Neue Vlutopfer der Inder

DNB Bangkok, 24. September. Bei den andauernden Zwst isckienfällen in Indien sind nach den letzten Meldungen d«l Senders Delhi wieder zahlreiche Inder getötet bzw. verwundet worden. Mehr als 30 Personen wurden verhaftet. Es liege« folgende Einzelheiten vor:

Polizisten in Bombay versuchten einen Umzug von Korb aretzanhängern mit Lahtis auseinanderzutreiben. Eine Reih« von Polizisten wurden darauf durch Steinwürfe der erregte« Menge verwundet. Die Regierung in Bombay befahl sämtliche« Schulleitern, sämtliche Erziehungsinstitute auf längere Zeit z« schlichen. Bei einem Angriff auf die Polizeistation in Radial wurden sechs Polizisten und ein Polizei-Inspektor getötet. Der tztudentenstreik in Karatschi dauert an. In Kalkutta wurde er­neut ein Straßenbahnwagen von demonstrierenden Indern i« Brand gesetzt. Die Regierung in Vihar hat den Berbhanga- Bezirk mit einer Kollektivstrafe von 49 000 Rupien belegt.

Die Dollar-Vorherrschaft in Mexiko

DNV Stockholm, 24. Sept. Daß die in der Feindpress« wieder» kehrenden Behauptungen von einerfünften Kolonne" in süd- und mittelamerikanischen Staaten und von der Verhaftung an» geblicherAchsenspione" nichts anderes sind als übelste ver­logene Hetze, muß auch die nordamerikanische ZeitungNeujork Sun" zugeben. Das Blatt befaßt sich mit den wirklichen Ver­hältnissen in Mexiko und schreibt u. a.:

Verdächtige Deutsche und Japaner werden in Mexiko fast täglich verhaftet, aber für einen Menschen, der sich an Ort und Stelle befindet, ist der Gedanke, die Achse hätte hier jemals wirklich Fuß faßen können, absolut lächerlich. Die Nord­amerikaner beherrschen im Gegenteil das Leben des ganze« Landes in jeder Beziehung. Die Nazis sind Waisenknaben in der Kunst der Durchdringung eines Landes im Vergleich zu den Amerikanern in Mexiko."

Die Achsenpropaganda in Mexiko sei nicht größer als in einer beliebigen nordamerikanischen Provinzstadt. Die Zahl der Deut­schen in Mexiko werden auf etwa 6000 geschätzt. Diese Deutschen hätten im Übrigen nur den Wunsch, sich von Unannehmlichkeiten fernzuhallen. Das Blatt betont dann, daß die Vereinigte« Staaten wirtschaftlich und nachrichtenmätziggroße Sache" in Mexiko seien, und zwar in einem Ausmaß, wie es wenige Ame­rikaner sich vorstellten. Ein Zweig der mexikanischen Wirtschaft nach dem anderen komme unter den Einfluß der USA. Da» mexikanische Nachrichtenwesen werde fast vollständig aus nord­amerikanischer Quelle gespeist.

Die Emigranten in der Schweiz

Eine Erklärung vor dem Nationalrat Lern» 23. September. Vor dem Nationalrat, der in Bern zu feiner Herbsttagung zusammengetreten ist, legte der Vorsteher der Justiz- und Polizeidepartements, Bundesrat Dr. von Stei­ger, die Auffassung der Bundesregierung zu der in jüngster Zeit heftig umstrittenen Frage dar, ob und in welchem Um­fang die Schweiz Emigranten aufnehmen solle. Die Meinungs­verschiedenheiten waren dadurch ausgelöst worden, daß in den Sommermonaten politische Flüchtlinge in großer Zahl die schweizerische Westgrenze von Frankreich her auf Schleichwegen -überschritten hätten. Hierzu erklärte Bundesrat von Steiger, daß seit dem Frühjahr 1942 vorwiegend aus Holland und Bel­gien ein Andrang von Flüchtlingen eingesetzt habe, der jenseits der Grenze auch gewerbsmäßig gefördert worden sei. Infolge­dessen habe der Bundesrat am 4. August beschlossen, die Ver­ordnung von 1939 wieder anzuwenden, nach der jede Person, die heimlich zugereist sei, wieder an die Grenze gebracht werden solle. Durch diese Abschreckungsmaßnahme sei der Zustrom aus Holland und Belgien gestoppt worden. Dafür habe aber aus dem unbesetzten Frankreich ein noch größerer Strom eingesetzt, der täglich zwischen fünfzig und hundert Flüchtlinge in die Schweiz gebracht habe. Der Bundesrat sei der Meinung, daß das traditionelle Asylrecht aus Humanitären Rücksichten frei und unabhängig, aber nicht als rechtliche Verpflichtung ausgeübt werden solle. Der massenhafte illegale Erenzübertritt überschreite «ber den Rahmen des Asylrechtsbegriffes und bilde eine Gefahr kür die innere Sicherheit des Landes. Die Möglichkeit, die Flüchtlinge weiter nach anderen Ländern zu befördern, sei bei­nahe vollständig geschwunden. So hätten 1942 nur 30 Flücht­linge die Einreiseerlaubnis nach den Vereinigten Staaten, k>1 nach Brasilien und fünf nach Argentinien erhalten. Die Zahl tzer Flüchtlinge aus der Zeit vor dem Kriege betrage noch

71VO; sie habe sich bis zum 30. Juli 1942 um 1200 vermehrt, und heute beherberge die Schweiz bereits 9600 Flüchtlinge, ohne die 12 000 während des Feldzuges in Frankreich internierten Polen. Die Entwicklung zeige, daß ohne Abwehrmahnahmen eine fortwährende Zunahme der schwarz einreisenden Emigranten unausbleiblich sei. Abgesehen von den damit verbundenen sani­tären Gefahren und der zusätzlichen Beanspruchung der knappen Ernährungsreserven gehe es aus grundsätzlichen Erwägungen nicht an, daß der Staat auf der einen Seite für die Einreise ein Visum vorschreibe, auf der anderen Seite aber gezwungen werden solle, Personen aufzunehmen, die illegal einreisen. An­gesichts der alarmierenden Nachrichten, die in den letzten Tagen wieder von den Erenzwachorganen eingegangen seien, halte der Vundesrat eine Vermehrung der Heerespolizei für notwendig. In manchen Füllen werde zwar den Kantonen eine gewisse Weit­herzigkeit zugestanden werden können, zumal wenn es sich bei den weiblichen Flüchtlingen um geborene Schweizerinnen handle. Die Flüchtlinge, die bereits illegal eingereist seien, müßten zu- nächst in Auffanglagern untergebracht und in Arbeitslagern zu Arbeiten im nationalen Interesse verpflichtet werden. Bundes- rat von Steiger verwahrte sich gegen die namentlich von de, politischen Linken kommenden Versuche, in der Emigrantenfrag« einen Trennungsstrich zwischen Volk und Regierung zu ziehen.

«Ich wünsche wir hätten...!

Eine ergötzliche Szene beim englischen Landungsversuch in Tobruk

Von Kriegsberichter Kusian

DNV Bei der Kriegsmarine, 24. September. (PK.) So grausig die Bilder waren, die sich bei dem englischen Landungsversuch! in Tobruk den deutschen R-Mannschaften während der Bergung der von Brandwunden entstellten Zerstörerbesatzungen boten, so rrgötzlich war der Fang einesalliierten" Soldaten der Eng­länder durch die italienischen Truppen. Wenn auch die Eng­länder es nachträglich abstreiten, daß sie in Tobruk überhaupt festen Fuß fassen wollten, so spricht doch allein die Teilnahme eines amerikanischen Kriegskorrespondenten dafür, daß sie eine publizistisch verwertbare Aktion beabsichtigt hatten. Der Pankes hätte kaum für einen belanglosen Ausflug seine Haut zu Markte getragen und wäre, zieht man die Bequemlichkeit dieser Herren in Rechnung, sowieso den Anstrengungen solcher kriegerischen Tätigkeit aus dem Wege gegangen, wenn er nicht auf eine story" für seine Zeitung gehofft hätte.

Aus dem gewünschten sensationellen Bericht einer Eroberung von Tobruk wurde nichts. DerKriegsreporter" wurde ebenso wie seine englischen Kameraden gefangen genommen und als Träger einer Uniform wie ein Soldat behandelt, wenn er auch heftig protestierte und auf sein AermelabzeichenAmerican Lorrespondent" hinwies. Sein energisch vorgebrachter Wunsch, umgehend gegen einen Kriegsgefangenen der Achsenmächte aus­getauscht zu werden, dürfte erst einmal von den zuständigen Stellen sorgfältig geprüft werden.

In einer Hinsicht legte der Amerikaner indessen reichlich zivile Allüren an den Tag, indem er nämlich, als die englischen Kriegsschiffe versenkt wurden, als einer der ersten ins Ret­tungsboot gegangen war. Bei einer Unterhaltung mit einem deutschen Marineoffizier wurde er gefragt, weshalb er denn im Unterschied zu den übrigen Gefangenen eine vollkommen trockene Uniform trage? Er sei eben rechtzeitig ins Boot geklettert, meinte er. Mit dieser Aeußerung legte er weniger Mut als eine schätzenswerte Offenheit an den Tag.

Dieser Kriegskorrespondent schien überhaupt ein sehr offen­herziger Charakter zu sein. Im Laufe der Unterhaltung stellte er dc s sehr bestimmt vorgebrachte für einen Gefangenen jedoch seltsame Ansinnen, den deutschen Oberbefehlshaber in Nordafrika, Generalfeldmarschall Rommel, zu interviewen. Zweifellos hätte der Herr Reporter mit einem solchen Artikel für die amerikanischen Zeitungen einiges Geld verdient. Es ist jedoch fraglich, ob er im Fall des Gelingens seines Planes tat­sächlich der dem deutschen Offizier gegenüber geäußerten Mei­nung Ausdruck gegeben hätte, daßRommel der einzige Mann in Afrika sei, der etwas kann". Der Amerikaner wäre übrigens dem deutschen Heerführer beinahe zufällig begegnet. Denn Mar­schall Rommel befand sich an diesem Tag in Tobruk. Er hätte wohl allerdings kaum Zeit gefunden, sich von diesem Gefangenen der Italiener zu einerStory" verwenden zu lassen.

Zu der Frage, warum denn die amerikanischen Truppen, wenn sie die Unzulänglichkeit der alliierten Kriegführung mißbilligen, sich nicht selbst ihren General nach Nordafrika mitbrächten, meinte der Amerikaner mit einem Seufzer:I wish we had" (Ich wünschte, wir hätten einen). Auch didses Eingeständnis

Wte sich wohl wenig für den geplanten Sensatiönsbericht g« eignet.

Der amerikanische Korrespondent würde wohl große Augei gemacht haben, wenn er am selben Nachmittag Lei einer Dienst pause deutscher Offiziere hätte dabei sein können, als sie au dem von deutschen R-Vooten eingebrachten englischen Schnell boot den an Bord erbeuteten guten englischen Bohnenkaffee pro bierten. Er hätte dann festgestellt, daß dieses im Juni erst ti Dienst gestellte Boot aus einer amerikanischen Werft stammt un! bei der Electrio Voat Company in Vayanne N.J. erbaut wo» den war.

Auch diese Tatsache dürfte der Amerikaner trotz seiner Offen Herzigkeit verschweigen, wenn er noch Gelegenheit haben sollte leinen Landsleuten einen wahrheitsgetreuen Bericht d« lobruk-Abenteuers vorzulegen.

Kleine Nachrichten aus aller Wett

ReichsarLeitsfiihrer Hier! besuchte in Begleitung des Kom­mandanten des rumänischen Arbeitsdienstes General Palan» geanu zwei Abteilungen im Prahovatal. Am Abend gab d«e rumänische Staatssekretär für Propaganda Professor Marcu z» Ehren des Reichsarbeitsführers in Bukarest einen Empfangs- Dabei wies Professor Marcu in seinen. Begrüßungswortäk darauf hin, daß in dem Lehrzentrum Brcaza, wo seit Jahres­frist eine Lehrabteilung des deutschen Reichsarbeitsdienstes di» erste Führerschicht des rumänischen Staatsarbeitsdienstes aus« bildet, die deutsch-rumänische Zusammenarbeit einen besonders starken Ausdruck gefunden habe.

Gedächtnisfeier in Salla. Auf dem gemeinsamen Heldenfried­hof in Salla wurden die Gräber der vor Salla Gefallenen ein» gesegnet. Neben hohen Vertretern der finnischen WehrmaiA und Regierung war bei dieser Gelegenheit auch der Befehlshaber der deutschen Truppen in Finnland, Generaloberst Dietl, zugegen und legte an den finnischen Gräbern einen Kranz nieder.

Judenstern in Bulgarien. Durch einen Erlaß des Kommissars l für die Judenfrage in Bulgarien müssen di« Juden ab Diens­tag, den 29. d. M., den Davidstern tragen.

Bolivien hat genug von den Juden. Die bolivianische Abgeord-" netenkammer stimmte einem Gssetzesvorschlag zu, wonach Juden die Einwanderung in Zukunft untersagt wird. Der Vorschlag wird jetzt dem Senat überwiesen.

Wieder ein Sowjetspion in Stockholm verhaftet. WieAfton- tidningen" meldet, wurde am Donnerstag ein schwedischer Staatsangehöriger, der Handelsreisende Lars Mauritz Worodell, verhaftet, weil er eine unerlaubte Nachrichtentätigkeit durch- gcführt hatte. Warodell gab zu, daß er Mitte September di« Sowjetgesandtschaft in Stockholm aufgesucht hat, um ihr Nach­richten über die militärischen Verhältnisse in Finnland zu geben,

Vombenexploston in einem indischen Eisenbahnzug. In einem Abteil 2. Klasse eines nach Bombay fahrenden Zuges explo­dierte, wie Stefani meldet, eine Bombe, die den Eisenbahn­wagen vollkommen zerstörte. Von den Reifenden wurden 24 ge­tötet und 130 verletzt. ..

Ein Neger als USA.-Kapitiin. Aus Washington wird berich tet: Die Schiffahrtsverwaltung teilt mit, daß Kapitän Mulzaq dem einzigen Neger, der ein nordamerikanisches Kapitänspatenj besitzt, ein neues 10 OOO-VRT.-Frachtschiff unterstellt werden fast das in einigen Tage vom Stapel gelassen wird. Die Negersäng« >in Marian Anderson werde das Schiff taufen, das den Namst -es bekannten Negererziehers Booker erhalten werde. < ^

Flugzeugzusammenstoß in den USA. Nach einer Reutermel. inng aus Miami (Florida) stieß dort ein USA.-Bomber mit linem Frachtflugzeug des regelmäßigen Verkehrsdienstes zusam- nen. Beide Flugzeugs brannte» aus. Fünf Personen fanden -en Tod.

In Paris wurde ein nationales Komitee geschaffen, das siis Freunde der französischen Arbeiter in Deutschland" nennt. De, Vorsitz hat der Staatssekretär beim Regierungschef, Benoist Mechin, übernommen.

Semesterbeginn am 1. Dezember 1942.

.DNV Berlin, 23. September. Der Reichserziehungsministe, 'hat den Beginn des Wintersemesters 1942/43 an den Universt- täten und sonstigen wissenschaftlichen Hochschulen auf den 1. De­zember 1942 festgesetzt. Das Semester endet am 31. März 1943 An den fünfsemestrigen Bau- und Ingenieurschulen, an de». Textil- und Chemieschuleu beginnt das Wintersemester 1942/4L am 1. November 1942 und endet gleichfalls am 31. März 1945.

Kleiner kiürKral in groksr lest

«j

Nein!" Jlsabe ballt unwillkürlich die Hände und bleibt stehen:Das ist doch nun Unsinn! Deshalb hat man einen Mann doch nicht weniger lieb, weil er für das Vaterland seine Gesundheit geopfert hat? Was wäre das für eine Liebe, die da versagen wollte? Gerade wenn ein Mann einen Arm oder ein Bein ver­liert, für Deutschland, für uns, dann braucht er doch erst recht eine Frau, die ihn liebt und ihm hilft. Die ist doch dann sogar die erste dazu^ die ein Recht darauf hat, ihm zur Seite zu stehen und zu helfen/'

Du denkst, wie ich es nicht anders von dir erwartet habe, Aeine Jlsabe. Aber für einen Mann ist es eben in dem Fall vielleicht doch nicht ganz so leicht, eine Frau an sich zu binden."

Dann ist er dumm. Und wenn Jörg blind wäre oder im

-Rollstuhl sitzen müßte sein Leben lang, dann würde ich ihn gerade

Leb haben."

Ja, jetzt weiß sie, daß es so ist.

Aber aber er muß es mir auch selber sagen, daß er Wich" verwirrt schweigt sie wieder. Da lacht Hömberg leise. :-Das wird er schon tun, Jlsabe. Mir hat er es ja gesagt und

-Wenn du morgen zu ihm gehst, dann wird er es dir wohl auch

'sagen!"

Morgen!"

Mit einem Male steht das Helle Glück in Jlsabes großen -Augen. Und dann drückt sie plötzlich ihr Gesicht weich in den 'Aniformärmel neben ihr:Ich danke Ihnen schön!"

Ach, Jlsabe, kleine liebe Jlsabe! Nein, danken sollst du mir nicht, aber du sollst auch nicht wissen, daß ich eben über mein eigenes Herz geschritten bin.

Der Oberstarzt Karl Hömberg tut, als habe er die zarte Geste nicht gespürt. Er macht nur ein paar schnellere Schritte, me das Mädchen von ihm lösen:Nun bringe ich das Kind hübsch nach Hause, ja? Und wir weinen gar nicht mehr, sondern freuen uns auf Morgen. Komm, Jlsabe!"

7 .

Eine schmale, fast kindlich-zierliche Frau geht über die Römer- iraße in Metz dem ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Platz zu. Von

rückwärts könnte man sie für ein junges Mädchen halten, so leicht sind ihre Schritte und so frei trägt sie den kleinen Kopf, über den die dunklen Haare schwer in den Nackenfallen, von beiden Schläfen zurückgenommen. Aber das Gesicht ist nicht mehr so jung und spricht von Kummer und Leid. Uni den feinen Mund haben sich Fältchen gebildet, als habe er viel geweint, und die großen Augen sehen mit traurigem Ausdruck über die belebte Straße.

Marga Radot trägt ein schlichtes, ein wenig sportlich ge­arbeitetes Kleid aus hellgrauer Seide, das zu dem leichten Mantel paßt, den sie über den Arm gehängt hat. Das Köfferchen in der freien Hand scheint nicht übermäßig schwer zu sein.. Sie hat ein kleines Hütchen auf, von dem ein graugetupfter Schleier bis über die Augen herunter reicht, und ihre ganze Erscheinung verrät so viel vornehme Eleganz, daß man es ihr nie und nimmer ansieht, daß sie eine richtige Landfrau geworden ist, die die Herrschaft auf ihrem kleinen Gut bei Metz umsichtig ausübt und den Knecht und die Mägde in strenger Zucht hält. Nur ihre Hände verraten, daß Marga Radot selber an allen Ecken und Enden zugreift und sich vbr keiner Arbeit scheut. Sie sind hart geworden und ein wenig schwielig vom Zufassen im Stall und auf den Heuwiesen.

Marga Radot geht mit sicheren Schritten ihrem Ziel zu, aber ihre Gedanken fliegen zurück. Ob der Bastien auch ja achtgeben würde, daß mit der neuen Schafherde nichts geschah? Die Tiere, die ihr von der Wiederausbaustelle geliefert worden sind, waren noch scheu und so vollkommen fremd in der Gegend.

Und dann die drei neuen Kühe. Zwei hatte sie selber über den Krieg herüber retten können und die Stute, die fohlen wollte! Eigentlich konnte sie ja gerade jetzt überhaupt nicht vom Hof fort, aber und nun leuchten Marga Radots Augen trotz­dem diese Reise ist wichtiger als der ganze Hof zusammen! Wenn nur alles gut ist. Sie hatte sich so über die Nachricht er­schreckt im ersten Augenblick! Und hatte dann nicht, wie sie wollte, sofort fahren können. Es gab noch zuviel zu ordnen und gerade am selben Tag kam die neue Schafherde an. Nun waren über acht Tage verstrichen, seit der Brief aus dem Lazarett gekommen war und heute kann sie erst reisen.

Nach Deutschland!

Marga Radot bleibt bei dem Gedanken unwillkürlich stehen und ihre Augen suchen vor dem Stadthaus das Hakenkreuzbanner, das sich leicht im Wind bewegt.

Heute fährt sie nach Deutschland!

Herrgott, daß das wieder möglich ist! Daß Metz wieder deutsch geworden ist nach den unsagbar schweren Jahren der Schmach.

Marga sieht im Geist plötzlich, den Platz mit einer wimmeln den Menschenmenge gefüllt, Trikoloren wehen und flattern, Cla,- rons schrillen ihre Töne dem grauen Himmel der

26. November 1918 und der Marechai Fach hielt seinen Einzug in Metz. Die Glocken hatten von der Kathedrale geläutet, ihr dumpfer Ton schien Kummer und Weh zu rufen: aber dieSieger", die Befreier von Metz", wie die Franzosen sich nannten, hielten das Geläut für lauter Jubel und Freude. Ebenso, wie sie die wogende Menge für hell begeistert hielten und dies weit in die Welt hinausposaunten. Daß über 70 Prozent der Bevölkerung der Stadt Metz an diesem Tag ihre Häuser nicht verlassen hatte und die Menschen auf den Straßen meist von weit her, meist aus Frankreich selbst gekommen waren, um dieVolkserhebung in Lothringen" zu demonstrieren, das pfiffen zwar die Spatzen von den Dächern, aber die neuenHerren" gaben es nicht zu. Sie wiesen nur erhaben auf die sich drängenden Menschen. Und wenn der Bankier Prevel dem Marechal in seiner Begrüßungsrede vom Jubel der gesamten Stadt" sprach, so war das eine krasse Lüge.

Marga Radot fährt sich mit der Hand über die Augen, wie um einen Spuk wegzuwischen. Man hat ihr erzählt, daß der Marechal Fach damals sichtlich gerührt gewefen sei. Nun ja, er hatte es sich sicher nicht träumen lassen, daß ihm die Stadt und Festung Metz, die er viereinhalb Jahre lang vergeblich berannt hatte, nun kampflos in die Hände fiel.

Bezwungen von den Umstürzlern des Novembersystems.

Hilflos und herrenlos, halb verhungert, verheert von immer wiederkommenden Angriffen der feindlichen Bomber, und doch deutsch deutsch deutsch!

Alles hatte doch nichts an der Tatsache ändern können, daß Metz deutsch gesinnt war und blieb.

Metz fiel nun den Franzosen in die Hand, weil Deutschland zusammenbrach, das im Innern von Juden und Schiebern ausge­höhlt worden war. die der kämpfenden Trupps in den Rücken fielen!

Nie wird Marga Radot den Tag auf dem Metzer Haupt­bahnhof vergessen, den letzten, an dem sie ihren schweren Dienst als Bahnhofshelferin versah den Tag, an dem die Revolution ausbrach. Den ganzen Morgen waren noch Truppentransportzüge durchgekommen und hatten mit dem Stampfen ihrer keuchenden Maschinen und dem Poltern der überfüllten Wagen zeitweilig das Schrapnellfeuer, das sich gegen feindliche Flieger richtete und das Dröhnen der herabsausenden krepierenden Bomben übertönt. An das Heulen der Warnsirenen war man damals schon gewöhnt, daß man kaum noch darauf achtete, aber immer wieder horchte Marga '»willkürlich auf das dumpfe Grollen der nahen Front. Es schien ch zu verstärken und die Metzer erkannten deutlich die sich immer hneüer folgenden Abschüsse der Artillerie au? den beiden Metzer Fort« »Steinmetz" undGoeben"

.ovrtsetzung folgt',