Amtsblatt des Kreises Calw für Altensteig und Umgebung — Heimatzeitung der Kreise Calw und Freudenstadt
Tannen
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Nummer 282
Altensteig, Freitag, deu 1. Dezember 1S3S
«2. 2ahr-a«O
Sowjetrußland und Finnland im Kamps
Ausbruch feindl. Handlungen — Sowjetrusfische Truppen haben die Grenze überschritten
Schwere Grenzkämpfe
Riga. 30. Nov. Nach Abbruch der diplomatische« Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Finnland ist es in den Mittagsstunden des Donnerstag zum Ausbruch feindlicher Handlungen gekommen. Die sowjetrussische Luftwaffe überflog mehrfach finnisches Gebiet und belegte au eiuigen Plätzen» darunter I« Helsinki, militärische Ziele mit Bomben.
Im Grenzgebiet an der Karelischen Enge fanden Artilleriekämpfe statt. Fm Norden Finnlands rückten sowjetische Truppen auf der Fischerhalbinsel vor, und auch auf einigen Inseln i« finnischen Meerbusen sind Aktionen im Gange.
Amtliche Moskauer Mitteilung über den Beginn der Kampfhandlungen
Moskau, 1. Dez. Um 0.45 Uhr Moskauer Zeit (22.45 Uhr MEZ.) wurde über sämtliche sowjetischen Sender eine amtliche Mitteilung verbreitet, worin nunmehr auch von Sowjetseite der Beginn der Kampfhandlungen gegen Finnland bekannt gegeben wird.
In der Nacht vom 29. auf den 30. November haben sich an der sowjetisch-finnischen Grenze mehrere neue Zwischenfälle ereignet. Um 2 Uhr nachts, so heißt es in der amtlichen Mitteilung, überschritt beim Dorfe Kowaino (nördlich des Ladoga- Sees) eine Gruppe finnischer Soldaten die Grenze und griff die sowjetische Grenzwache an. Die finnischen Abteilungen wurden mit starken Verlusten zurückgeschlagen. Um 3.15 Uhr eröffnete eine weitere starke Abteilung finnischer Truppen beim Dorfe Raasuli aus der Karelischen Landenge Maschinengewehrfeuer auf die Sowjettruppen. Die Angreifer wurden gleichfalls zurückgeschlagen. Dabei wurden von den Sowjettruppen in der Nähe des Dorfes Kormianki 10 finnische Soldaten und ein Unteroffizier gefangen genommen. Um 4 Uhr morgens versuchte eine weitere Abteilung finnischer Truppen auf der Kare-
Letzte Nachrichten
England verstärkt indische Garnisonen Berlin, 1. Dez. Mit welcher Besorgnis England die Entwicklung in Indien betrachtet, geht aus der Tatsache hervor, daß Großbritannien von einem Abkommen mit Nepal Gebrauch macht und Gurkha-Truppen aus diesem Lande angefordert hat. Wie in London mitgeteilt wird, werden insgesamt 8 Bataillone eingeborene Truppen aus dem Lande Nepal nach Indien transportiert werden, um hier Dienst zu tun.
Piratenkreuzer kapert jugoslawisches Schiff Belgrad, 1. Dez. Der Dampfer „Lovtschen" der jugoslawischen Schiffahrtsgesellschaft Zeteka-Plovidba, welcher einen regelmäßigen Schiffsverkehr zwischen Jugoslawien und Rumänien durchführt, wurde an der griechischen Küste von einem englischen Kriegsschiff aufgebracht und nach dem Kriegshafen Lavalette auf Malta beordert, wo seine Ladung untersucht werden soll.
Wie der Agramer „Hrvatski Dnevnik" meldet, wurde den jugoslawischen Seeleuten nur erlaubt, eine persönliche Mitteilung über ihr angeblich gutes Befinden an ihre Angehörigen zu schicken.
Zn politischen und diplomatischen Kreisen Belgrads erwartet man mit Spannung, ob Jugoslawien diesen neuesten völkerrechtswidrigen Eingriff Englands in seine Hoheitsrechte stillschweigend wie die früheren hinnimmt, oder ob es diesmal wenigstens einen offiziellen Protest gegen den britischen Seeräuberstaat wagt.
Englischer Dampfer „Sheaf Crest" gesunken Amsterdam, 1. Dez. Nach einer Meldung aus Newcastle ist der 2730 Tonnen große Dampfer „Cheaf Crest" Donnerstag an der englischen Südostküste auf eine Mine gelaufen. 29 Ueber- lebende sind an Land gebracht worden.
Einschränkung ker ReprSsentationsanfwenrungen
Berlin, 29. Nov. Der Reichsfinanzminister gibt in einem Erlaß bekannt, daß di« zur pauschalen Abgeltung des mit einem Amt für die Zwecke der Repräsentation verbundenen persönliche« Aufwandes gewährten Dienstaufwandentschädigungen aus öffentlichen Mitteln unter den gegenwärtigen Verhältnissen im Jnter- !«sse der Sparsamkeit wesentlich herabgemindert werden müssen. !Di« Dienstaufwandsentschädigungen find mit Wirkung vom 1. De- Hrmber ab um 25 Prozent zu kürzen, und zwar insoweit der Jahresbetrag der Dienstaufwandsentschädigung 1200 RM. übersteigt. 8llr das Rechnungsjahr 1940 behält fich der Minister die Festsetzung ein« weitere» LLrzungsbetrages vor.
lischen Landenge beim Dorfe Termolowo einen Angriff, wurde jedoch von Sowjettruppen mit Maschinengewehrfeuer zurück- getrieben.
In Anbetracht dieser neuen Provokationen mit bewaffnetem Ueberfall seitens der finnischen Truppen erteilte das Oberkommando der Roten Armee den Truppen den Befehl, am 30. Nov. um 8 Uhr morgens die sowjetisch-finnische Grenze zu Merschreiten. Abteilungen der Roten Armee rückten sofort an mehreren Punkten der Grenze vor, und zwar auf der Karelischen Landenge um 10 bis 15 Kilometer westlich der Grenze, und von Petrosawodsk aus bis zum See Suojarwy. Auf der Karelischen Landenge wurden von den Sowjettruppen mehrere Dörfer und Eisenbahnstationen besetzt; die Stadt Tälioki ist bereits erreicht worden. Beim Vormarsch wurden von den Sowjettruppen einige Dutzend Gefangene gemacht.
Gleichzeitig unternahm die sowjetische Luftwaffe trotz ungünstiger Witterung Erkundungsflüge über das Territorium Finnlands und bombardierte die Flugplätze von Wiborg und Helsinki.
Japan kündigt Gegenmaßnahmen an
Beschlagnahme britischer Frachten angedroht
Tokio, 30. Nov. Halbamtlich wird mitgeteilt, daß die japa»^ »ische Regierung im Falle ablehnender Antworten England» und Frankreichs auf den japanische« Protest wegen der ver» schärsten Blockade gegen deutsche Cxportgüter in London und Paris Gegenmaßnahmen ankündigen werde.
„Tokio Nitschi Nitschi" schreibt hierzu, daß die Regierung endgültig beschlossen habe, sich dem britisch-französischen Vorgehe» scharf zu widersetzen. Die Regierung erwäge gleichzeitig entschiedene Gegenmaßnahmen, wie z. V. Beschlagnahme britischer Frachten in japanischen Gewässern, als Vergeltung für die Schäden der japanischen Handelsflotte in Europa. Am 24. November so stellt das Blatt mit Empörung fest, hätten die japanische« Botschafter in London und Paris protestiert, worauf am 28. November dennoch die verschärfte Blockade durch Frankreich und England ausgesprochen worden sei.
Wie die Zeitung weiter erfährt, hält die japanische Regierung unbedingt die Ansicht aufrecht, daß die verstärkte englisch^ Blockade eine Verletzung des internationale»! Rechts darstellt.
Indien verlangt Unabhängigkeit!
Zusammentritt einer verfassunggebenden Versammlung gefordert
Kabul, 30. Nov. Das Kabinett des Indischen Nationalkongresses in Wardha, einer Stadt in Zentralindien, die als inoffizielle Hauptstadt Indiens bekannt ist, hat den Antrag über die Zusammenberufung einer gesetzgebende» Versammlung einstimmig angenommen. Damit hat der Kongreß dem britischen Imperialismus endgültig den Krieg erklärt. Besonders erwähnenswert ist, daß Mahatma Gandhi persönlich bei allen Sitzungen anwesend war.
Heute wissen die Führer Indiens ganz genau, daß England in einen Krieg verwickelt ist, der die ganze britische Politik des Imperialismus' in Frage stellt, ein Krieg, für den nach Ansicht Gandhis England überhaupt keine moralische Basis besitzt. Wenn England tatsächlich für das Selbstbestimmungsrecht der lleinen Völker kämpft, mit welchem moralischen Recht soll dann die Herrschaft Englands über 400 Millionen Inder weiter aufrecht- rrhalten werden? Das ist die Frage Gandhis, die weder Mister Lhamberlain noch Lord Zetland, der Staatssekretär Indiens, bis jetzt beantwortet haben. Daher die Forderung Indiens für die Zusammenberufung einer verfassunggebenden Versammlung.
Der indische Nationalkongreß erklärt in seinem Aufruf wörtlich: „Der Kongreß nahm nur aus dem Grunde an den gesetzgebenden Versammlungen der Provinzen teil, um eine Politik der Non-Cooperation (Nichtmitarbeit) zu verwirklichen und das Gesetz der Verfassung von innen zu bekämpfen, weil diese Verfassung nur dazu da ist, um die imperialistische Herrschaft Englands über Indien noch zu verstärken und die Ausbeutung des indischen Volkes fortzusetzen. Der Kongreß hält von nun an an der fundamentalen Politik der Non-Cooperation, der Nicht-Zusammenarbeit mit dem Apparat des britischen Imperiums. fest.
Scharfe Kritik
im Oberhaus
Amsterdam, 30. Nov. In beiden Häusern des britischen Parlaments war die Regierung Chamberlain am Mittwoch Gegenstand lebhafter Kritik. Im Oberhaus kritisierte Lord Addison (Labour) die verschiedenen Kriegsmaßnahmen, di« die Regierung seit Kriegsausbruch getroffen hat. Die Art der Beschlagnahme von Hotels und Schulen, so sagt« er, habe schwere Härten für eine große Anzahl gut gehender Hotels und sonstiger Einrichtungen mit sich gebracht und das alles, obwohl man anscheinend diese Frage bereits im Jahre 1936 (man beachte das Datum! die Red.) erwogen habe. Vernünftigerweise hätte man sich mit den Hotelbefitzerverbänden vorher in Verbindung setzen sollen. Das gleiche gelte für die Beschlagnahme von Schulen. Was die wirtschaftliche Seite anlange, so könne man fich kein Kontrollsystem für die Materialien vorstdas dem Handel größere Schmi-rmkeiien bereite, als das vom Munitionsministerium ^geführte Das gegenwärtige System sei unnötig kompliziert, belastend für die Industrie und ein Hindernis für die Beschaffung der Produkte, die für die Erhaltung der britischen Wirtschaftsstärke notwendig seien. Die industrielle Kapazität werde in weitgehendem Maße noch nicht für die Kriegsproduktion ausgenutzt. Das Ministerium habe völlig versagt, die Produktionskapazität Hunderter von Werkstätten zu mobilisieren. Die Methoden
Das Ziel des Kongresses ist nunmehr völlige Unabhängigkeit, und der Kongreß konzentriert jetzt alle seine Kräfte, um diese« Ziel zu erreichen. Der Kongreß verlangt eine echte und unzweideutige demokratische Regierung in Indien, wobei die ganze politische Macht dem indischen Volke übertragen werden soll n«d der ganze Regicrungsapparat unter der Kontrolle des indische« Volkes stehen muß. Ein solcher freier indischer Staat kann m» von der indischen Natron selbst ins Leben gerufen werde«, u»d um das zu verwirklichen, verlangt der Kongreß ansdrucklich die Zusammenberufung einer verfassunggebende« Versammln«-.
Diese Versammlung soll von allen Indern, die über 20 Jahre alt sind, gewählt werden, um für das Land eine Verfassung gemäß dem Genius des indischen Volkes zu gestalten. Die indischen Führer müssen von jetzt an die Massen für den große« Kampf vorbereiten, und wenn die Zeit reif wird, müsse» die J»d«r alles dafür opfern, die Gewaltherrschaft Englands «»d die jahrhundertealten Mißstande der mrglischen Verwaltung edr fiir allemal zu beseitigen." es
«Rumänien bleibt neutral-
Lularest, 29. Nov. Ministerpräsident Tatarescu gab eine ausführliche Erklärung über die allgemeine Lage und über das Regierungsprogramm. „Im gegenwärtigen Konflikt hat Rumänie» seinen Standpunkt gewählt: Die Neutralität. Das rumänische Volk wird sich nur für sein eigenes Schicksal schlagen. Rumänien ist und bleibt neutral und wünscht, freundschaftliche Beziehungen mit allen Völkern, besonders mit seinen Nachbarn, pl unterhalten." Tatarescu kündigte auf dem Gebiete der Innenpolitik ein Sofortprogramm und ein Programm für Dauerreformen an.
M Chamberlain
und Unterhaus
des Munitionsministers seien, wie die Ergebnis» bewiesen, unbefriedigend.
Der Liberale Lord Vea betonte vor allem, daß die Aust rechterhaltung des Außenhandels für den „britischen Erfolg* von lebenswichtiger Bedeutung sei. Unverzüglich sollte man aÄ die Kontrollen, die sich jetzt nicht als notwendig und berechtigt erwiesen hätten, abmildern oder abschaffen. Es herrsche erheb« liche Unruhe über die gegenwärtige Lage des Handels, der sich nicht so schnell, wie man gehofft habe, von dem Schoä des Krieges zu erholen scheine. Man brauche Mittel zur Wieder. Herstellung des Vertrauens in den Kreisen des Handels, wo di«, ses Vertrauen so tief erschüttert sei, daß man zögere, neue «er- pflichtungen einzugehen.
Auch der Konservative Lord Brockit bestätigte, daß d« Hotelbesitzern im ganzen Lande Unrecht geschehen sei, und d« der Exporthandel schwer leide. Die Regierung sollte alle ihr« Energie darauf verwenden, den anderthalb Million«« Arbeitslosen wieder Arbeit zu verschaffen, statt Krieg» material und sonstiges Material in großem Umfange au- dem Auslande zu beziehen.
Auch im Unterhaus wurde die Regierung zum Teil sehr scharf kritisiert. Der Labour-Abgeordnete Hall erklärte, der