Griechenland und der Dreiverband.

Mailand, 4. Mai. Der Kriegskorrespondent desCorriere della Sera" meldet lautLok.-Anz." aus Athen . Die Verhandlungen Griechenlands mit den Dreiverbandsmächten find entgültig gescheitert. Griechenland stellt Forderungen darunter eine Garantie der Integrität Griechenlands und ein Bündnis auf 15 Jahre nach dem Friedensschlutz mit jedem einzelnen Staate des Dreiverbands un­abhängig vom andern, die als unannehmbar erscheinen. Prinz Georg wurde in Paris sehr kalt empfangen und erhielt eine abschlägige Antwort. Nichtsdestoweniger herrscht in den maßgebenden politischen und militärischen Kreisen, die sich um das Königshaus scharten, ein durchaus zuversicht­licher Geist.

Munitionsarbeiter aus Amerika!

EKG. Senf, 4. Mai. DasJournal" meldet aus London: Die englischen Munitionsfabriken er­hielten die Zustimmung Lloyd Georges zur Anwer­bung von 45VÜV Arbeitern aus Amerika» für die der englische Staat die Tragung der Hin- und Rück reise übernommen hat.

Vermischte Nachrichten.

80 Prozent mehr verbraucht.

Nach einer Bekanntmachung des Fürstl. Schaum- burg-Lippeschen Ministeriums hat eine am 15. April vorgenommene Nachprüfung des Verbrauchs an Ge­treide und Mehl in der Zeit vom 1. Februar bis 15. April ergeben, daß 50 Prozent, etwa 90VV Zentner Getreide im Fürstentum zuviel verbraucht worden sind. Die vom Bundesrat für den 9. Mai angeordnete besonders genau zu bewirkende Bestandsaufnahme soll zur Ermittelung der Schuldigen und zur Klar­stellung dienen, ob die jetzige Tagesration herunter­gesetzt werden muß. Ob die Landwirte trotz des Ver­botes Getreide verfüttert haben, oder ob die Müller, Bäcker und Händler oder die Verzehrer sich nicht an die erlassenen Verordnungen gehalten haben, wird die eingeleitete Untersuchung feststellen. Angesichts der überraschenden Tatsache des übermäßigen Brot- und Mehlverbrauchs ersucht die Regierung die Be­wohner des Fürstentums dringend, ohne Polizei und Staatsanwalt ihrer vaterländischen Pflicht zu genü­gen und mit Brotgetreide und Mehl äußerst sparsam zu sein.

Ein Heilverfahren gegen Wundstarrkrampf?

Berlin. 5. Mai. Professor Regro von der Turiner Universität soll, wie demBerliner Tageblatt" aus Rom berichtet wird, ein Heilverfahren gegen den Wundstarrkrampf entdeckt haben, das auf der Ver­wendung des elektrischen Stromes beruhe.

Der Sitz des internationalen Gewerkschafts- verbands.

(W.T.B.) Haag. 3. Mai.Nieuwe Courant" meldet: Die Zeitungen der Eewerkschaftszentralen in Frankreich und England haben vorgeschlagen, den Sitz des internationalen Eewerkschaftsverbandes. der jetzt in Berlin ist, nach einem neutralen Lande zu verlegen, wobei Bern genannt wird. Als Gründe geben sie an, daß es noch Jahre dauern werde, bis die belgischen und französischen Arbeiter mit dem­selben Freimut und demselben Vertrauen, wie vor dem Kriege nach Berlin kommen werden. Man rief hierfür die Vermittelung des Präsidenten der ameri­kanischen Fachverbände Gompers an. der sagte, er wolle in der Angelegenheit keine Partei ergreifen.

Die Nationalitätenfrage in Oesterreich-Ungarn.

(W.T.B.) Budapest. 3. Mai. Im ungarischen Abgeordnetenhaus sagte Ministerpräsident Graf Tisza mit Bezug auf Bemerkungen der Opposition über die Haltung der Nationalitäten folgendes: Ich behaupte aufs entschiedenste, daß, wenn in diesem Krieg auch von Seiten ungarischer Staatsbürger An­zeichen von Verrat vorgekommen sind, dies ganz aus­nahmsweise geschehen ist und daß sich diese nur auf einen oder zwei vereinzelte Fälle beziehen. Ich er­kläre weiter ganz entschieden, daß die Bevölkerung nicht-ungarischer Zunge in den nördlichen Teilen des Landes unzweifelhafte Beweise ihrer patriotischen Treue gegeben und in dieser Beziehung selbst den­jenigen eine bessere Ueberzeugung aufgsdrängt hat, die sich bei Kriegsbeginn über unsere in dieser Ge­gend wohnenden Nationalitäten und Mitbürger we­nig vertrauensvoll geäußert haben. Was nun jene Erscheinungen betrifft, die weniger im eigentlichen Ungarn als in einzelnen Gebietsteilen von Kroatien und Slawonien vorgekommen sind, will ich die Tat­sachen nicht leugnen. Es haben sich Erscheinungen gezeigt, die auf die politische Gesinnung eines gewis­sen Teiles der Bevölkerung ein sehr unangenehmes Licht werfen. Aber auch diese find viel, viel weniger

bedeutsam und erstrecken sich auf viel, viel weniger Individuen und waren weniger allgemein, als dies von manchen angenommen, namentlich von unfern Feinden ausgesprengt wurde. (Zustimmung.) Ich warne davor, in dem Krieg leicht auftauchenden Ge­rüchten Glauben zu schenken, die eine falsche Verall­gemeinerung enthalten. Wir dürfen nicht durch Verbreitung solcher Gerüchte unfern Feinden zu Hilfe kommen.

Beschlagnahme russischer Güter in Polen.

(W.T.B.) Berlin, 1. Mai. (Amtlich.) Als Ver­geltung für die bei dem Einfall der Russen in Ost­preußen verübten Greuel und die Wegnahme von Eigentum deutscher Staatsangehöriger hat der Herr Oberbefehlshaber-Ost die Zivilverwaltung für Rus­sisch-Polen mit der Beschlagnahme der in ihrem Be­zirk gelegenen sogenannten Donations-Güter beauf­tragt. Es handelt sich hierbei um Güter, die der rus­sische Staat bei den verschiedenen polnischen Revolu­tionen konfisziert und dann russischen Militärs und Beamten zur Nutznießung überlassen hat. Beim Aussterben der Familien der Beliehenen fallen die Güter an den russischen Staat zurück, ebenso in ver­schiedenen anderen Fällen, insbesondere, wenn kein Erbe grechisch-orthodoxen Glaubens vorhanden ist. Die Beschlagnahme ist jetzt im Wesentlichen durchge- fllhrt. sie erstreckt sich auf 232 000 preußische Morgen. Von dieser Fläche sind ungefähr 107 000 preußische Morgen für eine Pachtsumme von jährlich 356 000 Mark, also durchschnittlich 3,33 Mark pro Morgen verpachtet. 21 700 Morgen Acker und Wiesen, 97 000 Morgen Wald und 6 4000 Morgen Wasser werden von der beschlagnehmenden Behörde selbst verwaltet. Die Pächter, soweit sie Polen und Deutsche und nicht Nationalrussen sind, werden im ungestörten Pacht­besitz belassen. Sie haben die Pacht an die Staats­kassen abzuführen und sind unter dauernde Aufsicht der Zivilverwaltung gestellt. Auch die Mehrzahl der polnischen und deutschen Verwalter ist in ihrem Amte verblieben und nur dort, wo zuverlässige Beamte fehlten, sind deutsche und polnische Verwalter einge­setzt. Für die Frühjahrsbestellung ist Vorsorge ge­troffen. Wo Saatgut fehlte, wurde es beschafft. Bei fehlender Anspannung wurde mit Motorpflügen nachgeholfen.

Eine furchtbare Explosion.

(WTB.) Petersburg. 4. Mai. (Amtlich.) Bei der Explosion in der Fabrik für Sprengstoffe in Okhta

am 29. April, in der im Augenblick der Explosion 278 Arbeiter tätig waren, wurden 26 getötet oder derart verwundet, daß sie ihren Verletzungen erlagen. 169 Arbeiter wurden ins Hospital eingeliefert; 43 Arbeiter werden vermißt. In den Werkstätten für Hülsen wurden 4 Arbeiter getötet, 3 Arbeiter muß­ten in Pflege genommen werden. Von 18 die Fabrik bewachenden Soldaten wurden 11 getötet. 4 wurden ins Hospital übergefllhrt. Die Gesamtzahl der Opfer ist folgende: Verwundet 63 Personen, ferner 34 die nicht zum Fabrikpersonal gehören, getötet oder den Verletzungen erlegen 41, vermißt 43,' im ganzen 147 Opfer, zu denen 34 Privatpersonen gerechnet werden müssen.

Aus Stadt und Land.

Calw, den 5. Mai 1915.

Das Eiserne Kreuz.

Der Leutnant der Landwehr, Regierungsbau- meifter Erwin Staudenmeyer, Sohn des Landtags­abgeordneten Staudenmeyer von Calw» wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.

Kriegsauszeichnung.

Sottlieb Nothacker von Sommenhardt, im Grenadier-Regiment 119, hat die silberne Verdienst­medaille erhalten.

Bestattung eines gefallenen Kriegers.

* Ein ehrenvolles Leichenbegängnis ward dem jungen Reservisten aus Westfalen zuteil, der mit dem letzten Verwundetentransport als Schwerver­wundeter ins hiesige Vsreinslazarett eingeliefert worden und nach einigen Tagen seinen schweren Ver­letzungen erlegen war. Eine große Trauergemeinde gab dem Entschlafenen das letzte Geleite. Ein großer Teil seiner verwundeten Kameraden, Offiziere und Mannschaften, die Offiziere und Mannschaften des Vezirkskommandos, die beiden hiesigen Kriegerver­eine, der Veteranenverein, Mitglieder der hiesigen Gesangvereine, die Vertreter der staatlichen und städt­ischen Behörden, und eine große Anzahl sonstiger Teilnehmer aus der Stadt hatten sich zu der ernsten Feier eingefunden. Das Trommler- und Pfeiferkorps des Jungdeutschlandbundes ehrte den Gefallenen auf seinem letzten Wege noch durch das Spiel jener alten vertrauten Weisen, die ihm im Toben der Schlacht wohl oft ins Ohr geklungen sein mögen: Ich halt' einen Kameraden ....

Zum Grabe im neu angelegten, schön gelegenen Soldatenfriedhof, auf dem schon ein gefallener Krie­ger seinen letzten Schlaf schläft, haben ihn seine Ka­meraden getragen. Der Sarg war schlicht mit einem weihen Tuch, auf dem ein schwarzes Kreuz eingeprägt war, überdeckt. Die vereinigten Sänger der hiesigen Gesangvereine unter Leitung von Rektor Beutel sangen bei Ankunft am Grabe mit Ausdruck das schöne stimmungsvolle SoldatenliedDrei Salven über das Grab"; darauf schmetterten die Ehrensal­ven ihren feierlichen Hellen Abschiedsgruß ins stille Tal hinein.

Nun nahm Stadtpfarrer Heberle die kirchlichen Trauerzeremonien vor, um dann in einer tief em­pfundenen und zu Herzen sprechenden Trauerrede noch einen kurzen Blick auf den Lebensweg des Ent­schlafenen zu werfen, und im Zusammenhang damit auf die schwere Zeit, der auch dieses blühende Men­schenleben zum Opfer gefallen war. Es wirkte er­schütternd auf die Zuhörer, wie der Geistliche er­wähnte, daß der größte Wunsch des Verstorbenen, noch eines seiner Angehörigen vor seinem Tode zu sehen, in Erfüllung ging, als der greise Vater des Kriegers, der noch sechs seiner Söhne im Felde draußen stehen hat, nun trotz der Bürde des Al­ters ans Sterbelager seines zweitjüngsten Sohnes geeilt war, um ihm noch die letzten Grüße seines alten Mütterleins zu überbringen. Leutnant d. R. Kop­pel, der gleich dem Verschiedenen auch von den sieg­reichen Kämpfen auf den Lombreshöhen ins Lazarett gekommen war, widmete dem gefallenen Kameraden einen militärischen Nachruf, der in seinem schlichten und doch innig warmen Ton einen ergreifenden Ein­druck machte. Er pries den Toten glücklich, daß er nicht im Felde draußen heimlich wie ein Verbrecher verscharrt worden sei, daß er nicht draußen in Fein­desland liegen müsse, sondern hier in der deutschen Heimat zur letzten Ruhe gebettet werden konnte. Und mit dem rührenden Nachruf an den tapferen Kameraden, besten Brust das Eiserne Kreuz ge­schmückt hat, verband in echt deutschem Soldatengeist der dem Leben bisher erhaltene Krieger das feierliche Gelöbnis für sich und seine Kameraden, es dem Ge­fallenen an Pflichterfüllung und Tapferkeit bis zum äußersten gleich zu tun, und so sein Gedächtnis am besten zu wahren. Im Namen der verwundeten Krie­ger des Vereinslazaretts legte er einen prächtigen Lorbeerkranz am Grabe nieder. Für das Bezirks­kommando legte Major Stall einen Kranz nieder. Als alter Veteran sprach Amtsgerichtsdiener a. D. Rack vom Veteranenverein noch einige kurze, von vaterländischem und christl. Geist getragene Worte. Nachdem die Fahnen der Militärvereine über dem Grabe zum Abschied geschwenkt worden waren, sang der Männerchor noch das ernst erhebende LiedHeber den Sternen", womit der feierliche Trauerakt sein Ende erreicht hatte.

Die Spenden fürs Bezirkskrankenhaus.

Zu der Meldung vom letzten Samstag sei er­gänzend nachgetragen, daß außer den dort genannten Gemeinden, in denen Liebesgaben für die Verwun­deten des Vezirkskrankenhauses gesammelt werden, vor allem auch Oberkollwangen und Gechingen ge­hören. In Oberkollwangen wird alle 14 Tage eine Haussammlung veranstaltet und in Gechingen besteht die praktische und nachahmenswerte Einrichtung, daß Schulkinder jede Woche fast von jedem Haus 1 Ei ab­holen. Vielleicht ließe sich diese Art derEierabgabe" auf dem Wochenmarkt einführen. Die vielen Gaben von Calw, die namentlich die heißbegehrten Zigarren brachten, haben unsere Verwundeten Krieger eben­falls sehr erfreut. Auch durch geistige Genüsse wer­den den Verwundeten manche schönen Stunden be­reitet. In der Frühe des Osterfestes erklangen als frohe Ostergrüße die weihevollen und tröstenden Lieder des Kirchenchors, später wurden wir durch die Kunst der Damen Roos und Zrion erfreut und letzten Sonntag haben, wie schon berichtet, die drei vereinig­ten hiesigen Gesangvereine im Vestibül ein Konzert unter Leitung von Rektor Beutel gegeben. Auch die Vorträge zur Unterhaltung und Belehrung werden stets gerne gehört. Professor Strudel hält von Zeit zu Zeit genußreiche literarische Vorlesungen, Han­delslehrer Stauf heitere und ernste Vorträge und Gewerbelehrer Aldinger weiß Themen aus dem Ge­biet des Handels und der Industrie interessant zu be­handeln. eb.

Keine Pfingstfestliebesgaben.

Die von der Heeresverwaltung gegen die Oster­liebesgabensendungen erlassene Erklärung gilt sinn­gemäß auch für derartige Sendungen aus Anlaß des Pfingstfestes. Demnach ist es nicht angängig, beson­dere Pfingstliebesgabensendungen an die Front zu schicken. Weder die Militärpaketdepots, noch die Eüterabfertigungsanstalten übernehmen die Vor­führung von geschlossenen Transporten mit Liebes­gabenpaketen, die aus Anlaß des Pfingstfestes etwa geplant sein sollten. (Amtlich.)