Die Balkanlage.

Die Haltung Rumäniens.

Buckarest, 3. Nov. Offenbar im Hinblick auf die mannigfachen und widerspruchsvollen Gerüchte über die Politik der rumänischen Regierung, veröffentlichen die Blätter, wie derDeutschen Tageszeitung" übermit­telt wird, hierüber folgende halbamtliche Note: Eine bewaffnete Intervention Rumäniens kann sich nur er­eignen, wenn irgend eine der kriegführenden Gruppen vitale Interessen unseres Landes bedrohen sollte. Es mutz ausdrücklich darauf hingewiesen werden, datz nicht die geringste Verpflichtung für Rumänien be­steht, Serbien zu verteidigen. Bulgarien ficht als Bun­desgenosse der Zentralmächte, und der serbisch-bulgari­sche Krieg kann infolgedessen nur als Episode des grotzen europäischen Konfliktes aufgefaht werden. Ru­mänien fühlt keine Verpflichtung, den Bukarester Ver­trag auch gegen die Großmächte zu verteidigen, sondern würde dies nur gegen die Signatarmächte dieses Ver­trages tun, wenn sie denselben aus ehrgeizigen Ge­lüsten umstotzen wollten. Die rumänische Armee ist nicht im eigentlichen Sinne des Wortes mobilisiert, wir haben nur Matzregeln zu unserer Verteidigung ergriffen, die allerdings andauernd noch vervollständigt werden. Rumänien ist in keiner Richtung militärisch gebunden. Es ist unrichtig, datz eine Abmachung ir­gendwelcher Art. insbesondere zwischen Rumänien und Italien besteht. Italien besitzt Rumäniens Sympatihe, die sich auch in den Zähren Luherte, da Ztalien noch zum Dreibund gehörte. Der Dreivertrag ist jedoch von Ztalien aufgehoben worden. Wir haben ebenso­wenig Absicht auf Transsilvanien wie auf Bessarabien. Es besteht ebensowenig Aussicht auf ein Eingreifen Rumäniens für die Zentralmächte wie eine Stellung­nahme Rumäniens gegen dieselben. Diese Erklä­rung wird hier allenthalben als ein Beweis dafür auf­gefaßt, daß Rumänien die am 28. Oktober erfolgten neuen, sehr umfangreichen Vorschläge und Anerbietun­gen des Bierverbandes abermals abgelehnt hat. Nach­richten aus Südrußland sprechen allerdings viel von starken russischen Truppenkonzentrationen an der ru­mänischen Grenze. Die rumänische Presse schenkt die­sen Informationen wenig Glauben, da sie offenbar tendenziösen Zwecken dienen sollen, um die Serben in ihrem aussichtslosen Widerstand yu ermutigen. Die Möglichkeit, datz Rußland sich mit Gewalt den Durch­marsch durch die Dobrudscha erzwingen will, wird hier nicht in Betracht gezogen.

Rumänien und Bulgarien

Berlin, 3. Nov. DieNat.-Ztg." meldet von der russischen Grenze: Wie verschiedene Petersburger Blat-rer übereinstimmend feststellen, hat sich in den letz­ten Tagen eine deutlich sichtbare Annäherung zwischen Rumänien und Bulgarien vollzogen. Wie einzeln« Blätter Melden, bestätigt es sich, daß Bulgarien seine rocht beträchtlichen Erenzsicherungstruppen von der ru­mänischen Grenze abgezogen und nur einen dünnen Erenzkordon stehen gelassen hat. Die hier freigewor- denen Truppen sind nach Dedeagatsch transportiert worden. Auch die rumänische Regierung hat ihre an­läßlich der bulgarischen Mobilisation ausgestellten Grenzschutztruppen nunmehr von der bulgarischen Grenze zurückgezogen.

Griechenland.

Mailand. 3. Nov. Torriere della Sera meldet aus Athen: Heute sollte in der griechischen Kammer eine Anfrage betreffend die Mobilisation erörtet werden. Der Ministerpräsident hatte die Vertagung der Besprechung verlangt. Da die Anfragenden auf sofortige Besprechung drangen, verweigerte Ministerpräsident ZaimiS die Antwort.

Sicherung des serbischen Staatsschatzes.

Graz, 3. Nov. DieGrazer Tagespost" läßt sich, lautDeutsch. Tageszeitg." aus Athen drahten: Aus Saloniki wird gemeldet, datz die den serbischen Staatsschatz transportierenden Truppen unter der Bedeckung eines griechischen Bataillons singetroffen find. Der Transport bestand aus geschlagenen Gold- und Silberbarren und nichtserbischen Wertpapieren. Die wichtigsten Dokumente des serbischen geheimen Staatsarchivs wurden dem Transport in abgesperr­ten und versiegelten Stahlkästen mitgegeben. Ob man das serbische Staatsoermögen nach Frankreich führen wird, oder ob man den Staatsschatz in Griechenland beläßt, darüber ist noch nichts entschieden.

Finis Serbiae?"

Christianta, 3. Nov. Morgenbladets militä­rischer Mitarbeiter schreibt in tinem Artikel mit der lleberschriftFinte Serbiae?": Bei Kragnjevac halten die Serben ihre Stellungen, die schon von Natur aus sehr stark waren und von ihnen außer­dem jahrelang verschanzt und autzeror-eutlich stark befestigt worden waren, in eine Verteidigungsstel­

lung ausgebaut, die das RückzugSwerk ihre- Bertei- digungsshsttmS für den ganzen Nordtetl ihres Landes bilden sollte, einen festen, unerschütterlichen Stütz­punkt, den sie sicher waren halten zu können. Es ist anders gekommen, als die Serben gehofft haben. Unverkennbar sind sie es mehr als ihre Gegner, die durch die ersten Kämpfen geschwächt wur­den und deren Moral dabei gelitten hat Kragujevac, auf das sie so sicher gebaut hatten, ist nach kurzen, anscheinend nicht außerordentlich harten Kämpfen gefallen Damit ist der Feldzug im nörd­liche« Serbien tatsächlich praktisch für sie verloren, die Macht ihrer Verteidigung gebrochen. Darüber scheint ihre Niederlage bet Kragujevac klaren Be­scheid zu geben. Sollre nun Nisch, ihr letzter Stütz punkt, auch noch von Süden angegriffen werden, so ist das Schicksal dieser Festung besiegelt. Alle Rückzugswege sinn ibnen versperrt, außer westwärts hinein in die unwirtliche und arme Berggegend wo Hunger und Kälte es den Serben unmöglich machen werden, längere Zeir au-zuhallen. Be trachtet man die Lage im Ganzen, so scheint das Ende für die Serbe« nicht fern, und zumal sie Hilfe kaum rechtzeitig erhalten werden, ihr Schicksal be­siegelt zu sein.

Vermischte Nachrichten.

Keine vorzeitige Reichstagstagung.

(WTB.) Berlin, 3. Nov. Die sozialdemokra­tische Fraktion hat beim Reichskanzler die sofortige Berufung des Reichstages beantragt. Obwohl Läe Berechtigung des Wunsches, die wiDige Frage der Volksevnährung im Parlament zu erörtern, vom Reichskanzler nicht verkannt wird, sieht er sich doch verhindert, Sr. Majestät dem Kaiser die sofortige Be­rufung des Reichstages vorzuschlagen. Ausschlag­gebend ist dabei, daß das Reichsamt des Innern, wenn der Reichslag versammelt ist, seine Kräfte fast der parlamentarischen Arbeit widmen mutz, gerade jetzt aber für die Erledigung besonders dringender Aufgaben auf dem Gebiete der Volksernährung und auch für die Vorbereitungen der Reichstagssitzungen unbedingt noch einige parlamentsfveie Wochen braucht. Da der Reichstag ohnehin Ende November seine Verhandlungen wieder aufnimmt, so würde voraussichtlich auch eine sofortige Berufung seinen Zusammentritt kaum um mehr als eine Woche be­schleunigen können.

Falsche Gerüchte von Friedensoorschlägen.

(WTB.) Berlin. 4. Nov. Nach derNordd. Allg. Zeitg." meldet dasHaager Kovrespondenzbureau" unter der lleberschrift:Deutsche Friedensvor­schläge?": Von nichtoffizieller Seite erfahren mir, datz einige Mitglieder des deutschen Reichstages vor kurzem in Amsterdam geweilt haben. Einer der Her­ren äußerte, der Reichskanzler habe als Bedingungen, unter denen Deutschland geneigt sein würde, Frieden zu schließen, bezeichnet, die Erwerbung der belgischen Maaslinie durch Deutschland sowohl vom militäri­schen wie industriellen Gesichtspunkt aus, die Annex­ion Kurlands durch Deutschland und Milliarden Mark. Wir wissen nicht, sagt dieNordd. Allg. Zei­tung". woher dasHaager Korrespondenzbureau" seine Information geschöpft haben kann, müssen aber feststellen, daß sie jeder tatsächlichen Grundlage ent­behrt. Der Reichskanzler hat keine derartigen Aeuße- rungen getan, wie es überhaupt verfrüht wäre, von .Friedensbedingungen zu sprechen.

Hermann Ridder ff-.

Newyork, 3. Nov. (WTB. Reuter.) Der Her­ausgeber derNewyorker Staatszeitung", Hermann Ridder, ist gestorben. Mit Nidder ist einer der her­vorragendsten und furchtlosesten Führer der Deutsch­amerikaner dahingegangen, der gerade in der schwe­ren Zeit der Erprobung durch den Weltkrieg dem Deutsch-Anierikanertuim u. der deutschen Heimat kaum zu ersetzende Dienste geleistet hat. Als Herausgeber lind Leiter einer der ersten deutschen Zeitungen der neuen Welt wie als ausgezeichneter Politiker und Redner hatte der charaktervolle und vielorfahvene Mann, der zu Karl Schurz noch in naher Beziehung stand, großen Einfluß auf die Haltung seiner deutschen Volksgenossen.

Englands Druck auf die Neutralen.

Stockholm, 4 Nov.Stockholms Dagblad" ver- öffentlicht einen scharfen Artikel gegen die neuen englischen Bestimmungen über die Versorgung neu­traler Schiffe mit Bunkerkohle und erklärt, diese Bestimmungen seien besonders gegen Schweden ge­richtet, da England in den abgebrochenen Verhand­lungen mit Schweden nicht habe seinen Willen durchsetzen können. Eine Unterwerfung unter die englischen Bestimmungen sei gleichbedeutend mit der Annahme der englischen Vormundschaft.

Auch Portugal streikt.

GKE Lugano, 3 Nov. Römischen Meldungen zufolge hat die englische Regierung auf ihr Ansuchen an Portugal um Ueberlaffung portugiesischer Truppen für die in Gibraltar zum Abtransport stehenden englischen T-uppen eine nichtzufriedenstellende Ant­wort erhalten. Portugal beabsichtige nicht, aus seiner Neutralität tm europäischen Konflikt heraus­zutreten.

Das Befinden des Königs von England.

London, 3. Nov. Dem amtlichen Krankheils­bericht zufolge hat der König eine weniger gute Nacht verbracht. Er leidet noch Schmerzen. Das Allgemeinbefinden ist besser. Der König kann wieder feste Nahrung zu sich nehmen.

Meuterei indischer Truppen.

Berlin, 3. Nov. Wie dieB. Z." der hier eingeiroffenenChina-Times" entnimmt, hat das bis vor 10 Monaten noch in Tientsin statronierte 24. Pandschab-Regimeut seine meisten englische« Offi­ziere verloren. U. a. sind die beiden englischen Bataillonekommandanten Major Morton und Cook am 14. Juli im Persischen Meerbusen einer Meu­terei ihrer indische« mohammedanische» Truppe« zum Opfer gefallen.

Aus Stadt und Land.

Calw, den 4. November 1915.

Kriegsauszeichnung.

Dem Fahrer Friedrich Man«, Metzger und Kronenwirt in Holzbroun, wurde die silberne Ver­dienstmedaille verliehen.

Kriegs-Verluste des Oberamts Ealw.

Aus den württembergischen Verlustlisten Nr. 293 und 294.

5. Feld-Pionier-Kompaguie.

Schnürte, Friedrich, Ottenbronn, l.verw.

Ersotz-Infauterie-Regimeut Nr. 61.

Ruß, Friedrich, Martinsmoos, verl.

Reserve-Znfanlerie-Regiweut Nr. IIS.

Pfrommer, Jakob, Würzbach, l, verw., b. d. Tr.

Berichtigungen.

Reserve Iufanterie-Regimeut Nr. 248.

Zu Verlustliste Nr. 7t: HLrtter, Friedrich, Sulz OA. Nagold, bish. verm, in Lefgscy.

Grenadter-Regiment Nr. 119, Stuttgart.

Zu Verlustliste Nr. 105: Vötting er, Friedrich, Ge- chingen, bish. verm., in Gefgsch. Auer, Christian, At­ze n b e r g, zuerst gef., d. verw. u. verm. (B -L. 172), in Gefgsch.

Zur Beachtung.

Auf dem gestrigen Wochenmaikt in Ludwig-- bürg waren für Sützbntter 1.80 Mark, für sanre Butter 1.50 Mark Höchstpreise festgesetzt. Ans Grund dieser Höchstpreise wollten einige Verkäufer ihre Ware wieder abführen, die Butter wurde jedoch vo« der Polizei beschlagnahmt und verkauft.

Hermann Hesse und der Krieg. '

" - Unser Landsmann Hermann Hesse, der mit zu

den bekanntesten neueren schwäbischen Dichtern ge­hört, ist auf Grund von brieflichen Erörterungen und Zeitungsartikeln über Len Krieg, die er aus der Schweiz, wohin er schon seit Jahren übergesiedelt ist, geschrieben hat, von deutschen, namentl. aber schwäbi­schen Zeitungen heftig angegriffen und der Drücke­bergerei und nnpatriotischen Gesinnung bezichtigt worden.

Hermann Hesse hatte in einem Privatbrief an den dänischen Professor Larsen die Aeuhernng getan: Es ist mir nicht gelungen, mich literarisch dem Kriege anzupassen, und es ist meine Hoffnung. Deutschland möge weiterhin der Welt nicht bloß mit den Waffen imponieren, sondern vor allem in den Künsten des Friedens und im Betätigen einer über­nationalen Humanität." Weiter hat er anfangs Ok­tober in der als deutschfeindlich bekanntenNeuen Züricher Zeitung" einen Artikel veröffentlicht, der mit folgenden Worten begann:Lange war ich nicht mehr in Deutschland gewesen. Erst hatten mich äußere Mächte zurückgehalten, dann war im längeren Verlauf des Krieges auch ich der Grenze der Dienst­pflicht nahegeriickt und mußte fürchten, nach einem Besuche drüben nicht mehr zurückgelassen zu werden. Als endlich der Befehl um Einrücken auch an mich erging, hatte ich längst im Anschluß an schweizerische Organisationen ein kleines Stück Arbeit im Dienste der Gefangenen übernommen und wurde nicht ge­nötigt, diese schönere und friedlichere Arbeit mit der kriegerischen zu vertauschen." Auch einige Ausfüh­rungen in einem Aufsatz in derFranks. Zeitg.", aus welchem man unschickliche Bemerkungen über die Tapferkeit unserer Feldgrauen, die bei Negern auch