Nr 238

Schwarzwälder Tageszeitung

Seite S

Wahlen unter Sowietkontrolle

DerHenker von Leningrad" leitet die Bolschewisicrung Finnlands

Es geht auch in. Finnland alles nach der alten Taktik, die -je Sowjets bei allen Völkern wiederholen, die ihrer Herrschaft unterworfen sind. Zunächst lärm sich die Regierung, die Land und Volk an den Bolschewismus verkauft, demokratisch und be­müh! sich gewissenhaft, die Befehle des Kremls auszuführen. Wie in den Baltenstaaten, als sie seinerzeit von den Sowjets be­setz, wurden, sehr bald Wahlen ausgeschrieben wurden, die natürlich unter den Augen der Sowjetagenten ersolgten und im Sinne der bolschewistischen Machthaber ansfielen, so ver­lautet nun. daß in Helsinki ein Gesetzesvorschlag ausgearbeitet wird, nach dem die nächsten Neichstagswahlen baldmöglichst durchgeführt werden sollen.

^Nachdem der Vorsitzende der sowjetischen Kontrollkommission für Finnland, Shdanow, von der finnischen Regierung feierlich eingeholt und mitsamt seinem Gefolge in das Quartier geleitet wurde, wird nun die Bolschewisicrung Finnlands mit Riesenschritten vorangehen. Shdanow lässt noch weitere Mit­glieder der Kontzrollkommisston Nachkommen, so daß ihm ge- nijuend Agenten zur Verfügung stehen, die das gesamte private uno öffentliche Leben Finnlands überwachen und nach bewähr- ien Sowjetmethoden das Volk terrorisieren werden. Auch in Abo ist eine sowjetische Kontrollkommission eingetroffen. Wie nach Schweden geflüchtete finnische Beamte erklärten, hätten die Sowjets Schwarze Listen in der Hand, auf denen die Namen aller derer verzeichnet seien, die liguidiert werden soll­ten. Die Anwesenheit Shdanows in Helsinki gäbe Moskau die beste Gewähr, daß vieser Liquidationsprozetz in Finnland gründlich und schnell durchgesührt werden wird.

Shdanow lätzi sich überall alsGeneraloberst" anreden. In Wirklichkeit Hai er nie im Militärdenst gestanden und den Rang eines Sowjetgenerals lediglich für seine Verdienste als bolsche­wistischer Parteifunktionär und erprobter Menschenjäger von Stalin als Ehrentitel verliehen bekommen Shdanow ist viel besser alsHenker von Leningrad" gekennzeichnet; denn er ist es ^ gewesen, der 1937/38 Leningrad und die ganzen nördlichen Teile der Sowjetunion in ein Blutmeer verwandelte. Dieser Blutterror hat ihm höchste Posten in der Sowjetregie- rung und in den zentralen Organisationen der bolschewistischen Partei eingebracht, Da Shdanow auch schon die Besetzung der baltischen Staaten geleitet und l940/4l die Massenmorde in Lettland, Estland und Litauen inszeniert hat. so ist er mit den besten Kenntnissen für die Liguidierung eines Volkes, das in die Hand des Bolschewismus gegeben ist, ausgestattet. Er wird die alterprobten KPU-Mclhoden in Finnland wieder in An­wendung bringen.

Die Sowjetagenten auf Aaland

Ein Teil der sowjetischen Kontrollkommission wird, wie Dagens Rnheter" aus Mariaham meldet, in diesen Tagen auf den Aalandsinseln eintreffen, um sich dort mit dieser Insel­gruppevertraut zu machen".

Mors. Raub. WnSerungen

Schreckensherrschaft im ungarisch-rumänischen Grenzgebiet

Sämtliche Bndapester Blätter berichten ausführlich über bolschewistische Greuel in M a q v s z a l o n t a, einem Städtchen an,der ungarisch-rumänischen Grenze. In dem Bereicht heißt es u. a :

Die Sowjets besetzen und plündern die Wohnungen und Läden, rauben Schmuck, Uhren und Lebensmittel und verge­waltigen alle Frauen und Mädchen, deren sie habhaft werden können. Sv seien die drei verheirateten Töchter eines Schnei­ders namens Franz Borbely vergewaltigt morden, worauf die neun Mitglieder der Familie unter dem Eindruck der erdulde­ten Grausamkeiten Selbstmord begingen. An anderer Stelle habe man eine schwangere Frau zwei Nächte hindurch gequält, bis sie sich gleichfalls selbst das Leben genommen habe. Es gebe aber auch zahlreiche Beispiele anderer Art. So sei in der Stadt ein Arbeiter aufgcfordert worden, einer Sowjctpatrouille die Stiefel auszuziehen. Du er - es handelte sich um einen alten Mann - dem Befehl nicht Nachkommen konnte, sei er kurzerhand erschossen worden.

Der Bericht nnterstreichl, daß diese wenigen Beispiele wohl genügten, um zu zeigen, wie die sowjetische Besetzung aus- sehe.

SkheibenWetzen auf Frauen uns MäSHen

Bolschewistische Greueltaten in Ungarn

Das ungarische Telegraphcnbüro MTJ teilt amtlich mit: Die ungarischen Militärbehörden haben jetzt die Protokolle über einen Teil der Brutalitäten und Greueltaten abge­schlossen, die die in die ungarischen Ortschaften Nagyszalonta, Foeldeak, Kevermes und Biharug eingedrungenen sowjetischen und teils, auch rumänischen Soldaten und Offiziere verübten.

Die ungarische Regierung wird die bisher anfgenommenen Protokolle den Regierungen sämtlicher neutraler Staaten zu­kommen lassen.

Aus den Protokollen geht hervor, daß das sowjetische Militär, Offiziere nicht ausgenommen, ohne jede Provokation und ohne se den Grund Taten begingen, die selbst den Begriff der Barbarei weit überschreiten. In der fünftägigen Sowjetherrschaft plünderten die bolschewistischen Truppen w Nagyszalonta mehr als 29 Geschäfte und einige Warenlager und verschleppten aus mehr als llttl Wohnhäusern alle brauch­baren und wertvolleren Gegenstände der Bevölkerung. Das übrige machten sie unbrauchbar oder verbrannten cs mitsamt dem Hause. Aus Frauen und Mädchen, die ihren bestialischen Aufforderungen nicht Nachkommen wollten, eröffnetcn die Russen ein Scheibenschießen.

In Nagyszalonta wurden junge schwangere Frauen von 15 bis 29 Sowjetsoldaten vergewaltigt. Viele Frauen und Mädchen wurden vor den Augen ihrer Gatten bzw. Eltern geschändet. Eine 79jährige Hebamme wurde von 6, eine junge schwangere Frau von 27 Sowjetsoldaten vergewaltigt. Eine Familie wurde wegen des deutschen Familiennamens aus gerottet, ein Feuerwehrmann wegen seiner Uniform auf bestia lisch? Weise ermordet.

Es ist unmöglich zu beschreiben, wie die betrunkenen Sowjetsoldaten in einem Nonnenkloster hausten und wie sie in unzähligen Fällen mordeten, raubten und plünderten. Eine ganze Reilie der von den Bolschewisten geschändeten Frauen und Mädchen verübten Selbstmord.

MMehrenöe 3uüen SLNUnzieren

Ihre Opfer verschleppt oder erschossen

Auch gegen die Bevölkerung der kleinen lettischen Stadt Tuckum, die vorübergehend in bolschewistischer Hand war, inzwischen aber von deutschen Truppen befreit worden ist, haben die Bolschewisten ihr übliches Terrorregime errichtet. Die Lettin Pauline Discher hat hierüber erschütternde Angaben gemacht. Unmittelbar nach Einnahme von Tuckum durch die Bolschewisten hielten die Juden ihren Einzug in die Stadt und begannen ihre Tätigkeit damit, einzelne Einwohner bei der NKWD zu denunzieren. 299 Letten wurden daraufhin ver­haftet, teils in die sowjetischen Gebiete verschleppt, teils un­mittelbar nach ihrer Verhaftung erschossen.

Die Bolschewisten durchsuchten auch sämtliche Wohnungen, vernichteten die Einrichtungen oder-stahlen sich aus den Häu­sern, was sie brauchten. Pauline Discher erzählte, daß die Sowjets in ihrer Wohnung ein Pistolenschießen aus die Fa­milienbilder veranstalteten und einzelne Möbel, z. B. ein Kla­vier. ans reiner Lust an der Vernichtung demoliert haben. In den beiden Kirchen, der evangelischen wie der katholischen, wurden alle kirchlichen Geräte und Heiligenbilder zertrümmert.'

Schwache M Kranke erschossen

Bolschewistische Ausrottungsmethoden in Estland

Vor den deutsch-lettischen Behörden in Riga machten Ueberlebende aus den estnischen Städten Werro und Pet- schory folgende, die Vernichtungsmethoden der Bolschewisten kennzeichnende Aussagen:

Alle Einwohner- von 15 bis 65 Jahren wurden von NKWD-Kommandos aus ihren Wohnungen geholt und in Ar­beitsbataillone gesteckt, die die Aufgabe hatten, Nachschub- stratzen für die Sowjets instand zu setzen. Jeder Arbeiter hatte eine tägliche Norm zu erfüllen, die den in den Zwangs­arbeitslagern Sibiriens eingeführten Normen gleichkam. Hie Arbeitsbedingungen waren in dem wald- und sumpfreichen Gebiet so unerträglich, daß nur die allcrstärksten Naturen die geforderte Arbeit ausführen konnten.

Arbeiter, die diese Probe bestanden hatten, wurden nach Pleskan gebracht und von dort nach dem Ural deportiert. Die Erkrankten und Schwachen wurden mit der Begründung, sie seien für die Sowjetunion doch nur nutzlose Wesen, erschaffen und in den Wäldern verscharrt. Auf diese Weise sind aus den beiden obengenannten Ortschaften mehrere hundert Männer nnd Frauen von den Bolschewisten vernichtet worden.

12 990 Mann ergaben sich in Warschau

Bei den ersten Verbänden der polnischen Heimatarmee ick Warschau, die nach Ausbleiben jeglicher britischer und sowje­tischer Hilfe unter der Wucht der deutschen Angriffe kapitulier­ten und sich in Kriegsgefangenschaft begaben, besand sich, wie bereits gemeldet, auch der Führer der Aufständischen, General Bor-Komorowski, mit seinem Stabe. Fünf weitere polnische Generale und geschlossene Einheiten der Ausständi­schen in Stärke von 12 999 Mann ergaben sich der deut­schen Wehrmacht. Sämtliche sich aus der Kapitulation der Restverbände der polnischen Heimatarmee ergebenden Fragen wurden inzwischen geklärt und alle Maßnahmen für eine schnelle Versorgung der noch in der Stadt befindlichen Be­völkerung von 289 990 Polen getroffen.

London wünscht keinen Nachfolger für Bor

Die Briten erneuern am Grabe Polens ihren Freund­schaftsbund mit den Sowjets und benutzen die Gelegenheit der Kapitulation Warschaus, um noch einmal zu versichern, daß England in allen Fragen, die Polen betreffen, mit den So­wjets einig ist. So wagen die politischen Kreise Londons auch nicht, irgendeinen Vorschlag über die Nachfolgeschaft Bors zu machen. Man hegt die stille Hoffnung, daß die Wahl auf eine Persönlichkeit fallen werde, di.e nicht so umstritten ist, wie die Bor-Komorowskis. Am liebsten sähe London, wenn das Pol­nische Erilkomitee jetzt den Posten als solchen überhaupt für abgeschasst erklären würde, damit endlich der Streit über de« Oberkommandierenden und seine Befugnisse aus dem Wege geräumt wäre.

Unsere wehrhaften Jungen

Daß der deutsche Soldat einer Welt von Feinden trotzt, ist kein Zufall. Es ist eine Wehr nicht nur mit Len Waffen, auch mit dem Herzen, ausgebaut auf eine Ausbildung, die längst berühmt und immer wieder von hervorragenden Er­folgen gekrönt worden ist.

Auch der fanatischste, von seiner hohen Aufgabe durch- glühte Kämpfer - was wäre er ohne Ausbildung? Daß auch die Frage der Ausbildung lebensentscheidenö ist, beweisen da unsere Truppen kn diesen Tagen wieder im Westen, im Süden, im Osten gegen einen Feind von hoher zahlen­mäßiger Uebermacht. Längst hätten diese Gegner unser Land Abrrflutet mit all den Schrecken, die sie oft genug in die Welt hinausposaunt haben, gerade in letzter Zeit immer wieder und ganz besonders deutlich durch den USA-Finanzminister Morgenthau, die Konferenz von Quebec und Dutzende von Vertretern des Weltjudentums.

Diesen Vernichtungsbeschlüssen steht neben der Tapfer­keit unserer Soldaten die Freude unserer Jungen an Wehr und Waffen gegenüber. Sie ist ihnen angeboren als ei» Zug des deutschen Lebens. Denn es war zu allen Zeiten notwendig, das deutsche Leben zu verteidigen. Heute, in der Endphase dieses Kampfes, in der sich unser Schicksal entschei­det, ganz besonders.

Die Wehrfreude unserer deutschen Jungen wird durch die Wehrertüchtigung in natürliche Wege geleitet. Diese Wehrertüchtigung, eine technisch hervorragende Durchbildung in der Zeit vor dem Waffendienst, der sogenannten vor­militärischen Zeit, fördert nicht nur die Tüchtigkeit des künf­tigen Soldaten und dessen schnellere und gründliche Aus­bildung, sie erhöht auch die Liebe und das Verständnis für die Waffe. Der Junge wächst in jene große Solüaten- kameradschaft hinein, die früher mancher, der sie nicht von Jugend auf kannte, nicht immer leicht und selbstverständ­lich fand.

Die Wehrertüchtigung bringt unseren Jungen nicht zu­letzt die rechte Erkenntnis von der Größe unserer geschicht­lichen Stunde und vom Wert ihres Einsatzes für die Nation gerade in dieser schicksalentscheidenden Zeit. G.D.

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^ Diese Stimme spricht die wecbUcye Moae seiner Dramen. Erhör: ße in allen Stunden fast bis zur Besinnungslosigkeit. Die beseelte Weichheit, die herbe, dunkle Süße ihrer Laute erregt und beschwingt ihn. Was wäre der Erfolg, aller Erfolg, den der Einfluß der Prin­zessin Ralmanski ihm verschafft, gegen die Gnade, die von dieser Stimme ausstrahlt? Koltai fühlt, daß er keine Protektion mehr braucht, wenn eine Schauspielerin mit der Stimme der Edda Ral­manski die weiblichen Heldinnen seiner Vllhnenwerke verkörpern könnte. Koltai hebt den Meißel und haut die groben Stücke aus dem Stein, dem er Edda Ralmanskis Gestalt abringt. Alles fließt »nd gleitet. Das schöne Knie biegt sich gegen die Seide des Ge­wandes, das in glatten, weichen und strengen Falten an ihr nie- bnsließt. Koltai ahnt einen zurückgebeugten, fehlerlos edlen Hals, Er das rassige Haupt trügt. Koltai schafft wie ein Besessener. Er Msft das Weib in seiner edelsten, keuschesten und zugleich lockend­en Form. Er sieht die entrückte Trunkene, wie sie die Treppe von Aalma hinansteigt, sieht wieder in dieses ihm voll zugewandte, angegebene Gesicht. Er»ist Schauspieler, Künstler und Menschen­kenner genug, daß er unterscheiden kann, welches Erleben hinter mesem Spiel liegt. Niemals hat er den Blick der Frau so empfun­den, als könne er ihm, Michael Koltai, gegolten haben. Dieser Blick Mt einem Manne, aber nicht einem, den man erreichen, den man wir Namen nennen konnte. Und es wurde Michael Koltai be­wußt, daß diese Frau eine Schauspielerin war, ob nun bewußt "der unbewußt. Es drängte ihn, sie, wiederzusehen, seine Veobach- mngen zu machen. Er brauchte keine Gnade von irgendwelcher wette, wenn der göttliche Funke in ihn einschlug. Was hatte er «isher geschaffen? Was hatte er getan? Nichts. Sinnlos war alles wuchen und Tasten und Ringen um den richtigen Ausdruck. Eine mau tchritt über eine Treppe, eine Frau wandte einem das trun- -Drückte Antlitz zu. Und mit einem Schlage war man empor- Attssen aus lastender Dunkelheit. Diana? Zarte, dankbare Episode ? diesem Leben des Tastens und Suchens. Er hatte daran gedacht, sw zu heiraten, an ihrer Seite ein stilles Leben zu Ende zu leben, k das letzte Glück und die letzte Seligkeit ihres Lebens zu schen- - Er wußte plötzlich, daß er jung war, daß er leben mußte,

kämpfen, ringen, nun er den Ausdruck hatte.. Koltai warf den Meißel fort. Er umfing die Knie der Statue mit einer inbrünstigen Bewegung.

Ich liebe dich-" sagte er,ich liebe dich-"

Nein, er meinte nicht Edda Ralmanski. Er streckte nicht die Hände aus nach der Frau Alexander Ralmanskis.

Und er stürzte zum'Tisch und riß die beschriebenen Blätter aus­einander. Er hatte mit fliegenden Fingern an einem neuen Drama geschrieben. Als er die Szenen durchlas, in denen seine weibliche Hauptgestalt zu sprechen hatte, hörte er Edda Ralmanskis Stimme, iah er ihre betörenden Veweaunoen. die große Geste ihrer Hand.

Alexander Ralmanski lebte dieses neue Leben unermeßlich töricht. Er hatte sich sogleich wieder in der Heimat zurechtgefunden, fühlte sich zufrieden, mit der Zeit in ihr den angemessenen Wirkungskreis zu erhalten, und machte sich keine Gedanken darüber, wie Edda mit diesem Leben fertig wurde. Hatte sie ihm nicht gesagt, daß sie seine Heimat liebe und in ihr daheim sein wolle? Das genügte ihm. Er wünschte nicht einzudringen in die dunklen Winkel dieser Um­stellung, er war zufrieden damit, daß Edda ihm in jener Nacht, kurz nach ihrer Eheschließung, gelobt hatte, ihr bisheriges Leben vergessen zu wollen; er fragte nicht, wie sie in der Lage sei, dies heroische Gelöbnis einzuhalten. Er wußte um ihre Liebe zu ihm, er wußte von seiner eigenen Liebe, an der sich nichts verändert hatte; alle Kraft und allen Glauben schob er dieser Liebesstärke zu. Er ging aus Liebe in die Irre. Er wußte nicht, daß er seine Frau alleingehen ließ, daß er durch seine Schweigsamkeit Unmenschliches von ihr forderte, er ahnte nicht, daß sie seinetwegen schwere Opfer brachte, die er als selbstverständlich hinnahm. Er liebte sie, aber er ließ sie mit ihrem Seelenleid allein. Wenn er sie in trunkenen Stunden in seinen Armen hielt, wenn er mit besinnungslosen Küssen ihr geliebtes Gesicht bedeckte, war er restlos glücklich und er wähnte auch sie von letztem Glück erfüllt. Aber wenn ihr Herz schlug, fragte er nicht, warum es so unruhig poche. Niemals wußte er, wie nahe Edda daran war, ihn zu bitten, daß er sie manchmal von ihrem früheren Leben sprechen lasse. Aber größer als ihre eigene Qual war ihre Furcht, ihn zu erschrecken, zu beunruhigen, zu betrüben. So sehr liebte sie ihn. Sie sah auch, wie Alexander mit der Zeit Fühlung mit seinem neuen Wirkungskreis gewann. Er erneuerte die landwirtschaftlichen Einrichtungen des Gutes, wie er sie auf Platenshof gesehen. Fredegard, die sich manchmal sehen ließ, aber wenig ins Haus kam, ging meist gleich in den Betrieb und wamte vor allzu viel Neuem.

Manchmal kam Edda dazu, wenn Fredegard mit Alexander sprach. Sie tat dann meistens kein Wort dazu, aber sie heftete die Äugen leuchtend auf Fredegards Gesicht, das von seiner Idee und

seiner Mission ganz beseelt war. Als Edda einmal sagte;Wollen Sie nicht einmal einen Nachmittag lang zu mir kommen, mit mir zu plaudern?" sagte sie rasch und mit sichtlicher Freude zu. Edda spürte die herzliche Sympathie eines wertvollen Menschen, die ihr da entgegenströmte. An einem solchen Nachmittag entwarsen sie dann den Plan für das kommende Erntefest.

Fredegard sprach von viel Schmaus und Tanz und Spiel, zu» Schluß stimmte sie für ein Wandertheater.

Michael Koltai hat so ein wundervolles Sommerbühnenstück ge­schrieben: Das lächelnde Kornfelds Das wäre doch wie geeignet."

Edda saß vor Fredegards energischen Plänen machtlos und ganz befangen. Ein Theater? Wenn Älexander nur nichts einzuwende» hatte... Alexander und die Prinzessin wurden um Rat gefragt. Ihre Gesichter waren von Edda Ralmanski dringlich beobachtet, Zie sah das Zurückschrecken Alexanders, sie sah auch den drauf­gängerischen Mut der Prinzessin.

Warum soll nicht auch einmal Theater gespielt rperden?" sagte sie. Dieses Nützliche Theaterspiel frischt die Sinne auf und ver­meidet ein gut Teil der üblichen Rauferei gegen Ende des Tanzes."

Fredegard stimmte dankbar zu. Sie hielt eine Theateraussührung für eine wirklich gute und neuartige Idee. Sie wußte sogar die Anschrift eines überdurchschnittlichen Wandertheaters, dem ma» die Aufführung wohl Zutrauen könnte.

Als Alexander und die Prinzessin gegangen waren, fragte Edda Fredegard von Platen scheu: ^

Gibt es ein Textbuch dieses Schauspiels von Koltai?"

Fredegard verstand diese junge Frau und ihre ängstliche Stimme nicht.

Sicherlich gibt es das. ,Das lächelnde Kornfeld^ ist schon viel« Male si' r die Bühne gegangen. Ich glaube, ich habe eines zu Haus«. Haben Sie Interesse? Ich will es Ihnen gern leihen."

Ach ja, bitte!"

Und Fredegard warf Frau von Ralmanski wiederum einen er­staunten Blick zu.

In den nächsten Tagen suchten sie sich wie die Kinder Kostüme zusammen. Fredegard nähte wundervoll. Sie schuf aus Baumwolle und Kattun'herrliche Bauernkleider. Die Röcke waren ganz weit und die Ärmel hatten riesige Puffen. Fredegard sah aus wie eine stämmige Großbäuerin, Edda sah aber nicht weniger liebreizend aus. Im Gegenteil: der schmale, weiße Körper in der rauhen Tracht übte einen besonderen Eindruck auf den Beschauer aus, er erinnerte an eine zarte, übeizüchtete Eartenblume, die mitten in eine länd­liche Wiese gepflanzt worden war.

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(Fortsetzung folgt)