Nr. 263. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

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Mittwoch, den 10. November ISIS.

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Eine schwere Malige kr EnteMMi ms k« Balkm.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Zur militärischen und politischen Lage.

Daß der serbische Widerstand von Tag zu Tag ab- nimmt, erhellt schon aus dem Umstand, daß die Ser­ben in den letzten Tagen nicht nur unverhältnismäßig viel Kriegsmaterial in den Händen der Verbündeten gelassen haben, sondern auch die Eesangenenzahl sich ganz gehörig gesteigert hat. Es wird allgemein festge­stellt, daß sich die Soldaten viel schneller gesungen neh­men lassen, als zu Beginn der Offensive, und auch der Gesamtwiderstand wird nicht mehr in dem Grade ge­leitet, wie zu Anfang. Man kann die Stinunung des im Stich gelassenen serbischen Heeres verstehen; die versprochene Hilfe ist nicht eingetrosfen, und die Ser­ben sehen sich in die Notwendigkeit versetzt, ein Stück um das andere von ihrem Land dem Feinde preiszu­geben. Es kann sich nur noch um Tage handeln, bann ist Altserbien vollständig in den Händen der Verbün­deten. Jede neue Nachricht vom Kriegsschauplatz bringt weitere gewaltige Fortschritte. Mackensen dringt rüstig weiter südlich der westlichen Morava vor, die Bul­garen vollziehen ihren Vormarsch an der südlichen Morava auf der ganzen Linie, und werden heute wohl schon Fühlung mit den Verbündeten im Bereich der Linie AlecsinacKrusevac erhalten haben. Der linke Flügel der bulgarischen Moravaarmee hat Lescovac genommen, wodurch die Möglichkeit gewonnen wurde, die Serben iveiterhin von ihrem Rückzug nach Süden abzudrängen. Sie besitzen jetzt nur noch die infolge des gebirgigen Charakter schwierige Rückzngslini« auf Mitrowitza, und diese wird schon durch das bulgarische Vorgehen in der Gegend von Pristina bedroht. Wenn also Hilfe erscheinen soll, so kann sie nur noch vom ad­riatischen Meer Herkommen. Die von Saloniki aus­gehende Ententeexpedition, die ihren Angriff von Gewgheli aus auf der Linie PrilepStrumitza ange­setzt hat. hat soeben nach vorläufigen Privatnachrich­ten eine schwere Niederlage erlitten. Der Ententeplan, die mazedonischen Operationen der Bulgaren zu be­drohen, kann also vorerst als gescheitert betrachtet werden.

Nun kommen aus Italien Nachrichten, die ver­muten lassen, daß der Einfluß der dortigen Kriegs­macht doch soweit gediehen ist, daß mit einer italieni­schen Expedition nach Albanien gerechnet werden muß. Italien hat natürlich große Interessen an dem albanischen Küstenland, es ist also wohl möglich, daß vielleicht eine Besetzung von albanischem Gebiet ge­plant ist. Mit dem Erscheinen italienischer Truppen auf dem Balkan würde aber die Neutralität Griechen­lands aufs Neue auf eine harte Probe gestellt werden, denn auch Griechenland hat in Albanien hohe Inter­essen. Man spricht nun davon, daß Kitchener, der nach dem Orient gesandt wurde, auf seiner Durchreise in Athen sich über die näheren Bedingungen der dem Vieroerband zugesicherten wohlwollenden Neutralität Griechenlands informieren will, wahrscheinlich auch über das Verhalten der Regierung bei etwaiger Lan­dung italienischer Truppen in Albanien. In Italien scheinen immer noch zwei Parteien um die Herrschaft zu ringen, und zwar diejenigen, die für den bedin­gungslosen Anschluß an die Entente sind, also für die Mitwirkung auf allen bedeutenden Kriegsschauplätzen, und diejenigen, die die Anschauung vertreten, daß Italiens heiliger Egoismus die Konzentrierung seiner ganzen Macht gegen den österreichischen Kriegsschau­platz erfordere. Die Wiedereröffnung der Kammer wird von den Kriegshetzern mit gemischten Gefühlen entgegengesehen. Sie, die den Willen der Nation als maßgebend für die Kriegserklärung bezeichnet hatten,

wollten auf einmal überhaupt nichts mehr von einer Parlamentstagung wissen. Der Grund liegt darin, daß sie befürchten, die Anhänger der Neutralität, d. h. diejenigen, die vor allem Eiolittis Politik befürworte­ten, die Klerikalen und die radikalen Sozialisten, wür­den angesichts des schweren Mißerfolges der italieni­schen Armee während des fünfmonatigen Kampfes ihr Uebergewicht im Parlament diesmal bester zum Aus­druck bringen als bei der Kriegserklärung, die Re­gierung aber will der Kammer größte Redefreiheit in Bezug auf die auswärtige Lage zugestehen. Sie weiß natürlich warum. Auf die Eröffnung der Kammer darf man deshalb gespannt sein.

Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 9. Nov. Amtlich. Westlicher Kriegsschauplatz. Es find keine Ereignisse von Bedeutung zu melden. Versuche der Franzosen, das ihnen am Hilsenfirst entrissene Graben­stück zurückzugewinnen, wurden vereitelt.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe de» Generalfeldmarschalls von Hindenburg: Die russischen Angriffe wurden auch gestern westlich und südlich von Riga, westlich von Zakobstadt und vor Dünaburg ohne jeden Erfolg fortgesetzt. In der Nacht vom 7. auf 8. November waren feindliche Abseilun­gen westlich von Dünaburg in einen schmalen Teil unserer vorderen Stellung eingedrungen. Unsere Trup­pen warfen sie im Gegenangriff wieder zurück und mach­ten 1 Offizier und 372 Mann zu Gefangenen.

Heeresgruppe des Eeneralfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Zm Lause der Nacht fanden an verschiedenen Stellen Patrouillenkämpfe statt.

Heeresgruppe des Generals v. Linsingen: Bei einem erfolgreichen Gefecht nördlich von Gomarow (am Styr) wurde« 388 Rüsten gefangen genommen.

Balkankriegsschauplatz. Südlich von Kraljevo und südlich von Krusevac ist der Feind aus seinen Nachhutstellungen geworfen. Unsere Truppen sind im weiteren Vordringen. Die Höhen bei Gjnnis am linken User der südlichen Morava sind erstürmt. Die Beute von Krusevac erhöhte sich auf etwa Ge­schütze, darunter 18 schwere, die Eesangenenzahl auf 7888. Die Armee des Generals Bojadjieff hat am 7. November abends nordwestlich von Aleksinac, sowie westlich und südwestlich von Nisch die südliche Morava erreicht und im Verein mit anderen von Süden vor- gehcnden bulgarischen Heeresteilen Leskovac ge­nommen.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTV.)Wien, 9. Nov. Amtliche Mitteilung vom 9. November, mittags:

Russischer Kriegsschauplatz: Nördlich von Zazlovisc an der unteren Strypa und westlich von Czartorysk am Styr wurden russische Angriffe abge­schlagen. Sonst nichts Neues.

Italienischer Kriegsschauplatz. Die Lage ist unverändert. Mehrere feindliche Angriffe an der Jsonzofront auf Zagora, in den Dolomiten auf dem Col di Lana und den Sief-Sattel wurden abge­wiesen.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. An der montenegrinischen Grenze ist die Lage unverändert. Von den in Serbien kämpfenden K. u. K. Truppen hat eine Gruppe Zvanijica besetzt, eine andere den !Feind aus seinen an der Straße Zvanijica-Kraljev» ange­

legten Höhenstellungen geworfen. Deutsche Kräfte ver­trieben den Gegner aus seinen Verschanzungen südlich von Kraljevo. Südlich von Trstnik stehen unsere Ba­taillone im Kampf. Die im Raum von Krusevac operierenden deutschen Divisionen dringen südwärts vor. Die Bulgaren haben Leskovac in Besitz genommen.

Eine schwere Niederlage der Ententetruppen auf der Linie StrumitzaPrilep.

Berlin, 10. Nov. DasBerliner Tageblatt" be­richtet aus Sofia: Die Ententetruppen, die sich zur Offensive gegen den bulgarischen Flügel in der War- darebene anschickten, erlitten eine entscheidende Nieder­lage. Die feindlichen Truppen waren längs der Eisen­bahn SalonikiKrivolac und SalonikiMonastir konzentriert. Nach dem Verlaus des Kampfes zu ur­teilen, betrug ihre Zahl ungefähr 88 888 Mann. Die Vulgaren traten ihnen aus der Front PrilepKri­volacStrumitza in einer Frontlänge von mehr als 50 Kilometer in unerwarter Weise entgegen. Die Eng­länder und Franzosen operierten hauptsächlich mit ihren Flügeln in der Hoffnung, dadurch die Lage der Bul­garen schwierig zu gestalten. Der Kampf dauerte zwei Tage. Anfangs hielten sich die Truppen der Entente hartnäckig. Als aber die Bajonettangriffe begannen, ergaben sie sich in Haufen oder ergriffen die Flucht. Die Verluste der Feinde sind ungeheuer, während die der Bulgaren verhältnismäßig gering sind.

Die Beute auf dem serbischen Kriegsschauplatz.

(WTB.) Sofia, 9. Nov. Heeresbericht vom 7. No­vember: Unsere Truppen, die die geschlagene serbische Armee zu verfolgen fortsuhren, sind am 7. November auf ihrer ganzen Front bis an die Morava gelangt und bereiten sich vor, auf ihr linkes User üderzusetzen. Besetzt wurden die Städte Aleksinac, Vlasotince, II- tovac und in Mazedonien die Stadt Tetovo. Aus den anderen Fronten keine Veränderung. Unsere Truppen wurden in Nisch von der Bevölkerung mit Blumen, Freudenrufen. Hurras undWillkommen Befreier"! empfangen. Die Stadt war von den abziehenden ser­bischen Soldaten geplündert worden. Als Kriegsbeute wurden in Nisch bis jetzt gezählt: 42 Fcstungsgcschiitze, Tausende "von Gewehren und Kisten mit Munition, 788 Eisenbahnwagen, die Mehrzahl beladen mit Le­bensmitteln, viele Automobile, viel Sanitätsmatcrial, u. a. 12 Desinfektions-Maschinen, 500 Wasserpumpen, 500 neue Fahnen, Hunderttausende von Soldaten- wäschestiicken und Uniformen. Es hnd noch viele Pul­verdepots in der Stadt und Umgebung. Weiter ließen die Serben bei ihrem Rückzuge noch zahlreiche Ge­schütze, Maschinengewehre und Gewehre zurück, die noch gar nicht gezählt sind. Bis jetzt wurden bei Nisch 5000 Gefangene gezählt.

Wien, 9. Nov. DasNeue Wiener Tagebl." er­fährt in einer D-mhtung aus Lugano, daß die in Traljevo von der Armee Gallwitz erbeuteten 130 Ka­nonen in diesem Frühjahr von Creusot geliefert wurden und das allerneueste Modell darstellen.

Sofia, 9. Nov. Unter dem äußerst wertvollen Kriegsmaterial, 'das den Bulgaren bei ihrem raschen Siegeszug in die Hände siel, befanden sich, wie der Deutsch. Tageszeitg." berichtet wird, auch über 100 fast neue Lokomotiven, hauptsächlich italienischen Ursprungs; 45 Lokomotiven hatte Serbien noch in den letzten Wochen vom Bierverband als Geschenk