Rr. 146.
90. Jahrgang.
AM- und Anzeigeblatt für den OberamLsbezirk Calw.
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«inungswe^s»: -rnei wöchentlich. Lnzeigenpreit: Am vbrrLMls- Talw für die einspaltige Borgk-zetle 16 Psg.» außerhalb demselben 12Vfg.» 2b Pfg. «chürß Inseratcmvahme 16 Uhr vorwitrag«. Lelefyn S-
Samstag» de« 26. Juni 1918.
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Erfolgreiche KiiWse M IWr. — MWg der Russell iü LudMN.
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
Die militärische und politische Lage.
Infolge des natürlichen Schutzes des Dnjestr war es Len Russen nochmals möglich, Reserven zu formieren und dem Uebergang der Verbündeten zwischen Zurawno und Halicz einen hartnäckigen Widerstand entgegenzusetzen. Die Kämpfe in jenem Bereich sind deshalb noch von wechselndem Erfolg begleitet. Heute meldet jedoch schon der österreichische Bericht, daß die Stadt Chodorow, die auf dem nördlichen Ufer des Dnjestr liegt, genommen wurde. Es wird also auch hier schon der letzte russische Widerstand gebrochen. Die völlige Erschütterung der russischen Stellung wird aber dort in dem Grade beschleunigt werden, in dem die Verbündeten östlich von Lemberg vorrücken und den Dnjestr abwärts forcieren können. Interessant ist die Meldung, daß der russische Rückzug in Südpolen immer weiter greift.
Auf der Westfront haben wir täglich dasselbe Bild. Stetige Abweisung der Franzosen der ganzen Front entlang, einmal aus der Seite, das andere Mal auf der andern von kleinem Geländeerfolg begleitet. Die große Offensive bei Arras scheint ausgehen zu wollen wie ihre berühmten Vorgängerinnen, allmählich und mit großen Verlusten für den Feind. Unsere braven Truppen lasten den Feind, jetzt wo es drauf ankommt, nicht durch. Die Berichte der italienischen Heeresleitung entbehren nicht eines humoristischen Beigeschmacks. Da Herr Cadorna nichts anderes zu melden weiß, so bemüht er sich jeden Tag, der Welt, vor allem aber dem leicht erregbaren italienischen Volke, das unbegreiflicherweise nach den Worten höchster Kriegsbegeisterung nun auch Taten erwartet, vor Augen zu führen, welche ungeheuren Schwierigkeiten das italienische Heer zu überwinden habe. Erstens ist das Wetter immer regnerisch und nebelig (Bitte sehr, das steht im italienischen Tagesbericht!), zweitens sind die österreichischen Befestigungen in ungalanter Weise äußerst stark ausgebaut, ja mau denke diese Unverfrorenheit, sogar betoniert und gepanzert, und heute überrascht der Bericht die erstaunten Leser sogar mit der geradezu verblüffenden Meldung, daß man sogar österreichische Kerntruppen im Kriegsgebiet festgestellt habe. Wahrhaftig Herr Cadorna macht es unfern Witzblättern etwas zu leicht. Angesichts solcher blamablen Ausreden, die doch nur die — harmlosen Gemüter beruhigen können, ist man doch beinahe berechtigt, die zwar unhöfliche Frage zu stellen, wie man sich im italienischen Eeneralstab eigentlich einen Krieg vorgestellt hat. Allerdings, wenn man bedenkt, wie man dem Volk diesen Krieg geschildert hat, indem man ihn gewister- mahen als einen Spaziergang hinstellte, dann wird man es eher begreiflich finden, daß die Männer an der Spitze selbst die lächerlichsten Mittelchen nicht scheuen — sie kennen die Psyche des. Volkes natürlich bester wie wir —, um das Volk über die tatsächliche Lage hinweg- zutäufchen. Die Situation ist heute nach einer Kriegsdauer von einem Monat im großen Ganzen noch die gleiche, die Italiener haben sich am Jsonzo an die österreichischen Befestigungen herangefchoben, haben aber bisher überall, wo sie zu größeren Kampfhandlungen schreiten wollten, blutige Verluste erlitten. Mau hat dabei in Betracht zu ziehen, daß die Oesterreicher sich natürlich in der Defensive befinden gegenüber einer starken Üebermacht, aus deren angriffsweises Vorgehen die Ententegenosten mit Sehnsucht gewartet hatten. Wenn man in Dreiverbandskreisen auch gleich von Anfang an nicht allzuviel Optimismus bezüglich der italienischen Kraftentwicklung an den Tag gelegt hatte, so hat man doch sicherlich mehr erwartet als das bisherige Ergebnis gezeitigt hat.
Nun hat aber das Eingreifen dieses neuen ehrenwerten Bundesgenossen dem Dreiverband noch eine weitere Enttäuschung gebracht. Während man beinahe sicher damit rechnete, daß der im Ententelager in allen Tonarten besungene Verrat Italiens sofort auch einen zweiten Verräter, nämlich Rumänien auf den Plan rufen würde, hat man das wenig erfreuliche Ereignis erleben müssen, daß nicht nur dieser Staat t.'vtzdem
seine bisherige Neutralität aufrecht erhielt, sondern daß auch noch Bundesgenossen, „um derentwillen doch eigentlich der ganze Krieg entfesselt wurde", ihrem merklichen Mißfallen über diese „Stärkung" der Entente dadurch Ausdruck gaben, daß sie den „wirklichen" Gegner einfach — rechts liegen ließen, und sich dazu anschickten, dem neuen Bundesgenossen den größten Teil seiner Arbeit in Albanien wegzunehmen, indem sie die wichtigsten Plätze dort selbst besetzten. Nachdem die Serben Durazzo genommen haben, hört man jetzt, daß die Montenegriner in Skutari eingezogen sind, natürlich nur aus strategischen Gründen. Es scheint hier also eine stille Vereinbarung zwischen diesen beiden Staaten vorzuliegen, wonach man dem neuen „Bundesgenosten" auf diese äußerst diskrete Art beibringen will, daß er sich nicht weiter zu bemühen brauche. Es ist ganz gut möglich, daß dieses Vorgehen der beiden Staaten in gewissem Sinne auch auf das militärische Verhalten Italiens von Einfluß war, da die Versprechungen des Dreiverbands sicherlich auch nach dieser Richtung hin recht ausgiebig waren. Nun man aber in Italien einzusehen beginnt, daß der Dreiverband anscheinend dasselbe traurige Spiel, wie es Italien mit seinen früheren Bundesgenosten getrieben hat, mit diesem selbst spielt, hält man sich auch militärisch mehr zurück. Schon die letzte Anleihe der Italiener rn England dürfte diesen Judasbrüdern gezeigt haben, daß sie nicht mehr im Dreibund sind, wo man auch Rücksicht auf italienische Interesten nahm. Die Entwicklung der Dinge bezüglich der Balkanansprüche Italiens wird sicherlich noch weitere interessante Phasen zeitigen.
Die andern Valkanvölker stehen vorerst noch unter dem Eindruck der andauernden russischen Niederlagen. Je weiter die Siege der Verbündeten im Osten fortschreiten, umso weniger werden sich die Staaten dazu verstehen, ihre Zukunft mit dem Schicksal der Besiegten zu verknüpfen. Heute haben unsere Diplomaten mehr denn je die stärksten Trümpfe in der Hand in dem Spiel um die Balkanstaaten, die Trümpfe der militärischen Ueberlegenheit. O. 8.
Die deutsche amtliche Meldung.
(WTB.) Großes Hauptquartier, 25. Zuni. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Zm Nahkampf südlich von Souchez erbeuteten wir mehrere Maschinengewehre. Wiederholte feindliche Vorstöße gegen die Labyrinthstellung wurden abgeschlagen. Am Westrand der Argonnen brach der Angriff eines französischen Bataillons gegen unsere vorgeschobenen neuen Stellungen unter schweren Verlusten zusammen. Zm Nachstoß entrissen wir dem Feind noch einen Graben mit zwei Blockhäusern. 3 weitere Maschinengewehre und 3 Minenwerfer fielen in unsere Hand. Auf den Maashöhen scheiterten die westlich der Tranchee eingesetzten französischen Angriffe vollkommen. Oeftlich der Tran- ch6e eroberten wir einen vom Feind zäh verteidigten Verbindungsgraben zurück. Bei Leintrey, östlich von Luneville, wurden kleine feindliche Unternehmungen abgewiesen.
Ocstlicher Krieg sschauplaH. Das vorgestern eroberte Dorf Kopaczyska wurde wieder geräumt. Südöstlich Chorzele. in der Nähe des Dorfes fZtegna, drangen unsere Truppen nach hartnäckigen Nahkämpfen in einen Teil der feindlichen Linie ein und setzten sich darin fest.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Truppen des Generals von Woyrsch haben in der Verfolgung das Waldgebiet südlich Zlza durchschritten. Die Lage bei den Armeen des Feldmarschalls von Mackensen ist im Wesentlichen unverändert. Nordwestlich von Halicz mußten Teile dev Armee des Generals von Linsingen vor überlegenen feindlichen Gegenangriffen bei Mar- tinow auf das Südufer des Dnjestr zurückgenommen werden. Weiter stromaufwärts find wir im fortschrei
tenden Angriff. Der linke Flügel der Armee steht bei Chodorow. Oberste Heeresleitung.
Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.
(WTB.) Wien. 25. Juni. Amtlich wird mitgeteilt vom 25. Juni mittags: Russischer Kriegsschauplatz. Zwischen Halicz und Zurawno dauern die Kämpfe am nördlichen Dnjestrufer fort. Gegenangriffe der Russen wurden abgewiesen. Ueber Zydaszow vordringend wurde gestern Chodorow genommen. Die sonstige Lage am Dnjestrfluß abwärts Halicz, östlich Lemberg bei Rawa-Ruska und am Tanew ist unverändert. Das südliche Sanuscr ist vom Feinde frei. In Polen verfolgen die verbündeten Truppen die gegen Zawichost, Ozarow und Sienno zurückgehenden russischen Kräfte.
Italienischer Kriegsschauplatz. An den Grenzen Tirols und Kärntens lebhafte Eeschützkämpfe. Zm Küstenländischen Grenzgebiet wurden in den Morgenstunden östlich Ronchi zwei feindliche Angriffe abge- wicsen. Gegen den Brückenkopf von Görz und den Höhenrand des Plateaus von Comen richtet sich heftiges feindliches Artilleriefeuer.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: von Höser, Feldmarschalleutnant.
Auf der ganzen Front in Galizien vorwärts.
K. K. Kriegspressequartier, 25. Juni. Die Offensive der Verbündeten schreitet laut „B. T." auf der ganzen Front mit großer Kraft vorwärts. Am nördlichen Abschnitt der langen Schlachtlinie, die in Russisch-Polen im Weichselwinkel bei der Eanmündung anfängt und an der bestarabischen Grenze endet, haben die Rüsten den Rückzug, der ihnen durch ihre Verluste ihrer bei- Lemberg gestürzten Verteidigungslinie aufgezwungen worden war, beschleunigt. Sie werden von den Truppen der Armee des Erzherzogs Josef Ferdinand verfolgt. Der Umstand, daß die Rüsten auch ihre Stellungen im Berglande Kielce schon vor 24 Stunden räumten, beweist, daß die Rückwirkung des großen und entscheidenden Sieges der österreichisch-ungarischen Armee Voehm- Ermolli bei Lemberg sowie der dem Generalfeldmarschall von Mackensen unterstellten Armee, die aus österreichisch-ungarischen und deutschen Truppen besteht, schon im weitesten Umfang geltend macht. Die Armee Mackensen verdrängt den Feind schon weit östlich des Straßenzuges Rawa-Ruska-Zolkiew-Kulikow auf den nach Sokal, Kamionka, Ctrumilawa und nach Busk führenden Straßen gegen den Bug. Gleichzeitig gewinnen die österreuhisch-ungarischen Truppen bei Mokila- jew und die mit den Deutschen vereinigten österreichisch- ungarischen Truppen bei Zydaczow und weiter östlich am Dnjestr Raum. Hier hat General von Linsingen mehrere Dnjestr-Uebergänge mit großer Energie erzwungen.
Zur letzten Beschießung von Dünkirchen.
Rotterdam, 25. Juni. Der „Maasbote" erfährt laut „Lok.-Anz.", daß seit dem letzten Bombardement Dünkirchens der Bahnhof am Hafen von Dünkirchen vollständig zerstört worden sei und daß auch die Hafenbauten schwer gelitten hätten. Zwei Drittel der Bevölkerung sei geflohen.
Rotterdam, 25. Juni. Eine böse Ueberraschung bereitete die in Dünkirchen erscheinende Zeitung „Nord Maritim" ihren Lesern, denen sie des Langen und Breiten von jener Batterie schwerster deutscher Geschütze zu erzählen wußte, die Dünkirchen vor etwa 6 Wochen beschoß. Anknüpfend daran veröffentlichte nun das genannte Blatt eine ausführliche Schilderung, auf welche Weise französische Flieger diese Batterie vernichteten. An demselben Tage jedoch, wo dieser Bericht erschien, Hagelten die Riesenzuckerhüte der totgesagten Batterie wieder nach Dünkirchen hinein. Zn Dünkirchen herrscht infolge dieser Beschießung eine solche Panik, daß zahlreiche Bürger Nacht für Nacht im Freien schlafen. Auch das Kollegium von Jean Bart, in das man eine militärische Behörde gelegt hatte, verlegte man vorsichtshalber nc^ St. Pol.