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ter ähnlichen Erwägungen warnt auch derTemps" die Neutralen davor, sich in ihrer Haltung und in ihren Entschließungen von angeblichen deutschen Siegen beeinflussen zu lassen. Der russische Rückzug sei keine Niederlage. Man solle doch nicht vergessen, daß die Macht Napoleons in Moskau gebrochen morden sei.

Russische Befürchtungen wegen Warschau.

Frankfurt, 22. Juni. Die Korresp.Rundschau" meldet aus Kopenhagen: Russische Militärkreise weisen darauf hin, daß möglicherweise Warschau schon in nächster Zeit neuerdings in den Mittelpunkt ernster militärischer Operationen rücken werde. In Petersburger Berichten wird betont, daß die Inten­sität der deutschen Operationen an der Bzura neuer­dings Warschau in das Bereich der nächsten Kriegs­ereignisse ziehe. Militärische Kreise messen diesmal dem Unternehmen gegen Warschau eine ernste Be­deutung bei und verhehlen ihre Besorgnis nicht. Der Generalgouverneur hat eine Reihe außerordent­licher Vorkehrungen verfügt und insbesondere scharfe Maßnahmen gegen Spione und Luftschiffe ange­ordnet. Alle bedenklichen Elemente werden schleu­nigst aus der Stadt entfernt, und es heißt, daß dies nur geschehe, um dadurch in verschleierter Weise eine Evakuierung der Warschauer Zivilbevölkerung über­haupt vorzubereiten.

Die russische Verwaltung für Galizien zurückoerlegt.

Berlin, 22. Juni. Aus Wien meldet dieTägl. Rundschau": DieMittagszeitung" meldet: Die rus­sische Verwaltung für Galizien, die am 6. Juni un­serer Zeitrechnung von Lemberg nach Vrody verlegt worden war, ist nach einer in Bukarest vorliegenden Meldung aus Petersburg am 19. Juni nach Ostrog in Rußland übergesiedelt.

Die russischen Banditen.

Berlin, 22. Juni. Aus Wien meldet dieTägl. Rundschau": Wie dasDeutsche Bolksblatt" aus Bukarest meldet, sollen in Kiew nach verläßlichen Mitteilungen über fünfzig Eisenbahnwaggons mit aus den galizischen Städten geraubten Kostbarkeiten und Privateigentum in den letzten Tagen eingebracht worden fein.

Die Kämpfe bei Arras.

(WTB.) Paris. 22. Juni. Aus einer Zuschrift an dieGuerre Sociale" geht hervor, daß von der Freiwilligen Slavenlegion, die bei den Kämpfen nördlich von Arras angefetzt worden war, von 4000 Mann nur 900 aus den Kämpfen zurückgekommen sind. Die Slavenlegion war der Marokkanischen Division von 28 000 Mann zugeteilt worden. Die Verluste der ganzen Division seien erschreckend und alle höheren Offiziere seien gefallen. Auch an der Lorettohöhe seien die französischen Verluste er­schreckend. Die ganze Höhe sei ein ungeheurer Fried­hof.

(WTB.) Paris, 22. Juni.Petit Pariften" meldet: Die beiden Divisionsgenerale Barbot und Stirn sind bei den Kämpfen im Gebiete von Arras und bei der Ferme von Quenneviöre gefallen.

Bor einem neuen Dardanellenangriff.

Athen, 22. Juni. Eine neue Aktion der verbün­deten Flotten gegen die Dardanellen steht nach Mel­dungen derVoss. Ztg." aus Mytilene unmittelbar bevor. Auf den Kriegsschauplätzen und am Land herscht ungewöhnliche Tätigkeit. Torpedofäger und Torpedoboote liegen in einem weiten Umkreis um die Flotte, um griechische Handelsschiffe fernzuhal­ten. Der Verkehr mit den von Engländern und Fran­zosen besetzten Archipelinseln ist seit einigen Tagen völlig unterbrochen. Besondere Borfichtsmaßnahmen, die streng geheim gehalten werden, sind gegen deut­sche Unterseeboote getroffen worden. Deutsche Flie­ger kreuzen täglich,, unbeirrt durch die heftige Be­schießung, über der englischen und sranzöfischen Flotte und den Stützpunkten auf den Inseln.

Gens, 22. Juni. Die aktive Beteiligung Italiens an der Dardanellenoperation dürfte nach römischen Meldungen an dieVoss. Zeitung "nunmehr Tat­sache geworden sein. Danach haben mehrere itali­enische Kreuzer und verschiedene kleinere Einheiten den Hafen von Earrent mit Volldampf verlassen und sind nach Tenedos in See gegangen. Das Geschwader soll sich dort der englisch-französischen Flotte vor den Dardanellen anschließen.

Deutsche D-Boote im Marmarameer.

Berlin, 22. Juni. Aus Basel meldet derLokal- Anzeiger": Nach Meldungen, die in Athen einge­troffen find, find mehrere deutsche Unterseeboote in das Marmarameer eingelaufen.

Don unseren Feinden.

Die offiziellen Verluste der englischen Handelsmarine.

(WTB.) London, 22. Juni. Die Admiralität hat ein Communiquö ausgegeben, wonach seit dem Beginn des Krieges die Verluste der britischen Han­delsmarine 145 Schiffe mit einer Gesamttonnage von 524 080 und 118 Fischerfahrzeuge mit einer Ge­samttonnage von 19 924 betragen. 86 Handels­schiffe wurden durch Unterseeboote versenkt, 56 von Kreuzern versenkt oder erbeutet, 15 durch Minen zerstört. 24 Fischerboote wurden durch Minen und 94 durch Kriegsschiffe zerstört.

Eine eigentümliche Geschichte.

Berlin, 22. Juni. Aus Basel meldet derLo­kalanzeiger": Nach einer Baseler Nachricht gibt der russische Generalstab die Verluste einer bis jetzt nicht erwähnten Seeschlacht in der Ostsee bekannt. Die Russen haben darnach dort 110 Offiziere und 365 Mann an Toten und 3 Offiziere und 309 Mann an Verwundeten verloren. Die Meldung ist etwas un­klar gehalten.

Heros zum Fliegerangriff auf Karlsruhe.

(WTB.) Paris, 22. Juni. Gustav Herve pro­testiert in derGuerre Sociale" gegen den Flieger­angriff auf Karlsruhe. Er erklärt, der Angriff auf die, wie er selbst zugesteht, offene Stadt, der eine so große Zahl unschuldiger Opfer gefordert habe, sei peinlich. Die französische Heeresleitung sei zwar be­rechtigt gewesen, nach den deutschen Fliegerangriffen anf die offene (?) Stadt Paris eine solche Vergel- tvtng zu üben, aber man hätte besser getan, statt Karlsruhe Essen, die große Munitionsstadt Deutsch­lands, zu beschießen. Das hätte auch einen militä­rischen Zweck gehabt.

Italienische Kriegführung.

Berlin. 23. Juni. Nach einer Meldung des Berliner Tageblatts" aus Innsbruck wird jetzt bekannt, daß die Italiener bei ihrem Einzug in die von den Oesterreichern geräumte Ortschaft Borgo zahlreiche Persönlichkeiten, darunter Angehörige adeliger Familien, aktive und pensionierte Staats- Beamte, als Geiseln abgeführt haben. Die Italiener haben sich natürlich die Kriegführung ihrer neuen Bundesgenossen zum Vorbild genommen.

Die italienische Militärdiktatur.

EKG. Lugano, 22. Juni. DerTagesanzeiger" in Luzern meldet aus Mailand: Salandro erließ eine neue Verfügung an die italienische Presse, die jede Berichterstattung aus Italien auch an die neu­trale« »uslandszeitunqen für die ganze Kriegs­dauer ohne vorherige Zensurierung verbietet. Ein in Lugano angekommener Korrespondent der schweizer Blätter berichtet, daß täglich noch 10 bis 12 Berwundetenzüge über Mailand nach Mittel- Italien fahren. Die Stimmung in Mailand fei sehr gedrückt geworden.

Das Urteil gegen Dewet.

(WTB.) «loemfontein, 22. Juni. Dewet ist zu sechs Jahren Gefängnis und 2000 Pfund Sterling Geldstrafe verurteilt worden.

träge der britischen Regierung haben zurzeit erneu Wert von 100 Miillonen Dollars. Die American Lokomotive-Company hat bei dem Stahltrust 27 000 Tonnen Stabst-ahl zur Herstellung von Schrapnells und Vrisanzgeschossen bestellt.

Frankfurt, 22. Juni. DieFranks. Zeitg." mel­det aus Genf: Laut Meldungen französischer Blätter wird der direkte Transitverkehr zwischen Wladiwostok und Newqork durch den Panamakanal vorübergehend für Kriegsmaterialtransporte reserviert. Und das heißt man in Amerika Neutralität.

Die Neutralen.

Griechenland und Italien.

WTB. Athen. 22. Juni. Das BlattEsperini" schreibt: Wir werden den Tag feiern, an dem Mai­land von den Oesterreichern besetzt werden wird, denn es muß von Griechenland verstanden werden, daß die gefährlichste» Feinde des Griechentums die Italiener find.

Eine Entschädigung für die Tötung von Spaniern.

(WTB.) Madrid, 22. Juni. (Agence Havas.) Der spanische Botschafter in Berlin hat der spani­schen Regierung mitgeteilt, daß die kaiserlich deutsche Regierung den Tod von 5 spanischen Untertanen, die in Lüttich getötet wurden, bedauert und der spa­nischen Regierung 182 000 Mark als Entschädigung für die Familien der Opfer zur Verfügung stellt. Spanien hat das Angebot angenommen. Der Zwi­schenfall ist erledigt. Im übrigen war Deutschland zu einer Entschädigung nicht verpflichtet.

Die Munitionslieferungen Amerikas.

(WTB.) Haag, 22. Juni. Die hier vorliegende Newyork Times" vom 21. Mai meldet: Die Beth­lehem Steel Cy. stellt jetzt für die britische Regie­rung 85 000 Geschosse täglich her. Die Gesamtauf-

Verrnischte Nachrichten.

Eine Unterredung mit dem Papst.

(WTB.) Paris, 22. Juni.Liberte" veröffent­licht eine Unterredung des Papstes mit ihrem Mit­arbeiter Latapie. Der Papst erinnerte zunächst an seine verschiedenen Interventionen zugunsten des Friedens und bedauerte, nichts tun zu können, um das Ende des Krieges zu beschleunigen. Er miß­billige jede Ungerechtigkeit, wo immer sie begangen werde, aber es wäre weder angebracht noch nützlich, die Autorität des Papstes in den Streit der Kriegs­parteien zu ziehen. Latapie sprach sodann von der Verhaftung des Kardinals Mercier und der Torpe­dierung derLusitania". Der Papst entgegnete: Be­züglich des Kardinals Mercier werde ich Sie in Er­staunen versetzen. Er war niemals verhaftet. Er kann ganz nach seinem Belieben in seiner Diözese umhergehen. Ich habe von dem Generalgouverneur in Belgien, Generaloberst von Bissing, einen Brief erhalten, in dem er versichert, er werde künftig mit der größten Energie alle Gewaltakte gegen Kirchen und Gottesdiener unterdrücken und verfolgen. Der Papst erklärte mit tiefer Bewegung, er kenne keine furchtbarere Tat, als die Versenkung der Lusitania, aber, fuhr der Papst fort, glauben Sie, daß die Blok- kade, welche Millionen unschuldiger Geschöpfe zum Hungerleiden verurteilt, etwa von menschlichen Ge­fühlen eingegeben ist. Der Papst fügte schließlich hinzu, er werde nach dem Kriege vielleicht einen Syllabus herausgeben, in dem die Doktrinen der Kirche über die Kriegsbräuche zusammengefaßt und die Rechte und Pflichten Kriegführender für die Zu­kunft geregelt würden. Man werde darin zweifel­los die Verurteilung aller während des Krieges begangener Verbrechen finden.

Im zweiten Teile seiner Unterredung mit dem Mitarbeiter der Liberte führte der Papst aus, daß er alles unternommen habe, um Italien vom Ein­schreiten zuriickzuhalten. Er verheimliche nicht, daß er hiermit auch an die Interessen des Hl. Stuhles gedacht habe, die durch den Kriegszustand geschädigt seien. Die Lage des Vatikans sei unsicher. Die ita­lienische Regierung habe zwar guten Willen gezeigt. Die Beziehungen des Quirinals zum Vatikan hät­ten sich gebessert, aber es sei immer noch nicht alles zu seiner vollen Befriedigung geregelt. Der Papst bedauert, daß ein Teil seiner Garde eingezogen wurde, deren er zum Schutze seiner Person und der Kunstschätze im Vatikan bedürfe. Besonders schwer sei der Uebelstand, daß er nicht mehr unmittelbar mit allen Gläubigen korrespondieren könne. Die ita­lienische Regierung habe zwar das Chiffregeheimnis für den Hl. Stuhl angeboten, aber der Vatikan habe es nicht angenommen, weil es zu gefährlich gewesen wäre, weil man ihn der Indiskretion in militäri­schen Dingen hätte beschuldigen können. (Der Papst kennt anscheinend seine Leute.) Leider wird auch die Zensurfreiheil, die ihm von der italienischen Regierung zugesichert war, nicht eingehalten. Seine Korrespondenz werde geöffnet. Alle Verbindungen mit den Feinden Italiens seien auch für den Vati­kan unterbrochen. Der Papst äußerte sodann Be­sorgnis wegen der Rückwirkung des Krieges auf Italien. Er wisse nicht, wie sich das Volk bei einem Siege oder bei einer Niederlage benehmen werde. Er fühle sich nicht beschützt. In besorgtem Tone schloß der Papst, indem er sagte, die Zukunft sei sehr dunkel. Er werde freudig die erste Hand ergreifen, die sich ihm zu dem Zwecke der Friedensvermittlung biete.

Die deutschenBarbaren" und die §ran6e rialion."

(WTB.) Bern. 21. Juni. DerBund" ver­öffentlicht einiges aus den Berichten des National­rates Eugster und des Oberstleutnants Marval über den Besuch in den Gefangenenlagern in Frankreich und Deutschland. Ueber die deutschen Lager heißt es: Wir erkennen voll und ganz die vorzüglichen Ein­richtungen, die bis ins Kleinste ausgedachte Organi­sation und die ausgezeichnete Verwaltung der Lager an. Schade, daß die Ernährung nicht auf der gleichen Höhe steht. Der allgemeine Eindruck ist: Die deut­schen Behörden bemühen sich allen Ernstes in ma-