen zu können, und setzten hinzu: „Alle derartigen Werke mußten wir 1866 nach einer Bestimmung des Frrcdcnsvcrtrages an Preußen ausliefern."
„Aha, daher sind diese preußischen Schurken unsere Herren geworden", erwiderte hierauf ein französischer Offizier, der während seiner Kriegsgefangenschaft diesen Zweig der Wissen- schäften kultivieren wollte und nun mit einem Male wußte, warum die Preußen solche „Hexenmeister" waren.
Anekdoten
Gut gegeben. Ludwig XIV. sagte eines Tages zu dem oerühmten Massillon, einem der besten Kanzelredner seiner Zeit: „Ehrwürdiger Vater! Ich habe schon viele Priester in meiner Kapelle predigen hören, ich war oft sehr unzufrieden mit ihnen - als ich heute aber Eure Predigt hörte, war ich zum erste» Male sehr unzufrieden mit mir selbst . . ."
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Verständlich. Die später von Napoleon aus Paris ver, bannte Schriftstellerin Baronin Stael iraate im Jahre 180Z
Vonapakte, wie er über die große verflossene französische Ne- bolution denke. Bvnaparte antwortete kurz: „Verzeihen Sie, Madame, ich liebe es nicht, wenn Frauen über Politik redend — „Sie »lögen im allgemeinen recht haben, mein General", sagte die Baronin lächelnd, „nur in einem Land, wo man auch Frauen köpft, ist es verständlich, wenn sie fragen, warum?"
Am Tage des jüngsten Gerichts ... Um die Jahrhundert- wende herum bedienten sich zahlreiche Aerzte mit Vorliebe des Arsens als Heilmittel. Aus der Gegenseite standen dt« Aerzte, die diese Kur bekämpften. Waren sic doch der lieber- zeugung, daß die Gefahr des Giftes gewaltiger sei als seine angebliche Heilwirkung. „Was werden Sie am jüngsten Tage antworten?", fragte man eines Tages einen Verfechter des Arsens, wenn Gott von Ihnen Rechenschaft für den Tod eines Ihrer Patienten fordert und Ihnen Vorwürfe über die Verwendung dieses Giftes macht?" Der Arzt lächelte sanft: „Sie- der Gott, werde ich sagen, Deine Vorwürfe beruhen auf Laienansichten. Wir Mediziner sind da anderer Meinung."
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Der Name tut's nicht. Vor einer Kirche Moskaus saß ein blinder Bettler. Es war am Ostermorgen und viele Menschen schritten über den Platz — „Schenkt mir eine Kleinigkeit!", flehte der Bettler, „zum heiligen Osterfest! — im Namen Christi! —" Der Bolschewist knurrte: „Ostern und Christus sind für uns überwundene religiöse Vorurteile!" Der Bettler bat: „Dann Herr, schenkt mir eine Kleinigkeit im Namen der überwundenen religiösen Vorurteile!"
Lin vaterländischer Held
Kerdinand von Achill zum (70. Geburtstag, (6. Januar
Er war Sachse (in Wilmsdorf bei Dresden geboren) und stand in preußischen Diensten als Husarenosfizier. In der Unglücksschlacht bei Auerstädt l806 wurde der Leutnant non Schill verwundet und bildete nach der Niederlage bereits ein Freikorps von lOOO Mann, wandte sich nach Kolberg und unterstützte den braven Bürgerkommandanten — Nettelbeck- Gneisenau war damals noch nicht Befehlshaber, sondern nur der alte unfähig gewordene Lucadou — in der belagerten Festung durch heldenhafte Verteidigung der Maikuhle und durch allerhand Streiszüge in Pommc.n. bei dener^er Brol und Fleisch, Getreide und Gemüse, Haser, Heu und Stroh auf- trieb und in die schlecht verproviantierte Festung schmuggelte. Nach dem Frieden von Tilsit wurde er Major und Kommandeur eines Husarenregiments in Berlin. "
Schon im Frühjahr 1809 faßte er den kühnen Entschluß, auf eigene Faust den Krieg gegen die Franzosen zu beginnen und durch seine Tat den zaudernden König mit sortzureitzen. Ohne Wissen dds Herrschers und unter dem Vorwand eines Feldmanövers rückte sein Regiment am 28. April aus Berlin gegen die Elbe. Ein Ausruf von ihm „An die Deutschen", dei mit den Worten Hhloß: „Aus zu den Waffen, hat ihm noch ein« kleine Schar Freiwilliger zugebracht, so-daß nun das klein« Korps aus seinem treuen Husarcnregimcnt und einer Kompanie Jägern zu Fuß bestand. Doch schon vor Wittenberg stie? Sestill auf Widerstand, und die Stimmung in Sachsen, das mit Napoleon verbündet war, war ihm ungünstig. Er ging deshalb iiber die Elbe und wandte sich ins Anhaltische. In der Nähe von Magdeburg bei Dodendorf kam es zum ersten Gefecht mit den Franzosen, Teilen der Magdeburger Besatzung, in dem die Feinde unter Zurücklassung von vielen Toten in die Flucht geschlagen wurden.
Doch der Held hätte sich leider verrechnet. Der preußische König Friedrich Wilhelm lll. mißbilligte öffentlich mit schärfster Zurückweisung Schills Vorgehen als eine „unglaubliche Tat", und die Bevölkerung bekaui Augst und rückte zusehends von Schill ab. Vor allem bekam er keinen Zuzug mehr. Die Feinde aber vermehrten sich von Tag zu Tag. und es blieb ihm nichts übrig als zurückzuweichen.
Schill zog aus kühnen Schleichwegen durch die Altmarl nach Mecklenburg. Hier an der Grenze, die die Elbe bildet, errang er einen letzten Sieg und erstürmte das befestigte Dömitz. Sln der Küste, in Rostock und Wismar, hoffte er, englische Unterstützung zu finden. Doch umsonst. Die Feinde, Franzosen, Holländer und Dänen, waren ihm mit großer Uebermacht aus den Fersen und bedrängten ihn aufs härteste. Mit knapper Not schlug er sich mit den Seinen in Vorpommern durch und warf sich am 25. Mai nach Stralsund, wo er sich entweder zu halten oder über die Ostsee zu retten hoffte. Doch die halbe Franzoscnarmee aus Hamburg war ihm bereits im Nacken.
Der Feind beschoß das wenig befestigte Stralsund mit Kanonen und drang ein. Im blutigen Straßenkampf hieb Schill, schon aus Wunden blutend, den holländischen General Cateret vom Pferde, fand aber durch mehrere Flintenschüße selber den Tod. Ein großer Teil der Schillschen Reiter und Soldaten fielen mit ihm im Gefecht 543 Mann wurden gefangen und nach Frankreich gebracht, wo sie als erklärte
-rrtegsvrrvrecyer zum «scueerenoienu verurreui wuroen. Ihr« elf Offiziere aber wurden im September in der Festung Wesel erschossen.
Einigen hundert Reitern und wenigen Jägern war es gelungen^ sich durchzuschlagen. Eine kleinere Abteilung war zu Wasser nach Rügen und Swinemünde entkommen, und eine andere, ungefähr 200 Mann, hatte nach ihres Führers Tod den Widerstand aufgegeben und freien Abzug bewilligt be- kommen. Diese Soldaten wurden in ihre Heimat entlasten, ihre Offiziere aber von der preußischen Negierung vor ein Kriegsgericht gestellt, zur Festungshaft verurteilt und aus dem Heer gestrichen. Schills Leichnam wurde in Stralsund begraben. Der Kops jedoch wurde lange in Spiritus im Museum zu Leyden aufbewahrt, nach fast dreißig Jahren aber in Braunschweig, wo einige gefallene Schillsoldaten beerdigt waren, mit ihnen in einem kleinen Mausoleum zur ewigen Ruhe gebettet.
Major Schills kurzer Feldzug war verloren, nicht durch seine Schuld. Er hatte sich aber nicht umsonst geopfert. Sein Beispiel wirkte im Freiheitskriege von 1813. Machtvoll und rühmlich klang Arndts „Lied von Schill" durch ganz Deutschland fort. Die preußische Armee hat 1835 — in wieder trauriger Zeit — dem unvergeßlichen deutschen Helden und seinen erschossenen Offizieren in Wesel ein Ehrendenkmal errichtet.
Huf Deinen willen Icommf es an!
dtismols scann ciis Ksicji5bcisin 6is ihr gsstssttsn ^utgabsn Sicküstsn, v/snn nickt c>!Is am 6ätsr- vsrlcsbr Lstsiligtsn mitkssisnl öskerMgs clarum clisLS bsicisn jstMsn siunlcts unrersr sisiriwsiLS!
23. ksclsnlce, clo6 auch von Deinem lun 6sr Ausgang 6s8 Krieger ru einem Teil mit obkängt. Viele Wenig geben ckas Viel, ckos nötig irt rvm Liege.
24. Dein ksirpisl i;t kür csis l-sirtung Deiner /Mitarbeiter bertimmencl. Lei ihnen öarum ovcb in allen IranLportiragen Vorbilö! Denn: siaclsr murren rollen für clsn Lieg!
Wsr cls? ksieksbakn kilk». kiiktt «isr krön» l
Hosr 6 ins 16 vn. sammeln, lesen i
(Urheberschutz durch T. Ackermann, Romanzentrale Stuttgart)
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Um ein Uhr kamen der Vater und Alfred aus der Werkstatt: Bei der Arbeit hatten beide rote Gesichter bekommen.
„Na, Mutter, g^bt's was zu präpeln? Arbeit macht Hunger."
Und dann saßen sie um den Tisch und niemand wollte bemerken, daß die Mutter verweinte Augen halte. Nur der Vater warf bisweilen einen unsicheren Blick zu ihr hinüber und aß eigentlich nur, damit die Kinder nicht merkten, wie es in ihm aussah.
Hella Prätorius stand im Arbeitszimmer ihres Vaters, der sie lächelnd anblickte. Sie war ein schlankes, braunäugiges Mädchen mit ein§m zarten Gesicht, aber außergewöhnlich klugen Augen, denen man anscch, daß sie aewobnt war, sich geistig zu beschäftigen, wie sie es als Assistentin ihres Vaters tat.
„Nun. Geburtstagskind?"
„Ich möchte wissen, auf wen wir heute abend rechnen können."
„Abgesagt hat niemand als der alte Geheimrai Wete- kamp und der junge Studiosus Weigel. Ausgerechnet der Aelteste und der Jüngste."
„Weigel hat abqesagt?"
„Ich kann es verstehen. Du wirst in der Zeitung gelesen haben, daß die Fabrik des Vaters in Schwierigkeiten geraten ist."
„Das ist doch kein Grundl"
Eiei- Bi-osesinr kab auf. denn Hella schien ihm seltsam
erregt.
„Es ist am besten, du weißt alles —"
„Hat er wirklich seinen Entschluß ausgeführt?"
„Scheinbar. Jedenfalls hat er sich für das nächste Semester nicht immatrikulieren lassen. Schade um ihn Ich hatte sein Streben böber eingeschätzt Wenn man wirklichen Drang zu den Wissenschaften bat. dann findet man auch Mittel und Wege, sich durchzuringen. So ganz einfach den Rock ausziehen und Handwerker werdenl"
Hella batte versonnene Augen.
„Mir erscheint er als Held."
„Aber. Kind!"
„Jawohl, als Held. Er ist ein prachtvoller Sohn, der fühlt, daß sein Vater ihn jetzt braucht."
„Aber warum —"
„Vater, vielleicht hat er recht, daß er heute nicht kommt. Natürlich wäre es in einer großen Gesellschaft so 'ne Art Spießrutenlaufen für ihn. Aber du darfst ihn nicht fallen lassen."
„Er läßt u n s ja fallen."
„Tu nicht, als verständest du ihn nicht! Ganz einfach, er ist in seelischer Not Er weiß selbst nicht, was er tut. Du hast mir oft gesagt, daß du Anteil an ihm nimmst. Das müssen wir jetzt beweisen. Schreib ihm ein paar gute Zeilen. Schreib' ihm. daß du es wobl begreifst, daß er heute absaqte, daß wir uns aber freuen würden, wenn er uns einmal wie früher eines Abends ganz zwanglos besuchte. Es ist doch nur. daß er sieht, daß du Verständnis für ihn hast und ihn nicht ia^en läßt."
Gebeimrat Prätorius lächelte.
„Hast du für jeden meiner Studenten soviel übrig?"
„Neig, aber für ibn schon."
Einen Augenblick sab der Professor sein Kind an, das mit großen, klaren Auaen vor ihm stand. Der Blick des Vaters verwirrte sie nicht.
„Tu es, du weißt, ich habe das richtige Empfinden. Nicht wahr, du versprichst mkr, daß du es tust? Es ist dock
heute mein Geburtstag, und an dem hast du mir nie etwas abgeschlagen."
„Ich werde es mir überlegen."
„Das heißt also, ja! Jetzt will ich die Tischkarten auflegen."
Prätorius sah ihr nach. Seltsam! Wie das Mädel sich für den jungen Studenten einsetzte. Sie war doch nicht etwa —? Unsinn! Es gingen alljährlich viele junge Studenten bei ihm aus und ein, denn er hielt es für seine Pflicht, dem jungen Nachwuchs auch außerhalb des Katheders näherzukommen. Er halte nie bemerkt, daß Hella jemals diesem Studenten gegenüber etwas anderes als ihre Hausfrauenpflichten erforderten, gezeigt hätte. Und jetzt? Unsinn! Er war selbst daran schuld! Er hatte des öfteren van dem jungen Weiael gesprochen. Oder? Manches siel ibm auf, an das er nicht gedacht hatte: Weigel war in der Tat häufiger allein bei ihnen gewesen. Hatte den Professor in irgend einer wissenschaftlichen Sache um Nat gefragt, und dann hatte ihn Hella gebeten, dazubleiben, und sich an seiner frischen Art erfreut. Freilich, es war manchmal geschehen, daß er selbst sich in irgendeine Arbeit vertiefte und die beiden sich unterhielten und — er ging einigemale auf und ab. Blödsinn! Hella dachte gewiß nicht an Liebesgeschichten, und am allerwenigsten mit einem jungen Studenten.
Darin hatte sich der Herr Professor allerdings getäuscht, denn Hella war ins Wohnzimmer gegangen: aber jetzt kam ihr die Tafel lange nicht mehr so festlich vor. Sie hatte viel mehr aus seiner kurzen, dankbaren Ablehnung herausqelesen als der Vater.
Ihretwegen kam er nicht! Weil er sich vor ihr schämte? Oh nein, so gering konnte er sie nicht einschätzen, aber weis er selbst eine Schranke ziehen wollte zwischen sich und ihr.
Sie hatte ja schon oft das Geständnis seiner Liebe in seinen Augen gelesen — einer stillen, verehrenden unausgesprochenen Liebe.
(Forts, folgt.)