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Schrvarzwälder Tageszeitung

Nr 2 28

Die Auswirkung der Postemschränkungen

Päckchen sind nicht mehr zugelassen. Aber kann man die Sendung, die man bisher als Päckchen ausgegeben hätte, E als Brief oder als Paket aufgeben? Natürlich kann man das; als Brief allerdings nur, wenn das Gewicht 1000 Gr. nicht übersteigt. Aber ob man es tun soll, das ist eine andere Sache. Wenn jeder so handelt, so bedeutet das eine bloße Krschiebung; die Arbeitslast der Post bleibt einigermaßen dieselbe, und sie wird es sich überlegen müssen, sie durch lästi­gere Bestimmungen einzudämmen. 'Also denke man scharf ob das Päckchen, das als Brief getarnt ist, in den Kasten Nit der großen Oeffnung hineinsoll, wirklich wichtig ist. Wohlgemerkt: Im Feldpostoerkehr ändert sich nichts!

Postgüter fallen weg. Doch können die Postgutkarten, die ein Kunde bezahlt, an Stelle gelber Paketkarten weiter verwendet werden.

Pakete: Hier wird es etwas verwickelt. Zunächst fallen einmal dringende Pakete weg; es gibt nur' noch einfache. So­dann tritt eine neue Zoneneinteilung in Kraft: An Stelle der Zone 1 tritt bei unveränderter Gebühr dieNahzone", an Stelle der Zonen 2, I, 4 und 5 tritt dieFernzone" mir der Gebühr der bisherigen Zone 3. Das bedeutet für die Menge Zone 2 eine Verteuerung, für die weiteren Ent­fernungen aber eine merkliche Verbilligung- Auch die Zustell­gebühr fällt fort, ein weiterer kleiner Gewinn für den Kun­den, doch muß damit gerechnet werden, daß die Annahme der M kriegswichtigen Pakete etwa auf die Hälfte beschränkt vird. Im allgemeinen geht man dabei vom Monat Juli M aus. Geschäfte, dieSelbstbucher" sind, bei denen man Mo den Paketverkehr genau feststellen kann, müssen mit der Hälfte auskommen. Mir eine gewisse Uebergangszeit kann ihnen etwas mehr zugebilligt werden: ebenso, wenn das Ge­schäft bisher stark mit Päckchen gearbeitet hat. Ferner stehen Pakete von Evakuierten und für Evakuierte außerhalb der Beschränkung; dazu bedarf es eines Stempels der NSB auf der Paketkarte.

Po st reisescheckhefte werden nicht mehr ausgestellt: die bereits ausgestellten können bis zum Ablauf ihrer Gültig­kit weiter verbraucht werden. Seit der Einführung der Post­sparkaffe hat der Postreisescheck sowieso sehr'an Bedeutung

verloren. ^ ^ .

Drucksachen, Gcschäftspaprere, Warenproben und Mischsendungen sind nicht mehr zugelaffen. Das gilt nicht

für Zeitungen und Zeitschriften,, die von Verlagen und Vertrieben unter Kreuzband verschickt werden. Es gilt ferner nicht für Blindenschriften, die von der Deutschen Reichspost immer mit besonderem Vorzug behandelt worden sind.

Es gibt keine Eilboten mehr. Der Briefbote kommt nur noch, einmal im Tag oder vielmehr nur noch sechsmal in der Woche, wobei cs den örtlichen Verhältnissen überlassen bleibt, ob der Sonntag oder an seiner Stelle ein bestimmter Mrktäg ausfällt. , -

Briefkastenleerung: Hier gibt es kein genaues Maß der Einschränkung; die Zahl der Briefkästen und der Leerungen soll vielmehrsoweit als möglich" eingeschränkt werden. Doch sind die Briefkästen an und in den Postanstalten wie bisher zu leeren.

Ob Ihr Telephonanschluß in Kraft bleibt, das hängt von den örtlichen Verhältnissen ab, vor allem aber auch davon, ob Sie das Telephon für einigermaßen wichtige Zwecke brauchen oder nur zur Erleichterung Ihres Privat­lebens.

Es gibt keine R.-Gespräche mehr (die der Pnge- rufene bezahlte), keine Voranmeldung und keine X?.-Ge- spräche mehr, für die der Anqerufene an eine öffentliche Fernsprechstelle 'geholt wurde. Die Blitzgespräche sind schon vor einiger Zeit auf besondere Fälle beschränkt worden. Es bleibt das normale Ferngespräch, nicht dagegen das Abend­gespräch.

Blitztelegramme, dringende Telegramme, bezahlte Rück­antwort gibt es nicht mehr; aber das gute, alte, normale iTelegramm bleibt. Es wird auch weiter bleiben, wenn ! sich Herausstellen sollte, daß wir alle auf unnötige Tele- ! gramme verzichten. Sollte es aber bei der telegraphischen i Uebermittlung von Belanglosigkeiten bleiben und hier kann ! die Post zum Unterschied vom geschlossenen Brief ja die ! Wichtigkeit einigermaßen abschätzen, so wird Wohl ein ^Genehmigungsverfahren eingeführt werden muffen.

Der Brief, die Postkarte: Keine Einschränkungen, alles bleibt beim alten; wir wollen es zu schätzen wissen, denn schließlich ist der Brief doch das wichtigste Verbm- dungsmittel-von Mensch zu Mensch, was die Post verwaltet. Sie hat hier alles beim alten gelassen/ weil sie die stille Hoffnung hat/der Volksgenosse werde selbst Einsicht haben.

Die Aufgaben des Lagerführers

Dr. Ley Über die Betreuung der ausländische» Arbeiter

Seit die Kriegsumstände das Zusammenleben von Ar- beitskräften in neuen Standorten und zugleich die Verstür- kmig der Gefolgschaften bestehender Betriebe erforderlich machten, ohne daß sofort entsprechende Wohnungen gebaut werden konnten, ist das Wohnlager und damit der Beruf und die Aufgabe des Lagerführers immer mehr in Len Vor­dergrund getreten. Bekanntlich hat die Deutsche Arbeits­front die Betreuung der Lager übernommen und führt diese seit Jahren in enger Zusammenarbeit mit der gewerblichen Wirtschaft sowie den übrigen interessierten Dienststellen durch.si Der Ausbildung und Ausrichtung der Lagerführer wird im Rahmen dieser Kriegsaufgabe besondere Aufmerk­samkeit gewidmet, da von deren Tüchtigkeit das persönliche Wohl der in den Lagern untergebrachten Arbeiter und von Ser weltanschauliche» Haftung der Lagerführer der Geist in de« Lagern maßgeblich beeinflußt wird.

Während eines Aufenthaltes im Gau Weser-Ems sprach Reichsorganisationslciter Dr. Ley vor mehreren hundert Lagerführern dieses Gaues über die aktuellen Aufgaben der Lagerführer, die heute in Gemeinschaftwohnlagern überwie­gend ausländische Arbeiter betreuen. Dr. Ley dankte den Lagerführern für ihre langjährige erfolgreiche Arbeit, deren Bedeutung in vollem Umfang erst nach dem Kriege gewür­digt werden könne. Die ausländischen Arbeiter seien in der deutschen Kriegswirtschaft ein wichtiger Faktor, denn sie trü­gen durch ihre Arbeitsleistung wesentlich zur Herstellung des von der Wehrmacht benötigten umfangreichen Gerätes aller Art bei. Es fei nicht gleichgültig, wie ihnen nach der täg­lichen Arbeitszeit der Lagerführer gegenübertrete und wie er ihnen das Leben in Wohnlagern erleichtere.Sie haben von mir den Auftrag, die ausländischen Arbeiter in jeder gegenwärtig möglichen Weise zu betreuen. Auf der anderen Seite muß sich aber jeder darüber klar sein, daß eventuelle Widersetzlichkeiten sofort ausgetreten werden. Wir betreuen die nach Deutschland gekommenen fremdländischen Arbeits­kräfte in vorbildlicher deutscher Gastfreundschaft, aber wir

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weichen vor keiner befahr zurück. Zur Ehre der ausländi­schen Arbeiter stelle ich fest, daß bisher alle gegnerischen Be- einflussuugsversuche an der Anständigkeit .dieser Arbeiter scheiterten. Wesentlichen Anteil hieran trägt auch der Geist der deutschen Betriebsgemeinschaften, der dem ausländischen Arbeiter täglich , und stündlich öle Einigkeit und Kampseut- 'chlossenheit des schaffenden deutschen Volkes ein' "' voll führt".

Nene Sonderlehrgänge für Kriegsversehrte. In den Monaten Oktober und November finden weitere fechsmona» tige Sonderlehrgünge für Kriegsversehrte zur Vorbereitung § auf die Reifeprüfung sstatt. Sie werden für ostdeutsche Teil» l nehmer von dem Neichsstatthalter für den Reichsgau Danzig- ! Westpreußcn in Danzig, für nord- und noröwestdeutsche -! Teilnehmer von dem mecklenburgischen Staatsministerium ! in Schwerin-Mecklenburg, für Teilnehmer aus Westdeutsch, j mnd, Hessen und Thüringen von dem Reichsstatthalter in , > Lippe und Schaumbnrg-Lippe in Detmold, nnd für alle übrt- . gen Teilnehmer vom Reichsstatthalter in Sachsen in Dres­den veranstaltet. Z» diesen Sonderlehrgängen könne» nur Wehrmachtsangehörige der Versehrtenstufen 2 bis 4 zuge­laffen werden. Meldungen sind an die genannten Dienst» stellen zu richten. Lebenslauf, Schulavgangszeugnis und für Teilnehmer, die noch im Wehrdienst stehen, Urlaubsbeschei- uigungen über sechs Monate sowie Führungszeugnisse der WeürmachtsSicnststclle sind dem Gesuch beizufügen. Es wird ausdrücklich darauf Angewiesen, daß eine Zulassung zu de« Lehrgängen nur bei nachgewiesener Versetzung nach Klasse 7 oder Oberseknnda einer OLerrealschule oder bei Vorlage des Abschlußzeugnisses der Mittelschule mit zwei Fremdsprachen "öglich ist.

sSagen Sic das nicht . . .!" Die Verwandten Napo» >

! leons III. waren unersättlich in ihren Forderungen nach ein- l

trüglichen Posten und hohen Apanagen. Als einer von ihnen s

den Kaiser wiederum damit behelligte und'Napoleon ihn ab- !

wies, war der Bewerber so dreist zu erwidern:Sie habep s

, aber wirklich gar nichts von Ihrem großen Onkel." Napo- ;

. leon erwiderte lächelnd:Ach, sagen Sie das nicht.'Ich'habe i

! gleichfalls die ganze Verwandtschaft ans dem Halse!" I

^ Weniger telephonieren! < ^ !

Es stimmt schon, daß man heute hin und wieder ein iventg länger aus die Meldung des Sckmellamies oder auf ein Fern­gespräch warten mutz, und im stillen ist man dem Fräuhei» vom Amt über die Verzögerung böse, denn es gibt, nach höchst, persönlicher Meinung, kein wichtigeres nnd dringenderes. Gv- spräch als -das eigene. Von je dreißig Deutschen ist einer Fernsprechteilnehmer, die anderen, oft noch im jugendlichen Älter, telephonieren auch recht häufig.

Welche Fülle von Gesprächen käme zustande, wenn jeder alles, was ihn bewegt, sich durch den Fernsprecher vom Herze» reden wollte! Das geht nicht, wenigstens im Kriege nicht, wo die Orts- und Ferngespräche an sich schon um 50 v. H. im Durchschnitt gestiegen sind, einzelne Ortsnetze eine Steigerung bis zu 500 v. H. und manche Gaue bis 250 v. H. mehr Fern­sprechverbindungen als im Frieden aufweisen. Dieser Zu­wachs ist auf eine Umschaltung des Benutzerkreises zurück- zusühren. Betriebe. Behörden und die Wehrmacht brauchen den Fernsprecher als schnellstes Verständigungsmittel, das zu­erst in den Dienst der Reichsvertcidigung gestellt werden mutz.

Die starke Verkehrszunahme muß mit einer weit geringe­ren Zahl von Fernsprechleitungen und einem stark verminder­ten Personalstand bewältigt werden.

Ungeahnte Schwierigkeiten treten oft bet der Pertegr-ug von Betrieben oder der Neueinrichtung von Industrien ans, die meist an den ^Ausläufern des Fernsprechnetzes gelegen sind. In Friedenszeiten würde die Erweiterung der tech­nischen Anlagen kein Problem sein, heute unterliegt sie kriegs- bedingten Grenzen. Trotzdem sorgt die Deutsche Reichspost dafür, daß der kriegsentscheidende Fernsprechverkehr von Wehr­macht, Partei, Behörden, Rüstung, Ernährung usw. sicher- gestellt wird, wobei ganz erklärlich ist, daß das aus Kosten der Privaten Gespräche gehen muß, die übrigens in den meisten Fällen auch durch einen Brief oder eine Postkarte ersetzt wer­den können.

Die Reichspost hat Lenkungsmatznahmen genossen, wonach private Anschlüffe zeitweilig oder ganz gesperrt werden. Das ist besonders nach Luftangriffen nötig, wo die Zahl der Ge­spräche ins Lawinenhaste wächst. Da der Einwirkungsversmb ms die Teilnehmer, nach Angriffen auf das Telephonieren zu erzichten, leider ohne Erfolg blieb, werden jetzt alle nicht cbenswichtigen Anschlüffe für den abgehenden Verkehr stun- snweise gesperrt. ,Man kann in dieser Zeit was beton: ?i angerufen werden, aber selbst nicht anrufen.

Die Reichspost, deren erster Grundsatz es immer gewesen t, ihren Kunden möglichst Viole Erleichterungen zu verschaffen, ar die Einschränkungsmaßnahmen nur getroffen, weil sie nbedingr nötig sind. Auch die weitere Aufhebung privater mschlüsse liegt im Rahmen kriegsbedingter Notwendigkeit. :eder einzelne, der heute noch Glück hat, einen Fernsprech- nschlutz sein eigen zu nennen, kann an der Aktion der Reichs­ost teilnehmen, indem er nur dann telephoniert, wenn das -espräch unvermeidlich ist. nnd im übrigen di« Mahnung be- erzigt:Fasse dich kurz!"

H/arrner rrnck /'rauen c/er OeutLc^en ^e/c^LöaLa

oic KkicttSkättsti-

Niemals nervös - an»iXsrvenstranK"!

Lelioteleßi'spli. Lslintelepbon uvck üernscbreidee - «las sinck ckie diervsn- strsnge ckes groben lleiclisbskn-Orgsnismus. dlelckungen von eat- sekeickenckerXtziclikigkeit lauten liier ckurcb. Da ckark man niclit nervös vercken, cks kommt es aut rulnge iiukmerkssmkeir snl k'rau 8rna XeUermann aus kosen, eine cler vielen krauen in lcrieAStviclitigem Dienst bei cker Deutsclien lieiclisbatm ist liier vorbilcllicb. dlsg es auch noch so heiL Herrchen, sie bleibt rotzig, kreuncllictz un<1 ruverlZssig.

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Als das Auto vorHuhr, sagte Edda, und sie bemühte sich, den Fahrer gar nicht zu sehcp:Willst du nicht selber fahren, Ax?"

Er schaute sie überrascht an, erriet dann ihr Unbehagen und sagte iu. Der Fahrer war entlassen für heute. Sie fuhren ab, und Edda meinte mit ganz leiser, verträumter Stimme:Eigentlich ist es wunderbar: tagelang habe ich kein Autohupen, kein Bahngeklingel und keine Zugsignale gehört, überhaupt nichts, was bisher zu mei­ner Welt gehörte, und ich habe es gar nicht vermißt."

»Ich bin sehr glücklich darüber", antwortete Alexander strahlend.

Der Sommer schien nur schöne Tage für sie zu haben. Sie fuhren mngjam, den schönen Tag auszukosten. An einem versteckten See, sein blaues Auge zum Himmel erhob, hielten sie und stiegen M. Ihre Füße schritten über weiches, tiefes Gras bis dicht an das Mfumkränzte Wasser heran. Die Sonne grub goldene Furchen i«Mchen die Wellen.

»Ich mochte hindurchschwimmen", sagte Edda, das Haupt weit Muckgelehnt gegen Alexanders Arm,immer so durch das Eoild."

»Tu' es lieber nicht", meinte Alexander,hinterher bekomme ich mue goldene, ganz und gar goldene Edda zurück, und ich mag noch Aber die rosaweitze."

»Ich bin aber doch jetzt schon braun", widersprach Edda.

«»dm so braun, wie die Leute hierzulande

-.'^chon gemessen an dir, bin ich weiß", lächelte Edda und hielt M Hand prüfend gegen seine Wange. Dazu .lachten sie beide.

vre stiegen wieder ein. Nun fuhren sie bald auf einer Straße,

° Zwischen üppigen Weiden und Wiesen und späterhin zwischen

erlaub Herführte. Hier begegneten ihnen zweimal Gefährte, aus ei---" grüßend Hände erhoben, lächelnde, ein wenig auch neu- tznück^ vorbeugten. Alexander grüßte mit Hellem Gesicht

»Die Konitzens und die Plischows!" erklärte er.Nette Leute. >. 1 ,sie kennenlernen. Wie sie neugierig waren auf dich!" Er P" Junge.Sie haben gehörige Augen gemacht. So -Mn hatten sie sich wohl die junge Frau Ralmanski nicht vorgestellt." ^ ,re eine Strecke weitergesahren waren, kam ihnen ein wei­

teres Gefährt entgegen, ein leichter Iagdwagen, in dem nur eine Person, ein kleiner, untersetzter Mann saß. Dieser hatte pechschwar­zes Haar, das an seinem Kopf wie eine Perücke saß; darunter listel- ten pechschwarze Augen. Edda neigte sich bereits ein wenig liebens­würdig vor, es diesmal nicht zu versäumen und Alexanders Gruß zu begleiten, da traf sie Alexanders Hand. Diese Hand umkrallte die ihre. Noch nie hatte Alexander , sie'so berührt. Edda sah ver­wundert in sein Gesicht.

Auch ein Bekannter?" fragte sie leise.

Min!" sagte Alexander. Er schaute in die Luft, und sein Gesicht war plötzlich gläsern und eiskalt geworden. Noch niemals hatte Edda ihn so gesehen; es hatte fast etwas Erschreckendes für sie. Der Mann im Wagen hingegen beugte sich nach vorn, sein breites, glat­tes und dunkel gebräuntes Gesicht lächelte, lächelte auf eine irgend­wie unangenehme Weise. Er tat, als wolle er grüßen. Aber nun erstarrte auch Edda, beeinflußt vom unbeweglichen Gesicht des Gat­ten, und das Gefährt zuckelte vorüber. Und wieder sah Edda in Alexanders unerbittliches, kaltes Gesicht; sie sah einen ganz neuen Alexander Wenn er sie jemals so ansehen würde, mit diesem star­ren, bewegungslosen Gesicht, mit diesen gefühllosen Augen, mit diesem schmal zusammengepreßten Mund...

Was tat er, als er vorüberfuhr?" fragte Alexander.

Er? So, der schwarze Mann!" Edda mußte sich zurücksinden, weil ihre Gedanken viel weiter gewesen waren.Er sah mich an, lächelte irgendwie."

.So, er hat es also wirklich gewagt, dich anzusehen, zu grinsen? Meine Frau anzugrinsen? Ein widerlicher Bursche!" Dieser ver­halten tobende Alexander sah gefährlich aus, ließ einen erzittern.

Wer ist es?" Edda legte ihre kühle Hand zart auf die seine, die am Lenkrad lag.

Er ist ein Schuft. Er hat mir mehrere meArer schönsten Wälder und ein Wirtschaftsgut meines Hofes abgelistct. Mit polnischen Mitteln hat er dies zu erzwingen verstanden. Du weißt ja, wie, trostlos die Lage nach dem verlorenen Kriege war."

Edda sagte:Wir wollen diesen Mann vergessen. Er ist nicht wert, daß er dir die strahlende Laune, uns beiden den herrlichen Tag verdirbt."

Ich möchte nicht", Erwiderte Alexander, nur schwer besänftigt, daß er dir oft über den Weg läuft. Ich ertrage es nicht, dein Gesicht von diesem Menschen angelächelt zu wissen."

Ich wende mich ab, wenn er mir je eiümal begegnen sollte, da-' mit er es nicht sehen kann!" schwor Edda, und sie sagte es mit einer so rührenden Kindlichkeit und Liebe, daß Alexander aufhorchte, den Blick zu ihr wandte und wieder jäh beglückt war.

Dieses Raima war ein entzückendes Schlößchen, die liebenswür­dige Schöpfung eines auf seine Witwe bedachten Ralmanski. Mit einer graziösen Leichtigkeit sondergleichen wurde dieses Bauwerk

in die reizvolle Landschaft gesetzt. In die Mitte des lebhaft beweg­ten Umrisses legte der Baumeister dieses kleinen Schmuckkästchens ein Rechteck, gestaltete dieses im Erdgeschoß zu einer Durchfahrt- Halle und stellte darüber den Hauptsaal, eine prächtige Naum- schöpfyng, die zwischen hochragenden Wandungen durch zwei Stock­werke emporstieg. Zum Altan der Vorderseite führte eine prächtige, mit weitausholenden Flügeln in mehrfach gebrochener Linie an­steigende Freitreppe.

Nachdem der Wagen mit Alexander um das Schloß herum- gefahren war, stieg Edda mit langsamen Schritten über die Frei­treppe zum Portal hinan. Sie ging mit dem gemessenen, wohlein- studierten und graziösen Gang der Schauspielerin, sie tat es im Unterbewußtsein, ohne Gefühl für Wirklichkeit und Tatsache. Sie hatte einmal in einem historischen Film, Epoche Friedrich des Großen, eine Freitreppe zu ersteigen, ebenso langsam und ver­träumt, und dicht vor dem Portal mit einem Offizier Seiner Maje­stät zusammenzustoßen. An diesen Film dachte Edda und sie emp­fand wieder das.prickelnde Gefühl des großen Schauspiels, das sie damals gegeben, sie fühlte es nun, jetzt in diesem Augenblick, bei dem langsamen Gehen über die Freitreppe. Und als sie oben an- gctomme» war, wurde die Tür hastig geöffnet. Ein jugendlicher Mann stürzte heraus, rannte sie fast um, stieß mit ihr zusammen und stand still vor ihr, starrte sie an, stammelte etwas und sagte dann gestnnmcit:

Verzeihen Sie! Sie wünschen die Frau von Ralmanski z:: sprechen? Vielleicht darf ich Sie selbst hineingeleiten?"

Zu Frau von Ncilmanski? Ja, natürlich! Edda erwachte. Edda war nicht mehr die Schauspielerin Giltard, sondern die Frau d.c> lArft-^-ützers Ralmanski. Der Meniib vor ihr war kein Part»':

fi-

, ^-ie sind nicht-painmelte sie mit den für einen Un­

wissenden r-nchlich unerklärlichen Worten, und nahm ihren Blick von seine:» Gesicht. Er atmete auf und sah aus, als sei er betäubt gewesen. Die schönsten Augen hatten jäh auf ihm geruht und einen unbeschreiblichen, ihn überfallenden Aufruhr in seinem Innern verursacht. Sie folgte ihm, als er die Tür vor ihr öffnete, sie ein- tretcn ließ in die Halle, auf die Treppe deutend, die hier drinnen, ebenso kühn wie draußen, nach oben führte. Sie gingen mit laut­losen Schritten über uralte Teppiche. Als Edda den Fuß auf die erste Treppe setzte, rief von oben eine gedämpfte Stimme:

Michael? Du hast die Pinsel allesamt vergessen!"

Edda erkannte ohne weiteres die Stimme der Prinzessin, aber sie lauschte befangen dem neuen Ton, der darin schwang, der Glut und weichen Sehnsucht, die diese jung machte, ungeduldig und sanft zugleich. Sie wandte sich fragend an den Mann, der hinter ihr schritt.

(Fortsetzung folgt)

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