von den französischen Sträflingen in der Anstalt un- tergebracht find, daß sie sich aber mit diesen auf dem­selben Hof bewegen müssen und in gleicher Weise wie sie behandelt und verpflegt werden. Der Leut­nant v. Schierstädt ist infolge der unverdienten schmachvollen Behandlung einer schweren geistigen Erkrankung verfallen und neuerdings in eine Heil­anstalt übergeführt worden, in der er schon früher vorübergehend untergebracht war. Insbesondere sind alle Bemühungen, ihn wegen Dienstuntauglichkeit frei zu bekommen, bisher erfolglos geblieben.

Die deutsche Regierung hatte daraufhin an die französische Regierung die Forderung stellen lassen, das; die Mitglieder der Patrouille unverzüglich dem Kriegsgefangenenlager überführt und daß sie dort wie unbestrafte Kriegsgefangene ihrem Rang ent­sprechend mit solchen gemeinsam untergebracht und behandelt werden. Weil diese Forderung nicht er­füllt worden ist, sind nunmehr auf Anordnung der deutschen Heeresverwaltung 6 kriegsgefangene fran­zösische Offiziere in das Militärgefängnis Spandau Lbergeführt worden, wo sie genau in derselben Weise wie die Mitglieder der Patrouille Schierstädt unter­gebracht und behandelt werden, etwaige Verschärf­ungen in der Lage der deutschen Gefangenen würden auch den 6 französischen Offizieren gegenüber zur Anwendung kommen.

Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartier, 9. Zuli. (Amt­lich) Westlicher Kriegsschauplatz. Nörd­lich der Zuckerfabrik von Souchez wurde ein franzö­sischer Angriff abgeschlagen. Kleine, in unsere Stel­lung eingedrungene Abteilungen wurden niederge­macht. Es gelang uns bisher nicht, das vorgestern verlorene Grabenstück westlich von Souchez vom Feind zu säubern. Die von der französischen Heeresleitung gebrachte Nachricht über Eroberung eines deutschen Geschützes ist unrichtig. Oestlich von Ailly ergebnis­lose französische Einzelangriffe. Oestlich anschließend an unsere neu gewonnenen Stellungen im Priester­walde stürmten wir mehrere französische Gräben in einer Breite von 35V Meter, machten dabei über 25V Gefangene' und erbeuteten vier Maschinengewehre. Nachts fanden auf der Front von Ailly bis zur Mosel nur unbedeutende Patrouillengefechte statt. Nach starker Artillerievorbereitung griff der Feind die von uns am 22. Juni erstürmte Höhe631 bei Ban de Sapt an. Wir mußten die vollkommen verschütteten Grä­ben auf der Kuppe räumen.

Oestlicher und südöstlicher Kriegs­schauplatz. Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

(WTB.) Wien, 9. Juli. Amtliche Mitteilung vom 9. Juli, mittags: Russischer Kriegs­schauplatz. Die allgemeine Lage im Nordosten ist unverändert. In Russisch-Polen wird auf den Höhen nördlich Krasnik weitergekämpft. Wie an den vorhergehenden Tagen wurden auch gestern an meh­reren Stellen der Front äußerst heftige Angriffe zu- rllckgeschlagen. Westlich der Weichsel wurden alle genommenen russischen Borstellungen behauptet.

Italienischer Kriegsschauplatz. An der küstenländischen Front herrschte gestern verhält­nismäßig Ruhe. Ein italienischer Flieger war bei Eörz zu einer Notlandung gezwungen. Im Kärnt­ner und Tiroler Grenzgebiet Geschützkämpfe und Scharmützel. Ein Angriffsoersuch zweier feindlicher Bataillone auf den Col di Lana (beim Buchenstem) wurde abgewiesen.

Der Stellvertreter des Chefs des Eeneralstabs: von Höfer, Feldmarschalleutnant.

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Die Zivilbevölkerung räumt Warschau.

Petersburg, 9. Juli. General Rußki, der wegen Unstimmigkeiten mit dem Grotzfürsten-Eeneralissi- mus einen angeblichen Krankheitsvrlaub erhalten hatte, übernimmt mit dem heutigen Tage den Ober­befehl über die russischen Armeen an der sogenannten Nordwestfront. Er erhielt besondere Machtbefug­nisse, und es erscheint nicht ausgeschlossen, daß er demnächst offiziell den Titel eines Vize-Generalissi­mus erhalten wird. Der amtlicheRußkij Invalid" gibt wie derVoss. Ztg." berichtet wird, nunmehr zu, daß die allgemeine Räumung Warschaus ange­ordnet ist, bemerkt aber, daß dies eine rein mecha­nische Maßregel sei, die das Gesetz bei der Annähe­rung von Feinden vorschreibe. Der amtlicheAr­meiski Wjestnik" bestätigt ebenfalls die Räumung, bemerkt jedoch, daß eine unmittelbare Gefahr für Warschau vorerst nicht bestehe, obwohl der Feind von Norden und Süden her anmarschiere. Von einer

Amtliche vekanutmachllnge«.

Amtstörperschaft Cal«.

Bestellung von Zuckerfuttermitteln.

Die Vtehbefitzer und namentlich die Pferde- befitzer werden wiederholt auf die Verwendung von Zuckerfuttermitteln als Ersatz für Haber u.s.w. hin­gewiesen.

Die Oberamtspflege nimmt bis 15. Juli Be­stellungen auf Zuckerfchnitzel und Zuckerfutter ent­gegen. Nach diesem Zeitpunkt eingehende Bestell­ungen können nicht berücksichtigt werden, auch werden Bestellungen von Zuckermelasse nicht an- genommen.

Die Herren Ortsvorsteher werden ersucht, die Pferdebefitzer auf Vorstehendes aufmerksam zu machen, Bestellungen entgegenzunehmen und letztere der Oberamtspflege zu übersenden.

Calw» den 8. Juli 1915.

Reg.-Rat Binder.

Verkauf von Belgierfohlen.

Am Montag, den 12. Juli ds. Is.» vormittags 9 Uhr, werden in Stuttgart am Circusgebäude am Marienplatz etwa 36 aus Belgien eingesührl« Fohlen (meist Wallachen, 2 und 2'/»jährig) im Wege der Versteigerung unter den von der K. Zentralstelle f. d. Landw. mehrfach bekanntgege- benen Bedingungen verkauft. Näheres imStaats-An­zeiger" Nr. 158.

Calw, den 9. Zuli l9l5.

K. Oberamt: Binder.

Erlaß an die Ortspolizeibehörden, betr. Taubenschlagsperre.

Da es mit Rücksicht auf die Dolksernährung während des Krieges angezeigt ist, daß über die Dauer der Ernte die Tauben behufs Verhütung von Sachschaden eingesperrt werden, wird den Ortspolizeibehörden nahe gelegt, auf Grund des Art. 34 Abs. 1 Ziff. l des Württ. Pölizei-Strasgesetzes das Einsperren der Tauben über die Zeit der Ernte anzu­ordnen. 3: doch dürfen Anordnungen i. S. des Art. 34 Abs. 2 a. a. O. bis aus Weiteres nicht getroffen werden, da durch Kaiserl. Verordnung vom 23. Sept. 1904 (Neichs- Ges.-Bl. S. 425) alle gesetzlichen Vorschriften, die das Töten und Einfangen fremder Tauben gestatten, für das Reichs- Gebiet außer Kraft gefetzt worden sind.

Calw, den 9. Juli 1915.

K. Oberamt: Binder.

Aufgabe Warschaus zu sprechen, sei verfrüht. Der Gouverneur von Lublin macht durch Anzeige be­kannt, daß die in der Stadt verbreiteten alarmie­renden Gerüchte falsch seien, er werde etwaige von den Einwohnern zu ergreifenden Schritte rechtzeitig bekannt machen. Der russische Heilige Synod hat Bittgottesdienste um Sieg in sämtlichen Kirchen an­geordnet.

Von der Isorizofront.

Zürich, 9. Juni. DerZür. Tagesanz." meldet von der Jsonzofront: Die Kämpfe dauern mit un­verminderter Heftigkeit fort und entwickeln sich zu einer neuen Riesenschlacht. Die Zurückdrängung der Italiener wird auch von neutralen Berichterstattern gemeldet. Jedenfalls steht einwandfrei fest, daß die Italiener noch an keinem entscheidenden Punkte fe­sten Fuß zu fassen vermochten.

Die Furcht vor unfern V-Booten.

Lugano, 9. Juli. Die deutschen Unterseeboote, besonders ihre Anwesenheit im Mittelmeer, machen den Italienern viel Kopfzerbrechen. Sie suchen un­ausgesetzt nach den Stützpunkten, an denen die Boote sich neu mit Benzin und Lebensmitteln versorgen, weil man an einen Aktionsradius von 3000 Kilo­metern nicht glauben will. So meldet ein Tele­gramm aus Athen, daß der Kapitän eines dort ein­gelaufenen Schiffes gesagt habe, er wisse aus durch­aus zuverlässiger Quelle, daß das Achilleion aufEorfu die Basis (?) der Verpflegung der deutschen Unter­seeboote sei. Aus London läßt sich, wie derKriegs­zeitung" berichtet wird, derSecolo" melden, daß man in Canada und Amerika die zuerst für unmög­lich gehaltene Tatsache jetzt glaubt, daß Untersee­boote im nördlichen Atlantischen Ozean kreuzen und den Handel Canadas mit dem Mutterlande und den Vereinigten Staaten, besonders die Munitions- transporte nach Europa unterbinden wollten. Zu diesem Zwecke seien die Deutschen im Begriffe, an verlassenen Küsten Labradors, wo sie die Mündung des Lorenzostromes beherrschen, eine Operations­basis zu schaffen. Man sei jetzt überzeugt, daß die Möglichkeit dieser Gefahr ins Auge gefaßt werden müsse, und treffe Maßregeln.

Basel, 9. Juli. DieBaseler Nachrichten" mel­den lautLok.-Anz.", daß auf Anraten des deutschen Gesandten in Athen alle griechischen Handelsschiffe im Mittelmeere wegen der vermehrten Tätigkeit deutscher Unterseeboote am Rumpf einen auffälligen Anstrich in den Landesfarben erhalten haben.

Kopenhagen, 9. Juli. Lord Selborne hielt, wie demLok.-Anz."^pon hier berichtet wird, im Ober­hause eine Rede, in der er die Befürchtung aussprach, daß der Fleisch,zufyhr nach Großbritannien infolge der zunehmenden Tätigkeit der deutschen Untersee­boote ernste Schwierigkeiten erwachsen könnten. Die Gefahr und die Zahl der Unterseeboote wachsen um so mehr, je länger der Krieg dauere. Bei der erfolg­reichen Kriegführung der Unterseeboote sei anzu- nehmen, daß der Feind seine Anstrengungen darauf vereinigen werde, diesen Teil der Flotte nach Mög­lichkeit auszubauen. Selborne mahnte schließlich zur Sparsamkeit im Fleischverbrauch.

(WTB.) Bern. 9. Juli. Der MailänderSe­colo" meldet aus London, daß laut Berichten aus Athen deutsche Unterseeboote im Aegäischen Meere erschienen seien, was in der Flotte der Alliierten große Aufregung hervorgerufen hätte. Daraufhin habe der Admiral die hauptsächlichsten Einheiten von den Dardanellen zurückgezogen. In London messe man der Nachricht nicht viel Glauben bei, wenn man auch die Möglichkeit zugebe, daß einige Schiffe zurückgezogen worden seien, weil sie ausge­bessert werden müßten. Die Zurückziehung der Schiffe könne sich auch aus der Notwendigkeit von Dislokationen ergeben haben.

Die englische Brutalität.

(WTB.) Bern. 10. Juli. Die TurinerStam- pa" erfährt aus Sofia, daß die englische Flotte mit der Blockade der gesamten griechischen Küste begon­nen habe. Die griechische Regierung habe in London energischen Einspruch erhoben mit der Begründung, daß die Blockade eine Verletzung der griechischen Neutralität darstelle. So behandelt England die Neutralen, wenn sie nicht gefügig sind.

Der Krieg in Deutsch-Südwestafrika.

(WTB.) Berlin, 10. Juli. Ueber den Krieg in Deutsch-Südroestafrika liegen folgende Meldungen aus englischer Quelle vor: Ein amtliches Telegramm Reuters aus Pretoria meldet: Votha hat die Kapi­tulation der deutschen Streitmacht von Deutsch-Süd- westafrika angenommen. Ein früher eingelaufe­nes Telegramm meldete: Oberst Myburgh kam in Tsumeb im Damaraland an. Er machte unterwegs 600 Kriegsgefangene, eroberte einige Kanonen und befreite die gefangen gehaltenen Engländer. Oberst Brits, der einen großen Umweg in westlicher Rich­tung machte, nahm 150 Mann gefangen und befreite den Rost der gefangenen Unionstruppen. Das Ende des Kampfes scheint nahe. Die Uebergabe der feind­lichen Streitmacht ist eine Frage kurzer Zeit. Ein anderes Telegramm besagt: Oberst Myburgh traf die Deutschen unter dem Befehl von Kleist in Ghaub. Die Deutschen zogen sich zurück und ließen 86 Ge­fangene zurück. Kurz darauf machten die Briten noch 600 Gefangene und eroberten einige Kanonen. Die englischen Verluste sind 1 Mann tot, 3 ver­wundet. Oberst Brits hat Ottyossasu am 30. Juni verlassen und rückte über Otya-Okakena vor und er­reichte Mamutoni, wo er 150 Mann gefangen nahm, Vorräte erbeutete und die englischen Gefangenen be­freite.

(WTB.) London. (Reuter.) Aus Kapstadt wird gemeldet, daß die Uebergabe der Deutschen be- oingungslos erfolgte. Votha hatte ein Ultimatum gestellt, das gestern um 5 Uhr nachmittags ablief. Ein amtliches Telegramm aus Pretoria besagt: Die Feindseligkeiten in Deutsch-Südwestafrika find jetzt faktisch beendet. Die Armee kehrt in das Gebiet der Union zurück. (Anmerkung des WTB.: Eine Nach­prüfung dieser Reuter-Meldungen ist augenblicklich von hier aus nicht möglich. Wir geben sie deshalb einstweilen mit Vorbehalt wieder.)

Eine englische Niederlage gegen persische Stämme.

(WTB.) Konstantinopel, 9. Juli. Nach Privat­nachrichten aus Bagdad haben die tiirkentreuen Stämme Elkiab und Devret, die auf persischem Ge­biet in der Gegend des Flusses Marun wohnen, der sich südlich von Bassorah in den Schot el Arab er­gießt, die englischen Truppen in der Umgebung von Hasalie und Llmaru angegriffen und 100 Engländer gefangen genommen, 6 Kanonen, 2 Maschinenge­wehre sowie eine Menge Munition erbeutet. Außer­dem hatte der Feind eine Anzahl von Toten und Verwundeten.

Englische Sorgen.

* Die Nachrichten, die wir über die innere Lage Englands von drüben bekommen, klingen immer eigentümlicher. Die englische Regierung hat darnach wahrlich keinen guten Stand. Nicht nur, daß die Männer, die den Krieg begonnen haben, mehr oder weniger kaltgestellt wurden, die noch im Ministerium