natürlich auch keine Einbuße. Die frohe Stimmung kam dann auch in einer Reihe allgemeiner Gesänge zum Ausdruck. Die Veranstalter des Abends aber werden ihre Belohnung wohl in den freudigen Blicken unserer braven Vaterlandsverteidiger ge­funden haben.

Vom Landtag.

(STB.) Stuttgart, 26. Juni. Die heutige Sitzung nahm um ^ 10 Uhr ihren Anfang. Vor Beginn der Be­ratungen wurde der Abg. Dr. v. Kiene per Acclama- tion zum Vizepräsidenten wieder gewählt. Nach den vorgenommenen Wahlen in die verschiedenen Ausschüsse ging man über zur Beratung des Finanzgesetzes und des Hauptfinanzetats für das Rechnungsjahr 1915 in Ver­bindung mit den in Vorschlag gebrachten neuen Stsuer- gesetzen. Hiezu nahm der Finanzminister Dr. v. Pisto- rius in seiner Erstlingsrede vor den Landständen das Wort. Er hielt zuerst eine eindrucksvolle Rede über den Krieg, aus der wir folgendes hervorheben: Der Krieg hat eine Vertiefung und Steigerung der Ausgaben, eine volle Umwertung der Werte gebracht, im einzel­nen wie im ganzen. Es ist der größte und blutigste Krieg, den die Weltgeschichte kennt; da handelt es sich um das Leben und Dasein des deutschen Volkes und Reiches. Unsere wirtschaftliche internationale Kultur, unsere ganzen Güter stehen in Frage und für Hundert­tausende starker Arbeitskräfte handelt es sich unmittel­bar um das nackte Leben. Denn abgesehen von denen, die draußen im Felde ihr Leben lasten, wenn der stolze Bau des Deutschen Reiches zusammenbrechen würde, wie unsere Feinde möchten, dann würden Tausende deutscher Arbeitskräfte in Zukunft auf deutschem Boden leinen Raum mehr haben; die traurige Auswanderer­zeit würde wieder lebendig werden und deutsche Kraft und deutsche Arbeit, die kostbarsten Güter, müßten wie­

der als Kulturdünaer anderen Staaten dienen. Trotz der Ueberzahl der Feinde stehen «ir überall im Fein­desland. Während Tausende Tag für Tag' ihr Leben lasten, ist es für uns heilige Pflicht, Haus und Herd zu pflegen, damit unsere Sieger, wenn sie zurückkehren, alles in Ordnung finden. Dazu gehört vor allem, daß wir unsere wirtschaftlichen Kräfte zusammen halten. Unsere Volkswirtschaft. Landwirtschaft und Industrie haben es verstanden, sich anzupasten und haben großes geleistet; Staat und Gemeinde haben das ihrige dazu getan. Wir in Württemberg sind trotz und während des Krieges im Stande gewesen, alle mittelbar für unsere Kultur notwendigen Aufgaben bisher in vollem Umfange zu leisten. Jede Zahlung ist bis zum letzten Pfennig erfüllt worden, und der vorhandene Kredit ist bis jetzt nur in einem mäßigen Umfang in Anspruch genommen worden. Eine Abnahme der laufenden Ein­nahmen war freilich nicht zu vermeiden. Wir müssen weiterhin der Zeit Rechnung tragen und uns Beschrän­kungen auferlegen und andererseits die Opferwilligkeit der steuerlichen Leistungsfähigkeit in Anspruch nehmen. Daran vermag auch der an sich gewiß erfreuliche Um­stand nichts zu ändern, daß zur Zeit dem Staate lleber- schüste früherer Jahre zur Verfügung stehen. Am Ende des Jahres 1912 betrugen sie 6 258 556 -4t; die Rech- nungsergebniste am Schluß des Rechnungsjahres 1914 ergaben den Betrag von 6 775 800 ->tt. Der Minister gab sodann in längeren Ausführungen ein Bild über die äußere Form und den Inhalt des vorliegenden Etats. Die Staatseinnahmen sind nach dem vorge­brachten Voranschlag um rund 11 Millionen hinter dem Staatsbedarf zurückgeblieben. Wenn man für das Jahr 1916 einem erheblichen Abmangel entgegengeht, so er­gibt sich die ernste Pflicht, nach einer Deckung sich umzu­sehen. Seither ist diese Deckung im Wege des laufen­den Kredits vorgenommen worden. Dauernd die Lö­cher, die der Krieg in den Staatshaushalt noch reißt,'

auf dem Wege des Anlehenkredits zu verstopfen, ist finanzwirtschaftlich unzulässig. Man sei deswegen zp dem Vorschlag einer Vermögenssteuer geschritten. In diesem Jahre kann wenigstens mit einer Einnahme von rund 6,2 Millionen Mark gerechnet werden. Für eine solche teilweise Deckung schon jetzt Sorge zu tragen ist eine wirtschaftliche und ethische Pflicht.

Der Abg. Keil (S.) gab hiezu die Erklärung ab, daß von dem Ergebnis der Ausschußberatungen die weitere Haltung seiner Partei abhänge. Der Abg. Gröber (Z) gab die Zustimmung seiner Partei zum Ausdruck, die mit Rücksicht auf die gegenwärtige Lage auf eine näh­ere Aussprache verzichte. Der Abg. Westmeyer (S) er­klärte: Den Verhandlungen der sozialdemokratischen Fraktionen beizuwohnen, war mir nicht vergönnt; ich stimme daher dem Antrag aus die Teilnahme an der Generaldebatte zu verzichten, nicht zu. Der Abg. Keil erwiderte hieraus: es wird dem Haufe von Interesse sein, davon Kenntnis zu nehmen, daß der Abg. West­meyer nicht Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion ist. Abg. Gröber stellte hieraus den Antrag aus Schluß der Debatte, worauf der Abg. Westmeyer in seinem Schlußwort bemerkte, daß die private Erklärung des Abg. Keil für die Partei vollständig unverbindlich sei. Bei der Abstimmung über den Antrag Gröber blieben die beiden soz. Abgeordneten Westmeyer und Engel­hardt sitzen. Hierauf vertagte sich das Haus. Die Fest­setzung des Termins der nächsten Sitzung wurde dem Präsidenten überlasten, der zum Schluß noch eine An­frage des Abg. Keil und Genosten zur Verlesung brachte, die von der Regierung verlangte, Auskunft da­rüber zu geben, welche Maßnahmen sie gegen die fort­gesetzten Versuche der Milchpreissteigerung zu ergreifen gedenke. Schluß der Sitzung um Z412 Uhr.

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