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Nr. 241._Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

Erscheinungsweise: Sinai wSchentlich. Anzeigenpreis: Im OberamtS- »ezirk Calw für di« einspaltige BorgiSzeile IO Pfg außerhalb desselben 12 Psg., Reklamen 25 Psg. Schluß für Jnseratannahme IO Uhr vormittags. Telefon S.

Freitag, den 15. Oktober 1915.

SezugspreiS: In der Stadt mit Trägerlohn Mk l.2S vierteljährlich. Post. bezugSpreiS für den Ort«- und NachbarortSverkehr Mk. 1.20. im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 3V Psg.. in Bagern und Reich «2 Psg.

knolglore somrirung Ätt tewällcdr« VNenswe im Westen.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die militärische und politische Lage.

Seit die Balkanlage zu Ungunsten des Vierver­bands eine entscheidende Wendung genommen hat, be­müht sich die feindliche Presse, wahrscheinlich um zu ver­hüten, daß nicht noch weitere Folgen eintreten, die mili­tärische Lage so darzustellen, als ob im Osten und Westen unsere Heere dem Andrang der Feinde kaum mehr standzuhalten vermöchten. Es wird behauptet, zwischen Dünaburg und Smorgon seien die Russen da­ran, einen gewaltigen Durchbruch zu erzwingen, und auch von einer großen Offensive im Südosten wird ge- faselt. Auch Viviani hat in seiner letzten Kammerrede, in der er wegen der diplomatischen Balkanschlappe für seinen ausgekniffenen Kollegen Antwort stehen sollte, frank und frei daraus los behauptet, daß die fran­zösisch-englische Offensive der Entscheidung entgegengehe. Unsere amtlichen Meldungen sind der richtige Kommen­tar für diese allzu durchsichtige Stimmungsmache. Das scheint richtig zu sein, daß die Russen wieder mit Muni­tion und Kriegsmaterial von ihren Geschäftsfreunden undBundesgenossen", den Amerikanern und Japanern, reichlich versehen worden sind, aber ihre auf politische Wirkung berechneten Massenangriffe vermochten die strategischen Absichten der verbündeten Heeresleitungen keineswegs wesentlich zu beeinflußen. Und was die Westfront anbelangt, so bleibt es den Franzosen un­benommen, ihre fortwährenden Angriffe, die nur nutz­lose blutige Opfer erfordern, aber noch keinen prak­tischen Erfolg gezeitigt haben, als gutes Omen für die Zukunft in Anspruch zu nehmen. Aus dem neuen Val- kankriegsschauplatz aber sind die verbündeten Truppen südlich der Donau in stetigem Fortschreiten und ebenso sind auch die Flankenbewegungen an der Drina und Morava in vollem Gange. Der bulgarische Angriff wird wohl auch bald seine Wirkung zeigen.

Die Alliierten aber beschäftigen sich vorerst mit Reden, Ratschlägen und Vorwürfen. Zwar ist man sich im Ententelager völlig einig darüber, daß die Serben aufs energischste unterstützt werden müssen ausmora lischen" und egoistischen Gründen, aber das Wie scheint in den Hauptstädten des Viervcrbands so starkes Kopfzerbrechen bereitet zu haben, daß schon einer der Mitberater infolge hartnäckigen Nachdenkens heftig er­krankt ist. Delcaße hat an den Ministerrat in einem Brief den Grund seiner Erkrankung mitgeteilt, er soll die Landung in Saloniki nicht gewünscht haben über weiterhin hat der verflossene Minister des Aeußern auch geschrieben, es sei ihm nicht möglich, weiter im Ministerium zu bleiben, da sich große Differenzen in den Anschauungen ergeben hätten. Das bestritt Herr Viviani ganz entschieden; gleichzeitig wehrte er sich aber in der Kammer, den Brief Delcassös vorzulesen, in dem dieser seine Rücktrittsgründe dargelegt hat. Es kam zu recht unerquicklichen Szenen, bei denen wieder­holt geheime Kammersitzungen gefordert wurden, um die Regierung zu größerer Mitteilsamkeit zu veran­lassen, aber Viviani, der sonst Gesprächige, ließ sich auf keinerlei Erklärungen ein, die die Wißbegierde der Ab­geordneten hätte befriedigen können. Bei der Abstim­mung über die beantragte Geheimsitzung wurde der An­trag gegen l90 Stimmen abgelehnt. Die Regierung erhielt zwar nachher ein Vertrauensvotum, aber mehr als lOO Abgeordnete hatten sich dabei der Abstimmung enthalten, wahrscheinlich der heiligen Einigkeit wegen. Die heutige Regierung hat also jetzt schon mit einer Opposition von 200 Stimmen der Linken zu rechnen, und nach den vorliegenden Nachrichten ist zu ersehen, daß die Mehrzahl der republikanischen Linken nicht mehr lang« dem reaktionären Treiben der Regierung zusehen

wird, namentlich aber, wenn ihre zukünftige Geschäfts­führung auch weiterhin von Mißerfolg begleitet ist. Bei der gestrigen Kammersitzung wurde Viviani, gegen den jetzt der lange angehäufte Konfliktsstoff der bisher zum Schweigen verurteilten Linken zur Auslösung ge­bracht wird, sogar persönlich beschimpft, man hörte Zu- -ufe wie Abenteurer, Lügner, Volksbetrüger. Da ver­steht man erst, warum Delcassö nicht mehr am Mi­nistertisch erscheinen wollte.

Auch in England erregt die Balkanlage die Gemüter aufs äußerste, und es geht jetzt dort anscheinend um die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, die von den Bundesgenossen gefordert wird, die aber noch bedeu­tende Gegnerschaft im Lande findet. Was den Balkan selbst anbelangt, so wird eine Aktion der englischen Flotte gefordert, für den Fall, daß Griechenland sich nicht auf die Seite der Alliierten stellen wolle. Wie sich überhaupt die Unterstützung Serbiens durch den Vier­verband gestalten soll, das ist noch ganz und gar uner­sichtlich. Einmal heißt es. Rußland werde an der bul­garischen Küste landen, oder gar durch die Dobrudscha marschieren, dann wird wieder von großen Landungen in Saloniki gesprochen, weiter wird die italienische Hilfe über Montenegro in Aussicht gestellt. Wir können ab- warten, was aus diesem Wirrwarr von Vermutungen hcrauskommt; den günstigen Augenblick zu einer ein­heitlichen Aktion haben die Alliierten schon vorüber gehen laßen, viel dürfte also kaum mehr zur Rettung Serbiens geschehen.

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Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 14. Okt. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Während feind­liche Monitore die Küste bei Wcstende und die feind­liche Artillerie unsere Stellungen nördlich von Ppern ohne Erfolg beschossen, setzten die Engländer fast auf der ganzen Front zwischen Ppern und Loos hinter Rauch- nnd Gaswolken zum Angriff an, der gänzlich scheiterte. An mehreren Stellen schlugen die Rauchwolken in die feindlichen Gräben zurück. Nur nordöstlich und östlich von Vermelles konnten die Engländer in unseren vor­dersten Gräben an kleinen Stellen Fuß fassen, aus denen sie größtenteils mit Handgranatcnangriffen schon wie­der vertrieben sind. Fünf Angriffe ohne Benutzung von Rauchwolken, aber mit starken Kräften, gegen die Stel­lungen westlich von Hulluch sind unter schweren Ver­lusten für den Feind abgeschlagen. Südlich von Angrcs wurden dem Feind im Gegenangriff zwei Maschinen­gewehre abgenommen. Bei der Säuberung der kleinen Nester, die die Franzosen auf der Höhe östlich von Sou- chcz noch besetzt hielten, blieben 4l>g Mann als Ge­fangene in unserer Hand. In der Champagne setzten die Franzosen ihre Angriffe beiderseits von Tahnre mit äußerster Erbitterung fort. Fünf Angriffe südlich und zwei nördlich der Straße TahurcSouain brachen un­ter schweren Verlusten für die Angreifer zusammen. Nächtliche Angriffsversuche erstickten in unserem Artil­leriefeuer im Keime. Auf der Combreshöhe wurde ein feindlicher Graben von 12V Meter Länge gesprengt. In de« Vogesen versuchten die Franzosen die ihnen am 12. Oktober am Schratzmännle abgenommene Stellung zu- riickzunchmen, an unserm Hindernis brach ihr Angriff zusammen.

DieAgence Havas", das amtliche Nachrichtenorgan der französischen Regierung, wagt zu behaupten, der im deutschen Tagesbericht vom 3. Oktober veröffentlichte Befehl des Generals Joffre sei deutscherseits erfunden. Demgegenüber wird festgestellt, daß mehrere Urabziige des Befehls in deutschen Händen sind und daß eine große

Anzahl Gefangener. Offiziere wie Mannschaften, ihre Kenntnis des Befehls, den sie übrigens verschiedentlich in Abschriften auch bei sich führten, unumwunden zu­gegeben haben.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Gencralfeldmarschalls v. Hindenburg: Westlich und südwestlich Jlluxt warfen wir den Gegner aus einer weiteren Stellung, machten 650 Gefangene und erbeu­teten 3 Maschinengewehre. Russische Angriffe westlich und südwestlich Diinaburg wurden abgewiesen.

Heeresgruppe des Gencralfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern und des Generals v. Lin­sin g e n: Nichts Neues.

Deutsche Truppen des Generals Grafen Bothmer nahmen Hajworonka (südlich Burkanow) und warfen die Russen über die Strypa zurück.

Balkan kriegsschau platz: Südlich von Bel­grad sind unsere Truppen im weiteren Vorgehen. Die Werke der West-, Nord-, Ost- und Südostfront des feft- ungsartig ausgebauten Ortes Pozarevac find genommen.

Oberste Heeresleitung.

Erfolgreicher Luftangriff auf London.

(WTB.) Berlin, 14. Okt. (Amtlich.) Unsere Ra- rineluftschiffe haben in der Nacht vom 13. auf 14. Okt. die Stadt London und wichtige Anlagen in ihrer Um­gebung, sowie die Batterien in Ipswich angegriffen. Im einzelnen wurde die City von London in mehreren Angriffen, die Londoner Docks, das Wasserwerk Hamp- ton bei London und Woolwich ausgiebig mit Brand- und Sprengbomben belegt. An allen Stellen wurden starke Sprengwirkungen und große Brände beobachtet. Trotz heftiger Gegenwirkung, die zum Teil schon an der Küste einsetzte, sind alle Luftschiffe unbeschädigt zurück- gekehrt.

Der stellv. Chef des Admiralstabs: gez. Behncke.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.) Wien, 14. Okt. Amtliche Mitteilung vom 14. Okt. mittags. Russischer Kriegsschauplatz. Der Feind griff gestern unsere Stellung westlich von Tarnopol an. Er stürmte drei Glieder tief, wobei er die Männer des ersten Gliedes nur mit Schutzschilden aus­gerüstet hatte. Unsere Truppen schlugen ihn zurück. Er erlitt große Verluste. Sonst im Nordosten kein beson­deres Ereignis.

Italienischer Kriegsschauplatz. Das lebhafte Artillerieseuer gegen unsere Stellungen auf den Hochflächen von Lafraun und Vielgereuth und gegen einzelne Stützpunkte der Dolomitenfront hält an. Ein Alpinibataillon, das gegen eine Vorstellung südlich von Riva vorstieß, wurde durch unser Eeschützfeuer ver­trieben. An der küstenländischen Front haben wir im Gebiete von Jovorek ein Stück italienischen Schützen­grabens besetzt. Zwei italienische Angriffe auf den Mrzli Vrh, die nach heftiger Feuvrvorbereitung bis an unsere Hindernisse herangekommcn sind, wurden abge­schlagen. An den anderen Teilen der Jsonzosront wie gewöhnlich Gcschützfeuer.

Serbischer Kriegsschauplatz. Unsre Trup­pen stürmten gestern, aus der Gegend von Belgrad nach Südosten vergehend, die festnngsartig verschanzten Stellungen auf dem Erino-Brdo, dem Kunak und der Stazara. Der Feind, der, wie Gefangene anssagen, den Befehl hatte, sich bis auf den letzten Mann zu halten, wich in regelloser Flucht gegen den Aavala-Berg und im Raume östlich davon zurück. Seine Verluste find außerordentlich groß. Unsere schwere Artillerie hatte, wie immer bei ähnlichen Kriegshandlungen, auch an diesem Erfolg rühmenswerten Anteil. Gleich günstig schreiten die Angriffe unserer Verbündeten an der un-