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Lchwarzwäld-r Tageszeitung

Seite 3

Aus Stadt und Land

Mtensteig, den 15. Dezember 1939.

Kein Volksgenosse ohne Weihnachtsbaum!

Die Weihnachtsbäume sind reichseinheitlich in fünf Klassen eingeteilt und die Erzeugerpreise für jede Weihnachtsbaumklaise vom Reichskommissar einheitlich geregelt. Weiter sind die zuläs­sigen Verkaufspreise iir Württemberg und Hohenzollern von der Preisbildungsstelle Stuttgart festgesetzt und an dem zu jedem Verkaufsstand gehörigen Standschild ablesbar. Besonders sei darauf hingewiesen, daß die Verkaufspreise für Weihnachts­bäume die gleichen sind wie letztes Jahr.

Die Erfassung des Bedarfs geschieht für Württemberg und Hohenzollern durch die Wirtschaftskammer Württemberg/Hohen- zollern Unterabteilung Ambulantes Gewerbe Stuttgart, Königstraße 1. Diese Stelle führt die Marktverordnung durch . auf Grund von Anträgen, die von den zugelassenen Händlern nach den Erfahrungen der letzten Jahre anzumelden waren. Dabei ist sie an reichseinheitliche Richtlinien und an die Wei­sungen des Forst- und Holzwirtschaftsamts Stuttgart gebunden. Die Händler kaufen den ihnen freigegebenen Bedarf beim Erzeu­ger oder Großhändler ein. Irgendwelche Anstände haben sich bisher nicht ergeben und werden sich auch nicht ergeben, weil Baden, Württemberg und Hohenzollern über Wälder verfügen, deren Aufbau die Hauptweihnachtsbaumarten Fichte und Edeltanne in hinreichender Menge enthalten. Außerdem beteiligen sich am Weihnachtsbaummarkt außer den Weihnachtsbaumhändlern zahlreiche bäuerliche Waldbesitzer mit Handelserlaubnis und sichern sich so eine Einnahme für Weih­nachten. Endlich betätigen sich viele waldbesitzenden Gemeinden gewohnheitsmäßig als Versorger ihrer Bürger.

Für die Versorgung Eroß-Stuttgarts sind beispielsweise rund 60909 Weihnachtsbäume bereitgestellt. Darunter sind auch die Weitztannen in der üblichen Weise vertreten. In ähnlicher Form ist auch die Belieferung der größeren Städte Württem­bergs und Hohenzollerns gesichert. Die Anfuhr der Bäume hat überall bereits begonnen. Die Abgabe der Weihnachtsbäume an die Verbraucher ist im Bereich des Forst- und Holzwirt­schaftsamts Stuttgart seit dem 11. 12. freigegeben. In Stutt­gart selbst beginnt der Verkauf aus verkehrstechnischen Gründen erst am 16. 12. 1939 in der gewohnten Weise. Es kann somit jeder Volksgenosse sich einen Weihnachtsbaum, wie er es gewöhnt ist. aussuchen und einkaufen. Es kommt keiner zu kurz.

Calw» 13. Dez. (Das Landes-Symphonie- Orchester spielte in Calw.)Im Lärm der Waffen schweigen die Musen". Seit die NS.-Gemeinschaft Kraft durch Freude" die kulturelle Betreuung der Wehr­machtangehörigen und der Heimatfront übernommen hat, beginnt diese alte Sentenz ihren Sinn zu verlieren. Das bewies gestern abend erst wieder ein von der Kreisdienst­stelle Calw vermitteltes, wertvolles Konzert des Württ. Landes-Symphonie-Orchesters in Calw. Das unter Lei­tung von Kapellmeister Gerhard Maaß spielende Orchester eröffnete den Abend mit Beethovens Egmont- Ouvertüre, brachte dann Haydns Konzert für Violincello ^ind Orchester in feiner Ausdeutung und schloß mit einer glanzvollen Wiedergabe der Symphonie No. 5 in C-Moll von Ludwig van Beethoven. Der begeisterte Beifall des leider nur schwach besetzten Hauses erzwang als Zugabe noch die Ouvertüre zu C. M. von Webers romantischer OperDer Freischütz". Die schöne Veranstaltung war für unsere Musikfreunde ein erlesener Genuß.

Calw, 14. Dez. (VomDeutschenRotenKreuz.) Am Sonntag fanden im Bereitschaftsraum des DRK. in Calw zwei Grundkurse für Helferinnen ihren Abschluß. Der eine umfaßte 35, der andere 33 Teilnehmerinnen; hin­zu kamen noch 8 GD.-Mädel von Eechingen und zwei bereits ausgebildete Helferinnen, die noch keine Prüfung abgelegt hatten. In Anwesenheit von DRK.-Kreisfllhrer Landrat Dr. Haegele, der Frauenschaftsleiterin Frau Spießhofer, der DRK.-Referentin für Weltanschauung

Frl. Johanna Oelschläger, der Führerin der Bereit­schaft Calw, Frl. Haug, HJ.-Arzt Dr. Mezger und dem Leiter der Führungsabteilung bei der Kreisstelle DRK.- Hauptführer Dr. Graubner-Vad Teinach fand die Prüfung der Teilnehmerinnen durch DRK.-Aerztin Dr. Lisel Köbele, statt. DRK.-Oberfeldführer Landrat Dr. Haegele sprach über Entstehung und Aufgaben des Deutschen Roten Kreuzes und seine Entwicklung bis in die heutige Zeit. Nach einem Appell an die Teilnehmerinnen zu weiterer Mitarbeit im Deutschen Roten Kreuz dankte der Kreisführer mit herzlichen Worten Dr. L. Köbele und Dr. Eraubner für ihre in den zwei Kursen geleistete Arbeit.

Stuttgart, 13. Dez. (Glückwunsch des Führers^ Der Führer übersandte dem bekannten Konstrukteur Dr. A Berger von der Daimler-Benz AE. anläßlich seines 60. Es burtstages ein herzlich gehaltenes Glückwunschtelegramm.

Verkehrsunfälle. Am Mittwochmorgen stießen ii der Mercedesstraße in Bad Cannstatt ein Kraftwagen unl ein Radfahrer zusammen. Der Radfahrer, ein 50 Jahr« alter Mann, wurde tödlich verletzt. In der Pragstraße wurdi am gleichen Morgen eine 25 Jahre alte Frau von einen Personenkraftwagen angefahren und zu Boden geworfen Abends wurde auf dem Wilhelmsplatz ein 73 Jahre alt« Mann von einem Omnibus angefahren. Er erlitt Verletzu» gen am Kopf und am rechten Oberschenkel. 2n der Nacht zum Mittwoch wurde in der Neckartalstraße ein 27 Jahr« alter Mann von einem Straßenbahnzug ersaßt.

«venonngen, Kr. Nürtingen, 13. Dez. (Im Mühl­kanal ertrunken.) Am Montagabend verfehlte die Ehefrau des Schreiners Adolf Raich'le den Weg bei der Heimkehr in ihre Wohnung. Sie stürzte dabei in den Mühl­kanal und ertrank. Die Leiche wurde bereits geborgen.

Nottenburg a. N., 13. Dez. (Diamantene Hoch­zeit.) Rentner Johann Dölker konnte mit seiner Ehefrau das Fest der Diamantenen Hochzeit feiern. Nach dem Welt­krieg wurde der damals 66 Jahre alte Jubilar mit seiner Familie von den Franzosen aus Straßburg ausgewiesen.

Neichenbach/Fils, 13. Dez. (Erdverschiebungen.) Im Siegenberg auf Markung Reichenbach sind umfangreiche Erdverschiebungen eingerreten, die das Gelände völlig ver­änderten. Wo früher eine kleine Erhebung war, ist jetzt ein kleiner See entstanden. Die Straße hört auf einmal auf und geht einige Meter rechts weiter. Tiefe Risse klaffen in der Erde. Das Llltzelbachbett ist eine ganze Strecke weit einfach verschwunden, und das Wasser läuft über die Wie­sen. Ganze Baumstücke sind meterweit abgerutscht. Allem Anschein nach sind aber die Erdbewegungen noch nicht beendet, denn im Innern der Erde hört man das Wasser zurgeln.

Neubach, Kr. Crailsheim, 13. Dez. (Wärmeflasche r x p l o d i e r t e.) Ein Junge hatte eine verschlossene IVärmeflasche auf den heißen Ofen gestellt, um sie anzu- värmen. Es dauerte nicht lange, und die Flasche krachte luseinander, wobei Fenster und Möbelstücke in Mitleiden-s schuft gezogen wurden. Ein in der Stube anwesendes Kind' vurde durch Splitter verletzt- s

Jrsliugcn, Kr. Rottweil, 14. Dez. (Gefährliches Böllerschießen.) Beim BLllerschießcn anläßlich einer Hochzeit hat sich ein schweres Unglück zu gen. Der Böller war nicht losgegangen, weshalb ihn ^ 19 Jahrs alte Sohn des Bürgermeisters Müller zurückholte. Während aber der junge "Mann das gefährliche Schießeisen, in der Hand hielt, krachte es plötzlich und zerfetzte ihm eine Hand vollkommen. Im Kreiskrankenhaus mußte die Hand ab­getrennt werden.

Weilheim, Kr. Tuttlingen. 14. Dez. (Gräßlicher Unfalls Am Dienstagabend wurde auf Ver Landstraße zwischen Weilheim und Rietheim ein 16jähriger Schüler der Gewerbeschule Tuttlingen tot aufgefunden. Etwa 170 Meter von der Leiche entfernt lag ein Damenfahrrad mit einer Aktenmappe, einer Mütze und Handschuhen. An der Leichs fehlte der linke Arm und die vollständige Oberkleidung, so daß anzunehmen ist. daß der junge Radfahrer von einem

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27. Fortsetzung

Im Schloß wurde es still. Drunten im Hof standen ein paar Soldaten zusammen, sangen schwermütige russische Volksweisen in die beginnende Nacht hinaus. Ja, der rote

Sarafan-Wossil Petrowitsch schritt durch die langen

Gänge des Schlosses, die Arme auf dem Rücken verschränkt. Diese Nächte auf Markehnen waren noch schwerer zu er­tragen, als selbst die härtesten Befehle gegen Land und Menschen, die ihm eine zweite Heimat bedeuteten. Uhren schlugen. Die Lieder auf dem Hof verdämmerten langsam. Nur noch ihr Echo hing am sternenübersäten Nachthimmel. Ich sang auch einst Lieder, lachte, tanzte-"

Es litt den Einsamen nicht mehr im Haus. Sein Schritt zögerte in den Park hinaus. Leise klagend schlugen die Wellen des unfernen Sees ans Ufer. Unwillkürlich schaute der Mann zu den Fenstern des ersten Stockwerkes auf. Ielisawetas Räume! Das Lied vom roten Sarafan, das noch immer in den Bäumen zu hängen schien, quälte ihn. Ja, einst sang man auch Lieder-

Wossil Petrowitsch fand trotz der Dunkelheit die rich­tigen Fenster heraus. Es brannte kein Licht hinter ihnen. Jelisaweta hatte sich sicher schon zur Ruhe begeben. Den Leichtsinn mit dem offenen Fenster Hatto sie noch immer nicht abgelegt. Ein Uebelwollender konnte ohne viel Be­schwer in ihr Zimmer einsteigen. Der Gedanke beunruhigte den Mann. Er ging ein paarmal spähend an der Fenster­front vorüber, suchte das Gebüsch ab. Aber es war nichts Gefährliches zu sehen. Nur als der Mann jäh seine Taschen­lampe aufflammen ließ, erkannte er auf dem Weg leichte Fußspuren, die bis dicht unter Ielisawetas Fenster führ­ten. Fast bis dicht an den See hinab verfolgte er sie in atemloser Eile. Da sah er, wie eine Gestalt das Boot löste, e« schnell auf den See Hinaustrieb.

In wenigen Sätzen stand er drunten am Wasser.Halt,

oder ich schieße!" Vergeblich schaute er sich nach einem zweiten Kahn um.Halt!" Sein in die Luft abgegebener Schuß unterstrich den Befehl. Aber die Gestalt in dem Boot, die er wegen der Dunkelheit nicht erkennen konnte, schien nicht zu hören. Mit immer größerer Eile tauchte sie die Ruder ins Wasser.

Verdammt! Es gab also tatsächlich Spione hier in der Gegend. Die rechte Fühlung mußten sie zu Markehnen haben. Wossil Petrowitsch feuerte ein paarmal auf den See hinaus, ohne allerdings sein Ziel zu erreichen. Vor seinen Augen standen die letzten Einwohner von Mar­kehnen: Der Pfarrer, der alte Mirko und Jelisaweta. Die beiden ersten strich er von Anfang an von der Schuld­liste. Bei der Frau aber verfingen sich seine Gedanken. Sie liebte ihr Vaterland unbeschreiblich. Das wußte er. Trotzdem konnte er nicht glauben, daß sie sich mitten in den Feind wagte, um dann wieder Nachricht zu ihren Lands­leuten zu tragen.

Wenn sie es wirklich tut muß ich sie erschießen lassen! Wossil Petrowitsch fühlte, wie er plötzlich eiskalt wurde. Bei allen Heiligen, das Mütterchen Rußland konnte nicht wollen, daß er das Liebste auf der Welt mit eigener Hand dem Gericht auslieferte. Der Mann zwang sich, in sein Schlafzimmer hinüber zu gehen. Doch er fand keine Ruhe. Ueber die Gänge schlich er, lauschend. Vor Ielisawetas Zimmer schob er den Posten beiseite. Er brauche heute nacht nicht hierzubleiben, dürfe schlafen. Knarrend ent­fernte sich des Soldaten Schritt.

Wie ein Verbrecher stand Wossil Petrowitsch vor der Tür. Er hätte sich Ruhe verschaffen können, wenn er jetzt angeklopft hätte, unter irgend einem nichtigen Vorwand. Jelisaweta hätte geantwortet. Alles war dann gut. Aber wenn das andere-Es ist Unsinn! Der Mann ver­

suchte sich krampfhaft zu beruhigen. Sein Fingerknöchel pochte. Es blieb still. Selbstverständlich: Jelisaweta schlief. Einen sehr festen Schlaf besaß sie, das wußte er noch. Er versuchte es noch einmal. Das zaghafte Klopfen erschien ihm in dem Frieden der Nacht wie ein donnerndes Tosen, mit dem er den Schlaf auf ewig tötete. Das Echo aber war nichts anderes als Schweigen. Es hätte die gewünschte Gewißheit bedeuten können. Doch Wossil Petro-

Auio erfaßt un- so länge mitgeschleist worden ist, bis sichk der Arm mitsamt der Oberkleidung vom Körper löste. Bet dem tödlich Verunglückten handelt es sich um den Gewerbe- schüler Max Braun, der aus Spaichingen stammt und der! mit seinem Fahrrad aus dem Wege von Tuttlingen nach« Svaickinaen bearifsen war. -

Mähringen, Kr. Ulm, 14. Dez. Außer Neenstetten konnte! nun auch Mähringen die Fertigstellung eines sehr schönen. Heimes melden, das jetzt seiner Bestimmung übergebeir wurde. Wie eine Trutzburg steht das Mähringer Heim au^ dem Berg und ist sowohl in seinem äußeren Bild, wie in seiner Jnneneinrichtuna vorbildlick.

Heilbronn a. N., 13. Dez. (M e i s te r ku r s e.) An der Meisterschule Heilbronn werden zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung Fachkurse für Gipser und Stukkateure sowie für Maler durchgeführt. Die Kurse beginnen am 3. Januar 1940 und dauern 12 bzw. 16 Wochen. Ferner ist ein Kurs für Holz- und Weinkllfer, beginnend im April 1940, geplant.

Schlüchtern bei Heilbronn, 14. Dez. (Rehbock kam ins Dorf.) Obwohl der Winter noch nicht weit vor­geschritten ist, wurde in den Gärten beim Dorf ein Rehbock gesichtet, der schließlich sogar die Waschküche eines Bauer» aufsuchte. Dort wurde er eingefangen und dem Jagdpächter gemeldet.

Ulm, 14. Dez. (Unter die Straßenbahn gera- t s n.) Nachdem sich erst am Montag in der Dunkelheit ein tödlicher Unfall dadurch ereignet hat, daß ein Mann unvor­sichtigerweise das Straßenbahngeleise betrat, ist nun am Dienstagabend bereits wieder ein Mann in dis Straßen­bahn gelaufen. Es handelt sich um den 67 Jahre alten Loko­motivführer a. D. Kötzle, der von einem Straßenbahnwagen erfaßt und so unglücklich zu Boden geschleudert wurde, daß er einen Sckädeibrnck erlitt.

Mannheim, 14. Dez. (Durch Explosion getöt e k.)s In einer Schlosserei in Ladenburg wurde der 46jährig« Schlosser Hermann Erny aus Seckenheim durch eine Explo­sion so schwer getroffen, daß er bald darauf gestorben ist.

Villingen, 14. Dez. (Vom Pferd tödlich getrost f e n.) In Villinaen kam ein Pferdepfleger bei Stallarbeitea zu Fall, wodurch ein Pferd so erschreckt wurde, daß es aus», schlug und ihn an die Brust traf. Dem Unglücklichen wurtH ein großer Teil der Rippen gebrochen, so daß er sch«» anderntags im Krankenhaus starb. ^

Eutach/Vaden, 14. Dez. (T o d e s stu rz.) Ern Trakts« Lberschlug sich in der Blumberger Gegend und stürzte ei« hohe Böschung hinunter. Der Mitfahrer Malta aus darf, der bei dem Sturz unter den Traktor zu liegen kam, war sofort tot. Er hinterläßt Frau und vier Kinder.

K»kdern, 13. Dez. (Ertrunken.) Am Wochenende ist hier der Ziegeleiarbeiter Wilhelm Homberger in der Dun­kelheit beim Gasthaus zum Waldeck von der Straße ab­gekommen, in die Kander gestürzt und ertrunken. Seine Leiche wurde am Montagmorgen beim Krankenhaus geborgen.

Lörrach, 13. Dez. (Greisin überfahren.) Auf dem Heimwege von einer Adventsfeier wurde in Lörrach die 72 Jahre alte Christin« Boos am Sonntagabend von einem Lastkraftwagen überfahren und aetötet.

Wertheim, 13. Dez. (Tödlich überfahren.) Der 63jährige Philipp Fertig wurde auf dem Heimweg von der Arbeitsstelle in Haslach von einem Motorradfahrer a« gefahren und so schwer verletzt, daß er bald nach der Ver­bringung ins Wertheimer Krankenhaus starb.

Gestorben

Nagold: Jakob Luz, Privatmann.

Buchdruckerei Lau!, Lllrnfteig. Zurzeit Preisliste 8 gültig, verantwortlich für den gesamten Inhalt: Dieter La ul in Altenfteia. Vertr.: Ludwig Lau k. Druck und Verlag:

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witsch hatte keine Ruhe. Vorsichtig stieß er von außen den Schlüssel drinnen ins Zimmer, schob einen Türöffner hinein. Wenn Jelisaweta jetzt wirklich da war und aufwachte, gab es keine Entschuldigung dafür, daß er mitten in der Nacht wie ein Räuber und Dieb mit Gewalt ihre Zimmer öffnete. Wossil Petrowitsch hörte sein Herz wie etwas Fremdes, außer ihm Liegendes laut klopfen.

Die Tür gab nach. Durch den geöffneten Spalt strömte ihm die rosengeschwängerte Nachtluft entgegen. Das Fen­ster stand auf. Wossil Petrowitsch ließ die Taschenlampe über das Zimmer gleiten. Es widerstand ihm fast, dem Licht auch seine Augen folgen zu lassen. Es war Jelisa- wetas persönliches Wohnzimmer, in dem er sie auch heut« morgen überraschte. Auf dem Tisch lag ein Buch auf­geschlagen. Daneben ein angefangener Brief mit den kritzelnd zierlichen Schriftzügen, die dem Mann so köstlich erschienen, weil sie ein Echo von dem quecksilbrigen Wesen der Frau waren. Der Brief war an ihre Eltern gerichtet, die Buchstaben teilweise von Tränen verwischt. Vieles war durchgestrichen und ein Schluß war noch nicht abzusehen. Die Schreiberin war sich wohl bewußt geworden, daß ihr im Augenblick eine Beförderung des Briefes unmöglich war.

Wossil Petrowitsch berührte den kleinen veilchensarbigen Bogen mit zärtlichen Fingern, schob ihn unter einen Be­schwerer. Der Nachtwind mochte ihn sonst noch wegtragen. Unter seinen Schuhen fühlte er plötzlich etwas Weiches. Er bückte sich, hob eines der zarten Spitzentaschentücher auf, wie Jelisaweta sie immer zu benutzen pflegte. Das Mono­gramm war mit einer besonders eleganten Linie von ihr selbst gestickt. Jetzt war das Tüchelchen zusammengeballt, gerade so, als hätte es die Frau erregt zwischen den Hän­den gedrückt, wie sie es bei inneren Erschütterungen zu tun pflegte.

Wossil Petrowitsch hörte sein Herz schlagen. Er hätte jetzt umkehren sollen. Aber gerade in diesem Augenblick begann drunten einer der Soldaten zu singen. Ein Lied von der Wolga. Von Stenka Rasin. Ja, es war Kri.g. Und Jelisaweta war eine Deutsche, das bedeutete: eine Feindin.

(Fortsetzung folgt.)