Nr. 282. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

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Donnerstag, den 2. Dezember ISIS.

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Italienische und französische Parlamentsfragen. !

lieber die Erklärungen der italienischen Re­gierung bei der Eröffnung des Parlaments liegen noch keine näheren Nachrichten vor, aber die paar kurzen Stichworte ermöglichen schon ein gewisses Ur­teil über die Tendenz der Minister reden. Zum so­undsovielten Male mutzten der Kammer und dem Volk die Gründe mundgerecht gemacht werden, warum eigentlich Italien seine Treue gegenüber den Zentralmächten gebrochen hat. und warum die Re­gierung den Krieg der opferlosen Abtretung des größten Teils des von Italien geforderten Gebiets vorgezogen hat. Man mutzte diesmal natürlich um­somehr Wert auf eine glaubhafte Erklärung legen, als sich Stimmen erheben könnten, die das Ergeb­nis der bisherigen militärischen Erfolge als nicht im Einklang mit den ungeheuren Opfern des Volkes betrachten möchten. Man wird zwar nicht viel Oppo­sition hören, aber umsomehr werden viele Volksge­nossen sich fragen, zu was wurde eine halbe Million unserer besten Kraft geopfert, für welchen Zweck haben wir Libyen mit vieler Mühe erobert, wenn wir es wieder hergeben müssen, und wie sollen wir die setzt ins Ungeheure gestiegenen Lasten du-,es Krieges decken. Italien ist für die Beschaffung aller R.ohm(lierial.ien a-uf das Ausland anffewiesen, das italienische Geld ist in den Hauptbezugsländern Eng­land Amerika und der Schweiz um der Friedens- iverlung gefallen man kann ?ich alla ungefähr den Grad der Verteuerung sämtlicher Einfuhrartikel (Rohstoffe. Kriegsmaterialien und nicht am wenig­sten Lebensmittel) herausrechnen. Bis Ende dieses Jahres wird Italien für seine Kriegsausgaben etwa 7 Milliarden geopfert haben! davon sind 2>ch Mil­liarden durch Anleihen gedeckt, die schwebende Staatsschuld beträgt also heute schon 6 Milliarden, während sie vor dem Krieg ungefähr 1 Milliarde betrug. Um diesen nützlichen Finanzverhältnissen abzuhelfen, griff die Regierung, wie das für sog.de­mokratische" Staaten (siehe Frankreich) üblich zu sein scheint, zu indirekten Steuern, die den kleinen Mann am meisten treffen, also auch nicht dazu bei­tragen werden, die Freude am Krieg zu erhöhen. Aber das sind vorerst alles Erwägungen, die zwar im Stillen in Rechnung gezogen werden, die sich aber wohl wenige gestatten werden, der in diesen Dingen sehr feinfühligen Regierung zu Gemüte zu führen. Mail wird sich wohl heute noch an den hochtönenden Phrasen der Machthaber zu wärmen versuchen, aber den kläglichen Mitzerfolg, der gerade jetzt grell in Erscheinung tritt, wird selbst der gottbegnadete d'Annunzio nickst etwa in einer Siegesode zu stili­sieren vermögen. Einen gewitzen Reiz hat die Er­klärung Sonninos, datz Italien jetzt dem Londoner Abkommen betreffs gemeinschaftlichen Friedens­schlusses beigetreten ist. Der Grund, warum die ita­lienische Regierung erst j-etzt. nach sechs Monaten in diese englische Falle gegangen ist, ist nur zu durch­sichtig. Bei Beginn des Krieges glaubte man zu einem leichten Sieg gelangen zu können, um dann von den Zentralmächten die gewünschten territori­alen Zugeständnisse erpressen zu können. Jetzt hat aber die Kriegslage ein bedeutend finsteres Gesicht für die Alliierten angenommen, der italienische Ko­lonialbesitz droht in Brüche zu gehen, Italiens In­teressen auf dem Balkan sind in höchster Gefahr und dieunerlösten" Gebiete leiden immer noch unter dem italienischen Vombenregen. Was bleibt den Herren S-alandra und Genossen da weiter übrig, als sich an das Schicksal der neuen Bundesgenossen zu kotten, mit der traurigen Hoffnung ans gernein-

I same Verteidigung der Interessen. Die Erklärung über den gemeinsamen Friedensschlutz ist also weiter ! nichts als ein gewöhnlicher, aber im Ententelager mnner beliebter Bluff.

Die französische Kammer hat gestern auch einen grotzen Tag gehabt. Sie hat den Gesetzesantrag über die Einstellung des Jahrganges 1917 angenommen. Gallieni. der neue Kriegsminister begründete die Notwendigkeit dieses Gesetzes damit, datz die jungen Leute eine sorgfältige Ausbildung erhalten mutzten, damit sie im Frühjahr bereit seien zu einer Zeit, wo in Uebereinftimmung mit den Alliierten die Ver­stärkungen und Rüstungen Frankreichs ihm erlauben würden, eine entscheidende Anstrengung zu machen. Also wieder ein französischer Wechsel auf die Zu­kunft. den man, wie das bei solchen Papieren oft auch im bürgerlichen Leben der Fall ist. zu einer Zeit ausstellt, in der man sich über die kommenden Verhältnisse keine grotzen Gedanken macht. Die Hauptsache ist, man gewinnt Zeit und vertröstet das Volk. Viel scheint man dem Volk allerdings nach die­ser Richtung nicht mehr zumuten zu dürfen, denn es soll in Frankreich heute schon eine starke Mitzstim- mung herrschen und zwar insbesondere auch wegen des verfehlten Balkanunternehmens. Clömenceau, der Ministerstür,zer, der die höchsten Aspirationen verfolgt, hat im Namen des parlamentarischen Aus schusses für auswärtige Angelegenheiten, eine Note an den Ministerpräsidenten gerichtet, worin der Re­gierung nahegelegt wird, weitere Druppensendungen noch Saloniki zu Unterlasten, da Frankreich im Ver­gleich zu den Verbündeten zu viel Truppen nach dem Orient gesandt habe. Frankreich hat drei Armee­korps dafür mobil gemacht, ivährend England nicht einmal eine ganze Division bereit gestellt hat. Das ist natürlich eine bittere Pille, die die Alliierten da schlucken müssen. Die Ankündigung großer Unter­nehmungen im Frühjahr soll aber den Zweck haben, die Erfolge unserer Heere auf dem Balkan und den Eindruck der voraussichtlichen Orientoperationen abzuschwächen. Man merkt jedoch die Absicht, und leat auch dieses Bluffgebilde zu den andern.

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Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsch r amtliche Meldung.

WTB. Großes Hauptquartier, 1. Dezember. Amtlich. Westlicher Kriegsschauplatz: West­lich von La Bassee richtete eine umfangreiche Sprengung unserer Truppen erheblichen Schaden an der engli­schen Stellung an. Ern englisches und ein französi­sches Flugzeug wurden abgeschofsen. Tie Insassen find gefangen genommen.

westlicher Kriegsschauplatz: Keine wesent­lichen Ereignisse.

Balkankriegsschauplatz: An einzelnen

Stellen fanden erfolgreiche Kampfe mit feindlichen Nachhuten statt. Bei Prizren nahmen die bulgarische» Truppen 15009 Serben gefangen und erbeuteten viele GebirgSgeschiitze und sonstiges Kriegsgerät.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.) Wien. 1. Dez. Amtliche Mitteilung vom 1. Dezember mittags:

Russischer Kriegsschauplatz. Keine besonderen Eregnisie. Bei den dem österreichisch-un­garischen Oberbefehl unterstehenden verbündeten Streitkräften der Nordostfront wurden im Monat November an Gefangenen und Beute 78 Offiziere. 12 009 Mann und 32 Maschinengewehre eingebracht.

Italienischer Kriegsschauplatz. Der gestrige Tag verlief an der Jsonsofront im allge­meinen ruhiger. Nur der Brückenkopf von Tolmein wurde wiederholt heftig angegriffen. Diese Vorstöße des Feindes brachen in unserem Feuer zusammen. Heute nacht setzte starkes Artilleriefeuer gegen den Nordhang des Monte San Michele ein. Gleichzeitig griffen die Italiener den Gipfel dieses Berges an. Sie wurden zurückgeschlagen. Auch feindliche An- grisfsversuche im Raume von San Martina wurden abgewiesen.

Südlicher Kriegsschauplatz. Unsere Truppen dringen umfassend gegen Plevlje vor. Eine Kolonne greift die Eradina-Höhe südöstlich des Me- talka-Sattels an. Eine andere erstürmte in den Nachmittagsstunden und nach Einbruch der Dunkel­heit den von den Montenegrinern zäh verteidigten Hochflächenrand 10 Kilometer nördlich von Plevlje. Prizrend wurde am 29. November mittags von den Vulgaren genommen. Die Armee des Generals von Koevetz hat im November 40 800 serbische Soldaten und 26 600 Wehrfähige gefangen genommen und 179 Geschütze und 12 Maschinengewehre erbeutet.

Das Ergebnis der letzten Isonzooffensioe.

Basel, 1. Dez. Der schweizerische Major Tauner telegra­phiert denBasler Nachrichten" aus Görz vom 29. Nov. mit­tags: Die Tatsachen an der Jsonzofront übertreffen weit meine Erwartungen. Es ist beinahe unfaßbar, nach einem großen italienischen Artilleriehagel und schwungvollen Jn- fanteriesturm die Oesterreicher noch in der oft ganz verschüt­teten Stellung zu finden. Der Geist der Verteidiger ist vom Schützengraben bis zum Armeekommandanten absolut der gleiche, die eindrucksvollste Zuversicht. Ihre Unterstützung findet diese Ruhe in der Kraft und Sicherheit einer Taktik des Zusamcnarbeitens von Artillerie und Infanterie, die jeder neuen Maßnahme des Angreifers prompt und wirksam zu begegnen weiß. Die artilleristische und infanteristische Ueberlegenheit der Italiener ist numerisch bedeutend. Trotz­dem behauptet die österreichische Artillerie ihre Stellung und weist die österreichische Infanterie Angriff um Angriff ab, oder nimmt das Verlorene im Gegenstoß wieder. Die Ita­liener sind wohl schrittweise näher an di>x österreichische Ver­teidigungslinie herangekommen, haben auch den Verteidiger genötigt, da und dort die Frontlinie abzubiegen und an zwei Stellen den Italienern eroberten Boden zu lassen; doch sind dies auch abgesehen von dem italienischen Aufwand an Zeit, Munition und Menschen, der ungeheure Totaloerluste ausmacht wirklich Kleinigkeiten. Alle diesseitigen Hand­lungen gelten dem stetigen Befestigen und Wiederaufbau«». Kein Mensch denkt an ein Weichen. Es herrscht überall ei« erstaunlicher Humor. Sollte das anscheinend Unglaubliche eintreten, daß die erste Linie irgendwo derart eingedrückt würde, daß die Oestcrreicher auf die zweite zurückgehen müß­te», so würde wohl einfach der Tanz der letzten sechs Monate, der sich fast mathematisch genau immer an der gleichen öster­reichischen Verteidigungslinie abwickelte, in ähnlicher Weise von neuem beginnen. Die Entscheidung zwischen den beiden erbitterten Gegnern scheint am Isonzo in der Weise fallen zu wollen, daß die Italiener daran verbluten, ehe sie auch nur .inen politischen Erfolg für ihr ungeduldiges Hinterland er­reicht haben werden. Um diese Zeit liegen die Oesterreicher in de» Trüminern von Oslaoia und aus der Höhe davor. Der italienischcrscits gemeldete Abstieg gegen den Zsonzo kann sich nur auf die Hangteile bis zur bisherigen österreichischen Linie beziehen, da der ganze Görzer Brückenkopf nirgends durchbrochen ist. - Diese Schilderung eines neutralen und sachverständigen Augenzeugen der vierten Jsonzoschlacht ist besonders interessant, weil sie am Tage der Eröffnung des italienischen Parlaments cintrifft. Wie diese Tatsache auf die Stellung der Regierung und die innere Entwicklung in Italien wirken wird, muß sich wohl bald zeigen.

Die italienischen Kräfte.

Zürich, 1. Dez. Die Schweizer Blätter leMern die von den Italienern eingesetzten Kräfte für t.n