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Rümmer 52
Alten steig, Freitag, den 4. März 1938
I «1. J-Hr,»»,
Deutsche Neschwerde tu Moskau
Schließung der Sowjetkonsnlate in Hamburg und Königsberg verlangt
v«cki«, S. März. Der deutsche Geschäftsträger in Moskau, Botschaftsrat von Trippelkirch, hat im Austrage der Reichsregie- «mg dem Außenkommissariat in Moskau mrtgeteilt, daß wir infolge fortgesetzter Schikanierungen unserer Konsulate in Kiew »nb Nowosibirsk, die trotz wiederholter Vorstellungen bisher nicht abgestellt wurden, und die wir infolgedessen nur als be- «nßt« Störungen unserer Konsulartätigkeit anfehe« könne», bis za» IS. Mai d. I. di« Schließung der Sowjetkonsulate in Königsberg und Hamburg verlange«. Unsere Konsulate in Kiew and Nowosibirsk werden bis zum gleichen Termin liquidiert werden. Die gesamte Konsulartätigkeit für die Sowjetunion wird fortan auf die Konsularabteilung der Botschaft i» Moskau übergehen.
Der Führer empfangt den neuen Botschafter von WA.
»Wahrung und Aufbau der freundschaftlichen Beziehungen"
Berlin, 3. März. Der Führer und Reichskanzler empfing am Donnerstag mittag den neuernannten Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika, Hugh R. Wilson, zur Entgegennahme seines Beglaubigungsschreibens. Der Botschafter «urde unter dem üblichen Zeremoniell durch den Chef des Protokolls von der amerikanischen Botschaft abgeholt und in einem Kraftwagen des Führers zum „Haus des Reichspräsidenten" geleitet. Die diplomatischen und miMarische» Mstg'neder oer Botschaft folgten in weiteren Wagen. Im Ehrenhof des „Hauses des Reichspräsidenten" erwies eine Ehrenkompagnie des Heeres mit Musik und Spielleuten dem Botschafter die militärischen Ehrenbezeugungen durch Präsentieren des Gewehrs, wobei der Prässntiermarsch gespielt wurde. An dem in Gegenwart des Reichsministers des Auswärtigen von Ribbentrop stattfindenden Empfang nahmen der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, von Mackensen, und die Herren der Umgebung des Führers und Reichskanzlers teil.
Botschafter Wilson überreichte die Handschreiben des Präsidenten Roosevelt über die Abberufung seines Amtsvorgängers und seine eigene Beglaubigung als Botschafter dem Führer und Reichskanzler mit einer Rede in englischer Sprache, die in Uebersctzung wie folgt lautet:
Herr Reichskanzler! Ich habe die Ehre, Eurer Exzellenz zugleich mit dem ALberufungsschreiben meines Vorgängers das Schreiben zu überreichen, mit dem der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika mich als seinen außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter bei Ihnen beglaubigt. Ich freue mich darauf, ein drittes Mal in diesem Lande zu leben, und es ist »ein ernstlicher Wunsch, daß die Wahrung und der Ausbau der freundschaftliche« Beziehungen und der Bande, die zwischen unseren beiden Ländern bestehen, während meines Aufenthaltes in Deutschland vertieft und gestärkt werden mögen. Ich darf die Hoffnung aussprechen, daß Eure Exzellenz mir bei meiner Arbeit, bei der Ausführung der Anweisungen meiner Regierung «nd bei den Bemühungen, als Dolmetsch der verständnisvollen Einstellung der Völker der beiden Länder zu dienen, Vertrauen entgegenbringen werden. Der Präsident hat mich beauftragt, bei dieser Gelegenheit Eurer Exzellenz seine persönlichen Grüße, wie auch seine besten Wünsche für Eurer Exzellenz persönliches Wohlergehen und für die Wohlfahrt und das Gedeihen Deutschlands zu überbringen.
Der Führer und Reichskanzler erwiderte diese Ansprache «it folgenden Worten:
Herr Botschafter! Ich habe die Ehre, aus den Händen Eurer Exzellenz zugleich mit dem Abberufungsschreiben Ihres Herrn Amtsvorgängsrs das Schreiben entgegenzunehmen, durch das Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der vereinigten Staaten von Amerika bei mir beglaubigt werden. Mit lebhafter Genugtuung begrüße ich es, daß Sie, Herr Botschafter, den ernstlichen Wunsch zum Ausdruck brachten, die freundschaftlichen Beziehungen, die zwischen unseren beiden Ländern bestehen, während Ihres Aufenthaltes in Deutschland zu vertiefen und zu stärken. Der Umstand, daß Sie nicht zum erstenmal nach Deutschland komme«, und daß Sie das deutsche Volk aus Ihrer früheren diplomatischen Tätigkeit kennen, wird Ihnen Ihr Bestreben, dem gegenseitigen Verständnis der beiden Völker zu dienen, wesentlich erleichtern. Eure Exzellenz können versichert sein, daß ich und die Reichsregierung von den gleiche« Bestrebungen geleitet sind und alles tun werden, um Sie bei ber Erreichung dieses Zieles zu unterstützen.
Die freundlichen Wünsche des Herrn Präsidenten der Verewigten Staaten von Amerika für das Gedeihen des deutsche» Volkes nehme ich mit Dank entgegen und erwidere sie aufrichtig. Am Namen des Deutschen Reiches heiße ich Sie, Herr Botschafter, herzlich willkommen!
Hieran schloß sich eine längere Unterhaltung des Führers mit dem Botschafter. ' - - - - - "
Am» Am»»? an »je Bemaust
Abrechnung mit den kommunistischen Kriegs- und Saßvolittkern - Das Vorbild Lbamberlains
Paris, 4. März. Der ehemalige Ministerpräsident Flan- din hielt am Donnerstag im ThHatre des Ambassadeurs einen Vortrag über das Thema „Weder Krieg noch Demütigung".
Er stellte einleitend fest, daß die dynamische Entwicklung in Deutschland und Italien diese beiden Staaten nicht mit Frankreich in einen Konflikt bringen müsse, und wies auf das Beispiel des englischen Ministcrpräsdenten Lhamberlain hin, von dem er glanbe, daß er diese Meinung teile.
Im weiteren Verlaufe feiner Ausführungen wandte sich Flan- din gegen die Volksfront, der er vorwarf, unfähig zu sein, die nationalen Interessen Frankreichs zu vertreten.
„Als ich in den Kammerreden der Regierungsvertreter die Lobgesänge und die Ergebenheitserkläruugeu an die Genfer Liga, die kollektive Sicherheit und die Beistandspakte vernahm, hatte ich den Eindruck einer Totenwache in einem Sterbezimmer. Aber wenn man sich einmal auch an dem Duft der Kränze berauscht hat, muß man dann dennoch wieder in das Leben hinaus, um die frische Luft zu atmen."
Es fei erfreulich, fuhr Flandin fort, daß die Einsicht über die Notwendigkeit einer großen Anstrengung zur Wiederherstellung der französischen Kräfte in ganz Frankreich zunehme. Aber es sei unmöglich zu glauben, daß die Volksfront diese Aufgabe lösen könne, ebensowenig wie sie imstande sei, die soziale Frage zu bereinigen, weil sie die Arbeitskonflikte nur vervielfältige, anstatt sie zu begrenzen.
„Zn der Innen- und Außenpolitik", betonte Flandin, „muffen wir jetzt den Weg wählen. Wir müssen wissen, was mir wolle» und mit wem wir gehen sollen. Eine Politik, die die Demokratie gegen die autoritativen Staaten ausspielen und den Eintritt der Kommunisten in die französische Regierung predigen will, ist nur Sowjetpolitik und siihrt zum Kriege. Sie steht zur Politik Chamberlains in Gegensatz, der erklärt, daß die Genfer Liga in ihrer heutigen Form für Niemanden kollektive Sicherheit gewährt. Lhamberlain hat daher Verhandlungen mit Deutschland und Italien eingeleitet. Die Pariser kommunistische
„Humanitö" will dagegen Frankreich überall dort festlege», w» in der Welt ein Konflikt ausbrechen könnte. Man muß de» französischen Kriegslustigen zumindest die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie genau wußten, was sie wollten und wohin sie gingen. Diese Leute machen sich keine Sorgen vor den Schrecke» eines Krieges und fordern Frankreich auf, sich dringend darauf vorzubereiten. Sie stehen nämlich unter dem Einfluß von Erpressungen, die die kommunistische Partei seit Mai 1936 unaufhörlich an den Negierungen der Volksfront ausübt."
Flandin erinnerte dann an den Brief Stalins an Iwanow, der beweise, daß Moskau durch den Druck der französischen Kommunisten die französische Regierung dazu zwingen wolle, Moskauer Politik zu machen. Diejenigen, die nicht wahrnähmen, daß die ganze Aktion der Komintern ans die Schaffung eines europäischen Kriegsfalles gerichtet sei, müßten blind fein.
Flandin schloß feine Ausführungen wie folgt: Wer repräsentiert heute in Frankreich die wahre französische Traditio«? Sind cs diejenigen, die das Land in den Krieg führen wolle» oder sind es diejenigen, die ein starkes Frankreich erstrebe«, da» seine Interessen ohne Großsprecherei vertritt, die Arbeiter »nd Bauern dem Einftuh der Agenten ^es Bürgerkrieges entreißt und das nationale Erbgut verteidigt, indem es sich weigert, blusige Abenteuer zu suchen? Die Kontiuental-Polisik Frankreichs i» 18. Zahrhnndert habe dem Staate sein erstes Kolonialreich gekostet. Die Größe und die Zukunft der französischen Nation sind heute mehr denn je an sein Weltreich geknüpft. Es würde ver, brecherisch und verrückt sein, dieses Reich dadurch in Gefahr z» bringen» daß mau die Kräfte Frankreichs in den Dienst von Zn- tereffcn stellt, die nicht die seinigen sind.
Aussprache des Führers und Reichskanzlers mit dem britischen Botschafter
Berlin, 3. März. Der Führer und Reichskanzler empfing heute den britischen Botschafter Sir Nevile Hender- son zu einer allgemeinen Aussprache über die beide Länder betreffenden Fragen.
KorMum tsi Moskau« Bluttbeatosi
Ser Anseklagte als Staatsanwalt — Geständnisse
Phantastische Behauptungen Bessonows — Der Staatsanwalt in Verlegenheit
Moskau, 3. März. Im Moskauer Theaterprozeß wurde Mittwochabend mit dem Verhör der Angeklagten begonnen Als erster trat der frühere Botschaftsrat der 'Sowjetbotschaft in Berlin, Bessonow, ans Mikrophon. Lediglich auf knappe Stichworte des Staatsanwalts bin begann Bessonow. dessen „Geständnis" nichts zu wünschen "übrig läßt, mit einer ausführlichen Darlegung seiner „Verbrechen". Bessonow hat sich selbst als den hauptsächlichsten Verbindungsmann zwischen Trotz kt einerseits und dessen Anhänger in der Sowjetunion, Pjatakow und Krestinski andererseits darzustellen Besonders will er. von dem schon vor Jahresfrist Hingerichteten Pjatakow bereits seit 1932 beträchtliche, aus sowjetrussischen Staatsmitteln entwendete Geldsummen erhalten haben, die er an Trotzki und dessen Sohn Sedow zu Agitaticnszwecken übergeben habe. Ferner behauptete Bessonow, im Herbst 1833 eine Zusammenkunft zwischen Krestinski und Trotzki in Meran vermittelt zu haben. An dieser Stelle kann der Staatsanwalt nicht umhin, Krestinski zu fragen, ob Bessonows Angaben richtig seien. Darauf erklärt Krestinski mit fester Stimme: „Bessonows Behauptungen sind falsch!"
Auf die FragedesStaatsan walt s, warum Krestinski denn während der Voruntersuchung „Geständnisse" gemacht habe, die mit den Erklärungen Bessonows übereinstimmten, schweigt Krestinski bedeutungovoll, sodaß der Staatsanwalt Wy- schinski rot vor Zorn und Verlegenheit nur noch bemerken kann: „Da ich keine Antwort höre, habe ich auch keine Frage mehr an den Angeklagten Krestinski zu richten." Bes- fonow fährt daraufhin mit feinem Redeschwall fort. Krestinski, so behauptet er weiter, habe ihm im Jahre 1934 die Direktive gegeben, „die normalen diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjetunion zu sabotieren", dagegen in seiner Eigenschaft als Vertreter des antisowjetischen Blocks der Trotzkisten geheime Beziehungen mit den nationalsozialistischen Parteistellen aufzunehmen (!!). Auch das bestreitet Krestinski ganz energisch. Der Musterangeklagte Bessonow verfällt darauf gleich in die Rolle des Staatsanwalts und bezichtigt Krestinski immer wieder von neuem.
Krestinski, vom Staatsanwalt scharf über den Wandel zwischen seiner jetzigen Haltung und seinen „Geständnissen" während der Voruntersuchung befragt, gibt darauf die programmatische
und Verpflichtungen, wie die Reste es erwünscht
Erklärung, die das ganze Nonzept dieses Prozesses durcheinanderbringen dürfte: „Meine Geständnisse während der Borunter- uchung habe ich unfreiwillig gemacht. Ich habe unrichtige Auszen abgegeben, um überhaupt auf diese Anklagebank z» ko^ men und um dann die Wahrheit sagen zu können!" Jetzt muß )er Staatsanwalt in äußerster Verwirrung schon andere An- zeklagte gegen Krestinski ausspielen: Rosengolz »nd Erinko müssen auf Drängen Wyschinskis bestätigen, daß
Krestinski Trotzkist und Landesm äter sei. Krestinski bestreitet beharrlich alles weiter, und als Bessonow Einzelheiten der angeblichen Begegnung Krestinskis mit Trotzki in Meran zum besten gibt, erplärt Krestinski bissig, Bessonow gebe da nur seine, Krestinskis falsche Geständnisse wieder. Bessonow wurde daraufhin wieder aufgefordert, seine Erklärungen sortzu- sehen. Genau nach bekannten früheren Beispielen behauptet er — mit einem vielsagenden Lächeln —, bereits im Jahre 1933 auf Verlangen des trotzkistischen Blockes mit nationalsozialistischen Politikern (!!) in Fühlung getreten zu sein, denen er als Gegenmaßnahme für die Unterstützung der trotzkistischen Opposition in der Sowjetunion die Sowjetukraine angebotcn haben will! Ein „Abkommen" der trotzkistischen Opposition mit Deutschland müsse zwecks Beschleunigung des Krieges gegen die Sowjetunion, so hätten Trotzki und Krestinski immer wieder erklärt, „forciert" werden. Dieselbe Ansicht hätten die militärischen Hochverräter um Tuchatschewski vertreten.
Der frühere Finanzkommissar Grinko zeigt sich so willfährig, daß der Staatsanwalt dem Strom seiner „Geständnisse" während zweier Stunden freien Lauf lassen kann. Grinko verweilt mit besonderem Nachdruck lange bei der angeblich von ihm im Auftrag des Leiters des Oppositionsblockes geleiteten Sabotagearbeit. Er ist so unerichöpflicki i n seinen Selbstbezichtigungen, daß i!w bald der Staatsanwalt, bald der Gcrichtsvorsitzcndc zur Kürze mahnen muß! Alle die notorischen Mitzstäade der sowjetrussischen Sow» sctwirtschaft nimmt Grinko bereitwillig aus sein Schuldkonta« Ja noch mehr, sogar die Hungerlöhne der Landarbeiter i« de» Kolchosen, die überall herrschende Knappheit an Ware« und Bedarfsgegenständen wird von Grinko als Folgeerscheinung der Wirtschaftssabotage de» „Blockes der Trotzkisten" erklärt. Weiter bleibt es Erinko überlassen, den Zusammenhang des trotzkistt- sche» Verschwörerblockes mit der militärischen „Hochverrätergruppe" Tuchatschewski, Gamarnik usw. näher zu schildern. Besonders erheiternd wirkt die Tatsache, daß die Prozeßregie es für notwendig erachtet, dem ^Hochverräter rmd Spion" Erinko auch