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Rr. 250. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.
Erscheinungsweise: 8mal wLchentltch. Anzeigenpreis: Im OberamiS- U tezirk Talw für bi« einspaltige BorgiSzetle Ik> Psg., außerhalb desielben 12 Pfg-, II Reklamen 2S Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon S. II
Dienstag, den 28. Oktober 1915.
II Bezugspreis: In der Stadt mit TrLgerlohn Ml I.2S vierteljährlich, Post. II bezugspreis für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20. im Fernverkehr II Mk. I.M. Bestellgeld in Württemberg M Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.
MW nnd Wöllstige ElliM M vee.
Dierverbandsnöte und -Taten
Da die Entente keinerlei militärische Erfolge von Bedeutung aufzuweisen hat, so probiert sie es mit Heldentaten ihrer Art und mit ihren bekannten Lügenkün- sten. So verfolgen, um ein Beispiel der intensiven Betätigung letztgenannter Ententeeigenschaften zu geben, seit einiger Zeit die russischen und französischen General- stabsberichte die Tendenz, kleinere örtliche Gefechte zu großen Kampfhandlungen zu stempeln, wobei die angreifenden Deutschen stets mit ungeheuren Verlusten abgewiesen werden. Die Absicht ist dabei die, auf die neutralen Staaten, namentlich aber auf den Balkan zu wirken, da eben mit der Zeit selbst die herrlichsten Reden von den Tribünen der Parlamente herab den sinkenden Kurs des militärischen Prestige des Vierverbands nicht mehr aufzuhalten vermögen. Es kriselt heftig im Ententelager. Heber diese Tatsache kann den kühlen Beobachter weder die zur Schau getragene äußere Einigkeit noch die andauernde Ankündigung großer militärischer Ereignisse hinwegtäuschen. Zwar soll ein gewaltiges Balkanheer auf die Beine gebracht werden, -da Rumänien und Griechenland den Herren unverblümt zu verstehen gegeben haben, daß sie nicht geneigt seien, zur höheren Ehre des Vierverbands sich zu opfern. Auf diese Weise sollen die Anhänger der Entente eine Rückenstärkung erhalten, während die Gegner eingeschüchtert werden sollen. Darauf dürfte auch die militärisch zwecklose, völkerrechtswidrige und aller Menschlichkeit Hohn sprechende Beschießung der offenen Küste Bulgariens berechnet gewesen sein. Aber was kümmert sich der Vierverband um Recht und Menschlichkeit, wenn er seine niedrigen Haßgefühle befriedigen kann. Der gemeine Meuchelmord wird da zur Heldentat gestempelt. Daß aber der Vierverband sich von Tag zu Tag mehr zu Hebelgriffen verleiten läßt, zeigt uns nur sein finkendes Vertrauen in die eigene Macht. Der Unterliegende ist stets bereit, seine ohnmächtige Wut in kleinlichen Gehässigkeiten auszulassen; was wir sonst im Kleinen beobachten können, das erleben wir hier wie auf allen andern Gebieten auch im Großen. Daß es aber wirklich schlimm im Vierverbandslager aussieht, das beweist nicht nur das Geschrei der feindlichen Presse, die nur noch den einen Ratschlag der Anwendung von Gewaltmitteln auf dem Balkan zur „Bekehrung" von Griechenland und Rumänien in ihrer geistigen Vorratskammer besitzt, das beweist auch die offensichtlich vorhandene Krisenstimmung in den Kabinetten der feindlichen Länder. Es muß schon recht weit gekommen sein, wenn der englische König, wie gemeldet wird, zu Herrn Poincarö reisen muß, um sich über die „Umgestaltung" seines Ministeriums klar zu werden. Wahrscheinlich wird man in Paris die Herren Engländer eben vor die Alternative stellen, entweder die allgemeine Wehrpflicht einzuführen, oder aber auf die weitere Mitwirkung Frankreichs zu verzichten, das sich nicht, wie Del- casft erklärt haben soll, für „fremde" Interessen, — gemeint sind natürlich die englischen und wohl auch die italienischen — ganz opfern will. Italien und Rußland wollen vorerst auch nicht auf dem Balkan eingreifen, und so hat denn auch im Hinblick auf die heilige Einigkeit darüber, daß keiner der Alliierten den bedrängten Serben zu Hilfe kommen will, die französische Presse Worte gebraucht, die ebenso wenig für das Ohr der Serben als auch für das in dieser Hinsicht allerdings weniger empfindliche Hörorgan des italienischen Ministeriums wohl klingen dürften. Das K und 0 dieser Ausführungen bewegt sich schließlich doch in dem wenig tröstlichen Geständnis, daß eben die Serben wohl oder übel ihrem Schicksal überlasten werden wüsten. Ganz bezeichnend im jetzigen Augenblick ist wieder das Verhalten Englands. Es macht den Herren Engländern, ebenso
wie beim Fall Belgiens, keine sonderliche Bekümmernis, daß die Serben sich verbluten. Sie sehen nur die eventuell sich daraus ergebende Gefahr, ihr kaum geraubtes Aegypten und womöglich noch Größeres zu verlieren, und es geht deshalb jetzt ihr ganzes Sinnen aud Trachten danach, dieser Gefahr zu begegnen. Auch dafür sollen anscheinend wieder fremde Truppen gewonnen werden. So sieht also der Schutz aus, den das großmütige England den kleinen Staaten angedeihen läßt. Holland, Spanien und Dänemark liefern dafür Beispiele aus der älteren Geschichte, die neuesten Belege aber werden Belgien, Serbien und die kleinen llferstaaten Europas für das Veschützertalent dieses niederträchtigsten aller modernen Räuberstaaten erbringen.
O. 8.
Die Lage aus den Kriegsschauplätzen.
Die deutsche amtliche Meldung.
(WTB.) Großes Hauptquartier, 25. Okt. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. In der Champagne griffen die Franzosen bei Tahure und gegen unsere nördlich von Le Mesnil vorgeschobene Stellung nach stärkster Feueroorbereitung an. Bei Tahure kam ihr Angriff in unser« Feuer nicht zur vollen Durchführung. Am späten Abend wurde in der vorspringenden Ecke nördlich von Le Mesnil noch heftig gekämpft. Nördlich und nordöstlich davon waren die Angriffe unter schweren Verlusten für die Franzosen abgeschlagen.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg: Südlich von Kekkau (südöstlich von Riga) wurden russische Vorstöße abgewiesen. Gegenangriffe gegen die von uns am 23. Oktober genommenen Stellungen nordwestlich von Dünaburg scheiterten. Die Zahl der Gefangenen erhöht sich auf 22 Offiziere, 3705 Mann, und die Beute auf 12 Maschinengewehre und 1 Minenwerfer. Schwache deutsche Kräfte, die nördlich von Jlluxt über den gleichnamigen Abschnitt vorgedrungcn waren, wichen vor überlegenen Angriffen wieder auf das Westufer aus. Nördlich des Driswjatisees blieben russische Angriffe gegen unsere Stellungen bei Eateni-Grenztal erfolglos.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Die Lage ist unverändert.
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen: Westlich von Kumaro sind österreichische Truppen in die feindliche Stellung auf 4^ Kilometer Breite eingedrungen.
Balkankriegsschauplatz: Bei Bisegrad ist der gcwonnenenc Brückenkopf erweitert. Westlich der Kolubara wurde der Tamnava-llebcrgang nordwestlich von llb in Besitz genommen. Die Armee des Generals v. Koevcß hat die allgemeine Linie Lazarevac nördlich von Aranjelavac—Rabrovac (westlich von Ratari) erreicht. Die Armee des Generals v. Gallwitz hat südlich der Zasenica die beherrschenden Höhen östlich von Ba- nicina gestürmt, hat in der Moravaebenc in heftigem Kampfe Dl. Livadica und Zabari genommen und ist östlich davon bis zur Linie Prescdna-Höhe südlich von Petrovac—westlich von Meljnica gelangt. Im Pektale wurde die Höhe westlich und nordwestlich von Kucevo besetzt. Die bei Orsova übergegangenen Truppen sind weiter nach Süden oorgedrungen und haben mit ihrem linken Flügel Sip an dev Donau erreicht.
Die bulgarische Armee des Generals Bojadeff hat den Kampf zwischen den Gipfeln Drenovaglava und dem Mirkovac (2V Kilom. nördlich von Pirot) begonnen.
Oberste Heeresleitung.
Ein großer deutscher Kreuzer verloren.
(WTB.) Berlin, 25. Okt. (Amtlich.) «m 23. Okt. wurde der große Kreuzer „Prinz Adalbert" durch zwei
Schüße eines feindlichen Unterseebootes bei Libau zu« Sinken gebracht. Leider konnte nur ein kleiner Teil der Besatzung des Schiffes gerettet werden.
Der Chef des Admiralstabes: v. Behacke.
* Der Kreuzer ist nicht von neuerem Typ, er besitzt nur eine Wasserverdrängung von 9000 Tonnen gegenüber unfern neuesten Kreuzern mit 23 000 Tonnen, und hatte eine Besatzung von 592 Mann. Er wurde l901 vom Stapel gelassen. Die Schriftl.
2 feindliche Truppentransportschiffe im Kanal und bei Saloniki versenkt.
(WTB.) Köln. 25. Okt. Die „Köln. Zeitg." meldet von der holländischen Grenze: Am 2V. Oktober wurde ein englisches Transportschiff bei der Insel W i g h t durch ein deutsches O-Boot torpediert. Der Dampfer legte sich über und sank. Zahlreiche Soldaten sprangen über Bord.
(WTB.) Athen, 25. Okt. Telegramm des Sonderberichterstatters des WTB.) Hiesige Zeitungen melde«: Der englische Transportdampfer „Marketti" mit 1000 englischen Soldaten, Maultieren und Munition wurde bei Zsagefi, an der Südofttüste dev Hofens von Saloniki versenkt. 83 Mann wurdea gerettet.
Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.
(WTB.) Wie«, 25. Okt. Amtliche Mitteiluug vom 25. Okt. mittags. Russischer Kriegsschauplatz. Die Angriffe westlich von Czartorysk nahmen einen günstigen Fortgang. Der Feind wird trotz heftigen Widerstandes gegen den Styr zuriickgedriingt. Gestrige Beute in diesen Kämpfen: 2 Offiziere, 1000 Mann und 4 Maschinengewehre. Sonst im Norden nichts Neues.
Italienischer Kriegsschauplatz. Die Jsonzoschlacht dauert fort. Auch am gestrigen Tage, am 4. der großen Znfanteriekämpfe, schlugen die Verteidiger alle italienischen Angriffe, die nicht schon im Feuer unserer Artillerie zusammenbrachen, unter schwersten Verlusten des Feindes zurück und behaupteten überall ihre Stellungen. An der Tiroler Front griffen mehrere Bataillone unsere Verteidigungslinien auf der Hochfläche von Vielgereuth (wie immer vergebens) an. Ebenso scheiterten feindliche Angriffe auf die Lima di Mezzodi, den Ort Sief und im obersten Rienztale. Am Krn wurde ein Angriff gestern, ein zweiter heute nacht abgewiesen. Auch gegen den Mrzli Vrh mißlangen zwei Vorstöße unter besonders schweren Verlusten der Italiener. Südöstlich dieses Berges drang der Feind in ein kurzes Grabenstück ein, wurde aber durch einen Gegenangriff wieder hinausgeworfen. Ein neuer Vorstoß von zwei Alpinibataillonen brach hier in unserem Feuer zusammen. Diese feindlichen Abteilungen wurden fast vollständig aufgerieben. Vor dem Tolmeiner Brückenkopf richteten sich die Angriffe hauptsächlich gegen unsere Stellungen auf den Rücken westlich von Santa Lucia und bei Selo, die sämtlich in unserem Besitz blieben. Der Abschnitt von Plawa stand unter schwerem Eeschütz- feucr. Ansammlungen des Feindes bei Plawa wurden durch die Wirkung unserer Artillerie zersprengt. Bei Zagora bemächtigten sich die Italiener unter Tag eines vorspringenden Teils unserer Gräben. Nachts wurden sie daraus vertrieben. Vor dem Monte Sabotino erst^ '4" unser Artilleriefeuer vormittags noch einen An^ z. Hierauf unternahm der Gegner leinen ernsten Versuch mehr, sich den Linien des Eörzer Brückenkopfes zu nähern. Am heftigsten waren die Kämpfe im Nordabschnitt der Hochfläche von Doberdo, wo sehr starke italienische Kräfte wiederholt in Maßen zum Angriff vergingen. Immer wieder mit verheerendem Feuer empfangen, mußte der Feind in seine Deckungen zurückflüchte Ein Angriff gegen unsere Stellungen östlich Mo.i^. ne