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Berlin, 2. Nov. Aus Genf wrrd dem „Lolamnz. gemeldet: Vom Pressebureau des Pariser Auswärtigen Amts wird die Nachricht von der Demission Sa- fonows mit antirussischen Vorgängen in Persien in Zusammenhang gebracht, wo die russische Diplomatie ihren Ausgaben nicht entsprochen habe. Eine Bestätigung der Meldung, daß Goremykin das Auswärtige Amt übernehme, liege noch nicht vor. Diese Veränderung würde in Paris durchaus willkommen sein, weil der Geschäftsgang innerhalb des Vierverbands wesentliche Vereinfachungen erführe. Das gleiche Ziel werde laut „Temps" in London angestrebt, wo dem aus etwa 10 Mitgliedern zusammenzusetzonden Kriegskontrollrat ein unmittelbares Entscheidungsrecht zustehen soll.
Berlin, 2. Nov. Aus Kopenhagen wrr der „Nationalzeitung" gemeldet: Die Reichsduma dürfte wäh- eird des Monats November überhaupt nicht zusam- mentreton. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß man eine Form findet, um die Einberufung der Volksvertreter überhaupt für absehbare Zeit zu verhindern. Man will diesen Streich gegen das russische Parlament damit bemänteln, daß erklärt wird, während der Dauer des Krieges seien politische Erörterungen unzulässig. Wenn also für die Kabinettsveränderung im wesentlichen innerpolitische Gründe maß gebend gewesen sind, so bot diese Umgestaltung nur eine gute Gelegenheit, um den monatelang schon beschlossenen Rücktritt Sasonows zu verwirklichen. Die Stellung dieses Ministers mutzte seit dem Tage für unhaltbar gelten, da die Ereignisse auf dem Balkan eine Wendung nahmen, die das Prestige Ruhlands in der schwersten Weise erschütterten.
Rußland und Persien.
(WTB.) Teheran, 2. Nov. (Pet. Tel.-Ag.) Der russische Gesandte hat im Auftrag der persischen Regierung mitgeteilt, datz, wenn die Gerüchte über den Abschluß eines Sondervertrages zwischen Persien einerseits und Deutschland und der Türkei andererseits sich bestätigten, das englisch-russische Abkommen, das auf dem Grundsatz der Erhaltung der Unabhängigkeit und Unantastbarkeit Persiens beruhe, sofort seinen Zweck verlieren werde. Die Erklärung des Gesandten hat nicht nur für das gegenwärtige Ministerium, sondern auch für jede andere persische Regierung Giltigkeit, wenn sie das Schicksal ihres Landes mit dem der Feinde Rußlands verknüpfen sollte. Bekanntlich bestand der russische und englische Grundsatz der Unantastbarkeit Persiens bisher darin datz vor dem Krieg die beiden „Schutzmächte" dort entsprechend der Einteilung ihrer Interessensphären nach Belieben schalteten und walteten. Jetzt, da der Gedanke an Wirklichkeit gewinnt, datz Persiens wirkliche Unabhängigkeit durch deutsche Machtentwicklung ga räntrert werden könnte, erinnert man sich in Petersburg urtt» London auf einmal, datz man ja selbst die „Unabhängigkeit" dieses Staates in einem Abkommen beschlossen hat, — analog dem typischen Vorgang in Aegypten, der Mandschurei, Marokko usw.
Die vermutliche Rede Asquith's.
(WTB.) London, 2. Nov. Der als gut unterrichtet geltende parlamentarische Mitarbeiter der „Daily News" verbreitet sich über die Rede, die As- quith heute Abend zu halten beabsichtigt. Asquith wird vor allem den Nachdruck darauf legen müssen, datz die Kraftanspannung der Engländer und der Alliierten fortwährend größer geworden sei, und wird auf die Bestandsvermehrung der englischen Streit- kräfte in Frankreich Hinweisen, aus die Verlängerung der Linie, die diese besetzt halten, auf den überlegenen Geist und die Kampffähigkeit der englischen und der französischen Truppen, auf die militärische Wiedergeburt Rußlands, die Vergrößerung der englischen Flotte, den maritimen Erfolg in der Ostsee, ferner auf die riesige Vermehrung der Munitionserzeugung, sodatz England jetzt die Armeen versorgen könne, ferner aus den Erfolg des neuen Anwerbungsplanes und den Beschluß der Alliierten, Serbien mit ansehnlichen Streitkräften zu unterstützen. Hieran könne sich noch ein Vergleich zwischen dem deutschen und dem englischen Kredit und den Finanzen beider Länder schließen.
Englische Berteidigungsmaßnahmen in Aegypten.
(WTB.) Berlin» 3. Nov. Aus Lugano wird dem „Berliner Lokalanzeiger" gemeldet: Aus Aegypten eingetroffene Reifende berichten, der „Tribuna" zufolge, daß die Engländer am Suezkanal gewaltige Vorbereitungen gegen einen etwaigen türkisch-deutschen An- griff getroffen haben. Große Anlagen seien geschaffen worden, um längs des Kanals weite Wüstenstrecken un- 1er Wasser setzen zu können.
(WTB.) London. 2. Nov. Wie das Reutersche Bureau meldet, wurden die Vorstellungen, die der japanische Geschäftsträger in Peking unternahm, um der Bewegung zur Herstellung der Monarchie Einhalt zu tun, von dem englischen und dem russischen Ge- ändten in Peking unterstützt. Das Auswärtige Amt in Tokio veröffentlichte eine Mitteilung, wonach der japanische Geschäftsträger in Peking beauftragt wurde, mitzuteilen, datz der Errichtung der Monarchie gegenwärtig so gut wie sicher Unruhen folgen werden, die den Frieden im fernen Osten und die Interessen der europäischen kriegführenden Nationen gefährden würden. Daher begünstige Japan ein Hinausschieben der monarchistischen Pläne der chinesischen Regierung. — Die „Times" melden dazu, der chinesische Minister des Aeutzern habe vorsichtig geantwortet, seiner Ansicht nach sei die Regierung völlig Herr der Lage. Unruhen seien nicht zu befürchten. Die Ange legenheit befinde sich nicht mehr in den Händen der Negierung, die dem Willen des Volkes entsprechen müsse. Der Korrespondent des Blattes schließt, man betrachte es als ein Zeichen der Zeit, daß der Vertreter Japans diese Vorstellungen erhoben habe. Was die düstere Auffassung Japans und der anderen Fremden über die Lage betreffe, so fehle es an sicheren Nachrichten darüber, ob wirklich eine Opposition vor Händen sei, die ernste Unruhen Hervorrufen könnte. — Die „Times" dürfte diesmal ausnahmsweise das Nichtige getroffen haben. Mer die drei für das Wohl Chinas so besorgtem Staaten fürchten eben, datz durch die monarchische Gewalt die nationale Entwicklung Chinas eine Kräftigung erfahren könnte, und das will man in Tokio, Petersburg und London aus „naheliegenden" Gründen verhindert wissen.
Deutsche Nachrichten.
Unterstaotssekretär Zimmermann zur inneren und äußeren Laze.
Berlin, 2. Nov. Aus Kopenhagen wird der „Vos- sischen Zeitung,, demeldet: Der Geschäftsführer der dänischen Sozialdemokratie Thorwald Staumng veröffentlicht im Blatt „Sozialdemokraten" eine Unterredung mit dem deutschen Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amte Zimmermann, der zunächst seine warme Anerkennung für das Auftreten des dänischen Volkes unter den schweren Ereignissen des jetzigen Krieges ausspvach. Was das Auftreten der deutschen Regierung gegenüber der Sozialdemokratie anbelangt, so wies der Unterstaatssekretär Zimmermann auf die Aussprüche des Kaisers u. des. Reichskanzlers hin und fügte als seine persönliche Auffassung hinzu, datz für die positive Zusammenarbeit nach dem Kriege günstige Aussichten beständen. Politische Kämpfe würden natürlich wieder stattfinden, aber die harte Zeit habe das Volk zur Arbeit auf gemeinsame Ziele zusammengeführt und dies Verhältnis wünsche die Regierung auch nach dem Kriege nicht zu ändern. Stau- ning betonte schließlich die Friedensfehnsucht der neutralen Länder und sprach die Hoffnung aus, daß Deutschland etwaige vorbereitende Versuche zum Frieden wohlwollend aufnehmen werde. Herr Zimmermann versicherte, sobald vernünftige Vorschläge gemacht würden, wäre das Volk wie die deutsche Regierung bereit, sie wohlwollender Erwägung zu unterwerfen. Aber von Deutschland könnten Friedensvorschläge nicht ausgehen. Das würde von dem Gegner als Schwäche gedeutet und die gegenteilige Wirkung als die beabsichtigte haben. Deutschland habe den Krieg nicht gesucht. Der deutsche Kaiser und die deutsche Regierung hätten bis zuletzt intensiv an der Erhaltung des Friedens gearbeitet, um die Menschheit vor dem fürchterlichen, jetzt über die ganze Welt gehenden Krieg zu behüten. Staumng schließt: Ich verließ den einflußreichen Mann mit dem Eindruck, datz eine bedeutungsvolle Entwicklung in großen Deutschen Reich bevorsteht, wenn wieder einmal die Möglichekit zur Aufnahme sozialer und kultureller Aufgaben und intensiver politischer Arbeit eingetveten fein wird.
Deutscher Unterricht in der Türkei.
Berlin, 3. Nov. In der „Voss. Ztg." schreibt der türkische Generalkonsul a. D. Halil Halis über deutschen Unterricht in der Türkei: Ueberall in der Türkei wird man sich darüber klar, datz Deutschland die Stätte ist, um Kenntnis zu eriverben und das Land, in dem man die besten Lehrer findet.
Sendet das Lalroer Tagblatt ins ZelS!
Aus Stadt und Land.
Calw, den 3. November 1915.
Zur Butter- und Milchpreisregelung.
* Zur gestrigen Mitteilung über die Butterpreise ist noch ergänzend nachzutragen, datz der Preis für Land- buttcr nicht höher als 1 -K 50 L angesetzt werden darf. Diese gewissermaßen dritte Qualität ist also solche Butter, die meistens von der landwirtschaftlichen Bevölkerung ohne sonderliche technische Behandlung herge- tellt wird, und auch zum größten Teil nur an den Markttagen von den Produzenten selbst verkauft wird. Sie wird auch als Kochbutter bezeichnet. Höchstpreise für Milch sind nur insoweit festgesetzt, als diese Milch zur Herstellung von Butter oder Käse bestimmt ist. Für diese Milch dürfen nicht mehr als 18 Pfennige das Liter verlangt werden. Für die im Haushalt zu verwendende Milch haben, wie uns mitgeteilt wird, die Milchhändler den Preis von heute ab von 20 auf 22 Pfennige heraufgesetzt. Das dürfte im Hinblick auf Calws Charakter als Landstadt doch etwas übertrieben sein, da die Händler hier doch meistens auch Erzeuger sind, und wenn das nicht der Fall ist, wohl kaum den Höchstpreis von 18 Pfennigen für ihre Ware zahlen müssen. Diese wiederholte Preissteigerung greift lies in die Ernährung mancher Familien ein.
Zur Einschränkung des Fleisch- und Fettverbrauchs.
An die Einwohnerschaft!
(SED.) Die mit dem 1. November in Kraft getretene Verordnung über die Einschränkung des Fleisch- und Fettverbrauchs vom 28. Oktober d. I. wendet sich:
1. an die Metzger und Lebensmittelverkiiuser, 2. an die Wirte, 3. an das Publikum.
1. Den Metzgern und Lebensmittelverkäufern .ist untersagt, Dienstags und Freitags Fleisch (Rind-, Kalb-., Schaf- und Schweinefleisch. Fleisch von Geflügel und Wild aller Art un- Speck) und Speisen, die ganz oder teilweise aus Fleisch bestehen, an 77^7"^ gewerbsmäßig zu verabfolgen. Dabei ist nebensächlich, ob die Ware bar bezahlt oder ob der Kaufpreis gestundet wird: auch Schenkung in dem Sinne, daß später abgerechnet werden soll, macht die Abgabe nicht erlaubt.
2. Wirte (im weitesten Sinn, auch Inhaber von Vereins- und Erfrischungsräumen) dürfen ihren Gästen Dienstags und Freitags keinerlei Fleischspeisen vorsetzen, wobei unter Fleischspeisen alle Fleischarten und alle Fleischwaren verstanden werden, die nach Ziffer 1 an diesen Tagen vom Verkauf ausgeschlossen sind. Weiterhin ist ihnen verboten» Montags und Donnerstags zerlassenes Fett» sowie Fleisch (Rind-, Kalb-, Schaf- und Schweinefleisch), ferner Wild, Geflügel, Fische und sonstige Speisen zu verabfolgen, die mit Fett (Butter, Butterschmalz, Oel, Kunstspeisefett aller Art, Rinder-, Schaf- und Schweinefett) oder Speck gebraten, gebacken oder geschmort find, auch wenn die Speisen scholl vor den verbotenen Tagen zubereitet worden find. Endlich dürfen Wirte Samstags kein Schweinefleisch verabfolge«.
Erlaubt ist dagegen Montags, Donnerstags und Samstags die Verabfolgung des nach Vorstehendem verbotenen Fleisches als Aufschnitt auf Brot (Schinkenbrot, Wurstbrot und dergl.). An den anderen Tagen, also Mittwochs und Samstags, tritt eine Beschränkung der Wirte in der Fleischabgabe nicht ein. Für Festtage, die auf die Werktage fallen, gelten die Vorschriften des betreffenden Werktages.
3. Das Publikum macht sich strafbar, wenn es an den dem Verbot unterliegenden Tagen Metzger, Lebensmittelverkäufer oder Wirte zur Verabfolgung verbotener Waren und Speisen bestimmt. Uebrigens können unter Umständen für den Schuldigen schlimme Folgen eintreten, wenn wegen der durch ihn veranlaßten Gesetzesverletzung der Betrieb des Geschäftsmannes der behördlichen Schließung verfiele. Im übrigen wird von Einsicht und der Willensstärke des Publikums erwartet, datz ein jeder ohne irgend eine Ausnahme Dienstags und Freitags während des ganzen Tages des Fleischgenusses sich enthält und — abgesehen von Fisch — mit ausschließlich vegetarischer Kost sich begnügt. Es hieße gegen Sinn und Geist der Verordnung verstoßen, wäre unverantwortlich und verwerflich, wenn jemand dazu schreiten würde, sich mit Fleischvorräten zum Verbrauch an den verbotenen Tagen zu versehen. Dem Publikum ist ferner dringend ans Herz zu legen. Montags Donnerstags und Samstags sich freiwillig den Vorschriften für die Wirte (s. Ziff. 2) zu unterwerfen, also Samstags kein Schweinefleisch zu verbrauchen und Montags und Donnerstags keine Speisen anzufertigen und zu genießen, die mit Fett oder Speck gebraten oder geschmort sind.
In unserem Bundesstaat Oesterreich gelten seit Monarch die gleichen Bestimmungen; sie haben sich bestens bewährt. Der Bürgermeister von Wien, Dr. Weitzkirch- ner, hac erst vor kurzem erklärt: „Datz die Bevölkerung statt der ssleischnahrung vegetarische Nahrung zu sich nimmt, schadet iyr gewiß nicht, denn gesünoer sind tie Wiener geworden." Und tatsächlich war die Sterblichkeitsziffer in Wien noch nie so nieder wie gegenwärtig.