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Schwarzwälder Tageszeitung

Seite 3

Aus Stadt und Land

Altensteig, den 22. Dezember 1939.

Der Winter beginnt heute

Der Tatsache, daß erst jetzt, am 22. Dezember, der Winter sei­ne« asfizieelln Einzug hält, werden wir uns beinahe mit Ueber- raschung bewußt, denn in Wirklichkeit ist er ja längst in Europa emgekehrt. Aber die Astronomie vermerkt diesen Tag als den des Winteranfangs es ist der Tag der Sonnenwende, an dem die Mittagshöhe der Sonne am kleinsten und die Tagesdauer am kürzesten ist. Dieser astronomische Winter dauert auf der nörd­lichen Halbkugel vom 22. Dezember bis zum 21. März.

Für uns sind Dezember, Januar und Februar die eigentlichen Wintermonate. Dabei empfinden wir meistens schon den Monar Dezember als Monat strenger Kälte, obwohl nach alter Erfah­rung meist erst der Januar und der Februar die tiefsten winter­liche» Temperaturen bringen. Das ist auch durchaus sachlich be­gründet, denn die größte Winterkälte tritt nicht gleichzeitig mit Dem kürzesten Tage und dem niedrigsten Sonnenstände ein, son­dern erst einen Monat später, wenn die Abkühlung infolge der Wärmeausstrahlung der Erde gleich der Erwärmung durch die Sonnenstrahlen geworden ist. Aus diesem Grunde ist aus der nördlichen Halbkugel der Januar, auf der südlichen der Juli der kälteste Monat des Jahres.

In der Zeit des Winteranfanges erleben wir die kürzesten Tag« des Jahres. Die Sonne weilt noch nicht einmal ein Drittel des Tages über dem Horizont. Am kürzesten Tag, dem

21. Dezember, liegen zwischen Sonnenaufgang und Sonnenunter­gang nur 7,39 Stunden. Wenn man mit diesem kurzen Sonnen­besuch den längsten Tag des Jahres, den Sommeranfang am

22. Juni, vergleicht an dem Frau Sonne 16,81 Stunden über der nördlichen Halbkugel lächelt, so läßt sich ermessen, wie sonnen­arm diese dunkelste Zeit des Jahres für uns ist.

Seit alten Zeiten aber galt der Tag der Wintersonnenwende zugleich als Freudenfest. Die germanischen Völker feierten an ihm die Wiederkehr des Lichts. Nun ist der Tiefpunkt des Jah­res überwunden, langsam kehrt die Sonne wieder und jeder Tag schenkt uns ein Stück neues Licht. Damit erwacht in den Her­zen der Menschen neuer Mut und neue Freude, und so wie sich das Rad des Jahres weiterdreht, so strebt nun auch unser ganzes Leben wieder der Sonne entgegen. Mit dem Monat Dezember ,st auch die dunkelste Zeit des Jahres überwunven. Schon im Ja­nuar werden die Tage spürbar länger und es ist, als wenn dann auch die Menschen die Kälte, die gerade Januar und Februar «och bringen können, weniger empfänden. Daneben aber strahlt in die Dunkelheit der kürzesten Tage das Helle Licht des bren­nenden Weihnachtsbaums, Symbol des schönsten alten deutschen Festes.

FLns Minuten vor Weihnachten

Wenn sich in diesem Jahre der Goldene Sonntag seinem Ende znneigt, ist schon der Heilige Abend da. Und wer an ihm noch feine letzten Weihnachtseinkäufe erledigen will, der kauft so­zusagen fünf Minuten vor Weihnachten. Für gewöhnlich bringt der Goldene Sonntag den letzten Höhepunkt des Weihnachts­geschäftes. In diesem Jahre dürste es anders sein. Denn fast durchweg ist diesmal mit den Festvsrbereitungen sehr zeitig be­gonnen worden. Die Notwendigkeit, schon Mitte des Monats die Weihnachtspakete abzusenden, hat auch einen allgemeinen zeitigeren Einkauf aller Geschenke mit sich gebracht. So werden diesmal an den Verkaufsstunden desGoldenen", die auch kurz befristet sind, nur noch die Nachzügler hastig durch die Geschäfte eilen oder es werden noch kleine Ergänzungskäufe ausgeführt irgend welche kleinen Gaben gekauft, die man vergessen hatte.

Der Goldene Sonntag bietet die letzte Kaufmöglichkeit vor dem Fest. Es ist nicht so wie in anderen Jahren, daß auf ihn noch ein paar Wochentage folgen, an denen man die letzten notwen­digen Besorgungen vornehmen kann. Diesmal ist der Goldene wirkich der allerletzte Augenblick Um so wichtiger ist es, noch ein­mal gründlich alles zu überprüfen, was gekauft worden ist und was noch angeschafst werden soll. Dazu gehören ja nicht nur die Geschenke allein. Auch nicht nur der Weihnachtsbaum und her Baumschmuck und allerlei kleines weihnachtliches Beiwerk.

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32. Fortsetzung

Lite mußte sich anstrengen, um im Rudern standhalten zu können. Helle Schweißtropfen strömten über ihr Gesicht. Wenn es so um die deutschen Truppen stand. . . Am lieb­sten wäre sie in dieser Nacht mit dem Bruder jenseits der russischen Grenze geflohen. Markehnen erschien ihr plötz­lich als eine nicht mehr ertragbare Last.

Du solltest mit mir gehen!" Hellmut sprach es mitten in die aufstehenden Gedanken der Furcht hinein.

Bilder stiegen vor der Frau auf: Markehnen völlig in der Hand des Feindes, Gustav hilflos in der Moorhütte! Ich habe hier meine Pflicht!" Die Stimme klang klein und zaghaft. Der Mann aber fühlte dahinter den unab­änderlichen Willen stehen, den Willen der Dacherodes, den kaum je einer gebrochen hatte.

Gleichmäßig tauchten die Ruder in das dunkle Master.

Da auf einmal ward die Nacht taghell. Vom ent­fernt liegenden Ufer schwirrten laute Stimmen, erste Schüsse irrten über das Wasser.

Wossil Petrowitsch!" Lite schrie laut auf. Sie wußte jetzt, daß er sie zu ihrem Vesten gewarnt. Trotzdem hatte sie nicht anders handeln können. Durch das blendende Licht der Scheinwerfer sah sie, wie Kähne vom Ufer gelöst wurden. Es war eine Frage von Minuten, bis man sie gefangennahm.

Wie ein Verzweifelter ruderte der Bruder. Es würde ihnen wenig helfen. Und wenn er nicht zu seinem Truppen­eil zurllckkam, konnte ein ganzer Frontabschnitt verloren ein. Blitzartig durchzuckte die Frau ein Plan. Dicht vor hnen lag die schmale Wasserstraße, die in den angrenzen­den See hinüberfllhrte. Hellmut war ein vorzüglicher Schwimmer. Er würde die Moorhütte auch ohne Boot er- reichen. Zitternd drängten sich die Worte zwischen ihren «lassen Lippen hervor. Es gab nur diese eine Möglichkeit.

oas wrr für die Feiertage brauchen. Es heißt auch, für die Feiertage Vorsorgen und die notwendigen Lebensmittel im Hause haben. Kluge Hausfrauen werden mit diesen hauswirtschastliche« Vorbereitungen gewiß nicht bis zur allerletzten Stunde gewartet haben, aber vielleicht wird sich doch Herausstellen, daß man das eine oder andere vergessen hat zu besorgen und daß es nun rasch noch geholt werden muß.

Am glücklichsten sind ohne Zweifel diejenigen, die den Golde­nen Sonntag und vor allem die Stunden, die dem Heiligen Abend vorangehen, nicht zu einer Hetzjagd durch die Geschäfte benutzen und danach noch zu Hause alle Hände voll zu tun haben, sondern die nun dank ihrer rechtzeitigen Vorbereitungen Muße haben, schon den Beginn des Feiertages voll zu genießen und in einer stillen Stunde die Gedanken auf die Wanderschaft zu schicken, hinaus zur Front, wo heute in jedem Bunker, in jedem Unterstand unsere Soldaten um den Weihnachtsbaum sitzen und nach der Heimat denken, in die weite Ferne, zu manchen Lieben, die ganz bestimmt mit ihren Gedanken bei uns sind.

Goldener Sonntag und zugleich vierter Advent. Heute zün­den wir in den Nachmittagsstunden, wenn es zu dämmern be­ginnt, die vierte Kerze unseres Adventskranzes an, und wenn es Abend wird, erstrahlt der Weihnachtsbaum im Schimmer seiner Kerzen. So gleiten wir vom Goldenen Sonntag, dem vierten Advent, in die Weihnacht hinein, das deutscheste Fest, diesmal erfüllt vom Ernst der Stunde und doch auch von aller Tiefe des deutschen Wesens.

Keine Wehrsteuer mehr von Einberufenen. Die geltende Regelung für die Abführung der Wehrsteuer wird den besonderen Verhältnissen des Krieges nicht gereckt. Der Neichsfinanzminister hat deshalb angeordnet, daß die Wehrsteuer von Wehrsteuer­pflichtigen, die zum Wehrdienst cinöerufen worden sind, für die Dauer ihrer Wehrdienstleistung nickt erhoben wird. Bei wehr­steuerpflichtigen Arbeitnehmern, die zum Wehrdienst einberufen sind, ist ab sofort eine Wehrsteucr nicht mehr einzubchalten und abzuführen. Das gilt sowohl für den laufenden Arbeitslohn, der auf die Zeit der Wehrdienstleistung entfällt, als auch für sonstige Bezüge, die dem wehrsteuerpslichtigen Arbeitnehmer während der Dauer seiner Wehrdienstleistung zusließen.

Für eingezogene Hunde keine Huudrsteuer. Der Reichs­innenminister hat eine Neuregelung der Hunoesteucr für ein­gezogene Hunde verfügt. Die Wehrmacht kaust laufend für ihre Zwecke geeignete Hunde an. Vom Tage des Ankaufes an ist für diese Hunde von der Wehrmacht keine Steuer zu entrichten. Die Eteuerpflicht des bisherigen Halters des Hundes erlischt aber erst mit dem Ende des laufenden Viertel- oder Halbjahres, nach manchen Steuerordnungen sogar erst mit dem Ende des Rech­nungsjahres. Die Gemeinden werden ersucht, in diesen Füllen

mit Rücksicht auf die besonderen Umstände die Hundesteuer nur bis zum Ende des Monats zu erheben, in dem der Hund durch die Wehrmacht angekauft worden ist.

Für Weihnachten und Neujahr Aufhebung des Tanzver- Lotes. Der Reichsminister des Innern hat für den 25., 26. und 81. Dezember 1939 und für den 1. Januar 1940 das Verbot öffentlicher Tanzlustbarkeiten vor 19 Uhr aufgehoben. Nach dem 1. Januar 1946 tritt wieder die alte Regelung in Kraft, nach der öffentliche Tanzlustbarkeiten erst ab 19 Uhr gestattet sind.

Der Schnitter Tod hält reiche Ernte. Bald werden dis Weihnachtsglocken das schönste Fest der Deutschen einläuten und Freude wird in viele Herzen einkehren. Aber nicht nur Freude, sondern auch großes Leid ist schon in dieser Weihnachtszeit in so viele hiesige Familien eingekehrt durch den Tod drei hiesiger Bürger, die in dieser Woche starben. Gestern wurde der in weiten Kreisen bekannte Eerber- meister und Fischzüchter Otto Lorenz Lu z, der Trä­ger einer alteingesessenen Gerber- und Fischerfamilie, im 61. Lebensjahr zu Grabe getragen, der in Tübingen von seinem Leiden zu spät Heilung suchte. Eine zahlreiche Trauergemeinde begleitete den so unerwartet verstorbenen Geschäftsmann auf seinem letzten Gang, der im Leben ob seinen reichen Einfällen so manche Betätigung suchte und fand. Zahlreiche Nachrufe und Kranzniederlegungen zeug­ten von seinem Tun und Wirken. Die Turngemeinde

Hellmut von Dacherode preßte dis Zähne fest zusammen, als er ins Wasser sprang. Hinter ihm schaukelte das Boot, in dem die Schwester, hilflos dem Feind pre-isgegeben, zurückblieb. Aber er durfte jetzt nicht denken, nur schwim­men, besinnungslos schwimmen. Nur so konnte er seinen Kameraden, dem Vaterland die notwendige Hilfe bringen.

Lite sah den Bruder kleiner und kleiner werden. Sie gab dem Boot eine andere Richtung, um den Feind abzu­lenken. Ihr Manöver führte zum gewünschten Erfolg. Nur noch wenige Minuten, dann mußten die Russen sie er­reicht haben. Sie zog die Ruder ein, sank kraftlos zusam­men. Was würde aus Gustav-

Eine starke brutale Faust zerrte sie in ein anderes Boot. Fremde Laute schlugen an ihr Ohr.Haben wir den Burschen endlich, der uns jede Nacht genasfllhrt! Jetzt gibt's kein Pardon!"

Es -setzte Kolbenstößs. Lite wäre fast über Bord gefal­len. Die Arme schnürte man ihr so fest zusammen, daß sie kaum noch zu atmen vermochte. An Land wurde sie auf­recht gestellt, mit Flüchen und Stößen vorwärts getrieben. Blutüberströmt, mit zerrissener Jacke, stand sie wenige Minuten später im Schloß vor Wossil Petrowitschs Adju­tanten. Im Hintergrund grinsten ein paar Kosaken. Sie freuten sich ob des kommenden Schauspiels. Hängen sollte man den Burschen, der schon seit Tagen die Gegend unsicher machte.

Der Adjutant fühlte etwas wie Mitleid, als er die übel zugsrichtete kleine Gestalt vor sich stehen sah.Wo wolltest du hin?" Er bedeutete den übrigen, den Raum zu verlassen. Man hörte das Abmarschieren schwerer Stiefel. Auf dem Hof entzündete man in der warmen Nacht ein Helles Feuer, stimmte bei seinem Schein schwermütige Wei­sen an und malte sich mit Freuds die Bestrafung des Ge­fangenen aus, der sein Leben verwirkt hatte.

So sprich doch!" Der Adjutant nickte dem Gefangenen ermunternd zu. Aber die vorausgegangene Aufregung, die verzweifelte Angst um dis gegenwärtige Stunde, die sich nicht wie ein Traum auslöschen ließ, raubt« Lite die Be­sinnung. Sie taumelte gegen die Wand, wäre gestürzt, wenn der Mann sie nicht aufgefangen. Du liebe Zeit, wie eins Feder war das Bürschchen! Und sollte den Abend des kommenden Tages nicht mehr mit erleben! Der Mann

Altensteig 1848 gab seinem Ehrenvorstand, die er fast eia Jahrzehnt führte, das letzte Geleite. Dietwart Reallehrer Häberle sprach von der Treue dieses verschworenen Turners, der ein halbes Jahrhundert der deutschen Turn­sache diente. Oberlehrer Schwarz sprach für das Land- wehr-Jnf.-Regt. 120, dem der Verstorbene im Felde an­gehörte, Alfred Beck für die Eerberinnung und seine hiesigen Kollegen, und Baron Freiherr Wilhelm von Gült lingen für die FischereivereinigungOberes Nagoldtal". Ein Leben reich an Ideen und Plänen hat geendet. Sein Werk ist die Fischzuchtanlage im lieblichen Zinsbachtal, die er als Naturfreund sehr nett der Land­schaft anpaßte. Auch als Wintersportler hat der Verstor­bene der sportbegeisterten Jugend durch die Vergrößerung und Anlage des Schlittschuhsees Idee und Kraft geweiht. Und dem Schwarzwaldverein hat er zuletzt noch mit Freu­digkeit zu dienen begonnen. Allzufrüh hat ihn der Schnitter Tod von seinem Wirken genommen. s-

Die Weihnachtsbescherung der Kinderschule vereinigte gestern unsere Kleinen mit ihren Angehörigen in den Räumen der Kinderschule. Es war wieder eine recht ver­gnügte Feier mit allerlei Darbietungen aus Kindermund, die mit der Beschenkung der Kinder ihr Ende fand. Man sah dann recht beglückte Kinder der Kinderschule enteilen, im Munde vielfach schon ihre große Bretzel und im Aerm- chen krampfhaft umschlungen das, was das Christkindl« sonst noch beschert hatte. Auch hier sah man wieder so rechtwie selig, wie selig, ein Kind noch zu sein".

Erömbach, 22. Dez. Seinen 8 0. Geburtstag kann morgen in geistiger und körperlicher Frische der frühere Holzhauer Chr. Walz alt feiern. Seit etwa drei Jahren versieht er noch das Postbotenfuhrwerk nach Altensteig und erfreut sich dabei durch sein freundliches Wesen allgemeiner Beliebtheit. Wir gratulieren!

Freudenstadt, 21. Dezember. (Hotelier Hermann Stokinger si.) Im Alter von 77 Jahren ist gestern Hotelier Hermann Stokinger nach kurzer Krank­heit gestorben. Der Mann war nicht so bekannt wie sein Werk, das denselben Namen trägt, das Waldhotel Stokinger. Weit und breit genießt es einen guten Ruf als Hotel und als Ziel der Spaziergänge der Freuden­städter und der Kurgäste. Daß es Hermann Stokinger wagte, an jenem zwar herrlichen, aber doch abgelegenen Platz im Palmenwald zunächst ein Kaffee und dann ein Hotel zu errichten, und daß er es vielen Schwierigkeiten zum Trotz in die Höhe brachte, das wird Freudenstadt für alle Zeiten dankbar anerkennen. Denn er hat damit das Kurwesen um etwas Besonderes bereichert, um ein Hotel, das die Vorzüge der Natur in Freudenstadt sich mehr nutz­bar gemacht hat als die anderen und sie den Gästen gewis­sermaßen in konzentrierter Form darbietet. Sein ganzer Erfolg war nur möglich durch den eisernen Fleiß, mit dem Hermann Stokinger, der 1932 für seine hohen Verdienste um die Hebung des Fremdenverkehrs zum Ehrenbürger der Gemeinde Dietersweiler ernannt wurde, seiner Arbeit bis in seine letzten Lebensjahre oblag. Sein Lebensgang, der gestern beschlossen wurde, ist ein Zeugnis dafür, was Fleiß und Ehrbarkeit erreichen können,

^.wei wegen Milchfälschung schon vorbestrafte Schwester, batten sich schon wieder wegen des gleichen Delikts vo, Gericht zu verantworten. Kamen sie früher mit Geldstrafe, davon, so erhielten sie diesmal je vier Monate Gefängnis Tuttlingen, 21. Dez. (F e s t g e n o m m e n.) In de» letzten Tagen wurde ein hier wohnhafter 30 Jahre alt« ^ann festgenommen, der, wie festqestellt werden konnte mcht nur an seinem letzten Arbeitsplatz, sondern bei seine, sämtlichen Arbeitgebern der letzten Jahre alles, was ih» stehlenswert erschien, mitlaufen ließ. Eine große Dorlleb« zeigte er für Werkzeuge aller Art. aber auch für Lederware, und Schuhe.

legte den Gefangenen auf das Ruhebett an der Fensterfeite» meldete dann im Nebenzimmer Wossil Petrowitsch, daß man den Langgesuchten endlich aufgegriffen habe.

Schwer erhob sich der Hauptmann. Er versuchte in des anderen Gesicht zu lesen. Unbekümmert war es, trotz des Mitleids, das sich deutlich in ihm abspielte.Ein Junge ist es, noch ein halbes Kind. Las ohnmächtig wurde, weil man ihm hart zusetzte." Der Adjutant verstand Len for­schenden Blick seines Vorgesetzten. Nein, er konnte beruhigt sein, es war nicht die Gräfin von Plessow.

Wossil Petrowitsch atmete erleichtert auf, öffnete die Türe zum Nebenzimmer. Der Adjutant hatte das Licht eingeschaltet. Es beleuchtete den kleinen Gefangenen mit Tageshelle. Das zarte schmale Gesicht, die gelockten braunen

Haare-Wossil Petrowitsch winkte dem Adjutanten

schwach mit der rechten Hand, zu gehen. Er wünschte, der Erdboden möge sich austun, ihn, Markehnen, nein, die ganze Welt verschlingen. Doch es blieb still. Er mußte die Augen wieder öffnen. Die Erkenntnis war die gleiche wie kurz vorher. Niemand anders als Jelisaweta war der Bursche, den man aufgegriffen hatte!

Langsam trat er auf sie zu, wischte ihr mit feinem Taschentuch das Blut vom Gesicht, zog ihr die zerfetzte Jacke zurecht. Schweigend nahm er der Frau kleine kalte Hände zwischen seine Finger.Jelisaweta!" Die Liebesfülle einer Welt überströmte die dem Feind ausgelieferte kleine Gestalt, die sich zu regen begann.

Im gleichen Augenblick klopfte es an der Türe. Einer der Soldaten, der bei der Gefangennahme zugegen gewesen war, legte einen preußischen Soldatenrock auf den Tisch. Man hatte ihn im Boot des Burschen gefunden.

Es ist gut!" Wossil Petrowitsch nickte mit dem Kopf. Die Kehle war ihm wie zugeschnürt. Er holte ein Glas Wasser vom Tisch, flößte es der noch immer halb Bewußt­losen ein. Sie lag jetzt in seinem Arm, so ungewollt angst­voll und schutzsuchend, wie sie es noch nie in ihrem Leben getan. Und wohl nie wieder tun würde! Wie mit Messern durchzuckte es den Mann. Einen deutschen Soldatenrock hatte man im Boot bei ihr gefunden. Ohne einen Träger, der entkommen sein mochte.

(Fortsetzung folgt.)