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SchwarzwSlder Tageszeitung
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»ein ote ganze Welt bemerkte, daß die Macht zur See gegenüber der Stärke der Luft sehr stark in Zweifel zu ziehen sei.
Von der „freundschaftlichen" Haltung Englands gegenüber Italien wolle man gar nicht erst reden, denn allerjüngsten Datums sei die Geschichte des italienischen Unternehmens in Abessinien bei der man nicht wußte, ob man.dre Doppelzüngigkeit oder die Heuchelei Englands gegenüber Italien mehr bedauern Me. Nur ganz kurz lägen die Sühnemaßnahmen und die Reden Anthony Edens zurück, und noch gestern habe die englische Presse gemeinsame Sache mit Harle Selassie gemacht. Auch der spanische Krieg lei erst gestern gewesen, in dem England mit dem ihm »nterwiirsigen Frankreich offen und klar gegen den Faschismus Stellung genommen habe. Man möge sich in London davon überzeugen, daß weder Drohungen noch Redensarten über die angebliche „traditionelle Freundschaft" auf Italien Eindruck machten.
Zum Scheitern der vlutokratischen Skandinavien-Pläne
Eine Moskauer Stimme
Moskau, 23. April. Die „Jswestija" befaßt sich in einem Artikel „Eine neue Phase des Wirtschaftskrieges" mit der grundlegenden Veränderung der wirtschaftlichen Positionen, die die neue Lage in Skandinavien für die beiden hauptkriegführenden Staaten, England und Deutschland, mit sich bringt. Deutschland, so schreibt das Moskauer Blatt, habe rechtzeitig den Hintergedanken der englisch-französischen Kriegsbrandstifter erfaßt und Maßnahmen getroffen, wie man sie zur Lokalisierung von großen und gefährlichen Bränden anzuwenden pflege. Ferner legt die „Jswestija" an Hand eines umfangreichen Zahlenmaterials die Wichtigkeit des skandinavischen Nohstofsmarktes für Deutschland und England dar, vor allem des schwedischen Erzes für Deutschland, noch mehr aber die Wichtigkeit der Ausfuhr an Lebensmitteln — Milch, Fett, Fleisch und Eier — für England. Mehr als die Hälfte der dänischen Ausfuhr in diesen Erzeugnissen sei bisher nach England gegangen. Das gleiche gelte für eine Reihe von Rohstoffen wie Holz, ferner Papier usw. Umgekehrt aber sei es nun auch mit der Ausfuhr Englands nach Skandinavien ein für allemal vorbei.
„Unter solchen Umständen", so schließt die „Jswestija" ihre bemerkenswerten Ausführungen, „ist es klar, welche ungeheuren wirtschaftlichen Möglichkeiten sich für Deutschland aus der neuen Lage in Skandinavien ergeben. England ist es nicht gelungen, Deutschland die skandinavische Pforte zu verschließen. Der Dreizack des britischen Neptun, der drohend gegen Deutschland gerichtet war, ist zurückgeprallt, eben als er zum Schlag aus' ölen wollte, und bat die wichtigsten Lebensinteressen Großbritanniens selbst getroffen."
Die Slugzeugairsfuhr der USA.
Senator Lundeen: „Wir hintergehen unser Volk!"
Reuyork, 23. April. Der bekannte Senator Lundeen (Minnesota), der zu den Isolationisten gehört, wendet sich in der größten Abendzeitung der USA., „New York Journal American" fchärsstens gegen die Flugzeugausfuhr-Politik der Regierung, welche die Verteidigungsnotwendigkeiten der Küsten der USA. bauernd vernachlässige. Lundeen, der Mitglied des Senatsausschusses für militärische Angelegenheiten ist, führte aus: „Unsere Negierung hat es eilig, große Mengen der USA.-Flugzeug- produktio für fremde Nationen zu mobilisieren, ihnen damit bas Ergebnis der Forschungs- und Versuchsarbeit, die Millionen Dollars verschlungen habe, überlastend. Ich glaube, wir übergeben den Westmächten jedes Militärgcheimnis, was man eines Tages auch wird Nachweisen können. Wir hinter- gehen heute unser eigenes V o l k, nur weil es Leute gibt, die proenglisch und profranzösisch eingestellt find und die Interessen anderer Völker vor die der USA. stellen. Diese Politik muß in Heer, Flotte und Diplomatie in eine solche des „Amerika zuerst!" umgewandelt werden." Angesichts der langen Küsten brauchten die Vereinigten Staaten Tausende zusätzlicher Flugzeuge und eine umfangreiche Küstenabwehr.
Unseres Herrgotts Mckspilr
Roman von Kurt Riemaun
17. Fortsetzung
Sie blickt ihn keck an.
„Hui, wie romantisch! Also gut, heute abend, wenn es nicht regnet, am Wäldchen! Gegen acht!" Husch ist sie weg.
„Aber bestimmt!" ruft er noch halblaut hinter ihr her, doch das hört sie schon nicht mehr. Hennig steht vor Freude wie betäubt. Daß das so rasch und glatt ginge, hätte er in seinen kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt. Juchhei! Er riskiert einen kleinen Luftsprung und stößt einen Juchzer dabei aus. Ihm ist das Herz so voll, was bleibt einem Menschen da weiter übrig?
Leider kennt Meister Häberlein die Vorgeschichte dieses Luftsprunges nicht und so bleibt er verwundert in der Tür stehen, seinen Gesellen mit unverhohlenem Erstaunen betrachtend.
„Wohl verrückt geworden, was? Sie sollten lieber arbeiten! Turnen können Sie abends im Sportverein, verstanden?"
Dicke Luft, denkt Hennig. Sehr dicke Luft! Laut sagt n, still und bescheiden: „Das stimmt, Meister! Es packte mich eben nur gerade so. Manchmal freut man sich und meiß eben nicht wohin damit."
„llnsinn!" murmelt Häberlein. „Sollten lieber ... ja, was ist denn das hier? Ach so, die Bauernstube? Fertig?"
>,2m Entwurf, ja, Meister. Ich wollte nur warten, bis Eie es gesehen haben. Vielleicht prüfen Sie die Zeichnungen gleich durch, damit ich es für Tobler umgehend fertig machen kann. Er wartet in der Werkstatt darauf."
«Hat der es so eilig damit?"
„Er hat keine rechte Arbeit mehr."
„Soll er auf Lager arbeiten! Die gemaserten Schlafzimmer mit dem Doppelbett können wir uns dreimal hinlegen."
„Aber Originale sind es ja dann nicht mehr!" wirft Hennig ein.
Doch der Meister winkt nur ab. „Schadet nichts! Wird auch so verkauft!"
„Und der Entwurf?"
Hüll befremdet Liber die Aeutzerungerr im Marineausschutz
Washington, 23. April. Die Aeußerung von Admiral Taussig im Senatsausschuß, daß ein Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und Japan unvermeidlich sei und Amerika daher sofort ein Militärbündnis mit England im Fernen Osten abschließen müsse, erregte im Stacrsdepartement starkes Befremden. Außenminister Hüll wartete gegen seine sonstige Gewohnheit nicht den offiziellen Wortlaut der Acußerung Taussigs ab, sondern erklärte, die Haltung der USA -Negierung in ihren internationalen Beziehungen sei durchaus bekannt und er möchle annehmen, daß Taussig lediglich seiner eigenen Ansicht Ausdruck gegeben habe.
Jedes Werkzeug, das nicht gepflegt wird, zerfällt. Die Zähne als lebende Werkzeuge brauchen erst recht richtige Pflege!
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Zapanfeindliche Aeußerungen in ASA.
Washington, 23. April. Starke japanseindliche Aeußerungen machte der stellvertretende USA.-Flottenchef Konteradmiral Taussig vor dem Marineausschv. ßdes Senats, der zurzeit über das Ausmaß der amerikanischen Flottenaufrüstung berät. Nach seiner persönlichen Ansicht, so erklärte Taussig, werde die fernöstliche Entwicklung die Vereinigten Staaten unter Umständen zum Krieg gegen Japan zwingen, falls die bisherigen wirtschaftlichen und finanziellen Druckmittel nicht ausreichen, Chinas Unversehrtheit zu erhalten. Japans Versprechungen seien wertlos. Selbst wenn Japan China erobere, würden ihm noch wichtige Rohstoffe wie Oel Gummi und Zinn fehlen. Amerikas Interessen leien entschieden bedroht, weil Amerika ein stabiles, unabhängiges G^ina brauche, und es sei schwer einzusehen, wie Amerika angesichts der augenblicklichen Entwicklung aus einem Krieg gegen Japan Herausbleiben könne. Indessen müßten sich die Vereinigten Staaten davor hüten, einen Krieg gegen Japan ohne 5ülfe Enolands. Frankr-ichs und Hollands zu führen. „Es sollte ein Seekrieg sein, denn Amerika kann nicht in Japan einmarschieren und Japan nicht in Amerika, wohl aber in den Philippinen Taussig empfahl die Errichtung eines unangreifbaren Flottenstützpunktes auf den Philippinen, den Weiterbau von SchlachtschiUen sowie Abmachungen mit Engländern. Franzosen und Holländern, die es den amerikanischen Kriegsschiffen ermöglichten, deren Stützpunkte im Pazifik zu benutzen.
Auf die ironische Bemerkung eines Senators, Taussig habe sich ein gewaltiges Programm vorgenommen, entglitt ^em Admiral versehentlich die Aeußerung: „Ich versuche nur Amerika aus dem Frieden herauszuhalten." Unter homerischem Gelächter des Ausschusses suchte Taussig sich dann schleunigst zu verbessern.
Der bekannte Militärschriftsteller Major Eliot, der nach Konteradmiral Taussig vernomm-n wurde, warnte nachdrückkichst vor einer Beteiligung Am- 's am Krieg in Europa, weil sonst Amerikas innerpolitische Probleme niemals gelöst werden könnten.
ASA. soll helfen. In Anbetracht des Ausfalles der schwedischen Eisenerzzufuhren hat sich England, wie in Neuyorker Vörsenkreisen verlautet, bereits an die USA. gewandt. In amerikanischen Wirtschaftskreisen rechnet man mit einer wesentlichen Belebung der USA.-Eisenausfuhr nach England, da man hier der Ansicht ist, daß die Westmächte auf längere Zeit auf die schwedischen Eisenerze verzi^en müssen.
Drei WehrmachSsmusikschulen
Berlin, 23. April. Um den Nachwuchs an guten Wehrmachtsmusikern sicherzustellen, sind mit Zustimmung des Reichserziehungsministers zunächst zwei Wchrmachtsmusikschule» errichtet worden, die Heeresmusikschule in Vückeburg und die Luftwaffenmusikschule in Sondershau, en. Die Borarbeiten für die Errichtung einer Kriegsmarinemusikschule in Frankfurt a. M. stehen vor dem Abschluß. Die Wehrmachtsmusikschulen dienen der umfassenden Ausbildung von musikalisch begabten Jungen zu guten Wehrmachtsmusikern im nationalsozialistischen Geist. Sie vermitteln Schülern zwischen 14 und 17 Jahren in einer dreijährigen Ausbildungszeit neben dem vorgeschriebenen Verufsschulunterricht, weltanschaulicher, charakterlicher und sportlicher Erziehung eine musikalische Ausbildung, die sie nach erfolgreichem Besuch der Schule und bei Eignung zum Unteroffizier zu zwölfjährigem Dienst als Musiker in der Wehrmacht berechtigt und verpflichtet. Die Schüler werden in Schülerheimen nntergebracbt.
Leben in Dänemark normal
Feststellungen eines jugoslawischen Journalisten
Belgrad, 23. April. Der Kopenhagener Vertreter des Agramer „Jutarnji List" berichtet sehr eingehend über die neue Lage in Dänemark. Er meint, jeder dänische Widerstand gegen die deutschen Truppen wäre sinnlos gewesen. Jede andere dänische Regierung hätte in derselben Lage eine gleiche Entscheidung getroffen. Es wäre auch falsch zu glauben, daß sich Dänemark heute unter deutscher Herrschaft befände. Deutschland und Dänemark hätten eine Verständigung geschlossen, die von beiden Seiten loyal und freiwillig erfüllt werde. Dänemark habe weiterhin die Möglichkeit, selbständig und frei zu leben. Die Ordnung im ganzen Lande werde von der dänischen Polizei aufrecht erhalten. Presse und Rundfunk müßten ihre Arbeitsmethoden zwar den neuen Verhältnissen anpassen, ohne daß jedoch deutscherseits eine Einmischung erfolge. Die dänische Oeffentl'chkeit sei dadurch weitgehend beruhigt, gleichzeitig sei ihr die Neuorientierung erleichtert worden. Das ganze Leben entwickele sich normal weiter. Die Bevölkerung zeige einen gesunden Optimismus und blicke voll Vertrauen in die Zukunft.
Weiterhin unterstreicht der jugoslawische Journalist vor allem das ausgezeichnete Einvernehmen zwischen den deutschen Truppen und der dänischen Bevölkerung. Die deutschen Soldaten zahlten in den Läden mit besonderem Geld, das die Kausleute in den Banken zum Kurse von 2 Kronen für 1 RM. umgewechselt bekämen. Im übrigen versorgten sich die deutschen Truppen selbst. Die Nahrungsmittel würden ihnen regelmäßig jeden Tag aus Deutschland nachgeliefert. Zwischen den dänischen und deutschen Truppen bestehe gegenseitige Grußpflicht. Der Bericht schließt mit der Feststellung, daß mindestens 90 v. H. der dänischen Bevölkerung das Borgehen ihrer Regierung billigten.
Strandung zweier Dampfer in der Donau-Mündung.
Infolge eines Unglücksfalles strandeten am Montag an der Donau-Mündung bei Sulina der griechische Fracht- dainpser „Marionga" und der italienische Frachtdampser „Bossore". Die Schiffe legten sich quer in die fahrbare Rinne der Donau und verhinderten dadurch den Abfluß des Wassers, so daß der Hasen und die tiefer gelegenen Straßen von Sulina überschwemmt wurden.
Explosion auf einer Landstraße bei Lille. In St. Leger bei Lille ereignete sich auf einer Landstraße am Dienstag erne schwere Explosion. In einem Umkreis von mehr als einem Kilometer wurden die Häuserdächer abgedeckt. Meh- rere Häuser, darunter ein großer Schuppen, der über 200 m entfernt war, wurden vollkommen zerstört. Ein Fußgänger wurde in Stücke gerissen. Eine Frau und ein Landarbeiter erlitten schwere Verletzungen.
Jüdisches Wassenarsenal in Jerusalem entdeckt. In Jerusalem wurde ein großes Waffenarsenal, das Juden unter der Erde versteckt gehalten hatten, entdeckt. Es handelt sich dabei um Bomben, Gewehre und Munition.
„Lassen Sie mich zufrieden damit! Geben Sie ihn schon weiter! Wird schon stimmen."
Kopfschüttelnd packt Heiner Hennig seine Pläne zusammen. Das ist noch nie vorgekommen, daß der Meister Zeichnungen in die Werkstatt gehen ließ, die er nicht selbst geprüft und für gut befunden hatte. Ein schlechtes Zeichen, ein sehr schlechtes Zeichen! . . .
Gerade will Heiner hinausgehen, da entdeckt der Meister den Aufriß für den großen Tribünenbau.
,Und das hier? Was soll das?"
„Der Tribünenbau des Gesangvereins! Sie hatten mir doch Auftrag gegeben. . ."
„Unsinn!" brüllt Häberlein! „Ich habe nichts gegeben! Gesprochen worden ist mal drüber, sonst gar nichts. Wie kommen Sie dazu, sich hier in meinem Betrieb mit so blödem Zeug abzugeben?"
Na, nun schlägt's dreizehn! denkt Heiner, denn er ist im Recht und kann sich nicht erklären, wie der Meister plötzlich dazukommt, alles abzustreiten.
„Sie haben mir den Auftrag gegeben, die Sache zu projektieren, Herr Häberlein", entgegnet er ruhig und bestimmt. „Und zwar hier in diesem Raum vor ungefähr acht Tagen. Sie haben mir noch lang und breit erklärt, das soll Ihr Geschenk für den Verein werden. Zu seinem fünfzigsten Stiftungsfest!"
„Nichts habe ich erklärt!" schreit Häberlein noch gereizter. „Drehen Sie mir die Worte im Munde nicht herum! Ich baue Möbel, aber keine Eesangvereinstribünen."
„Herr Häberlein, Sie haben keine Veranlassung, mich hier anzuschnauzen. Sie haben davon gesprochen. Wir wollten die Sache machen, haben Sie gesagt, denn Sie wollten dem Verein zeigen, wie sehr er Ihnen ans Herz gewachsen ist. Das sind Ihre eigenen Worte!"
Das jetzt zu hören, ist einfach zuviel für Häberlein.
„Meine eigenen Worte?" bellt er los. „Meinen Sie, ich leide schon an Gedächtnisschwäche? Ihr seht wohl alle schon in mir einen Tapergreis, der nicht mehr weiß, was er tut, wie? Eine unverschämte Lüge ist das, eine hundsgemeine Schweinerei! Ich werde dafür sorgen . . ."
Mit ruhiger Bestimmtheit packt Heiner Hennig die gefürchtete Faust seines Chefs und zwingt sie nieder.
„Moment mal, Meister, ich bin nicht Ihr Hanswurst.
und auch nicht der Blitzableiter für Ihre schlechte Laune. Wenn ich auch 'ne Masse vertragen kann, aber das geht zu weit! Ich habe Sie bisher verehrt und geschätzt, weil Sie auf Ihre Art ein Künstler sind. Ich habe zu Ihnen aufgesehen wie ein Schüler zu seinem Meister. Wenn Sie nun aber hier ein Theater aufführen wollen wie eine alte Jungfer, dann packe ich meine Siebensachen und sehe zu, wo ich anders unterkomme. Ich finde noch jeden Tag was Neues! So. Und jetzt gehe ich in die Werkstatt und bringe Tobler die Zeichnungen. Wenn Sie in einer Stunde etwas klarer sehen, können wir uns weiter unterhalten. Allerdings . . . in dieser Tonart nicht!"
Er greift ruhig nach den Zeichnungen und geht hinaus in die Werkstatt.
Für einen Augenblick schrillt das Geschrei einer Kreissäge auf, dann verebbt der Lärm wieder, als die Tür zuschlägt. Meister Häberlein aber sitzt still und wie zerbrochen auf seinem Schemel vor seinem Arbeitstisch.
Was war das? denkt er immer wieder. Was war das? Und eine Stimme, die in seinem Herzen unbarmherzig die Wahrheit sagt, flüstert ihm zu: „Das Gezänk eines alten Mannes!" . . .
Alt? Bin ich alt? Verliere ich die Sicherheit und die Nerven? Bin ich wirklich schon ein . . . alter Mann?
Langsam tritt er vor den schmalen Spiegel, der über dem Waschtisch in der Ecke hängt. Aus einem großen grauen Gesicht sehen ihn zwei übermüdete Augen an . . . Wie im Traum fährt sein Zeigefinger die harten Linien entlang, die sich von der Nasenwurzel zu den Mundwinkeln hinziehen, streicht über die Säcke unter den Augen, die geschwollen sind von der Unruhe schlafarmer Nächte.
„Du bist alt, Häberlein!" hört er sich sagen, und sein Spiegelbild nickt ihm bestätigend zu. „Es geht bergab mit dir. Du verlierst den Kopf. Du wirst ungerecht und zänkisch. Wo ist dein Lachen? Deine heitere Gelassenheit? Wie war das doch . . . soeben? Drückt der Junge einfach deine Hand nieder, steht ganz ruhig und sagt dir Bescheid . . . wie ein vernünftiger Sohn seinem polternden, albernen Vater. Das war die Stimme der Jugend. So sieht ein Mann aus, der ans Heiraten denken sollte. So wie Heiner Hennig. Aber nicht wie ich."
(Fortsetzung folgt.)