tegifche, politische und wirtschaftliche Interessen dik­tiert seien. Aber es wäre unsinnig zu verlangen, datz diese mit griechischen Interessen kollidierenden Be­strebungen Italiens bei den Griechen Begeisterung und Hymnen auf Italien Hervorrufen soll. Griechen­land empfinde dankbar, datz dank des österreichischen Widerspruchs Chios von einer italienischen Okku­pation verschont geblieben sei.

Bulgariens Stunde.

Sofia, 15. Juni. Die Zentralmächte, sagt die Kambana" vom 7. Juni in einem Leitartikel, ha­ben bisher schon den Wunsch ausgesprochen, uns zu verstehen; sie verstehen uns auch in Bukarest und haben zuerst die Stimme für uns erhoben. Der Drei­verband hat sich 9 Monate mit seinen Vorschlägen an uns Zeit gelassen. Und seine Vorschläge vom 29. Mai sind, wie alle Parteiführer ohne Ausnahme anerkennen, unannehmbar. Die Vorschläge sind durch das Eingreifen Italiens nicht besser geworden. Denn das erhöht bloß die innere Schwäche des Dreiverban­des in der Balkanfrage. Also bleibt Bulgarien in sei­ner Position. Wir erwarten, datz die Zentralmächte mit Nutzland fertig werden und sich dann gegen die südlichen Feinde, Serbien und Italien, wenden. Bei diesen letzteren Unternehmungen gegen die Wort­brecher Europas wird auch unsere Stunde kommen.

Eine amerikanische Protestnote an England.

Frankfurt, 15. Juni. DieFranks. Zeitung" meldet aus London: Am Sonntgg ist eine offizielle Bestätigung des vielfach verbreiteten Gerüchts ver­öffentlicht worden, datz die Regierung der Vereinig­ten Staaten erwäge, noch eine Protestnote über die willkürliche Weise abzufassen, in der die Engländer ihre Blockade-Matzregeln ausführen. Es ist nicht be­kannt geworden, ob dieser Protest in der nächsten Zukunft abgesandt werden wird, aber es ist wahr­scheinlich, datz dies nicht der Fall sein wird, bevor die Antwortnote Deutschlands auf die amerikanische Note eingegangen ist. Der Zustand, schreibt der Kor­respondent derTimes", ist inzwischen ernst genug, um eine ernsthafte Ueberlegung der englischen Poli­tik in dieser Sache wünschenswert zu machen.

Verwischte Nachrichten.

Ministerwechsel in Bayern.

Berlin, 16. Juni. DerLokalanzeiger" meldet: In München gehen Gerüchte von einem kommenden Ministerwechsel. Sie nehmen ihren Ausgang vom Gesundheitszustand des Ministerpräsidenten, Grafen von Hertling, der sich von seinem Anfall nicht in wünschenswerter Weise zu erholen vermochte. Man spricht davon, datz Freiherr von Soden, der Minister des Innern, das Auswärtige Amt übernehmen werde, mit dem Handel, Gewerbe und Industrie und der Vorsitz im Ministerrat verbunden sind. Herr von Soden, ein alter Vertrauensmann des Königs, wird am 7. August 70 Jahre alt.

Deutsche Ausfuhrverbote.

DerReichsanzeiger" veröffentlicht in seiner heutigen Ausgabe eine Bekanntmachung, nach der die Ausfuhr von Südfrüchten, Gewürzen, Getränken und Fruchtsäften. Obstwein, Fruchtauszüge zur Be­reitung von Getränken, Himbeeressig, Honig, auch Kunsthonig, auch Honigpulver, sowie die Ausfuhr und Durchfuhr von Stahlmagneten aller Art, Geflechte aus Eisen- und Stahldraht. Maschinen zur Herstel­lung von Drahtgeflechten verboten ist. Aufgehoben wird das Verbot der Ausfuhr und Durchfuhr von Röhrenformstücken.

Zur Fischvergiftung in Konstanz.

WTB. Konstavz, IS.Juni. (Privattelegramm.) Zu der bereits gestern gemeldeten Massenerkrankung von Zöglingen des Konradihauses erfahren wir, datz die Fälle in normaler Weise verlaufen. Es besteht die Hoffnung, datz autzer den bisherigen Todesfällen keine weiteren Opfer mehr gefordert werden.

Der Hatz der Tiroler gegen Italien.

Wien, 16. Juni. Aus dem Kriegspressequartier wird gemeldet: Seit uns Italien den Krieg er­klärte, laufen bei verschiedenen höheren militärischen Kommandos und Behörden viele rührende, von alt­bewährtem Patriotismus zeugende Bitten aus Tirol ein, die Verteidigung des Landes möge doch den einheimischen Truppen anoertraut werden. Das Tiroler Volk kann überzeugt sein, datz die Heeres­leitung die Gefühle, aus denen diese Wünsche her­vorgehen, in vollem Matze würdigen und datz die Zeit bald kommen wird, wo die tapferen Tiroler Truppen» die sich gegenwärtig noch auf den Schlacht« feldern i« Norde« schlagen, den verhaßten Erbfeind bekämpfen und besiegen werden.

Tagung des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine.

Der Zentralverband deutscher Genossenschaften begann gestern mit den Verhandlungen des 12. ordent­lichen Ge nasse nschafts tag-es in Frankfurt. Die Zahl der > Delegierten füllte den Saal des Eesellschaftshauses des Zoologischen Gartens bis auf den letzten Platz. Bürger­meister Dr. Luppe, der die Delegierten im Namen der Stadt begrüßte, hob hervor, daß, wenn es gelungen sei, während des von England gewollten Aushungerungs­krieges die Lebensmittel zu immerhin noch erschwing­lichen Preisen zu bekommen, man dies auch den Kon­sumvereinen verdanke, die auf Grund ihrer Erfahrungen und ihrer Organisation in der Lebensmittelverteilung zielsichere Maßnahmen einschlagen. Stadtrat Professor Dr. Stein hob die Bedeutung der genossenschaftlichen und speziell der konsumgenossenschaftlichen Bewegung her­vor und hofft, datz nach Beendigung des Kriegs Las, was sich glänzend bewährt habe, als feste Form auf der Basis der freien Selbstverwaltung dem Staatskörper dauernd eingefügt werde.

Zu den Referaten überDie Entwicklung des Zen­tralverbands" undDie speziellen Matznahmen des Verbands während des Krieges" liegt eine Entschließung vor, die wir im Auszug hier wiedergeben: Der zwölfte ordentliche Eenossenschaftstag des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine, am 11. Juni 1915, zu Frank­furt (Main), nimmt Kenntnis von den seit Kriegsaus­bruch getroffenen Maßnahmen des Vorstandes und des Ausschusses des Zentralverbandes deutscher Konsum­vereine und macht die hierbei betätigte Auffassung, daß die Konsumgenossenschaften die Pflicht haben, ihre ge­samten Kräfte in den Dienst der Verteidigung der na­tionalen und wirtschaftlichen Existenz des deutschen Volkes zu stellen, zu der seinigen. Im einzelnen ist hier­zu folgendes zu betonen: Die vom Reiche getroffenen Maßnahmen zur Vorratsficherung haben im großen und ganzen das gesteckte Ziel erreicht. Die hierbei nach und nach geschaffenen organisatorischen Einrichtungen blei­ben deshalb zweckmäßigerweise erhalten. Sie bedürfen aber in Einzelheiten der Verbesserung, insbesondere ist ein größerer Einfluß der Verbraucher auf die Verwal­tung und auf die Entschließungen der verschiedenen vor­ratsichernden und vorratverteilenden Gesellschaften zy fordern. Mit dem größten Nachdruck glaubt der Ee­nossenschaftstag betonen zu müssen, datz Hand in Hand mit der Vorratsicherung eine Preispolitik zu gehen habe, die Rücksicht aus die Kaufkraft der Bevölkerung nimmt. Den Einkommensverhiiltnissen der breiten Volksmassen entsprechen die jetzigen Preise für Brot, Kartoffeln, Hülsensrüchte, Fleisch und Fleischwaren und ähnliche für den Haushalt der großen Masse unentbehrliche Ge­ll rauchsgüter nicht. Die ganze neue Situation, die mit dem Einbringen der neuen Ernte entsteht, ist daher zu einer erheblichen Herabsetzung der Preise durch eine zweckentsprechende Festsetzung von Höchstpreisen auszu­nutzen. Die Höchstpreise haben ihren Ausgangspunkt beim Produzenten zu nehmen und sind auf alle Zwischen­stadien, die das Produkt durchläuft, ehe es in den unmittelbaren Konsum überführt wird, auszudehnen. Dem Eenossenschaftstag erscheint es möglich, den Auf­wendungen von Produzenten und Händlern gerecht werdende Preise zu erzielen, wenn als Ausgangspunkt für die Berechnung der Höchstpreise die Nahrungsmittel­preise dienen, die im Herbst und Winter 1812/13 auf dem Lebensmittelmarkte herrschten. Die Beachtung die­ser Grundsätze ermöglicht die Ernährung des deuschen Volkes im Kriege zu Preisen, die zwar übermäßigen Gewinn einzelner ausschließen, dafür aber die Spar­und Kaufkraft der breiten Volksmassen nicht übermäßig schwächen. Durch eine solche Preispolitik wird nicht nur das Fundament unserer wirtschaftlichen Widerstands­kraft gestärkt, sondern auch die Wiederbelebung der na­tionalen Volkswirtschaft nach Wiederehrstellung des Friedens erleichtert.

Der Genossenschaftstag hält als weitere Maßnahme zur Sicherung und Regelung der Lebensmittelversor­gung im Kriege außerdem noch für erforderlich: Durch­führung des Grundsatzes, daß ausreichende Mengen von pflanzlichen Nahrungsmitteln für 70 Millionen Men­schen zu sichern sind, ehe die Viehhaltung berücksichtigt wird. Möglich frühzeitige Feststellung des Ernteertrags und Verschärfung und weitere Ausdehnung des Be­schlagnahme- und Zwangsverkaufsverfahrens gegenüber falschen Deklarationen und Zurückhaltung der Nah­rungsmittel zum Zwecke höherer Eewinnerzielung durch Produzenten und Händler. Einschränkung der Trink­branntwein- und Biererzeugung. Abstufung der Mehl- und Brotrationen nach den Einkommensverhältnissen und der Art der körperlichen Arbeit, ferner Ausdehnung des Rationssystems auf andere Gebrauchsartikel, soweit letzteres notwendig erscheint. Festsetzung bestimmter Handelsnormen für Anlieferung, Sachberechnung und sonstige Spesen. Berücksichtigung der Konsumvereine und ihrer Eroßeinkaufsgesellschaft für die Warenvertei­lung aller durch Reich, Staat, Kommunalverbände oder Einzelkommunen übernommenen, den Verbrauchern zu­zuführenden Warengattungen. Hierhin gehören u. a.: Mehrlieferungen an die Konsumvereine durch die zustän­digen Kommunalverbände zum direkten Vertrieb und

zur Herstellung von Brot und sonstigem Gebäck, auch für Betriebsstellen, die sich nicht am Sitze der Genossenschaft befinden. Lieferung von Kartoffeln und allen Futter­mitteln an die Konsumvereine, soweit diese seitens einer Behörde oder von durch die Behörden errichteten Ab­gabestellen dem Handel zugeführt werden. Heranzieh­ung der Konsumvereine als Warenabgabestellen für all« Fabrikate, die aus den beschlagnahmten und übernom­menen Produkten gewonnen und den Verbrauchern durch Reich, Staat, Kommunalverbände oder Einzel­kommunen überwiesen werden. Von einem Kriegswirt- fchaftsplan, der den in dieser Resolution niedergelegten Anforderungen entspricht, erwartet der zwölfte ordent­liche Eenossenschaftstag des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine die Sicherung der Volksernährung auch in den kommenden Kriegsmonaten. Er versichert die ausführenden Behörden der freudigen Mithilfe aller Konsumgenossenschaften bei der Durchführung dieser Maßnahmen.

Aus Stadt und Land-

Cal», den 16. Juni 1915.

Bezirksschulversammlung des Schulbezirks Neuenbürg-Calw.

r. Am Montag den 14. Juni fand in Neuenbürg im Zeichensaal des Schulgebäudes die diesjährige Bezirksschulversammlnng unter dem Vorsitz des Ve- zirksschulrektors Baumann statt. Nach dem allgemei­nen Gesang:Ein' feste Burg ist unser Gott" be­grüßte der Vorsitzende die Anwesenden, namentlich auch die Gäste (die HH. Oberamtsvorstände, Dekan, Qberamtsarzt u. a.) und erinnerte daran, wie genau vor einem Jahr ebenfalls die Bezirksschnlversamm- lung stattgefunden und was sich inzwischen alles durch den Ausbruch des ungeheuren Krieges ereignet habe. Von den ungefähr 1700 württembergifchen ausmar­schierten Lehrern sind bis jetzt 239 gefallen, rund 1 / 7 , verwundet etwa 470; eine große Anzahl mit dem eisernen Kreuz ausgezeichnet. Von den 124 Schul­stellen des Bezirks Neuenbürg-Calw (89 ständige, 35 unständige) sind zur Zeit 30 unbesetzt, von den Leh­rern im ganzen 44 eingezogen. Gefallen sind bis jetzt 3, 13 verwundet, einer gefangen in Sibirien. 5 er­hielten das eiserne Kreuz, einer das Ritterkreuz des Friedrichsordens 2 . Kl. Auch 2 hoffnungsvolle Leh­rersöhne sind gefallen, je der einzige Sohn von Ober­lehrer Vrodbeck-Liebenzell und von Hauptl. Wal­ter-Ostelsheim. Ihnen allen gebühre heißer Dank, Dank aber auch den Zurückgebliebenen, die oft un­ter den schwierigsten Verhältnissen ihren Dienst er­füllen, man denke an Klassen mit 192, 176, 169 Schülern, die in dieser Kriegszeit von einem Lehrer versehen werden müssen. Vieles wurde durch die Mit­hilfe der Schule erreicht, so wurden durch Schüler- rnnen beispielsweise 10 864 Einzelgegenstände ange- sertigt, darunter 4794 Paar Socken, 1605 Paar Handschuhe usw. An Eicheln wurden in unserer eichenarmen Gegend doch 490 Zentner ersammslt und der Erlös von 1500 dem roten Kreuz überwiesen, an Kupfer, Messing, Zink ungefähr 30 Zentner. 200 Zentner Wollreste. Goldmünzen zur Einwechslung für Papiergeld 24 840 -ll. Sodann wurde noch hin- gewiefen auf die Ablieferung zahlreicher Lebensmit­tel an die Lazarette, auf die Mitwirkung der Lehrer bei den Jugendwehren, beim Sicherheitsdienst bei der Brenenzucht. bei Belehrungen aller Art bei der Frage der Volksernährung, Umgang mit Nahrungs­mitteln, beim Anbau bisher unbebauter Flächen bei Liebesgaben. Vriefverkehr. bei der Reichsanleihe' beim Anlegen von Chroniken usw. Sowohl der Vor­sitzende als die beiden Oberamtsvorstände sprachen den Lehrern hiefür ihren herzlichsten Dank aus mit der Brtte, auf dem betretenen Weg weiterzufahren Am Wohl der Gemeindegenoffen und unseres lieben Vaterlandes.

Nach dem Vortrag einiger frisch gesungener Schulerchöre hielt Mittelschullehrer Schmidt-Calm­bach einen Vortrag überdie Erziehung der deutschen fugend zu bewußten Staatsbürgern durch die Ge­schichte", darauf der weit über die Grenzen unseres engeren Vaterlandes hinaus bekannte Pilzkenner Obermeyer-Stuttgart einen solchen überVerwen­dung der Speisepilze in der jetzigen Kriegszeit". Es darf wohl auch an dieser Stelle auf die große Bedeu­tung dieser Sache hingewiesen werden, da die Pilze ein leicht zu beschaffendes Nahrungsmittel sind, und die Verwendung in solch geringem Umfange eigent­lich nur auf einem Vorurteil beruht. Junge Pi^e haben, richtig zubereitet, bedeutenden Nährwert und sind sehr schmackhaft. Giftpilze sind durch ihren üblen Geschmack verhältnismäßig leicht zu unterscheiden mit Ausnahme des giftigsten unter ihnen, des Knol­lenblätterpilzes. Jedenfalls sollte die Sache im Hin­blick auf die gegenwärtige Kriegszeit nicht ohne wei­teres von der Hand gewiesen werden, in unseren Schulen wird ohnehin di« nötige Anleitung gegeben.