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Nr. 223. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

Erscheinungsweise: Smal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im Oberamts- I!

bezirk Talw für die einspaltige BorgiSzeile 10 Pfg.. außerhalb desselben 12 Pfg.» »I Reklamen 25 Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9. II

Freitag, den 24. September 1915.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich. Post­bezugspreis für den OrtS- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.

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Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die militärische und politische Lage.

Die Kämpfe am Unterlauf der Düna, um den Vrük- kenkopf bei Friedrichstadt und um die Festung DUna- burg haben einen heftigen Charakter angenommen. Dünaburg wird nun sowohl von Westen als auch von Südwesten angegriffen. Nach wie vor nehmen auch die Verfolgungsbewegungen im Zentrum der Ostfront ihren günstigen Fortgang. Die verfolgenden Truppen haben den feindlichen Widerstand auf der Linie Smorgon SubotnikiNowo Erodek gebrochen und auch die frontal vorgehende Heeresgruppe des Eeneralfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern ist östlich der Bahnlinie LidaVaranowitschi weiter vorgedrungen, trotz des für die Verteidigung sehr günstigen Sumpf- und Fluhge­biets, das zudem von sehr starken russischen Kräften gehalten wird. Unsere Truppen müssen hier Außer­ordentliches an Mut, Ausdauer und Entbehrung leisten, denn jedes natürliche Eeländehindernis wird von den Russen als Befestigung ausgebaut und gehalten, sodah wir hier tatsächlich nicht von einem regelrechten Bewe­gungskrieg sprechen können. Das Ergebnis dieser Kämpfe ist deshalb auch nicht so schnell zu erwarten, wie wirOptimisten" hinter der Front in unserer leb­haften Phantasie stets anzunehmen geneigt sind. Die Hauptsache aber bleibt eben, dah die Operationen vor­wärts kommen. Die russischen Vorstöhe im Bereich des wolhynischen Dreiecks und am Sereth sind bisher alle blutig abgewiesen worden, und sie beginnen nun schon abzuflauen.

Mit Genugtuung kann die österreichische Heeres­leitung feststellen, dah am Ende des vierten Kriegs­monats die Italiener nicht den gerintzsten Erfolg auf­zuweisen hatten, dagegen Tausende von Menschenleben verloren haben. Ans der französischen Front macht sich seit einiger Zeit eine rege Artillerietätigkeit bemerk­bar, von der man nicht sagen kann, ob sie der Auftakt zu größeren Plänen unserer Feinde ist, oder ob sie nur eine pflichtschuldige Reverenz an Rußland darstellt, um zu zeigen, daß die Alliierten im Westen nicht untätig sind. Wie weit ihre Fähigkeiten gehen, das haben die Herren Franzosen ja am Mittwoch aller Welt kundge­tan, als sie mit falschen Abzeichen ein heimtückisches Attentat auf die weit hinter der Front liegende offene Stadt Stuttgart ausübten. Welchen moralischen Tief­stand der französische Eeneralstab in seiner Meldung darüber an den Tag legt, das zeigt sich in dem geradezu zynisch gemeinen Hinweis (wie bei dem Karlsruher Ueberfall) auf die Ziele, die man sich gesteckt hatte. Die Herren Französen Hütten wissen sollen, daß ein Kö­nigsschloß keine militärischen Materialien enthält. Die Ausrede mit den deutschen Fliegerangriffen kann nur noch bei harmlosen Gemütern ziehen, denn unsere Luft­flotte hat immer nur befestigte Plätze und Militärwerk­stätten beschaffen.

Das politische Interesse konzentriert sich zur Zeit auf die Vorgänge am Balkan. Seit unserer gestrigen Erörterung sind neue Momente nicht in der Eesamtlage eingetreten, der ganze Nachrichtendienst besteht aus einem Wirrwarr von Gerüchten und Stimmungen, der sich wohl erst mit dem Eintritt der kriegerischen Ereig­nisse lösen dürfte. Dieselben unkontrollierbaren Aus­lassungen kommen auch tagtäglich aus Rußland. Soviel scheint sicher zu sein, daß die Stoßkraft Rußlands durch verschiedene Strömungen, gelähmt wird. Die Duma, die Städteverwaltungen, und die hinter ihnen stehen­den freiheitlichen Elemente wollen sich anscheinend doch nicht so ohne Weiteres kalt stellen lassen, und es sollen Schritte gepinnt sein, die den reaktionären Minister­

präsidenten zum Rücktritt zwingen sollen. Andererseits sagt man wieder, der Zar habe sich gegen die Reform­forderungen gesträubt. Ein russischer Beamter schreibt in einem in Genf erscheinenden russischen Blatt, der Zar bekämpfe auch die stark anftretenden Friedensbestreb­ungen, die damit operieren, daß Rußland eigentlich nur für die Weltherrschaft Englands kämpfe und für dessen Profit. Der Zar habe einen furchtbaren Haß gegen Deutschland. Er habe sich durch das Verhalten des deutschen Kaisers zurückgesetzt gefühlt, dadurch, daß der Kaiser es abgelehnt habe, mit ihm in unmittelbare persönliche Unterhandlungen zu treten. Mit dem Vor­dringen der Deutschen sei sein Haß gegen alles was deutsch ist, nur noch stärker geworden. Wenn auch aus diesen Ausführungen wohl ziemlich viel Hofklatsch her­auszufinden sein wird, so kann doch angenommen wer­den, daß man an allerhöchster Stelle in Rußland die Niederlagen noch nicht für so entscheidend betrachtet, daß man sich zu Friedensverhandlungen geneigt zeigen müßte. Das beweisen auch die Reisen des ruffischen Finanzministers nach London und Paris, um das zur weiteren Kriegführung nötige Kleingeld zu bekommen. Nun, wir können mindestens ebenso gut wie Rußland abwarten. O. 8.

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Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 23. Sept. (Amt­lich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Begünstigt durch die klare Witterung herrschte auf der ganzen Front sehr rege Tätigkeit der beiderseitigen Artillerie und Flieger. Ein gegen die Kirchhofstellung von Souchez be­absichtigter Angriff kam in unserm Feuer nicht zur Durchführung. Ein feindliches Flugzeug stürzte in un­serem Feuer nördlich von St. Menehould brennend ab. Ein anderes mußte nach Luftkampf südöstlich von Vou- ziers landen. Die Insassen find gefangen. Uebex Pont- ä-Mouffon schoß ein deutscher Flieger im Kamps mit zwei Franzosen den einen ab. Das Flugzeug stürzte brennend zwischen der deutschen und französischen Linie nieder.

Oeftlichex Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Eeneralfeldmarschalls v. Hindenburg: Südwest­lich von Lennewaden ist dev Kampf noch nicht abge­schlossen. Bei unserm Gegenangriff wurden gestern 188 Gefangene gemacht. Auch westlich von Dünaburg gelang es in die russische vorgeschobene Stellung cinzudringen. 17 Offiziere, 2188 Mann, 4 Maschinengewehre fielen in unsere Hand. Gegenangriffe gegen die von uns süd­westlich von Dünabnrg genommene Linie wurden ab­gewiesen. Der Widerstand der Russen von nördlich von Oschmjana bis östlich von Subotniki (an der Eavia) ist gebrochen Unsere Truppen folgen dem weichenden Gegner, der über 1888 Gefangene zurückließ. Der rechte Flügel kämpft noch nördlich von Nowo Erodek.

Heeresgruppe des Eeneralfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Westlich von Woloska wurde die russische Stellung genommen. Dabei wurden 3 Ossi­ziere, 388 Mann gefangen genommen und 2 Maschinen­gewehre erbeutet. Weiter südlich ist die Lage unver­ändert.

Heeresgruppe des Eeneralfeldmarschalls v. Mak- kensen: Nordöstlich und südöstlich von Logischin wird weiter gekämpft.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Die Lage ist unverändert. Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.) Wien, 23. Sept. Amtliche Mitteilung vom 23. Sept. mittags. Russischer Kriegsschau­platz. An der Front in Ostgalizien verlies der Tag

im allgemeinen ruhig. Es fanden nur Kämpfe vorge­schobener Abteilungen statt. An der Zkwa und am Stqr kam es an mehreren Stellen zu heftigeren Kämpfen. So wurden südöstlich von Nowo-Poczajew zwei russische Angriffe blutig abgeschlagen. Ein feindliches Infan­terieregiment, das nachts nahe der Jkwamündung über den Styr vorgedrungen war, mußte nach einem von unseren Truppen durchgeführten Gegenangriff unter großen Verlusten auf das Westufer zuriickgehen. Unsere bisher östlich Luzk befindlichen Abteilungen wurden in die Stellungen am Westufer des Styr zurückgenommen.

Italienischer Kriegsschauplatz. Zm Ti­roler Grenzraum fanden mehrere kleinere Kämpfe statt. Angriffe schwächerer italienischer Abteilungen im Te- nale-Eebiet, dann nördlich und östlich von Cennin» wurden abgewiesen. Die Hochflächen von Vielgereuth und Lafraun stehen wieder unter Fener der schweren Artillerie. Unsere tapfere Besatzung des Monte Coston, die diesen weit vor unseren Linien gelegenen Erenzberg monatelang gegen einen der Zahl nach bedeutend über­legenen Gegner behauptet hatte, räumte heute zeitlich früh ihre nun von mehr als zehnfacher Uebermacht an­gegriffene fast umschlossene Stellung. Die Artillerie- kämpse im Dolomitengebiet dauern mit großer Heftig­keit fort. An der Kärntner Front versuchte vorgestern abend eine Alpiniabteilung am Monte Peralba durch­zubrechen; sie wurde mit Verlusten heruntergeworfen. An der kiistenländischen Front beschränkt sich die Tätig­keit unserer Truppen ans Geschützseuer und einige dH folgreiche Unternehmungen des Stellungskrieges. Heute läuft der vierte Monat des Krieges gegen Italien ab. Der Feind raffte sich in diesem Monat zu keiner Kampf­handlung großen Stils auf, sondern führte nur gegen einzelne Abschnitte Angriffe mit Kräften bis zur Stärke mehrerer Infanteriedivisionen. Alles vergebens; unsere Front steht fester denn je.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Keine we­sentlichen Ereignisse.

Der Stellvertreter des Chefs des Eeneralstabs: von Höfer, Feldmarschalleutnant.

Zur Lage im Zentrum der Ostfront.

Zürich, 23. Sept. DerTagesanzeiger" schreibt: Die ruffische Nordarmee steht vor einer neuen Kata­strophe, deren Umfang noch gar nicht abzusehen ist. Von Norden her ist die Umfassung dieser Armee bereits voll­ständig geworden, und von Süden drängt die Armee des Prinzen Leopold von Bayern in Gewaltmärschen gegen Minsk vor, um dem linken Hindenburgischen Flügel die Hand zu reichen. Gelingt die Einkreisung restlos, so erleben wir eine welthistorische Katastrophe".

(WTB.) Paris, 23. Sept. Die Presse erklärt, es sei unmöglich, die Bedeutung des Falles von Wilna zu verheimlichen. Bei dem Falle von Kowno sei Wilna ein äußerst wichtiger Knotenpunkt für die Russen ge­wesen. Die Presse erkennt an, daß die ruffische Armee, die Wilna verteidigte, in einer äußerst gefährlichen Lage sich befinde. Sie hofft jedoch, daß es ihr durch einen be­schleunigten Rückzug gelingt, der neuen Zange HinLen- burgs zu entrinnen.

Der Krieg in Ostafrika.

(WTB.) London, 23. Sept. Wie das Reutersche Bureauerfährt, zeigen die Deutschen in Ostafrika an der Grenze von Rhodesia eine erneute Tätigkeit. Der Feind konzentrierte sich am 4. Sept. an einem Punkte des deut­schen Gebiets, 18 Meilen nördlich von Saisa und kämpfte am 6. September mit den Belgiern, Meilen von Saisa. Einzelheiten fehlen.