Nr. 108. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 90. Jahrgang.

-i',» »»«tniinglwetsL: -mal wöchentlich. Lnzetgenpiei» ! Im vberamt»- >chvk» kalw für dt« einspaltige Borgt«,eile 10 Pfg., außerhalb derselben l2Pfg., te.men 35 Psg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittag«. Leleson s.

Dienstag» drn 1L. Mai 1915.

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Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.

Wir stehsn also nun wieder einmal vor einer englisch-französischen Offensive, die zwischen Arras und Armentieres eingesetzt hat. wohl im Hinblick auf die schweren Niederlagen unserer Feinde bei Hpern, (wo unsere Truppen immer noch weiter Ge­lände gewinnen, was selbst von der englischen Presse zugegeben werden muß) und zwischen Maas und Mo­sel. Auf die Dauer, haben sich die verbündeten Heer­führer gesagt, werden diese Riesenschlappen durch Haoas, Reuter und die diplomatischen Vertretungen des Dreiverbands im Ausland nicht in Liege umge­wandelt werden können, also muß man jetzt einmal wieder zeigen, daß die Schlagkraft der verbündeten Heere nicht erlahmt ist. Gerade angenehm mag der gestrige deutsche Tagesbericht in den feindlichen Hauptquartieren nicht berührt haben, als er so in­diskret die geheimen Pläne des Feindes aufdeckte, und sich so durchaus orientiert erwies über die für diesen neuen Durchbruchsversuch eingesetzten Kräfte. Trotz dieser in einer verhältnismäßig geringen Front­breite vorgenommenen, starken Kräfteentwicklung ist der Gegner bis jetzt aber beinahe überall unter starken Verlusten zurückgeworfen worden, und nur an einigen Stellen hat er sich vorübergehend festsetzen können, denn schon sind die deutschen Gegenangriffe im Gange. Die Zuversichtlichkeit des deutschen Ta­gesberichts läßt keinen Zweifel darüber aufkommen, daß man im deutschen Hauptquartier gegen diesen Verzweiflungsvorstoß an der Westfront, der auch als Hilfeleistung für die sehr gefährdeten russischen Bun­desgenossen gedacht sein dürfte, gewappnet ist.

Der südöstliche Kriegsschauplatz steht immer noch im Zeichen de^ Sieges in Westgalizien. Unaufhalt­sam dringen die verbündeten Truppen auf der West­front vor, rlnd nehmen dem Gegner Stellung um Stellung. Nach dem heut, österreich-ungarischen Ta­gesbericht haben die aus Westgalizien und aus den Beskiden vorgehenden verbündeten Kräfte die dritte russische Armee nun in den Raum von Sanok und Lisco zusammengepreßt. Im Norden wurde der Uebergang über die Wisloka erkämpft, im Süden sind die verbündeten Truppen im Angriff auf der Linie Dwernik-Baligrod-Bukowsko, sodaß die 3. rus­sische Armee, sofern es ihr überhaupt gelingt, sich aus der konzentrischen Umklammerung loszulösen, gezwungen sein wird, auf Przemysl zurllckzugehen, das nur noch etwa 60 Kilometer von dem Opera- teionsgebiet entfernt liegt. Ob die von den Russen wieder notdürftig in Stand gesetzte Festung im­stande sein wird, die demoralisierten Heeresab­teilungen auMhalten, und ob überhaupt ange­sichts des wuchtigen Vorstoßes der verbündeten Kräfte Przemysl gehalten wird, darüber wird wohl schon die nächste Zeit Aufklärung geben. Die Russen werden es sich wohl noch einmal überlegen, im Hin­blick auf das Schicksal der belgischen und französischen Festungen, die unserer schweren Artillerie ebenfalls nicht Stand zu halten vermochten.

Die Siegesbeute hat nun schon Zahlen ange­nommen, die den größten Erfolgen im Verlauf des jetzigen Krieges entsprechen. Die Gefangenenzahl ist bisher auf 100 000 gestiegen, und die bedenkliche Lage der russischen 3. Armee berechtigt zu der Annahme, daß sich diese Zahl noch weiter steigern wird. Wir stehen noch nicht vor dem Abschluß der Kämpfe im Südosten, aber das kann heute schon gesagt werden, die Riesenschlacht in Galizien wird in der Weltge­

schichte als entscheidendes Ereignis für den Verlauf des europäischen Krieges sowohl in militärischer als auch in politischer Beziehung gewürdigt werden. Wenn der österreichische Tagesbericht die bisherigen Verluste der 3. russischen Armee auf 150 000 berech­net, so würde das, die Armee mit ihren 5 Korps und verschiedenen Reservedivisionen auf 300 000 Mann berechnet, jetzt schon die Vernichtung der halben Armee bedeuten. Die Situation ist aber so, daß auch die andere Hälfte der russischen Arniee der Vernich­tung preisgegeben ist, wenn sie nicht eiligst ihren Rückmarsch auf Przemysl vollendet. Die Annahme des Kampfes in einem Raum, der ihr keine Entwick­lungsmöglichkeit bietet, würde sowieso zur Kata­strophe führen.

Neben dieser Hauptaktion in Galizien vollzieht sich dann noch eine weitere, in der Bukowina am Dnjestr. Aus Czernowitz heraus sind die österreich­ungarischen Truppen vorgestoßen, haben den Dnjestr bei Zaleszczyki überschritten und bereiten nun hier den Vormarsch in Ostgalizien vor. So dürste wohl in den nächsten Wochen die Befreiung von Galizien angestrebt werden und die bisherigen großartigen Erfolge sollen uns ein gutes Omen dafür sein, daß es gelingen wird. O. lv

Die deutsche amtliche Meldung.

(WTB.) Großes Hauptquartier. 10. Mai. (Amt­lich.) Westlicher Kriegsschauplatz. An der Küste mach­ten wir in den Dünen Fortschritte in der Richtung auf Nieuport und nahmen mehrere feindliche Gräben und Maschinengewehre. Ein Gegenstoß des Feindes während der letzten Nacht gelangte bis an Bixschoote heran, wurde aber dort völlig zuriickgeworfen. Auch in Flandern wurde während der Nacht vorwärts Gelände gewonnen. Bei der Verlorenhök machten wir 162 Engländer zu Gefangenen. Südwestlich Lille setzte der als Antwort auf unsere Erfolge in Galizien erwartete große französische Angriff ein. Er richtete sich gegen unsere Stellungen von östlich Fleurbaix, östlich Nicheborg. östlich Vernelles, in Ablain, Ca- relcy. Neuville und St. Lorenz bei Arras. Der Feind, Franzosen sowie weiße und farbige Engländer, führte mindestens 4 neue Armeekorps in den Kampf, neben den in jener Linie schon längere Zeit verwendeten Kräften. Trotzdem sind die wiederholten Angriffe fast überall mit sehr starken Verlusten für den Geg­ner abgewiesen worden. Im besonderen ist das bei den englischen Angriffsversuchen der Fall. Etw« 500 Gefangene wurden gemacht. Nur in der Gegend zwischen Carelcy-Neuville gelang es dem Gegner, sich in unserer vordersten Linie festzusetzen. Der Ge­genangriff ist im Gange.

Nördlich von Steinabriick im Fechttale warfen wir den Feind, der sich unmittelbar vor unsrer Stel­lung im dichten Nebel eingenistet hatte, durch An­griffe zurück und zerstörten seine Gräben.

Eines unserer Luftschiffe belegte heute früh den befestigten Ort Southend an der Themsemündung mit einigen Bomben.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Die Lage ist unver­ändert.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Trotz aller Ver­suche des Feindes durch mit der Bahn oder durch Fuß­marsch herangeführte neue Kräfte unsere Verfolgung aufzuhalten, warfen die verbündeten Truppen der Heerestruppe des Generalobersten von Mackensen auch gestern den Gegner von Stellung zu Stellung zurück, und nahmen ihm über 12 000 Gefangene und

viel Munition ab. Die Zahl der von dieser Heeres­truppe allein seit 2. Mai gemachten Gefangenen steigt damit auf über 80 000. Unsere Vortruppen näherten sich dem Stobnicaabschnitt und erreichten die Vrzezanca sowie den unteren Wislok. Die Ver­folgung geht vorwärts.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichisch-ungarische Tagesbericht.

Wien, 10. Mai. Amtliche Mitteilung vom 10. Mai mittags: Die unter schweren Verlusten aus Westgalizien und den Karpathen zurückgeschlagene russische 3 Armee ist, dem Druck aus beiden Richtun­gen nachgebend, mit der Hauptkraft im Raume um Sanok und Lesko zusammengepreßt. Gegen diese Masse dringen die verbündeten Armeen weiter er­folgreich vor und haben von Westen den Uebergang über den Wislok erkämpft, von Süden die Linie Dwernik-Baligrod-Bukowsko erreicht. Am nördlichen Flügel der westgalizischen Front erstürmten gestern Oberösterreicher, Salzburger und Tiroler Truppen mehrere Orte östlich und nodöstlich Debica. Die Zahl der in Westgalizien gemachten Gefangenen ist auf 80 000 gestiegen. Hierzu kommen noch über 20 000 Gefangene, die bei der Verfolgung in den Karpathen eingebracht wurden. Die russische 3. Armee, die aus den 5 Korps, 9., 10., 12. und 24. und 3. kaukasisches, sowie mehreren Reservedivisionen zusammengesetzt ist, hat somit einen Verlust von allein 100 000 Mann an Gefangenen. Rechnet man hierzu die Zahl der Toten und Verwundeten, so kann der Eesamtverlust mit mindestens 150 000 Mann angenommen werden. Von der auch jetzt noch nicht zu übersehenden Menge von Kriegsmaterial sind bisher 60 Geschütze und 200 Maschinengewehre gezählt. Die Kämpfe in Südost­galizien dauern noch fort. Durch einen Gegenangriff wurde auf den Höhen nordwestlich Ottynia eine starke Gruppe des Feindes zuriickgeworfen.

Der Kaiser

auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz.

Berlin, 10. Mai. (Amtlich) Der Kaiser ist auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz eingetroffen und wohnte am 8 Mai dem Gefecht der 1. Earde- division bei.

Zeppeline bei London.

(WTB.) London. 10. Mai. Ein Zeppelin wurde am frühen Morgen in großer Höhe in der Nachbar­schaft von Romfors gesehen, das 12 Meilen von Lon­don entfernt ist. Er schien von Southend oder Pur­fleet zu kommen. Das Luftschiff wendete kurz vor Romfors und kehrte nach Chelmsford zurück. Auch über Gravesend wurde frühmorgens ein Luftschiff gesehen. Die Forts eröfsneten das Feuer und ver­trieben es.

(WTB.) London, 10. Mai. Reuter meldet: Zwei Zeppeline erschienen morgens um 2.45 Uhr über Southend und Westcliff und warfen im ganzen einige 20 Bomben. Einige Bomben verursachten eine Anzahl Brände. Soviel bis jetzt bekannt ist, wurden zwei Frauen getötet und eine Anzahl Einwohner verwundet. Eine Bombe wurde auf die Gaswerke abgeworfen, verfehlte aber ihr Ziel.

Die vergeblichen Dardanellenangriffe.

(WTB.) Konstantinopel. 10. Mai. Das Große Hauptquartier teilt mit: An der Dardonellenfront