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Nr. 174. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im Oberamts- dezirk Talw für die einspaltige DorgiSzetle 10 Pfg.. außerhalb de^elben 12 Pfg., Reklamen Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.

Donnerstag, de» 28. Juli 1915.

Bezugspreis: In der Sladi mit Trägerlohn Mk. 1.2S vierrelzührliL. Post­bezugspreis für den OrtS- und Nachdarortsverkehr Mk. 1.20. im Fernverkehr Mt. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg.. in Bayern und Reich 42 Pfg.

Me 2. italienische;

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die militärische und politische Lage.

Zwei Monate sind nun vergangen, seitdem unsere verräterischen Bundesgenossen aus rein räuberischen Instinkten heraus den Krieg an Oesterreich-Ungarn er­klärt haben, und trotzdem die Heere der Zentralmächte in diesen beiden Monaten durch die gewaltigsten Ope­rationen der Kriegsgeschichte im Osten gebunden waren, trotzdem Deutschland den unermüdlich fortgesetzten An­prall der Franzosen und Engländer im Westen auszu­halten hatte, ist es den Italienern nicht gelungen, auch nur einen einzigen, strategisch bedeutungsvollen Punkt an der österreichisch-ungarischen Grenze zu be­setzen. Der Plan des italienischen Eeneralstabs war wohl dahin gegangen, am unteren Jsonzo, zwischen Görz und der Küste durchzubrechen, um in den Besitz der Perle der Adria, Triest zu gelangen. Nach echt russi­scher Methode wurden in zwei lang vorbereiteten An­griffen aus dieser Front die Truppen ohne Rücksicht auf Verluste eingesetzt, um das ersehnte Ziel zu erreichen, und damit di« nur durch Terrorismus mundtot gemach­ten Kriegsgegner im Lande zum Schweigen zu bringen. Die ungeheuren Opfer, die Verluste der Italiener in diesen beiden Schlachten'werden-<kit-100 000 Mann an­gegeben waren vergeblich. Italien hat jetzt schon für die Interessen anderer seine Söhne hinschlachten lassen, und es wird noch weitere schwere Blutopfer zu bringen haben, ohne Aussicht auf Erlangung seines Kriegsziels. Schon erfährt man, daß sich die italienischen Kolonialtruppen in Tripolis vor den Aufständischen bis zur Küste zurückziehen mußten, daß also auch die großen Opfer des Tripolisfeldzugs umsonst waren. Wir haben nun also auf andere Pläne Eadornos zu warten. Üeber die Unterhaltung des italienischen Generals Porro mit seinen westlichen Ententebrüdern laufen die verschie­densten Gerüchte, aus denen vielleicht als fester Kern der Entschluß herausgeschält werden könnte, daß in Calais wohl meistens aus Rücksicht auf die diplomatischen Ver­hältnisse man sich für eine Teilnahme Italiens an den Operationen gegen die Türkei entschieden hat. England hat es also auch hier wieder meisterhaft verstanden, an­dere die Kastanien für sich aus dem Feuer holen zu lasten. Man wird nun wohl bald erfahren, aus welche Art die Teilnahme Italiens erfolgen wird. Seit einiger Zeit werden italienische Truppentransporte nach den Kleinasien vorgelagerten Inseln gemeldet, es könnte also sein, daß man dorthin eine Landung plant, um einerseits die Türken von den Dardanellen abzuziehen, andererseits aber auch gleich die vom Dreiverband ver­sprochenen Gebietsteile in Kleinasien zu besetzen. An­dere Möglichkeiten liegen in einer direkten Teilnahme an den Dardanellenoperationen oder an dem ägyp­tischen Feldzug, weil den Engländern die dort bisher verwendeten indischen und sonstigen Kolonialtruppen doch nicht einwandfrei erscheinen, und da sind die Ita­liener natürlich gerade gut genug, England an der Er­haltung seines Raubes zu unterstützen, denn daß Eng­land seine eigenen Söhne opfert, das kann man von ihm doch füglich nicht verlangen. Nun, die bisherige Tap­ferkeit und Ausdauer unseres dritten Bundesgenossen bürgt uns dafür, daß die Türken auch den vorgenannten Eventualitäten sich gewachsen zeigen. Der Plan der Niederzwingung der Türkei sieht neben der Oeffnung der Dardanellen selbstverständlich seinen Hauptzweck da­rin. durch militärischen, wirtschaftlichen und politischen Druck dann die Balkanmächte auf die Seite der Alli­ierten zu bringen. Inzwischen werden aber aus dem Musterkasten der Ententediplomaten die verschieden­farbigsten Vorwürfe angeboten, die allerdings ihren kleinen Fehler darin haben, daß man derKonkurrenz" dieselben Angebote macht, und das verschnupft überall, im bürgerlichen wie im diplomatischen Leben.

Durch nichts werden aber wohl die Valkanstaaten, vor allem das zaudernde Rumänien, in ihrer Stellung­nahme bester beeinflußt werden, als durch die kriegeri­schen Handlungen im Osten. Während in den letzten Tagen dir Berichte der Heeresleitungen der Verbünde-

Wsive am unteren Zsonzn

ten sich eines für uns vielsagenden knappen Tons be­fleißigt haben, ist die Presse der Entente und der Neu­tralen in der höchsten Erregung über die mutmaßlichen Ereignisse, die da kommen sollen. Es wird schon all­gemein angenommen, daß Warschau in den nächsten Tagen fallen wird, was nach den Fortschritten im Nor­den und Westen, der vorgestern erstürmte Ort Pie- runow liegt 24 Kilometer westlich von der Fortlinie von Warschau nicht allzu unwahrscheinlich ist, aber über die großartigen Eilvormärsche im Nordwesten Ruß­lands ist einerseits die feindliche Presse aufs höchste bestürzt, die neutrale aber voll der größten Spannung. Man befürchtet oder erwartet von diesem Vorgehen nichts mehr und nichts weniger als die Umklammerung der russischen Zentralstellung in Polen, und die Unter­brechung der rückwärtigen Verbindungslinie, sodaß also in dem sehr wahrscheinlichen Falle des Mißlingens eines russischen Durchbruchs an irgend einer Stelle, das ganze russische Heer eingeschlossen würde. Ob die Russen es aus eine solche Entscheidung ankommen lassen wollen, ist doch fraglich; es ist vielleicht doch eher anzunehmen, daß man Polen räumen wird und das Gros der Haupt­macht zurückzuziehen sucht. Allerdings verliert diese Mög­lichkeit mit jedem Tag mehr Aussicht auf ein Gelingen an dem. die.russiMenHeere von den polnischen Ein- schließungstruppen beschäftigt und damit aufgehalten werden. Eine solche Riesenarmee kann sich nicht so leicht vom Feinde lösen. Es ist also möglich, daß ein solcher Entschluß des russischen Generalftabs, wenn er gefaßt worden sein sollte, zu spät kommen würde.

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Die deutsche amtliche Meldung.

WTB. Großes Hauptquartier, 28. Juli. (Amt­lich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Nord­westlich von Sonchez wurden einzelne, von früheren Kämpfen her noch in der Hand der Franzosen be­findliche Teile unserer Stellungen nachts von schle­sischen Truppen erstürmt. 4 Maschinengewehre find erbeutet. In den Vogesen fanden in der Linie Lingekopf-Barrenkopf erbitterte Kämpfe statt. Fran­zösische Angriffe wurden durch Gegenstöße nach mehr­stündigem Nahkampf zurückgeschlagen. Dabei sind auch die vorgestern abend verloren gegangenen Gräben am Lingekopf bis auf ein kleines Stück von uns zurückerobert.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Zwischen Mita« und dem Njemen wurden gestern noch etwa 1000 zersprevgte Raffen zu Gefangenen gemacht. Oeftlich und südlich von Rozan schreitet unser An­griff vorwärts. Goworowo wurde von uns ge­nommen. Nördlich von Eerock, beiderseits des Rarew und südlich von Nastelsk setzten die Russen ihre Gegenangriffe fort. Sie scheiterten völlig Der Feind ließ hier und bei Rozan 2508 Gefan­gene und 7 Maschinengewehre in unserer Hand. Bor Warschau wnrde westlich von Plonie der Ort Pierunow von uns erstürmt. In der Gegend süd­westlich von Sora Kalwarja wird gekämpft.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Die Lage bei den deutschen Truppen ist im allgemeine« un­verändert.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.) Wien. 28. Juli. Amtliche Mitteilung vom 28. Juli mittags. Russischer Kriegsschau­platz. Der Feind unternahm zwischen der Weichsel und dem Bug und bei Sokal eine Reihe heftiger, jedoch erfolgloser Gegenstöße. Westlich Jwangorod brach ein feindlicher Borstoß in unserem Feuer zusammen.

Italienischer Kriegsschauplatz. Gestern ermatteten auch die gegen das Plateau von Doberdo gerichteten Angriffe der Italiener. Stellenweise unter­hielten wir ein heftiges Artilleriefener. Sonst rafften

znsmmellBrchen.

sie sich nur mehr zu vereinzelten schwächlichen Vorstößen auf, die mühelos abgewiesen wurden. Zn den Kämpfen großen Stils trat somit eine Pause ein. Wie die erste, so endigte auch die ungleich gewaltigere zweite Schlacht im Görzischen mit einem vollständigen Mißerfolg des angreifenden Feindes, der diesmal in dem ungefähr 30 Kilometer breiten Raume zwischen dem Monte Sa- botino und der Küste 7 Korps mit mindestens 17 Zn- fanterie- und Mobilmilizdivifionen einsetzte und um jeden Preis, ohne Rücksicht aus Opfer an Menschen und Material durchzubrechen versuchte. Die Ee- samtverluste der Italiener sind auf 10V0VV Mann einzuschätzen. Erst die Ge­schichte wird die Leistungen unserer siegreichen Trup­pen und ihrer Führer in dieser Abwehrschlacht werten, llnerschiittert und unerschütterlich stehen sie noch immer dort, wo sie vor zwei Monaten den Feind erwarteten. Dies gilt nicht nur von den in zwei Schlachten heiß umstrittenen Stellungen im Eörzischen, sondern von unserer ganzen zur Verteidigung im Südwesten der Mo­narchie gewählten Kampffront.

Der Stellvertreter des Ehefs des Eeneralstabs: von Hofer, Feldmarschalleutnaut.

Wieder eine österreichische Fwttenaktion.

Am 27. Juli früh unternahmen unsere leichten Kreuzer und Torpedoeinheiten einen erfolgreichen An­griff auf die Eisenbahnstrecke von Ancona bis Pesaro und beschossen die Stationsanlagen, Bahnhof-Maga­zine, Wachthäuser und Eisenbahnbrücken an dieser Kü­stenstrecke mit gutem Erfolg. Mehrere Lokomotiven und zahlreiche Waggons wurden demoliert. Ein Bahn­hofmagazin in Fano geriet in Brand, was eine starke Explosion zur Folge hatte. Gleichzeitig belegten unsere Seeflugzeuge den Bahnhof, eine Batterie, Kasernen und sonstige militärische Objekte Anconas erfolgreich mit Bomben, wobei der Rangierbahnhof sehr stark be­schädigt und viel rollendes Material zerstört wurde. In einem Naphthatank entstand ein noch auf 30 See­meilen sichtbarer Brand. Alle Einheiten sind ohne Ver­luste eingerückt. Feindliche Streitkräfte wurden nicht gesichtet. Flottenkommando.

Der russische Rückzug.

Kopenhagen, 28. Juli. DerDaily Telegraph" berichtet, laut Meldung an denLokalanz.". aus Pe­tersburg: Hiesige militärische Kreise sind der Ansicht, der Kampf um das Schicksal Warschaus werde vielleicht noch zwei Wochen dauern. Dagegen seien andere Er­eignisse zwischen WeichselBug und LublinCholm in nächster Zukunft zu erwarten. Alan legt den Ope­rationen der Deutschen am Rarew nur wenig Bedeu­tung bei, da die Russen andauernd vor ihrem Rückzug alles zerstören, was den Deutschen irgendwie von Nutzen sein könnte.

Kopenhagen, 28. Juli. Wie nach einer Meldung an dieNat.-Ztg."Politiken" erfährt, ist der Rückzug der Russen bereits vorher gut vorbereitet gewesen. Die russische Heeresleitung scheint sich schon vor längerer Zeit, als sich der Mangel an Munition fühlbar machte, mit dem Gedanken eines ausgedehnten Rückzuges ver­traut gemacht zu haben. Auf alle Fälle hat man alles Mögliche getan, um die Kommunikationsmittel zu ver­bessern und dadurch die Verteidigungsfähigkeit der Heere zu erleichtern. So hat man eine Anzahl neuer Wege angelegt, um die Geschütze und die Trains zur rechten Zeit fortzubringen, bevor es dem verfolgenden Feind gelingt, diese zu erreichen. Diese neuangelegten Rückzugswege sind teilweise kerzengerade durch den Wald gehauen.

Genf, 28. Juli. Das ententefreundlicheGenfer Journal" läßt sich aus Petersburg berichten, daß un­geachtet des Schweigens in den beiderseitigen Heeres­berichten Mitau und Riga unmittelbar von den Deut­schen bedroht find.

Kampf bis aufs Messer?

(WTB.> Kopenhagen. 28. Juli. Ein Artikel Men- schikows in derNowoje Wremja" erörtert infolge den