Nr 301 Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

IttHe1nung<w«l1« Smal wöchentlich. Kn-elgenprelr Vbeiamr«. Ae-Irk Lalw für die einspaltig, VorglOzelle 10 Pfg., auherholb derselben 12 Pfg. Neklamen Pig H<blb rür 51nseratannahm, 10 Uhr vormittags kelelon 0

Zur Kriegslage.

* Wir wissen nicht, ob etwa, wenn bei uns die Weihnachtsglocken läuten, irgendwo auf den Kriegs­schauplätzen Europas große Kampfhandlungen ein- setzen; direkte Anzeichen für eine solche Annahme find zwar nicht vorhanden, denn schon seit dem Ab- Wuß der Hauptoperationen in Serbien ist auf al­len Fronten eine gewisse Ruhe eingetreten, die aber wohl kaum als Anzeichen von Ermüdung der Krieg­führenden gedeutet werden darf, sondern eher als Pause zur Neuordnung der militärischen Bereit­schaft. Während man im Ententelager die große deutsche Offensive im Westen erwartet, spricht man jetzt wieder in erneuter Aufmachung von großen Plänen des Vierverbands auf dem Balkan. Die russische Aktion gegen Warna hat sich als das her­ausgestellt, was wir von dieser Meldung sofort hiel­ten, als rumänischeEnte" oder Bluff. Russische Kriegsschiffe haben einen bulgarischen Torpedo­bootszerstörer verfolgt; als sie aber i-n den Bereich der Küstengeschütze kamen, kehrten sie um. Und so wird es wohl auch mit dem freundschaftlichen Ulti­matum des Vierverbands bezüglich des Durch­marsches der Russen durch rumänisches Gebiet sein. Da müßten ganz andere militärische und politische Verhältnisse eintreten, wenn die heutige rumänische Regierung sich dazu gezwungen sehen sollte, einem solchen Ansinnen nachzugeben. Die Stimmung, wie sie in Griechenland jetzt im Hinblick auf das Vor­gehen der Engländer und Franzosen herrscht, hat der griechische Ministerpräsident wohl dem Korrespon­denten der englischen ZeitungDaily Ehronicle" ge­genüber richtig zum Ausdruck gebracht. Skuludis meinte. Griechenland sei bis zur äußersten Grenze seiner Freundschaft gegangen, die noch mit Neu­tralität vereinbar sei. und trotzdem sei dieser Tage einer der Alliiertengesandten gekommen und habe in unverschämten Worten erklärt, daß die Regierung die Versprechungen, die der König gegeben habe, ge­brochen hätte. Entrüstet habe Skuludis ihm seinen Protest vor die Füße geworfen, und habe auch Grey und Briand gegenüber seiner Meinung über diesen Protest unverhohlen Ausdruck gegeben. Griechenland stehe jetzt der schrecklichen Frage gegenüber, wie es verhindern soll, daß sein Land mit Blut überströmt werde. Eine Partei der Kriegführenden sei schon da ; die andere werde rasch kommen. Die Deutschen und Oesterreicher könnten jeden Augenbilck ein­rücken. Genau genommen, haben sie das volle Recht das zu tun. da den Alliierten der Zugang zum Lande gestattet worden sei. Die Mittelmächte könnten ihre Verbündeten, die Bulaaren mitbringen. Griechen­land werde wahrscheinlich durch den Krieg verwüstet werden und nur wegen den groben diplomatischen und militärischen Fehlern der Alliierten, die von Griechenland nur Opfer verlangten, während sie Hilfe und Lohn versagten. Das klingt nicht so. wie wenn die griechische Regierung geneigt wäre, der Entente noch weitere Konzessionen zu machen, als die. die sie sich schon erzwungen hat.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsch, amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartier. 23. Dezember. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. In heißem Ringen nahmen gestern die tapferen Re­gimenter der 82. Landwehrbrigade die Kuppe des Hartmannsweilerkopfes zurück. Der Feind erlitt außerordentlich schwere blutige Verluste und ließ 23 Offiziere nnd 1530 Mann als Gefangene in un­seren Händen. Mit der Ausräumung einiger Graben­stücke am Nordhang, in denen die Franzosen noch sitze«, sind wir beschäftigt. Die Angabe im franzö­sischen Tagesbericht von gestern abend, es seien bei

Freitag, de» 24. Dezember ISIS.

den Kämpfen um den Kopf am 21. Dezember 1300 Deutsche gefangen worden, ist um mindestens die i Hälfte übertrieben. Unsere Gesamtverlnste einschließ­lich aller Toten, Verwundeten und Vermißten be­tragen. soweit es sich bisher übersehe« läßt, etwa 1100 Mann.

Oeftlicher und Balkankriegsschau­platz. Keine Ereignisse von Bedeutung.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

Wien, 23. Dez. Amtlich wird verlautbart vom 23. Dezember 1915 mittags:

Russischer Kriegsschauplatz. Keine besonderen Ereignisse.

Italienischer Kriegsschauplatz. Die allgemeine Lage ist unverändert. In den Jndikarien kam es auch gestern zu heftigeren Geschützkämpfen. An der küstenländischen Front wurde auf der Pod- gora der Angriff eines italienischen Bataillons zu- rückgeschlagen.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Eine in der Gegend von Tepca noch in den Felsen des nördlichen Taraufers verborgen gebliebene kleinere montenegrinische Abteilung wurde nach kurzem Kampf gefangen genommen. Sonst nichts Neues.

Vor neuen Ereignissen auf dem Balkan?

Bukarest, 23. Dez. DerAdverul" meldet laut draht­licher Uebermittlung an dieDeutsche Tageszeitg ": In Bukarester politischen Kreisen ist das Gerücht verbreitet, daß Rußland Rumänien ein neues Angebot machte. In maß­gebenden amtlichen Kreisen wird dieses Gerücht allerdings dementiert. Seit dem Sturz der Regierung Denizelos' habe Rumänien von keinem der Ententestaaten ein Angebot er­halten. Jetzt aber sei die Entente damit beschäftigt, neue Schritte vorzubereiten. Ein Vierverbandsdiplomat erklärte demAdverul": Wir wissen wohl, daß man auf Seiten der Zentralmächte annimmt, daß wir die Balkanaktion aufgeben werden. Das ist aber ein Irrtum. Die Entente kann de« Balkan nicht verlassen. In dieser Beziehung herrscht zwi­schen den Verbündeten volles Einvernehmen. Die Entente­mächte stehen vor einem neuen Unternehmen auf dem Bol« >. in dem Rußland di« Hauptrolle spielen wird. Bul­garien muß dafür bestraft werden. Neue Truppen werden einstweilen in Valona konzentriert werden. Valona wird die Vorbereitungsbasis bilden. Die diesbzüglichen Verhand­lungen mit Italien stehen günstig. Für uns steht fest, daß die Entente auf dem Balkan den Sieg davontragen wird. (Wie immer.)

Budapest, 23. Dez. Der KonstantinoplerJkdam" mel­det lautVoss. Zeitg." aus Bukarest: Die Entente richtete neuerlich eine Note an Rumänien, eine kurzfristige Antwort fordernd, daß den russischen Truppen freier Durchmarsch durch rumänisches Gebiet gestattet werde.

Der Aufstand in Persien.

Berlin. 23. Dez. DieNational-Zeitung" mel­det von der russischen Grenze:Nowoje Wremja" berichtet aus Teheran: Um Kum haben die Perser überaus starke Befestigungen errichtet und sind dort mit Geschützen und Maschinengewehren gut versehen. In den letzten Kämpfen mit englischen Schutztrup- pen nahmen die Perser eine große Anzahl von Eng­ländern gefangen, darunter befinden sich auch zahl­reiche englische Beamte. Die Perser erbeuteten die Filialen der englischen Bank von Isphahan. in Schi­ras und in Pesde. Sie erbeuteten dort die ganzen Kassenbestände und zahlreiche Wertpapiere. Die Aufständischen haben sich der gesamten Telegraphen­linien des Landes bemächtigt und verhinderten eine russisch- englische Verständigung. Nordpersien ist von Südpersien vollständig abgeschlossen.

Unsere l)-Boote.

Malta. 23. Dez. (Agence Havas.) Der japanische DampferSaco Maru" wurde am 21. Dezember im l

Vk,lig«prel«: In der Stadt mit Dräg.ilohn Mk I.2L vierteljührlich. Post. bkjUg«prrt» sür dkn Ort«, und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20. im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Psg-, in Bauern und Reich 42 Pfg.

östlichen Mittelmeer durch ein feindliches Untersee­boot versenkt. Die Hafenbehörde von Alexandria wurde durch Funkspruch benachrichtigt und sandte Hilfe. (Notiz: In Loyds Register ist ein Dampfer Sado Maru", 8227 Bruttoregistertonnen, aufge- fllhrt, Vielleicht handelt es sich um diesen.)

Die Balkanlage.

Griechenland und die Kriegführenden.

Budapest. 23. Dez.A Mag", läßt sich lautDeutscher Tageszeitg." aus Athen drahten: In Regierungskreisen ver­lautet, daß die englische Note betr. die Entwaffnung der auf griechischen Boden geflüchteten serbischen Truppen nicht da« gewünschte Ergebnis hatte. Die griechische Regierung wird sich zwar der Herausgabe der bet den Serbn beschlagnahm­ten Waffen nicht verschließen, doch nur für den Fall, daß der Vierverband in die Internierung der serbische» Befange­nen einwillige. Die Regierung steht auf dem Standpunkt, daß die serbischen bewaffneten Truppen den Masten und der Qualität des Menschenmaterials nach eine Gefährdung der öffentlichen Lage bilden. Die Tatsache der Entwaffnung findet nicht nur in militärischen, sondern auch in Gründen der Politik und der öffentlichen Sicherheit ihre Erklärung.

(WTB.) Athen. 23. Dez. Agence Havas meldet: Die Zeitungen versichern, daß die Regierung das Eindringen der Gegner der Alliierten in da» griechische Gebiet »nr dnl» den werde, wenn vorher eine Erklärung abgegeben wird» wonach sich daraus keine Gefahr sür die Neutralität und die Unverletzlichkeit Griechenlands (!) ergeben werde. Die Lage an der Front ist ruhig.

Sieg der Regierung bei d.n griechischen Wahlen.

Athen, 23. Dez. Die Anhänger von Benizelos und die Freunde der Entente machen die größten Anstrengungen, um das Ergebnis der Wahlen oder richtiger der Nichtbeteiligung an den Wahlen als für Venizelos befriedigend ausznlegen. um die Auf­fassung im Auslande zu verwirren. Der Vertreter des WTB. ist in der Lage, offiziell festzustellen, daß das Gegenteil der Fall ist. Die Wahlen waren ein großer Erfolg für die Regierung und beweisen, daß die Partei von Venizelos, wenn sie sich an den Wahlen beteiligt hätte, stark in der Minderheit ge­blieben wäre.

Saloniki.

Saloniki, 20. Dez. (Verspätet eingetroffen.) Die Bevölkerung ist infolge des Abzugs der griechi­schen Truppen sehr beunruhigt. Viele Familien, auch Ausländer, außer der österreichisch-ungarischen und der deutschen Kolonie, sind abgereist. Di« grie­chischen Truppen sind nach Verria im Olympgebiet und nach Sorowitsch abgegangen. Die neue Haupt­front der Alliierten von Karasuli bis Saldmanil soll durch eine zweite etwas zurücktretende Verteidi­gungslinie gestützt werden, die sich bis gegen Langa- zo hinzieht. An den Befestigungen wird fleißig ge­arbeitet. Die Bevölkerung von Saloniki befürchtet» daß die Stadt in die Kampfzone einbezogen wird, zumal viele Kriegsschiffe im Hafen von Saloniki zum Eingreifen bereit liegen. Den neuesten Ver­fügungen zufolge soll doch ein« ganze Division grie­chischer Truppen in Saloniki Zurückbleiben. Die Alliierten beabsichtigen trotzdem, die Besetzung der Stadt ganz in ihrem Sinn durchzuführen, auch einige Sicherheitsmaßregeln zu ergreifen. Di« Konsulate der Mittelmächte. Bulgarien und der Türkei wer­den von ihnen scharf beobachtet.

Peter in Saloniki?

Berlin, 24. Dez. Aus Sofia erfährt dasBer­liner Tageblatt", daß Nachrichten aus Saloniki zu­folge König Peter von Serbien dort einqetroffen ist. Er wolle in dieser Stadt bleiben, um sie gegen einen bevorstehenden Angriff zu verteidigen.