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Nr. 159. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im Oberamts- bezirk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Psg.. außerhalb desselben 12Pfg.. Reklamen 25 Pfg. Schluß für Insera-tannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.

Montag, de» 12. Juli 1915.

Bezugspreis.- In der Stadt mit Trägerlodn Mk, 1.25 vierteijLhrlich, Post­bezugspreis für den Orts- und Nachdarortsvertehr Mk. I 20. im Fernverkehr Mk. l.SO. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg.. in Bayer» und Reich 42 Psg.

Rußland unter dem Eindruck seiner Niederlagen.

Der russische Koloß erschüttert.

Ein Appell an das russische Volk.

Berlin, 10. Juli. Aus Petersburg wird der Voss. Zeitung" gemeldet: DieNowoje Wremja" veröffentlicht einen aufsehenerregenden ArtikelAn das russische Volk", worin es heißt: Aus dem Vor­dringen des Feindes mutz man schlichen, datz neue russische Gebiete in feindliche Hände übergehen wer­den. Die Russen mutzten sich infolgedessen in sichere Verteidigungsstellen zurückziehen. Wir werden ge­zwungen sein, gewisse Teile des Landes provisorisch dem Feinde zu überlassen, der die reife Ernte unserer bürgerlichen Arbeit für sich beanspruchen wird. Die Bürgerschaft und die unbewaffnete Bevölkerung mutz alles Wertvolle mit sich nehmen, damit der Feind so wenig wie möglich in seinen Besitz be­kommt. Wir haben bereits in diesen Gebieten alles Wertvolle in das Innere des Landes befördern lassen. Was nicht befördert werden kann, wird von uns vernichtet. Wir dürfen dem Feinde nichts über­lassen, was für ihn von Wert sein kann. Der Artikel schließt mit einem Appell an die Bevölkerung, sie möge die schwere Prüfung würdevoll überstehen.

Warschau wird geräumt.

Die russische Militärzensur erlaubt den Blät­tern auch schon, sich mit der begonnenen Evakuierung Warschaus zu befassen, lieber die Evakuierung ist bereits folgendes bekannt: Die Kundschaft der War­schauer Diskontobank und der Warschauer Handels­bank haben alle Depots zurückgezogen, lieber 18 VW Einwohner haben in den letzten 8 Tagen freiwillig die Stadt verlassen. Weitere 80 VW wurden auf Be­fehl des Generalkommandos in GUterzügen abgescho­ben. Die Insassen der Warschauer Zuchthäuser und Gefängnisse wurden nach Moskau übergeführt. Das Generalkommando hat für die Zivilbevölkerung 20 000 Respiratoren gegen Artillerie anfertigen lassen.Rjetsch" stellt fest, datz Warschau nunmehr von der Zivilbevölkerung und den Regierungsor­ganen geräumt sei.

Die russischeGroßzügigkeit."

Aus dem heutigen Bericht des Oberkommandie­renden entnimt eine derMorning Post" vom 6. 7. aus Petersburg zugesandte Meldung, datz die Ver­bündeten im Westen ruhig darauf rechnen können, datz die deutsch-österreichische Armee in Rußland fest­gehalten wird. In meinen früheren Berichten habe ich mich geirrt, ich hatte offenbar die mir hier ge­machten Mitteilungen nicht richtig verstanden! Es ist ersichtlich, datz die Deutschen ihren alten Plan wieder ausgenommen haben; sie wollen vom jen­seitigen Weichseluser vom Norden (Kurland) und Süden her gegen Warschau Vorgehen. Auf dem Papier scheint der Plan gut, die Ausführung aber bildet eine der schwersten Aufgaben, die man sich denken kann. Der Vormarsch der Verbündeten wird nicht weiter so rasch vor sich gehen wie bisher. Erst am 2. 7. haben die Russen angesangen, ernstlichen Widerstand entgegenzusetzen, am 3. 7. haben sie die Oesterreicher geschlagen. Was der Feind bei seinem Vormarsch in Rußland finden wird, ist ein in wahr­haft heroischem Matzstab verwüstetes Land. Keine solchen Genüsse wie in Belgien und Frankreich er­warten die Barbaren des modernen Deutschlands. Sie wollten den Krieg jetzt sollen sie ihn haben bis zum Tode, und keine Pein soll ihnen erspart blei­

ben! Großzügigkeit kann man eben nur in Rußland finden; das kann sogar der Vorurteilsloseste nicht bestreiten. Beweis ist die Mobilmachung der In­dustrie.

Ein interessantes Bekenntnis.

Petersburg, 10. Juli.Rjetsch" schreibt: Wenn die russische Regierung jetzt, wie sie es getan hat, den Zeitungen verschreibt, in zuversichtlichem Tone über die Kriegsereign'sse zu schreiben, um die Be­völkerung nicht zu beunruhigen, so ist dagegen zu sagen, datz das Vertrauen zu den Erklärungen der russische« Zeitungen bereits erschüttert ist.

Cholera in Moskau.

Berlin, 10. Juli. Aus Basel wird demLokal- anz" gemeldet: Laut derNowoje Wremja" kommen aus Moskau sehr schlechte Nachrichten über die Aus­breitung der Cholera. 8V von 1VV an der Cholera Gestorbenen find Frauen.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutschen amtlichen Meldungen.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 1v. Juli. (Amt­lich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Tags­über war die Gefechtstätigkeit auf der ganzen Front gering. Drei französische Angriffe bei Lannois, am Südhang der Höhe 631 bei Ban de Sapt scheiterten bereits in unserem Artilleriefeuer. Nachts wurde in der Champagne nordwestlich von Beau-sejour- Ferme ein vorspringender französischer Graben ge­stürmt. Oestlich anschließend unternahmen wir einige erfolgreiche Sprengungen. Zwischen Aitty und Apremont fanden vereinzelte Nahkämpfe statt. Im Priesterwald verbesserten wir durch einen Vor­stoß unsere neuen Stellungen. Seit dem 4. Juli find in den Kämpfen zwischen Maas und Mosel 1798 Ge­fangene (darunter 21 Offiziere) gemacht. 3 Geschütze, 12 Maschinengewehre, 18 Minenwerfer erbeutet. Bei Leintreq. östlich von Luneville, wurden nachts Vorstöße des Feindes gegen unsere Vorposten ab­gewiesen.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Bei Osfo- wiecz wurde ein feindlicher Angriff zurückgeschlagen.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Die Lage der deutschen Truppen ist unverändert.

(WTB.)Großes Hauptquartier, 11. Juli. (Amt­lich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Nörd­lich von dpern wiederholten die Engländer geestrn ihren Versuch vom 6. Juli, sich in den Besitz unserer Stellung am Kanal zu setzen. Der Angriff scheiterte unter erheblichen Verlusten für den eFind. Hart nördli chder Straße SouchezAblain versuchten die Franzosen abends einen Angriff, der auf einen Vor­stoß von deutscher Seite traf. Der Kampf ist noch nicht abgeschlossen. Dem französischen Feuer fielen in den letzten Tagen 4V Einwohner von Liövin zum Opfer, von denen 1v getötet wurden. Ein verein­zelter französischer Vorstoß auf Fricourt, östlich von Albert, wurde leicht abgewiesen. Der gestern nacht nordwestlich von Beau-Sojour Ferme dem Feinde entrissene Graben ging am frühen Morgen wieder verloren, wurde heute nacht jedoch erneut gestürmt und gegen fünf Angriffe behauptet. Zwischen Ailly und Apremont erfolglose französische Handgranaten- Angriffe. Im Priesterwald brach unter starken Ver­lusten für den Feind ein durch heftiges Artillerie­feuer vorbereiteter Angriff dicht vor unseren neuen Stellungen zusammen. Ein Angriff auf die deutsche

Stellung östlich und südöstlich von Sondernach (süd­westlich Münster) wurde zurückgeschlagen. Unsere Flieger griffen die Bahnanlagen von Gerardmer an.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Die Lage ist unverändert.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. In den letzten Tagen fanden in der Gegend südlich von Krasnostaw örtliche Gefechte statt; sie verliefen für uns überall günstig. Sonst hat sich bei den deutschen Truppen nichts ereignet.

Oberste Heeresleitung.

Die österreichisch-ungarischen Tagesberichte.

(WTB.) Wien ,10. Juli. Amtliche Mitteilung vom 10. Juli mittags. Russischer Kriegs­schauplatz. Die Lage ist im Großen unverändert. Nördlich Krasnik erneuerten die Russen in der ver­gangenen Nacht nochmals erfolglos ihre Angriffe.

Italienischer Kriegsschauplatz. Die Ruhe an der küstenländischen Front hielt im allge­meinen an. Ein feindlicher Angriffsversuch bei Sdraussina wurde abgewiesen. Im Kärntner Grenz­gebiet hat sich nichts ereignet. An der Tiroler Front wurde ein italienischer Angriff auf unsere Stel­lungen nordöstlich des Kreuzbergsaitels zum Stehen gebracht. Gegen den Col di Lana gingen vorgestern nachmittag mehrere feindliche Bataillone vor. Das Feuer eines unserer Forts zwang sie zur Umkehr. Gestern vormittag versuchte ein Bataillon einen neuen Angriff. Erst auf die kleinsten Entfernungen beschossen, hatte es große Verluste und mußte gleich­falls zurück. Die braven Standschützen betätigen im schwierigsten Hochgebirge ihre Unternehmungslust in erfolgreichen Kämpfen.

(WTB.) Wien, 11. Juli. Amtliche Mitteilung vom 11. Juli mittags: Die Lage ist auf allen Kriegs­schauplätzen unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: von Höser, Feldmarschalleutnant.

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Eine deutsche Offensive im Westen?

Haag, 11. Juli. Londoner Meldungen zufolge beschloß der Kriegsrat der Verbündeten in Calais eine erhebliche Verstärkung der Fronten in Flandern und in den Ärgonnen und zwar wegen der Mittei­lungen, Deutschland werde am Ende des Monats 9VV VVV Mann frischer Truppen an die Westfront werfen, um den Angriff gegen Calais und Verdun zu forcieren. Den Vorsitz führte Joffre.

Die" Wacht'an den Dardanellen.

(WTB.) Konstantinopel, 9. Juli. Von einem Besuch an der Dardanellenfront zurückgekehrt, sagte der Konstantinopeler Deputierte Dschahid über seine dort empfangenen Eindrücke: Ich kehre voller Hoff­nung und Vertrauens zurück. Wenn ich die bisher zu Lande und zu Wasser unternommenen Operati­onen überblicke, für die der Feind eine mächtige Flotte und sodann eine etwa 3W W0 Mann starke Armee heranführte, die reichlich über jedes Kriegs­material, über zahlreiche Flieger und Verteidigungs­mittel, wie Blendwerke u. s. w., verfügt, und von Kriegsschiffen unterstützt wird, die zuweilen an einem Tage bis zu 4V V0V Schüssen abgaben, und wenn ich bedenke, daß der Feind trotz allem nach 2 s /2 Kriegsmonaten nicht imstande war, auch nur das kleinste Dorf zu nehmen und auf dem kleinen Streifen Land von 1 Kilometer im Süden bei Sed-