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Nr. 107.
Amts- und Aiyetgeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
90. Jahrgang.
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Montag, den 10. Rai 1815.
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(»0k der haiasttopbr der russischen Züdarmee.
Die Lage auf den Kriegsschauplätzen.
* Die Kämpfe in Galizien und den Karpathen wachsen sich mit jedem Tag zu einem Umfang aus, der mit größter Wahrscheinlichkeit zu einer Katastrophe für die russische Südarmee führen muß. Schon ist die west- galizische russische Armee im Norden, bei Mielec, über die Weichsel zurückgedrängt worden, schon ist die russische Beskidenarmee nahezu vernichtet oder umzingelt, und schon ist der ganze Karpathenkamm, der einen natürlichen Erenzwall für Ungarn bildet, vom Feinde gesäubert, und die österreich-ungarische Armee, die hier monatelang in stillem Heldensinn die furchtbarsten russischen Massenangriffe abgewiesen hat, verfolgt mit einem Schlachtengeist sondergleichen die schon im Weichen begriffene Karpathenarmee. Aus dem Kriegspressequartier wird darauf hingewiefen, daß die Erfolge der Aktionen in Westgalizien nur das erste Stadium der Kämpfe' bedeuteten. Das Zurückfluten der in eine äußerst gefährliche Lage geratenen russischen Front aus den Waldkarpathen bis zum Uzsoker Paß ist ebenfalls bereits in vollem Gange. Die verbündeten Truppen haben aber auch schon die 8. russische Armee, die zwischen Uzsoker und Lupkower Patz stand, zu werfen begonnen. Nach den Tagesberichten der beiden Hauptquartiere steigert sich die Siegesbeute ins Unermeßliche.
Wir können also ruhig sein, unsere militärische Situation ist heute fester als je, und in diesem Augenblick kann uns der von Italien ausgehende Druck wirklich nicht mehr allzuernst berühren, selbst wenn nicht gewisse Anzeichen vorhanden wären, daß sich die Italiener doch noch einmal besinnen. Auch das Geschrei über die Torpedierung der „Lusitania", das von Verwicklungen mit den Vereinigten Staaten spricht, kann uns nicht stören. Die neutralen Staatsbürger haben sich unter ihrer eigenen Verantwortung in Gefahr begeben, und wenn sie darin umgekommen sind, so ist das nicht unsere Schuld.
Die deutschen amtlichen Meldungen.
(W.T.B.) Großes Hauptquartier, 8. Mai. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Aus dem größten Teil der Front fanden die üblichen Artilleriekämpse statt, die sich an einzelnen Stellen. so bei Wern, nördlich Arras. in den Argon- nen und auf den Maashöhen zeitweise steigerten. Zum Jnfanteriekamps kam es nur in den Vogesen. Hier griffen die Franzosen unsere Stellungen bei Steinabriick. beiderseits des Fechttales, nach stundenlanger Artillerievorbereitung abends an. Sämtliche Angriffe scheiterten unter starken Verlusten für den Feind.
(WTB.) Berlin. (Amtlich.) Am 7. Mai wurde bei Zeebrücke der englische Zerstörer „Maori" durch das Feuer unserer Küstenbatterie zum Sinken gebracht. Der Zerstörer „Zrusader", der zur Unterstützung heranzukommen suchte, wurde gezwungen, sich zurückzuziehen und seine ausgesetzten Rettungsboote im Stich zu lassen. Die ganze Besatzung des „Maori" sowie die Bootsbemannung des „Zrusader" wurde von unsern Fahrzeugen gerettet und nach Zerdrücke gebracht, im ganzen 7 Offiziere 88 Mann.
Der stellv. Chef des Admiralstabs: gez. Vehncke.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Unsere gegen Libau vorgehenden Truppen setzten sich in Besitz dieser Stadt. Hierbei sielen 1600 Gefangene, 12 Geschütze und 4 Maschinengewehre in ihre Hand.
Bei dem Vorgehen unserer Truppen gegen Libau haben unsere Ostseestreitkräfte den Angriff durch Beschießung von See aus unterstützt.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Die Verfolgung des geschlagenen Feindes durch die Armeegruppe Mackensen und die anschließenden Verbündeten ist auch gestern, von einem erfolgreichen Nachhutkampf abgesehen, in stetigem Fluß geblieben. Unsere Vor- trüppen haben am Abend bereits den Wislok in Ge
gend Krosno überschritten. Das gemeinsame Handeln aller beteiligten Heeresteile am Vorwärtsdringen führte zum Abschneiden nicht unbeträchtlicher russischer Kräfte, wodurch die Gesamtzahl der am 2. Mai auf dem galizischen Kriegsschauplatz gemachten Gefangenen bis jetzt auf etwa 70 000 gestiegen sein dürfte. Allein wurden den Russen 28 Geschütze, darunter 9 schwere abgenommen.
(WTB.) Großes Hauptquartier, 9. Mai. (Amtlich.) Westlicher Kriegsschauplatz. Bei Fortsetzung unserer Angriffe aus Wern warfen wir den Gegner aus stark befestigter Stellung zwischen den Straßen Fortuin-Wieltje und Cheluvelt-Wern heraus, nahmen die Orte Frezenberg und Verlorenhök und setzten uns hierdurch in Besitz wichtiger, die Umgegend Werns im Osten beherrschender Höhenzüge. 800 Engländer, darunter 16 Offiziere, wurden bisher gefangen.
Französische Angriffe westlich Lievin, nordöstlich der Lorettohöhe scheiterten unter starken Verlusten für den Feind. Bei La Basste und Vitry, östlich Arras, wurde ein französ. Flugzeug von uns zur Landung gezwungen. Ein unter Ausnützung von Nebelbomben unternommener französischer Teilangriff westlich Perthes wurde mit Handgranaten abgewiesen.
In den Argonnen zwischen Maas und Mosel sowie in den Vogesen verlief der Tag ohne besondere Ereignisse.
Oestlicher Kriegsschauplatz. In Libau haben wir große Lager Kriegsvorräte beschlagnahmt. Vor starken Kräften aller Waffen, die der Gegner bei Mitau gesammelt hat, wichen unsere gegen diese Stadt vorgeschobenen Abteilngen langsam aus. Nordöstlich Kowno wurde nach Vernichtung eines russischen Bataillons die Bahn Wilna-Vzawle gründlich zerstört. Am Njemen bei Sreducki griffen wir versprengte Neste von vier russischen Bataillonen auf, die wahrscheinlich zu am 6. und 7. Mai bei Rossinie geschlagenen Truppen gehören.
Erneute russische Angriffe gegen unsere Stellungen an der Pilica wurden unter großen Verlusten für den Feind abgewiesen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz. Zn Verfolgung des geschlagenen Feindes überschritten die Truppen des Generals Mackensen nach vorhergehendem Kamps den Wislok zwischen Veski (östlich Rymanow) und Frysztak. Vor dem Druck östlich und nördlich Tarnow kämpfender Verbündeter weicht der Feind aus Mielec und über die Weichsel zurück. An der wankenden russischen Karpathensront warfen andere deutsche Truppen den Feind aus seinen Stellungen an der Bahn Mezölaborez-Sanok. Die Beute an Geschützen und Gefangenen vergrößert sich noch fortgesetzt.
Oberste Heeresleitung.
Die österreichisch-ungarischen Tagesberichte.
(WTB.) Wien, 8. Mai. Amtliche Mitteilung vom 8. Mai, mittags: Die Folgen der Schlacht von Tornow und Eorlica übertragen sich nunmehr auch auf die Karpathenfront östlich Lupkow. Unsere Truppen, die auch bier zum Angriff übergingen, eroberten nachts den Grenzkamm nördlich der aus den letzten erbitterten Karpathcnkämpfen bekannten Orte Telcpocz, Zellö, Na- gypolani. Während der letzten Monate haben die Russen in wochenlangen Kämpfen südlich des Grenzkammes der Karpathen Fuß gefaßt und durch Einsatz aller verfügbaren Reserven ihre Front an den Oberläufen der On- dawa, Laborcza und Cziroka nach Süden vorgeschoben. Trotz aller Stürme und wütenden Angriffe des Feindes konnte der Uzsoker Paß uns nicht entrissen werden. Nördlich und beiderseits des Passes hielt unsere Gruppe, die hier monatelang focht, felsenfest stand. Der ganze Raumgewinn der Russen ist nun in wenigen Tagen verloren
gegangen. Unter großen Verlusten, die ein so eiliger Rückzug bedingt, räumte der Feind den Streifen ungarischen Boden, den er so mühsam erstritten hatte. In Westgalizien nahmen die Kämpfe an der ganzen Front weiter einen erfolgreichen Verlauf. Krosno wurde gestern durch unsere Truppen erobert. Wie groß die Verwirrung und die Unordnung bei der auf der ganzen Front in schleunigem Rückzug befindlichen Armee Radko Dimitriew ist, beweisen die in den Ortskämpfen um Brzostek gemachten Gefangenen, die den sechs russischen Divisionen Nr. 5, 21, 31, 52, 63 und 81 angehören. Teile der aus den Beskiden zurückflutenden russischen Truppen wurden an mehreren Stellen umzingelt und gefangen genommen. Die Gesamtzahl der seit dem 2. Mai Gefangenen erreicht bisher 7V vvv. Die Verfolgung wird fortgesetzt. Zn Südostgalizien wurden auf den Kämmen beiderseits des Lomnicatales starke russische Angriffe zurückgeschlagen. Ein russischer Stützpunkt bei Zaleszozyki wurde von uns erstürmt.
(WTB.) Wien, 9. Mai. Amtliche Mitteilung vom 9. Mai, mittags: Zn Verfolgung des aus seinen Höhenstellungen geworfenen Gegners haben unsere Kolonnen den Grenzkamm der Karpathen überschritten. Ungarn ist vom Feinde frei! Auf galizischem Boden dauert die Schlacht fort. Zn einem Frontranme von über 2VV Kilometern von der Weichsel bis zum Uzsoker Paß weicht der Gegner zurück. Die verbündeten Armeen haben unter siegreichen Kämpfen ungefähr die Linie Uzsoker Paß —Komancza—Krcsno—Debica—Szozucin überschritten. Zm Karpathenabschnitt östlich des Uzsoker Passes und an der Front in Siidostgalizien haben sich nun ebenfalls heftigere Kämpfe entwickelt. Unsere Truppen eroberten mehrere russische Stellungen. Starke feindliche Kräfte griffen unsere Truppen auf den Höhen nordöstlich Ot- tqnia an. Dort Kampf im Gange. Der stark befestigte Brückenkopf Zalcszczqki, den der Gegner in wochenlangen verzweifelten Kämpfen festzuhalten versuchte, wurde von unseren Truppen gestürmt, die Russen über den Dnjestr verfolgt, 3560 Mann gefangen.
Die Beskiden überschritten.
(WTB.) Berlin, 10. Mai. In einem Telegramm des „Berl. Lokalanz." vom südöstlichen Kriegsschauplatz heißt es: Die 3. Karpathenarmee die den schwersten Ansturm der russischen Fluten auszuhalten hatte, hat schon die Beskiden überschritten und führt nun in einer Reihe von erbitterten Einzelgefechten den Gnadenstoß gegen den Feind. Es giebt für die Russen nur eine Richtung, in der sie entkommen oder durchbrechen können, die Richtung gegen Norden. Die der Armee Boroevic überwiesene Aufgabe ist der schönste Lohn für ihre seit den Oktobertagen bewiesene unerschütterliche Zähigkeit. Das Gesamtergebnis der bisherigen Operationen äußert sich darin, daß der rechte russische Flügel zurückgcnommen werden mußte. Die Karpathenfront ist vom Feind nicht mehr bedroht.
Ein Vertreter Italiens im rufs. Hauptquartier.
WTB. Basel. 9. Mai. Dem „Schweizer Landesdienst" zufolgeistderitalienischeMilitäratiacheMajor Ropalo nach Petersburg abgereist, um sich als offizieller Vertreter Italiens in das russische Große Hauptquartier zu begeben. Bisher hatte Italien als Dreibundmacht keinen Ossizier zur russischen Feldarmee gesandt.
Französische Mittel.
(WTB.) Paris, 9. Mai. Die offiziöse „Agence Havas" verbreitet folgendes: Aus politischen Gründen, welche so klar sind, daß es unnötig ist, auf sie hinzu- j weisen, hat der deutsche Eeneralstab seit 14 Tagen Offen- ! sivoperationen auf dem westlichen Kriegsschauplatz wie- i derholt. Er hat damit völlige Mißerfolge erlitten. Seine Gruppen erlitten blutige Verluste. — Auch die deut- ! schen Erfolge an der ganzen Westfront werden in Ab- ! rede gestellt. (Es ist klar, daß die der deutschen Heeres- ' leitung unterschobenen Beweggründe für die Veröffcnt-