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Nr. 299. _ Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.
-rscheinung-wetje: 6mal wöchentlich. Nnzeigenvreir: Fm Oberamt«- -e-trr Lalw für die einspaltige BorgtSzeile 10 Pfg.. außerhalb desselken 12 Pfg.« Krtlamen 25 Pfg. Schluß für Jnseralannahme 10 Uhr vormittag«. Telefon S
Mittwoch, de« 22. Dezember 1918.
Ve-ugSprei-r In der Stadt mit Trägerlohn Mk 1.25 vierteljährlich. Po». de-ugSprel-für den Ort-- und Nachdarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. ILO. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., rn Bayern und RÄch 4L PfA»
Der neue 10-Milliardenkredit angenommen.
Vom Reichstag.
Die Schuld Englands am Kolonialkrieg. — Die Annahme der Kreditvorlage. — Spaltung in der Sozialdemokratie.
Es ist bekannt, daß die Engländer, amtlich und nichtamtlich, zu Hause wie im Ausland den Eindruck zu erwecken versuchten, als ob Deutschland auch in den Kolonien den Krieg begonnen habe, und die unschuldigen Engländer dadurch gezwungen gewesen wären, ihren Kolonialbesitz zu verteidigen. Man braucht sich nur an die schamlose Verdrehung der Tatsachen durch Botha im südafrikanischen Parlament erinnern, um zu erkennen, warum diese Lügen ausgestreut wurden. Uebriqens ist es jedem nüchtern Denkenden klar, daß Deutschland schon im Hinblick auf die isolierte Lage seiner Kolonien keinerlei Interesse daran hatte, den Krieg auch auf die Kolonien zu übertragen, und daß es in Anbetracht der schwachen deutschen Streitkräfte in den Kolonien schon gar nicht auf solche wahnsinnigen Pläne hätte kommen können. Wohl sicherlich nur, um die feindlichen Lügenmeldungen nach dieser Richtung hin auch amtlich entkräftigt zu sehen, hatte deshalb der Abgeordnete Vassermann eine Interpellation eingebracht, in der er um Auskunft über die englischen Behauptungen bezüglich des Krieges in Südwestafrika bat, wonach Deutschland sich schon seit langem militärisch für einen Angriff vorbereitet habe, wonach weiterhin der Gouverneur von Deutschsüdwestafrika mit Burenkommandant Maritz ein Abkommen zum Zwecke eines Angriffs auf Südafrika getroffen habe, und wonach drittens die Deutschen Siidwestafrikas an zwei Stellen einen Angriff aus englisches Gebiet gemacht hätten. Die Antwort, die der Staatssekretär des Reichskolonialamts, Dr. Sols im Namen der Regierung gab, zeigt wieder einmal, mit welcher abgrundtiefen Gemeinheit in England zur Verdeckung englischer Schuld die tatsächlichen Vorkommnisse gefälscht werden. Kein Mittel ist den Engländern zu niedrig, das sie nicht anwenden würden, um ihre unersättliche Habgier zu vertuschen und ihr dazu noch das Mäntelchen gänzlicher Unschuld an den begangenen Verbrechen umzuhängen. Denn auch hier hat England ein Verbrechen an der Kultur begangen, da durch das Uebergreifen des Krieges auf Afrika das Ansehen der weitzen Rasse auss schwerste geschädigt wurde. Wer allerdings die Machenschaften Englands in Amerika kennt, wo es ebenfalls iu seiner Ländergier die rote Raste gegen die meisten Mitbewerber ausspielte, wird sich über das Vorgehen Englands in Afrika nicht sonderlich wundern. Dr. Sols stellte im übrigen fest, die deutsche Regierung habe stets die Auffassung vertreten, dast ein europäischer Krieg nicht nach Afrika übertragen werden dürfe im Interesse des Ansehens der meisten Rasse. Ein Beweis liege auch darin, dast die Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika, die während des Eingebore- nenausstandes auf über 10 000 gestiegen war, auf weniger als 2000 Mann herabgesetzt worden sei. Deutsch-Südwestafrika habe im Jahre 1918 eine europäische Bevölkerung von 14 816 Köpfen gehabt, die südafrikanische Union dagegen von 1 278 781, also beinahe das Hundertfache. Auch die Behauptung. der Gouverneur von Südwest habe mit Maritz ein Abkommen getroffen, wurde als unrichtig bezeichnet. Der Gipfel britischer Unverfrorenheit liegt aber in der Behauptung, dast von deutscher Seite der Angriff erfolgt sei. Dr. Sols konnte Nachweisen, dast die Engländer und Bothaanhänger dem südafri
kanischen Parlament eine gefälschte Karte vorgelegt halten, in welcher der angebliche Ort Nakob-Süd, auf welchen der deutsche Angriff erfolgt sein soll, als englischer Besitz eingezeichnet war. während Nakob- Süd in Wirklichkeit zum deutschen Besitztum gehört. Die richtige Einzeichnung sei durch Rasur entfernt j werden. Im Unionparlement sei übrgens diese Fälschung sofort festgestellt worden. Wir meinen, es würde angesichts dieser Uebersührung sein Exemplar der gefälschten Karte wurde im Reichstag gezeigt) jedes weitere Wort die Charakterisierung der englischen Politik nur abschwächen.
Es folgte auf diese hochpolitiscbe Erklärung von Dr. Sols die zweite Beratung des Gesetzentwurfs betreffend die Feststellung eines zweiten Nachtragsetats zum Reichshaushaltsetat für das Rechnungsjahr 1915, worin die Ermächtigung für den Reichskanzler nachgesucht wird, weitere zehn Milliarden Mark für Kriegsausgaben im Wege des Kredits flüssig zu machen. Die Beratung erhielt dadurch eine innerpolitische Bedeutung, dast die sozialistische Nristagsfraktivn nicht geschlossen abstimmte. Für die Mehrheit der Fraktion (also für 90 Abgeordnete) gab der Abgeordnete Ebert. der Führer der Gewerkschaften, die Erklärung ab, dast die Fraktion die Pflicht anerkenne, die erforderlichen Mittel bereit zu stellen, und zum Schutz von Haus und Herd des deutschen Volkes seine Macht zu stärken. Trotz des Bemühens der Sozialdemokratie, besonders auch in den sozialistischen Kreisen der seindl. Länder, konnte noch keine Aussicht auf Frieden erzielt werden. In England. Frankreich, Rußland und Italien wollen die Regierungen und die maßgebenden Parteien nicht eher Frieden machen, als bis Deutschland und seine Verbündeten nicdergerungen sind. Gegenüber dieser Tatsache sei es eine unerläßliche Pflicht des gesamten deutschen Volkes, seine Abwehr fest und entschlossen zu führen. Gleichzeitig drückte der sozialdemokratische Wortführer aber auch den Wunsch aus, die deutsche Regierung möge jede Möglichkeit zu Friedensverhandlungen wahrnehmen. Auch wurde Einspruch erhoben gegen alle Annexionspläne, die darauf ausgehen, andere Völker zu vergewaltigen. Im Namen von 19 Mitgliedern der sozialistischen Fraktion gab dann der Äbg. Geyer bekannt, dast sie die Kredite ablehnen und sich gegen das verhängnisvolle Treiben der Annexionisten wenden. Sämtliche bürgerlichen Parteien hätten Gebietserwerbungen verlangt (und unsere Feinde?!). Trotzdem uniere Landesgrenzen und unsere Unabhängigkeit gesichert sei, mache man dem Gegner keine Friedensangebote. Eine solche Politik könnten die 19 Abgeordneten nicht unterstützen. Die Vorlage wurde darauf gegen die Stimmen der Minderheit der Sozialdemokraten unter lebhaftem Beifall des Hauses in zweiter und sodann in dritter Lesung angenommen. Wie gemeldet wird, hat der Mgeordnete Haase, der Vorsitzende der Reichstagsfraktion, sein Amt niedergelegt. Es ist eigentümlich, dast zu den bekannten radikalen Phantasten auch so mancher frühere Revisionist überge- gangeu ist. Und dieser Umschwung ist umsoweniger zu erklären, als doch gerade bei dem zur Beratung gestandenen Objekt Menschen wie Bernstein und Haase ihrer ganzen geistigen Entwicklung nach unbedingt anders hätten urteilen müssen, wenn die naturgesetzlichen Vorgänge, die auch im Geistesleben zu beobachten sind, einen normalen Weg geirommen hätten. Das aber ist zweifellos sicher; die Majorität ihrer Wähler haben diese Abgeordneten bei Vertretung ihrer Anschauung nicht hinter sich gehabt.
O. 8.
Die Unentwegten.
Berlin, 21. Dez. Das „Berliner Tageblatt" meldet: Die 20 sozialdemokratischen Abgeordneten, welche gegen di« Kreditvorlage stimmten, waren: Eduard Bernstein, Bo< Büchner, Kohn-Nordhausen, Dittmann, Geyer, Haase, Dr. Herzfeld, Hencke, Horn. Kunert, Ledebour, Liebknecht, Rühle. ! Schwarz, Stadthagen, Stoll, Voglherr, Boehm und Zubeil. Heute nachmittag sollte die sozialdemokratische Fraktion de» Reichstags zusammentreten, um zu dem Verhalten der Minderheit Stellung zu nehmen.
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Die deutsche amtliche Meldung.
WTB. Großes Hauptquartier. 21. Dezember. Amtlich WestltcherKrtegSschauplatz: Westlich vou Hulluch uahm eine deutsche Abteilung eine englische Sappe und wehrte eineu nächtlichen Gegenangriff ab. Auf vielen Stellen der Kraut lebhafte Artilleriekämpfe. Keine Ereignisse vou Bedeulnng.
Oestlicher Kriegsschauplatz: Zu der Rächt vom 19. zum 20. Dezember hatte eine vorgeschobeue russische Abteilung, das nahe vor unserer Kraut liegende Gehöft Dekscht (dicht südöstlich vou Widsy) besetzt. Sie wurde gestern wieder vertrieben. Südlich des Wygonowskojesees und bet KoSctuchnowka (nordöstlich vou Czartorysk) wurden feindliche Erkunduugs- abteiluugen abgew lesen.
Balkaakriegsschauplatz: Die Lage ist im Allgemeinen ««verändert.
Oberste Heeresleitung.
Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.
(WTB.) Wien. 21. Dez. Amtliche Mitteilung vom 21. Dezember mittags:
Russischer Kriegsschauplatz. Gegenüber Nafalowka am Styr wurde eine russische Aufklärungsabteilung zersprengt. Sonst stellenweise Geschützkampf.
Italienischer Kriegsschauplatz. Die Artilleriekämpfe an der Tiroler Südfront dauern fort. Zwei italienische Kompagnien, die nachts gegen den Monte San Michele vorzudringen versuchten, wurden aufgerieben.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Die Verfolgungskämpfe gegen die Montenegriner führten gestern neuerlich zur Erstürmung einer feindlichen Stellung nördlich von Berane. Unsere Truppen haben in den letzten zwei Tagen etwa 600 Gefangene eingebracht.
Der englische Bericht von der Westfront.
London, 21. Dez. Das Pressebureau meldet aus dem britischen Hauptquarter: Beiderseits heftige Beschießung bei Ppern. Ein feindlicher Angriff mit Handbomben bei den Steinbrüchen von Hulluch wurde heute abgeschlagen. Gestern fanden 44 Luftkämpfe statt. 2 feindliche Flugzeuge wurden gezwungen, hinter der eigenen Linie zu landen. Eines unserer Flugzeuge wird vermißt.
Gewehr bei Fuß.
Berlin, 21. Dez. Aus Lugano meldet das „Berliner Tageblatt": Aus Saloniki wird berichtet, daß der Bahnhof von Doiran von einer halben griechischen Kompagnie besetzt worden ist. Zwischen der bulgarisch-deutschen und der Front der Entente liegt eine Distanz von 30 Kilometer. Ein.' Pariser Blättermeldung aus Athen zufolge werde durch die