Nr. 281
Lchwarzwäldcr Tageszeitung
Seite 3
Kein Tommy starb den Heldentod!
Brüssel, 29. Noo. Der „Evening Standard" hat eine Aufstellung der englischen Verluste zu Wasser, zu Lande und in der Lust verbreitet, die auch von der französischen Presse übernommen worden ist. Die französische Oeffentlichkeit wird aus dieser Ausstellung mit Interesse ersehen, daß bisher kein einziger englischerSoldatanderfranzösisch-deut- schen Front gefallen ist. Die Erklärung hierfür, ist natürlich sehr einfach, denn die Engländer haben es bisher sehr wohl verstanden, sich in achtbarer Entfernung von der Reichweite der -rutschen Artillerie und Maschinengewehre zu halten. Sie ziehen es vor, andere Länder für sich verbluten zu lassen.
Sie traurige Ralle der Wen eugiische» Botschafters
Verantwortungslose Haltung der britischen Regierung
Berlin, 29. Nov. Von unterrichteter Seite erfahren wir u. a: Bor einigen Tagen hat der ehemalige britische Botschafter in Berlin, Sir Neville Henderson, auf einem Frühstück des Prrsseklubs in London gesprochen. Henderson erklärte, daß Cham- berlain und er selbst schließlich dem deutschen „Größenwahn" erlege» seien. Er erging sich in Beschimpfungen und Verunglimpf u n g c n D e u t s ch l a n d s und erklärte, England müsse den Krieg in einer Weise beenden, daß Deutschland sich nur noch über seine eigenen Führer und sein System beklage!
Der Mann, der solch bittere und gehässige Worte gegen Deutschland geäußert hat, ist in Deutschland immer freundlich und mit größter Bereitschaft zum Verständnis ausgenommen worden. Um so befremdlicher ist es, daß er sich zu solchen ebenso törichten wie naiven Bemerkungen hinreißen ließ. Nicht Henderson hat Grund, über Deutschland verbittert zu sein, sondern das Deutsche Reich hat einem Mann gegenüber allzu lange Duldsamkeit erwiesen, der diese in keiner Weise verdient, sondern vielmehr in den letzten Wochen vor Ausbruch des Krieges eine direkt verhängnisvolle Rolle für die deutsch-englischen Beziehungen gespielt hat. Henderson, der bei diesen entscheidenden Verhandlungen Wortführer Englands und Mittelsmann zwischen Reichsregicrung und britischer Regierung gewesen ist, war seit langem ein Mann, der seiner Aufgabe nicht mehr gerecht wurde. Er war den geistigen und körperlichen Anstrengungen von Gesprächen, bei denen es um das Schicksal Europas ging, nicht gewachsen. Ein wirklich schöpferisches Gespräch, das durch die zwischen den beiden Ländern zweifelsohne bestehenden Spannungen auf einen höheren Einheitsnenner hätte gebracht und damit der Friede hätte erhalten werden können, war mit ihm nicht möglich. Die Kräfte dieses verbrauchten Mannes reichten höchstens noch aus, um mit Mühe dem Gang des Gespräches zu folgen. Infolge der Gedächtnisschwäche Hendersons bestand ständig die Gefahr, daß der Inhalt der von ihm geführten Unterredungen ihm bei der Rückkehr in die Botschaft nicht mehr gewärtig waren und infolgedessen unvollständigr direkt falsch weitergegeben wurden; man mutzte deshalb stets ganz besonders darauf bedacht sein, ihm das besagte genau einzuprägen, fast einzumemorieren. Wir wißen aus bester Quelle, nämlich durch ein Mitglied der Botschaft selbst, dÄz man in London mit den unzulänglichen Berichten des oft Eg konfusen Henderson unzufrieden ^-ar und Wert darauf legte, daß er zu wichtigen Besprechungen nur noch in Begleitung eines Herrn der Botschaft gehe.
Freilich hat Henderson versucht, diesen völlig ungenügenden Eindruck seiner Berichte dadurch zu verbessern, daß er lange ideologische Litaneien brachte oder gar seine Berichte bewußt fälschte. Jedenfalls hat die britische Regierung, der diese Tatsache wohl bekannt war, nichts getan, um dem untragbaren Zustand abzuhelfen, daß sie sich in der schwersten deutsch-britischen Krise seit 1914 durch einen körperlich und geistig behinderten Mann vertreten ließ. Sie hat damit ebenso verantwortungslos gehandelt wie der Mann, der auf seinem Posten ausharrte, obwohl er wußte, datz er ihn nicht wirklich ausfüllen konnte und damit den Zweck seiner Mission in einer für England verhängnisvollen Weise verfehlte. Es setzt diesem ganzen verantwortungslosen Treiben die Krone auf, wenn Hen
derson nunmehr in echt britischer Ueberheblichkeit dem deutschen Volk, vordozieren will, was ihm fromme und was zu seinem Besten diene. Das deutsche Volk wird Henderson und Genossen in wirksamerer Weise als durch Worte die Antwort auf diese komische und gouvernantenhaste Anmaßung erteilen.
Zwei polnische Mordbanditen
zum Tode verurteilt
Bromberg, 29. Nov. (Drahtbericht unseres nach Bromberg entsandten Berichterstatters.) Unter dem Vorsitz von Landgerichtspräsident Moutoux verhandelte das Vromberger' Sondergericht in zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen gegen den 22jährigen Joseph Wroblewski aus Michelin und den 49 Jahre alten Wla- dislaus Rybicki aus Culm. Die beiden Polen, deren viehische Taten nur ein Bruchstück aus den entsetzlichen Vlutdokumenten aus Vromberg in den ersten Septembertagen bildeten, wurden wegen gemeinschaftlichen Mordes, begangen an Volksdeutschen, zumTode und zum dauernden Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Zum größten Teil waren es selber Polen, die als Zeugen vor Gericht auftraten und unter ihrem Eid und unter Anrufung Gottes die menschenunwürdigen Verbrechen der Angeklagten mit Ekel in der Stimme schilderten.
Heute wissen wir auf Grund der bisherigen amtlichen Feststellungen, daß mindestens 1209 Volksdeutsche — Männer, Frauen, Greise und Säuglinge — allein in Vromberg und Umgebung von verhetztem polnischem Pöbel buchstäblich abgeschlachtet und zu Tode gemartert worden sind. „Wenn unsere Truppen nicht so rasch gesiegt hätten", so hört man immer wieder die Volksdeutschen in dankbarem Glück sagen, „kein einziger wäre von uns davongekommen." Fleißige deutsche Hände sind jetzt überall an der Arbeit, um die Stätten der Verwüstung wieder aufzubauen. Hier haben Pioniere die von den Polen vor ihrer Flucht zerstörte Brücke neu errichtet — dort sieht man die ausgebesserten Häuser, lleberall schon ist der Geist deutscher Ordnung zu spüren. Daneben ist deutsche Gerechtigkeit mit eiserner Strenge am Werk, um das begangene furchtbare Unrecht zu sühnen.
Mosaikartige Teilchen nur aus dem grausigen Gesamtbild waren es, die vor dem Vromberger Sondergericht in dem Prozeß gegen den 22jährigen Robert Wroblewski und den 49 Jahre alten Wladislaus Rybicki beleuchtet wurden. Es war in den ersten Kriegslagen. „Schlagt alle Deutschen tot", diese verbrecherische Parole der ehemaligen „polnischen Regierung" von Englands Gnaden schwirrte durch die Dörfer und Städte des einstigen Polens. Ein furchtbares Morden begann. Wenn sie nicht sofort erschlagen wurden, trieb man die Volksdeutschen wie Viehherden zusammen und schleppte sie als Geiseln in das Innere des Landes. Ein solcher Zug von etwa 290 deutschen Männern und Frauen, eskortiert von polnischer Polizei, kam auch durch den Ort Michelin, wo der Angeklagte Wroblewski wohnte. Unter den Gefangenen befand sich auch ein 80jähriger Greis, der mitten auf der Straße vor Erschöpfung zusammenbrach. Wie hie Zeugin Palagia Wieczorel und der Kaufmann Siedleki, beides Polen, vor Gericht bekundeten, versetzte der polnische Polizist darauf dem alten Mann drei Schläge mit dem Koppel, so daß der Greis stark blutende Verletzungen davontrug. Polnischer Pöbel stürzte sich jetzt auf den hilflosen Volksdeutschen und mißhandelte ihn unter den wüstesten Beschimpfungen in der viehischsten Weise. Die Zeugin Wieczorek sah, wie besonders der Angeklagte Wroblewski mit den Stiefelabsätzen mehrfach nach dem Volksdeut-
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scheu stieß und aus dem Brustkasten und dem Leib des Greise» herumtrampelte. Endlich ergriff der Untermensch sogar eine» Stein und schlug damit gegen den Kops des alten Mannes, s« daß das Gehirn herausspritzte. Die Zeugin war über diese eitt> setzliche Roheit empört und bat den Mörder, doch von dem Ste» benden abzulassen. „Bist Du eine Polin oder eine Deutsche?* herrschte sie der Angeklagte an und, nachdem sich die Zeugin al» eine Polin zu erkennen gegeben hatte, rief Wroblewski drohenll aus: „Wenn Du nicht stille bist, ergeht es Dir genau so. Mil Deutschen hast Du kein Mitleid zu haben! Dieser Hitler- Hund muß sterben!" Hierauf durchsuchte der Angeklagte die Taschen seines unglücklichen Opfers, fand aber nur 19 Zloty. Verächtlich sagte er daraus: „Der verfluchte Hund hat nichts bei sich. Ich habe heute schon einen totgeschlagen, der hatte wenigstens 159 Zloty in der Tasche!" Zum Schluß ihrer Vernehmung erklärte di; Zeugin, daß der Greis von dem Angeklagten z« Tode gemartert worden sei. Andere polnische Zeugen — einer von ihnen hatte später mehrere Leichen mit durchschnittene« Kehlen und zertrümmerten Schädeln fortgeschafft — bekundete«, daß nachher noch dem getöteten alten Mann von polnischen Banditen die Schuhe von den Füßen gestohlen worden waren.
„Ein alter, wehrloser Mann wurde ermordet", so rief Staatsanwalt Bengsch in seinem Plädoyer aus, „wie ein Hund rotgetrampelt, ein Mann, dem man nichts weiter als sein Deutschtum vorwerfen konnte. Es handelte sich hier keineswegs um eine Einzelaktion, sondern — wir sehen es immer wieder an einigen anderen Fällen — es ist nur ein Glied in einer in sich geschlossenen Kette. Auf die Anklagebank gehören nicht nur die einzelnen Mörder, sondern auch die Hetzer selbst, die i« polnischen Volk allerdings nur allzu willige Werkzeuge gefunden haben. Man braucht nicht Staatsanwalt oder Richter zu sein", s» fuhr der Anklagevertreter fort, „um sestzustellen, daß hier ei» gemeiner Mord nach dem Rechtsempfinden jedes Volkes vorliegt!" Das Urteil gegen Wroblewski lautete dem Antrag de» Staatsanwaltes entsprechend auf Todesstrafe und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit.
Die polnische Soldateska war nicht besser ,
Der nächste Fall gegen den 49 Jahre alten Wladislaus Rybicki ähnelt dem vorherigen in vielen Punkten. Rybicki hatte m seiner Eigenschaft als Lastkraftwagenfahrer mehrere Pole» abbefördert, die vor den anrückenden deutschen Truppen ins Innere des Landes flüchteten. Unterwegs, als das Fahrzeug ein« Panne hatte, traf die Kolonne auf einen Zug internierter Volksdeutscher. Einer von ihnen, ein älterer Mann, konnte nicht mehr weiter. Sofort war eine Horde Polen aus dem nächsten Dorf um den Unglücklichen herum und schlug und stach mit Messer» auf ihn ein. Nach den Zeugenaussagen — Rybicki hatte sich nach-- her seiner „Heldentat" gerühmt — hatte der Angeklagte demj sterbenden Volksdeutschen mit dem Fuß meh-j rereTritteversetzt, so daß ihm das Blut die Stiefel hoch-j spritzte. Wie die Zeugen, übrigens zum Teil ebenfalls Polen, bekundeten, forderte die Menge einen herank . .:..enden Lastwage» durch laute Zurufe auf, doch über den sich im Todeskampf windenden Volksdeutschen hinwegzufahren. Die polnische Soldateska war hier nicht besser als der Pöbel. Als ein polnischer Radfahrer sich über diese Barbarei beschwerte, bekam er von einem polnischen Offizier, der Augenzeuge dieses bestialischen Treibens war; als Antwort einen Faustschlag ins Gesicht versetzt. Auch in diesem Falle traf den Angeklagten, dem Antrag des Staatsanwaltes entsprechend, die einzige gerechte Sühne, die Todesstrafe.
Angesichts der überzeugenden Beweise und der eidlichen Be», kundungen ihrer eigenen Landsleute brach der Versuch der Angeklagten, ihre schändliche« Taten zu beschönigen, kläglich zusammen. Beide mußten zugeben, sich an dem brutalen Morden teiligt zu haben, wenn sie auch, wie sie glauben machen vollteu, in den zur Aburteilung stehenden Fällen die „Volksdeutschen nur nn bißchen mit dem Fuß angetippt" hätten. Die ergangene» llrteile des Sondergerichts erlangten sofort Gesetzeskraft. i
Rundfunkgeräte für die Teldiruppe
Berlin, 29. Nov. Die vom Reichsminister Dr. Goebbels i» Wehrmachts-Wunschkonzert gestifteten Rundfunkgeräte solle» ausschließlich der Fekdtruppe zugute kommen. Ihre Verteilung
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16. Fortsetzung
Zm Raum wurde es ganz still. Gustav von Plessow hatte sich an den Schreibtisch zurückgesetzt, fuhr mit dem Stift über die Landkarte. Lite wagte kaum zu atmen. Sie fühlte, datz der Mann genau so um diese Stunde litt wie sie selbst. Erst als er unwillig aufschaute, stahl sie sich aus dem Zimmer. Unten im Garten pflückte sie einen riesigen Strauß bunter Astern, flammend rote und matt gelbe, sanft lila und zart rosa. Die Herrlichkeit der Welt verschenkte sich in diesem Strautz. Gustav von Plessow fand ihn am Abend auf dem Schreibtisch.
Er runzelte die Stirne, ließ den Posten hart an. Wie er solchen Tand habe passieren lassen können. Der Posten stand stramm, entgegnete, von nichts zu wissen. „Schlaf- Ilütze!" Der Rittmeister schlug die Türe zu. Damit hereinschwärmende Nachtfalter ihn nicht bei der Abbeit störten, wollte er das Fenster schließen. Halt, was wehte denn da so kläglich zwischen dem wilden Wein, eingeklemmt >m Spalier? Der Mann beugte sich hinaus. Ein kleines Spitzentuch? Wie kam denn das? — In einem plötzlichen Tinfall suchte er nach dem Monogramm. E. D. Elisabeth von Dacherode. Im gleichen Augenblick verband sich ihm in seinem Hirn das Tüchlein mit dem Blumenstrauß. Eine kleine wilde Katze war Lite. Es war durchaus nicht unmöglich^ daß sie am Spalier hinausgeklettert war, um ihm den Blumenstrauß hinzustellen.
Der Mann fühlte sich innerlich beunruhigt. Er dachte daran, wie er das Mädchen ans dem Grenzstein hatte sitzen ichen. Ihm stand die Szene vor Augen, da sie ihm das Brot aus seinem Erbe darbot. Und endlich lebte die gemeinsame Stunde vom Morgen in seinem Blut, als sie Woissrl Petvowitsch preisgab. Es war etwas Selbstver- Aindliches. Für sie beide. Aber beide litten in dieser stunde,, weil es sich um den Freund handelte. Ein Freund
blieb dem Gefühl nach ewig Freund, und hätte man ihn zum Tode verurteilen müssen.
„Melden Sie mich bei der Komteß Elisabeth!"
Der Posten wunderte sich über den Auftrag. Es ging schon in die Nacht hinein. Aber er war bedingungslosen Gehorsam gewöhnt.
Lite fand gerade noch Zeit, den Schlafrock überzuwerfen, da stand Gustav von Plessow schon auf der Schwelle ihres kleinen Wohnraumes, der an das Schlafzimmer grenzte. So fest und sicher traten seine Stiefel auf, seine hohe Gestalt schien den Raum auszufüllen. „Herr Rittmeister!" Lite fingerte verlegen an ihrem notdürftig hergestellten Anzug.
„Sie hätten das nicht tun dürfen!" Der Mann legte plötzlich ganz schwer die Hände auf die Schultern der vor ihm Stehenden. „Warum haben Sie mir die Blumen hingestellt." -
Wie ein scheuer gefangener Vogel suchte das Mädchen nach einem Ausweg. Sie hatte diese Blumen einfach pflücken müssen. Und unter dem gleichen Zwang handelte sie, als sie die Blumen auf des Mannes Schreibtisch stellte. Jetzt aber, als der Rittmeister vor ihr stand, begann ihr Herz wie wild zu schlagen. Sie wußte es plötzlich, warum sie all das getan hatte. Ja, ihr kam jäh zum Bewußtsein, warum sie Wossil Petrowitsch hatte preisgeben können. Es war nicht einzig der geliebten Heimat wegen geschehen. Die Heimat hatte sich in einem lebendigen Punkt gefangen. Aber das Mädchen mochte sich die Wahrheit nicht eingestehen. Sie warf den Kopf etwas trotzig zurück. Dielleicht sollte sie jetzt auch eine Strafpredigt für die bubenhafte Kletterpartie hinnehmen. „Ich darf tun, was ich will!" Zwischen Trotz And Scheu wirkten die Worte so rührend kindlich, daß der sonst so frauenfeindliche Gustav von Plessow am liebsten einen festen Kuß auf den bösen angstvollen roten Mund gedrückt hätte. Eine pilde Katze war sie, das Mädel! Aber ein ganzer Kerl. Und noch viel mehr!
Ehe der Mann ein liebes Wort finden konnte, das zwischen ihm und Lite endgültige Brücke schlug, schrie eine Stimme durch das Haus: „Wo ist der Herr Rittmeister?" Gustav von Plessow riß die Tür auf. Keuchend, schweißnaß stand einer seiner Le-ute vor ihm, der dicke Müller mit
dem runden Kindergesicht. Er war am Nachmittag mit dem Erkundungstrupp des Leutnants Dacherode ausgeritten. Jetzt fand er keinen Atem, um Rede zu stehen. Die Russen seien im Anzug! Jawohl! Ein Kdsakenschwarm sei kaum fünf Stunden von hier in ein Dorf eingefallen, dicht an der Grenze. Nach der Moorseite hin habe man allerdings nichts gefunden.
„Herr Rittmeister, sehen Sie, es brennt!" Der Mann riß die Vorhänge am Fenster beiseite, lieber dem schwarzen Himmel dämmerte es am Horizont, als wolle die Sonne zu ungewöhnlicher Stunde aufgehen. Aber das sauste Rot bündelte sich endlich in grelle Strahlen, die lodernd emporgeworfen wurden.
„Es brennt!" Gustav von Plessows Gewaltstimme dröhnte durch das Schloß. Befehle gab er, Anordnungen. Die Pferde standen in wenigen Minuten zum Abreiten auf dem Hof. Unten vom Portal aus winkte Lite fast ungesehen ihren Abschied.
Hinter ihr krachte die Türe. Weinende aufgescheuchte Mädchen drängten sich aneinander. Man hatte also doch richtig geahnt. Und jetzt ritt der letzte Schutz auch nach weg. Rein, man blieb nicht mehr. Wo man denn hin wolle? Lite wandte sich plötzlich um. Sie reichte der großen stämmigen Grete, der Anführerin, kaum bis zur Schulter. In diesem Augenblick aber erschien es allen, als sei sie turmhoch über sie erhoben. Zu den Eltern ins Dorf wolle man gehen! murmelte endlich eine der Aufgeregten. Schön, wenn man glaube, dort sicherer zu sein. Lite preßte die kleinen Hände fest ineinander. Wenn es so weiterging, würde sie bald alleine Hüterin von Markehnen sein.
Der alte Mirko folgte ihr in ihr Zimmer. Er hatte ersichtlich etwas auf dem Herzen. Verlegen starrte er auf seine weißen, mit dicken blauen Adern durchsetzten Hände: Komteß möchten den Vorschlag nicht übelnehmen. Aber wenn er sich einen Rat erlauben dürfe, so möge Komteß den ersten Frühzug nehmen und zu ihrer Freundin nach Berlin fahren. Dort sei es entschieden sicherer als hier. Er selbst würde auch nicht einen Schritt von Markehnen rveichen. Sie könne sich ganz auf ihn verlassen.
„Und du glaubst, ich könne Markehnen verlassen?" Lite rüttelte Len alten Treuen ein wenig an der Schulter. „Du meinst, ich wäre weniger als du?" (Forts, folgt.)