die Hände der Verbündeten gefallen. Durch die Einnahme von sechs stark befestigten Ortschaften vor der Festung rückt die Aussicht auf eine Wiedereroberung sehr nahe. Ein Zeichen dafür, daß die Russen mit dieser Möglichkeit rechnen, ist die aus privater Quelle stammende Nachricht, daß man schon mit der Räumung von Lemberg begonnen hat. Durch den Fall von Przemysl wäre die Befreiung Galiziens nur noch eine Frage von einigen Wochen.
Sehr günstige Nachrichten liegen auch vom nordöstlichen Kriegsschauplatz vor. Die russischen Angriffe in Nordwestrußland sind völlig erfolglos geblieben, und haben ungeheure Verluste des Feindes zur Folge gehabt. Daß die Russen nun bald erschöpft sein werden, sieht man aus Erörterungen der feindlichen Presse. Namentlich von englischer Seite, wo man sich immer noch eine gewisse Objektivität gewahrt hat, — wohl auch aus dem Gefühl der Schadenfreude heraus — wird die völlige Erlahmung der russischen Widerstandskraft zugestanden. Es ist festgestellt worden. daß von der um Odessa versammelten russischen Armee, die gegen Konstantinopel verwendet werden sollte, große Verbände in Galizien verwendet werden,, wo nach dem heutigen österreichischen Bericht nochmals die größten Anstrengungen gemacht werden. Auch kaukasische Truppen sind dort festgestellt worden. Der russische Menschenvorrat beginnt sich also nun doch zu erschöpfen, und die ungeheuren Verluste der letzten LUochen können durch diese Maßregeln nicht mehr gut gemacht werden.
Der Geist unserer Truppen zeigt seine unbrechbare Willensstärke zum Durchhalten auch auf der Westfront. Trotz der stärksten Anspannung der englischen und französischen Kräfte ist die englisch-französische Offensive auf dem rechten Flügel der Westfront bisher ohne nennenswerten Erfolg geblieben, ja bei Ppern konnten unsere Truppen nach dem letzten Tagesbericht sogar noch Fortschritte erzielen.
Die Italiener haben auch gleich am ersten Tage des Kriegsbeginns durch die beispiellose Kühnheit der österreichischen Flotte erfahren müssen, daß der Krieg nicht mit hohlen Phrasen durchgefllhrt wird, und daß die Stärke eines Volkes vor allem im Geiste seines Heeres und seiner Flotte liegt, und da wird Italien unzweifelhaft in Oesterreich-Ungarn seinen Meister finden.
Die deutsche amtliche Meldung.
(WTB.) Großes Hauptquartier . 25. Mai. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Zn Flandern setzten wir gestern unsere Angriffe in Richtung Ppern fort, erstürmten die Vlaminghe Ferme, das Schloß nördlich Vieltie, die Bellewaarde Ferme und näherten uns Hooge. Bei diesen Kämpfen fielen 15V Gefangene und 2 Maschinengewehre in unsere Hand. Südlich Armentieres zwischen Nenne Chapelle und Givenchq und nördlich der Lorettohöhe wurden feindliche Teilangriffe blutig abgewiesen. Bei Neuville kamen in den Gräben bereit gestellte Sturmtruppen des Feindes durch unser Artilleriefeuer nicht zur Entwicklung. In Cambrai wurden durch einen Bombenwurf eines französischen Fliegers beim Verlassen des Gottesdienstes 5 Franzosen getötet und 12 Franzosen schwer verletzt. Bei St. Quentin schossen wir ein englisches Flugzeug herunter.
Oestlicher Kriegsschauplatz. An der Dubissa östlich Nossienie griffen unsere Trppen gegenübersteh- ende starke russische Kräfte an. schlugen sie und warfen sie unter empfindlichen Verlusten über den Fluß. 2240 Gefangene und 5 Maschinengewehre wurden erbeutet. Weiter südlich scheiterten größere, teilweise sehr heftige russische Angriffe aus Richtung Esrapola unter großen blutigen Opfern für den Gegner.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Die Armee des Generalobersten von Mackensen hat gestern nördlich von Przmqsl die Offensive erneut ausgenommen. Der Angriff führte wieder zu einem vollen Erfolg. Die stark befestigten Orte Drohoiow, Ostrow, Ra- dymno, Wysocko, Wietlin, Makowisto und die Höhen nordwestlich Bobrowka, sowie östlich Cetula wurden mit stürmender Hand genommen. Bisher fielen 153 Offiziere und über 21 80V Mann als Gefangene, 39 Geschütze, darunter 9 schwere und mindestens 40 Maschinengewehre den verbündeten Truppen in die Hand. Die Russen erlitten außergewöhnlich hohe Verluste.
Oberste Heeresleitung.
Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.
(WTBZWien, 25. Mai. Amtliche Mitteilung vom 25. Mai mittags: In Mittelgalizien greifen die verbündeten Armeen an der ganzen Front von Sie- niawa bis zum oberen Dnjestr starke russische Kräfte an. Die Armee des Generalobersten von Mackensen, in deren Verband das österreichisch-ungarische 8. Korps kämpft, hat Nadymno genommen und ist östlich und südöstlich dieser Stadt gegen den San vorgedrungen. Der Feind, der durch zahlreiche Angriffe bas verlorene Terrain zuriickzuerobern versuchte,
wurde überall geworfen, verlor an 21 000 Gefangene. 39 Geschütze, über 40 Maschinengewehre. Die Armeen Puhallo und Boehm-Ermolli, die südöstlich Przemysl verstoßen, haben unter erbitterten Kämpfen Raum gewonnen und den Gegner wider die Vlonia-Niederung zurückgeworfen. Der Angriff wird auf der ganzen Front fortgesetzt. Die sonstige Lage auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz hat sich nicht geändert.
Im Südwesten sind an der Tiroler und Kärntener Grenze da und dort kleinere feindliche Abteiungen, hauptsächlich Alpini, über die Grenze vorgedrungen. Wo sie auf unsere Stellungen stießen und angeschossen wurden, kehrten sie um.
Die erfolgreiche österreichische Flottenaktion in der Adria.
(WTB.) Wien, 25. Mai. Bei der Flottenaktion warf ein österreichischer Flieger 14 Bomben bei Venedig. Zm Arsenal entstand ein Brand; ein (Zerstörer wurde stark beschädigt. Bei Porto Corsini entstand ein heftiger Kampf, an dem der Zerstörer „Scharfschütze", der Kreuzer „Nooara" und ein Torpedoboot beteiligt waren. Der Verlust der „Nooara" betrug 4 Mann tot und 8 verwundet. Die Verluste der Italiener sind 1V—20mal schwerer. Ancona wurde mit dem Gros der Flotte beschossen. Bedeutende Zerstörungen wurden angerichtet. Zwei Dampfer versenkt, der Neubau auf der Werft demoliert. Bei Barletta wurde der italienische Zerstörer „Turbine" lahm geschossen und ergab sich. 35 Mann der Besatzung, darunter der Kommandant und die Offiziere wurden gefangen genommen.
Zur Beschießung der italienischen Adriaküste.
Chiasso, 25. Mai. Die aus Italien eingetroffe- nen Reisenden berichten, wie man der „Deutschen Tageszeitung" depeschiert, daß der durch die Beschießung an der Adriaküste angerichtete Schaden sehr bedeutend sei. Ein aus Jesi eingetroffener Reisender berichtet, daß es daselbst 200 Tote gab. Die Stimmung sei sehr gedrückt. Die Kriegshetzer seien still geworden. Es finden keine Demonstrationen statt. In den Kinos werden die aufgeführten patriotischen Szenen nur wenig von einigen Leuten der ersten Plätze beklatscht, ohne sonst Widerhall zu finden.
Basel. 25. Mai. Dem „Giornale d'Jtali-a" zufolge hat die Beschießung Anconas nicht unbeträchtlichen Schaden angerichtet. Die Eisenbahn ist teilweise zerstört. Beim Maschinendepot wurde ein Pfeiler eingedrückt. 5 Lokomotiven sind vernichtet. In der Stadt ist der Schaden noch beträchtlicher, da sie von mehreren Seiten beschossen wurde. Ein fahrender Zug wurde ebenfalls getroffen. — Der „Corriere della Sera" hebt in seinem Kommentar zur ersten Aktion in der Adria hervor, daß das erste Auftreten der italienisechn Marine unvergleichlich schwierig sei, indem Italien an der Küste noch ungünstiger stehe als an der Grenze.
Der erste italienische Kriegsbericht.
(WTB.) Rom, 25. Mai. Das Kriegsbulletin des Hauptquartiers meldet über die Operationen am 24. Mai in Kärnten und Friaul: An der Grenze von Kärnten eröffnete die österreichisch-ungarische Artillerie am 23. Mai um 7 Uhr abends das Feuer gegen unsere Stellungen, ohne Resultate zu erzielen. Am 24. Mai feuerte unsere Artillerie auf die Stellungen der feindlichen Artillerie. Längs der Grenze von Friaul rückten unsere Truppen überall im feindlichen Gebiet vor, wobei sie nur schwachen Widerstand fanden. Wir besetzten Craporetto sowie die Höhen zwischen Judrio und dem Jsonzo mit den Ortschaften Eormons, Versa, Cervignano und Terzo. Der Feind zog sich zurück, indem er die Brücken zerstörte und die Häuser niederbrannte. — Unsere Torpedobootszerstörer eröffneten das Feuer gegen eine feindliche Abteilung im Portobusen und landeten Truppen, die 70 Oesterreicher gefangen nahmen. Die Gefangenen wurden nach Venedig gebracht. Unsere Verluste sind: 1 Mann tot, einige wenige verwundet, gez. Catorna.
Ein englisches Linienschiff vernichtet.
(WTB.) Konstantinopel, 25. Mai. Das englische Linienschiff „Triumph" ist heute nachmittag im Golf von Saros torpediert worden und gesunken.
„Triumph" war im Jahre 1903 vom Stapel gelaufen, also schon etwas älteren Datums, wie es überhaupt Englands Taktik ist, die besten und modernsten Schlachtschiffe möglichst für sich in Reserve zu halten. Immerhin ist der Verlust wieder ein ansehnlicher. Das Schiff hatte 12180 Tonnen Wasserverdrängung und lief bei 12 500 i?8 20,2 Knoten. Bestückt war es mit vier 26,4-, vierzehn 19,5-, vierzehn 7,6- und vier 5,7 Zentimter-Geschützen. Die normale Besatzung betrug 700 Mann. — Besonders erfreulich ist, daß es innerhalb weniger Wochen das zweite englische Linienschiff ist, das durch ein türkisches Unterseeboot vernichtet wurde.
Vermischte Nachrichten.
Przemysl vor der Umfassung.
WTB. Berlin, 26. Mat. Aus Eparjes wird dem „Berliner Tageblatt" geschrieben: Die verbündeten deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen dringen trotz der neu in den Kampf geworfenen Verstärkungen der Russen den Feind Schritt für Schritt weiter zurück. Besonders in den Tälern des Stryj und des Suciel, um die unsere Truppen schwer kämpfen müssen, sind die Verluste der Russen sehr groß. Oestlich vor Przemysl erreichten unsere Truppen schon die zweigleisige Bahn, die Przemysl mit Lemberg verbindet.
Amerika und der chinesisch-japanische Vertrag.
(WTB.) Peking, 25. Mai. Der chinesisch-japa- yische Vertrag ist heute nachmittag 3 Uhr unterzeichnet worden.
(WTB.) London, 25. Mai. Das Reutersche Bureau meldet aus Peking: Die Vereinigten Staaten haben in Peking eine Note übereichen lasten, in der es heißt, Amerika könne kein Abkommen zwischen China und Japan anerkennen, das die Vertvags- rechte der Vereinigten Staaten und ihrer Bürger in China und die politische und territoriale Integrität Chinas oder die Politik der offenen Tür verletze. Eine gleichlautende Note wurde Zapan überreicht.
Ein Eisenbahnunglück.
WTB. München, 25. Mai. Aus Günzburg wird gemeldet: Als gestern abend 9 Uhr in einen zwischen Jettingen und Burgau haltenden Militärzug von Landleuten Liebesgaben und Blumen geworfen wurden, fuhr der Personenzug Augsburg- Eünzburg in die Menschenmenge hinein. Vier Personen wurden getötet, sieben schwer und mehrere leicht verletzt. Die Verunglückten stammen aus Schettach.
Aus Stadt und Land.
Tal», den 26. Mai 1915.
Das Eiserne Kreuz.
Leutnant König, Stadtbaumeister in Talw, im Fuß-Artillerie-Regt. Nr. 13, hat das Eiserne Kreuz erhalten.
Kriegsauszeichnung.
Unteroffizier Gustav Schmid von Althengftett» im Dragonerregiment Nr. 26, hat die silberne Verdienstmedaille erhalten.
Beförderung.
Ferdinand Weiß von Althengftett, im 5. bayr. Res.-Jnf.-Regt., ist zum Unteroffizier befördert worden.
Ein Gedenkblatt
für die gefallenen Württemberger.
In Anerkennung der bewiesenen vaterländischen Pflicht wird der König den Angehörigen der i« Kampfe für das Vaterland gefallene« Krieger ein Gedenkblatt verleihen.
Professor Anton Koch P.
Tübingen, 25. Mai. Gestern früh ist der Prof, für Moral- und Pastoraltheologie an der kathol.- theol. Fakultät Di-, Anton Koch im Alter von 56 Jahren an den Folgen einer Rippfellentzündung unerwartet rasch gestorben. Anton Koch ist am 19. April 1859 zu Pfronstett engeboren. Er empfing 1884 in Rottenburg die Priesterweihe, war dann als Seelsorger auf dem Schönenberg bei Ellwangen tätig und wurde 1886 als Repetent an das Tübinger Konvikt berufen. 1889 bis 1891 las er für den erkrankten Professor v. Himpel, im Jahr 1890 promovierte er mit einer dogmengeschichtlichen Arbeit. Von 1891 bis 1894 war 'er Kaplan und Religionslehrer in Stuttgart. Im Jahr 1894 wurde er als a.o. Professor in Tübingen als Nachfolger Kepplers, 1896 ordentlicher Professor. Im vorigen Jahr bekleidete er das Amt des Rektors der Universität. Der Verstorbene war rege literarisch tätig; er schrieb u. a. ein Lehrbuch der Moraltheologie und verfaßte zahlreiche Abhandlungen für katholische Zeitschriften. Einen Ruf an die Universität Prag (1900) hat er abgelehnt.
* Der Postverkehr zwischen Deutschland und Italien ist gänzlich eingestellt und findet auch auf dem Wege über andere Länder nicht mehr statt. Es werden daher keinerlei Postsendungen nach Italien mehr angenommen. Bereits vorliegende oder durch die Briefkasten zur Einlieferung gelangende Sendungen werden den Absendern zurückgegeben. Der private Telegraphen- und Fernsprechverkehr nach und von Italien ist ebenfalls aufgehoben.