schwerverwundete Franzosen angekommen und ihre Gesamtzahl dürfte etwa 3600 betragen. An die schweizerische Regierung wurde deutscherseits das Er­suchen um ihre Mithilfe und an das schweizerische Rote Kreuz das Ersuchen um Gestellung von Laza­rettzügen zum Transporte von Konstanz nach Frank­reich und umgekehrt gerichtet. Die Antwort aus Frankreich wie auch die des schweizerischen Bundes­rats steht noch aus.

Verfassungsänderung in Dänemark.

(W.T.B.) Kopenhagen, 23. April. DerFolke- thing" nahm heute in der dritten Lesung die neue Verfassungsvorlage an, die gestern vom Landtag an­genommen worden war. Die Vorlage enthält Be­stimmungen über das Wahlrecht und die Wählbar­keit der Frauen, hebt das Recht des Königs, eine ge­wisse Anzahl von Abgeordneten zum Landthing zu ernennen, auf, schafft das priveligierte Wahlrecht zum Landthing ab und setzt das Alter, das zur Aus­übung des Wahlrechts in das Volkething befähigt, von 3V auf 25 Jahre herab. Diese Bestimmung soll jedoch erst nach Abhaltung von 4 ordentlichen Wah­len in Zwischenräumen von je 4 Jahren Geltung er­langen. Die neue Verfassungsvorlage soll, bevor sie in Kraft tritt, vom neuen Reichstage angenommen werden, der im Mai gewählt wird. Man hofft, daß der König die neue Verfassung am 5. Juni, dem Jah­restage der ersten dänischen Verfassung von 1849, unterschreiben kann.

Deutsche Schatzanweisungen in Amerika.

Berlin. 24. April. DieNordd. Allg. Zeitung" meldet: Ein amerikanisches Bankkonsortium hat deutsche Schatzanweisungen von neunmonatiger Lauf­zeit im Betrage von 10 Millionen Dollars über­nommen und sie in feiner Kundschaft untergebracht. Die Transaktion dient zur Verstärkung der deutschen Guthaben in den Verernigten Staaten.

Aus Stadt und Land.

Calw, den 26. April 1915.

Abschied von Dekan Roos.

" Zu einem eindrucksvollen Gemeindeabend ge­staltete sich die gestern abend imBadischen Hof" ab­gehaltene öffentliche Abschiedsfeier von Dekan Roos. Der überaus zahlreiche Besuch der Veranstaltung der große Saal war bis auf den letzten Platz besetzt lieferte dem Scheidenden den besten Beweis da­für, welches Maß von Liebe und Verehrung er sich während seiner hies. Amtstätigkeit zu erringen ver­mochte. Wir zeichnen wohl am besten ein Bild von der verdienstvollen Tätigkeit des Herrn Dekan, wenn wir den Ausführungen der Redner folgen, die gestern abend dem Scheidenden und seiner Familie so herz­liche Abschiedsworte widmeten. Vertreter der Stadtgemeinde hielt G.-R. Dreiß die erste Ansprache; in warm empfundenen Worten wies der Redner da­rauf hin, was die evangelische Gemeinde von Calw dem Herrn Dekan zu danken habe, wie sehr er sich aber auch während seiner mehr als 18jährigen Tätig­keit in die Herzen seiner Calwer eingegraben habe. Ob er als Seelsorger tätig war, als Tröster der Kran­ken, oder als Bittsteller für die Armen, überall sei sein Auftreten getragen gewesen von den Grundsätzen christlicher Liebes- und Fürsorgetätigkeit. Der Red­ner sprach denn auch dem Herrn Dekan im Auftrag der bürgerlichen Kollegien den Dank der Stadt aus, wobei er auch darin erinnerte, daß der Verkehr von politischer und religiöser Gemeindevertretung wäh­rend der Amtstätigkeit des Herrn Dekan stets unge­trübt und harmonisch sich vollzogen habe. Gleichzeitig sagte der Redner auch Dank für die Unterstützung, die Dekan Roos stets der Verwaltung des städtischen Krankenhauses und des Armenhauses habe zuteil werden lassen. Dank auch im Namen der Ortsarmen­behörde, der er immer ein wertvoller Mitberater ge­wesen sei. Gerade bei den Sitzungen dieser letzteren Behörde habe man immer wieder beobachten können, ein wie warmes Herz und Mitempfinden der Herr Dekan unsern Armen entgegengebracht habe. Der Segen für diese Tätigkeit im Sinne des Christentums könne da nicht ausbleiben. Reicher Segen möge ihn dafür belohnen und sein Lebensabend in milderem Klima möge sich noch sonnig und ruhig gestalten. Wenn aber, früher oder später, sein Weg ihn noch einmal nach Calw führen sollte, so werde er der Ge­meinde wieder ein willkommener Gast sein und in alter Freundschaft werden ihm die Calwer gerne wieder die Hand drücken. Im Namen des Kirchen­gemeinderats sprach Oberamtsrichter Holder. Er 'kennzeichnete den Geist der Sitzungen dieser Behörde, in denen Dekan Roos stets sich befleißigte, die An­schauungen zu einem Ganzen zu formen, indem er darnach trachtete, jeder Ansicht gerecht zu werden. Nimmer werde man es ihm vergessen, als er, der erst von schwerer Krankheit sich etwas erholt hatte, und nun seine wohlverdiente Ruhe genießen wollte, sich bei Ausbruch des Krieges wieder als Seelsorger zur

Verfügung gestellt hat, als alter Veteran von 1870 auch hier zum Dienste fürs Vaterland. Unvergeßlich bleibe auch für alle der Feldgottesdienst, den der Herr Dekan beim Abschied des Calwer Landwehr­regiments gehalten hat. Herzliche Worte widmete der Redner auch der Frau Dekan, die man nicht viel gesehen und gehört habe, deren stilles und schlichtes, so verdienstvolles Wirken aber umso mehr zum Vor­schein gekommen sei. Als Amtsbruder sprach nun Stadtpfarrer Schmidt zu dem Scheidenden. Er schil­derte den Herrn Dekan zuerst in seiner Tätigkeit als Prediger, die sowohl ihm als auch der Gemeinde so manches Bleibende fürs Leben gegeben habe. So­dann erinnerte dieser Redner an die umfangreiche charitative Vereinstätigkeit des Herrn Dekan. In 11 solchen Vereinen sei er als Leiter tätig gewesen. Er hatte sich dafür eingesetzt, daß das Casßhaus dem ev. Vereinshaus angegliedert werde, er hat den Frauenkranz ins Leben gerufen, der eine überaus verdienstvolle soziale Wirksamkeit entfalte, dadurch, daß seine Mitglieder den Kranken und Bedürftigen zu Hilfe kommen und in Verkehr mit ihnen treten. Auch in seiner Eigenschaft als geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bezirkswohltätigkeitsvereins hatte Dekan Roos eine ausgedehnte Arbeit zu leisten. Für alles das, was er an der Gemeinde und den Ge­meindegliedern getan habe, dankte Stadtpfarrer Schmidt dem Scheidenden nochmals von ganzem Her­zen. Der Rektor des Realprogymnasiums, Knödel, sprach für die Jugend. 18 Jahre lang habe der Herr Dekan seinen Konfirmandenunterricht durchgeführt, der ihm viel Mühe, Sorge und Arbeit gebracht habe, und gewiß habe er sich in den Herzen vieler jungen Leute einen bleibenden Platz gesichert, indem er ihnen so manches wertvolle Wort mit auf den Le­bensweg gab, das vielleicht auch erst später seine Wir­kung ausüben werde, denn der Herr Dekm wisse ja wohl, daßJugend keine Tugend" habe. Der Redner führte dann noch aus, welches Interesse die Jugend dem Unterricht in der Religionsgeschichte entgegen­gebracht habe, was sicherlich dem Lehrer auch eine in­nere Befriedigung gab. Regierungsrat Binder wür­digte die Verdienste des Scheidenden als Bezirks­beamter in der Aufsicht über die Kirchen- und Ge­meindeverwaltung, und seine charitative Tätigkeit im Bezirk, die besonders bei Ausbruch des Krieges ein umfangreiches Maß von Arbeit erfordert habe. In allen seinen Handlungen habe Dekan Roos stets einen klaren Blick, richtige Erfassung, treffendes Ur­teil und Geschäftsgewandtheit gezeigt. Stadt und Be­zirk werden sein ersprießliches und christlich-wohltä­tiges Walten in dauerndem Andenken behalten. Und nun sprach Dekan Roos, wehmütig erinnernd zurück­blickend, in dem ihm eigenen schlichten, einfachen Tone, der gerade deshalb so tief zu Herzen geht, mit dem ruhigen, von Menschenfreundlichkeit verklärten Blick noch einmal zu seiner Gemeinde. In seiner Bescheidenheit, einer Eigenschaft, die schon im Lauf des Abends von anderer Seite rühmend festgestellt wurde, suchte der Herr Dekan den größten Teil seiner erworbenen Verdienste auf seine Mitarbeiterabzu­wälzen", von denen er mit Recht sagte, daß er eben ohne sie sein Werk nicht hätte so ausgestalten können. Er dankte den Mitgliedern der verschiedenen Behör­den für ihr stets freundliches Entgegenkommen. Be­wegend wirkten die Schilderungen des Redners, die er von seinem Familienleben während seiner Calwer Amtstätigkeit gab. Auch er hatte mit seiner Familie manches Leid durch Krankheiten zu ertragen gehabt, aber er hatte auch die Freude, die Entwicklung seiner Kinder in hiesiger Stadt leiten zu können. So knüp- f ensich berufliche und Familienbande an die Erinne­rung nach Calw, und diese Bande, so führte Dekan Roos noch zum Schluß aus. werden bleiben und sich nimmer wieder loszureißen vermögen. Er werde sicherlich immer wieder nach Calw kommen, wenn und wie, das könne er nicht sagen, aber einen Vorsatz nehme er mit, wenn das Friedensfest in Calw ge­feiert werde, dann möchte er auch dabei sein. Als letz­ter Redner widmete dann noch Pfarrer a. D. Lutz von Unterreichenbach in Humordurchwirkten Worten der Familie des Scheidenden treffliche Worte dank­barer Erinnerung. Seine Schilderungen gaben ein schönes Kabinettbild von dem Leben und Wirken einer wahrhaft deutschen Pfarrersfamilie. Der Abend wurde durch passende ernste Lieder des ge­mischten Chors des Kirchengesangvereins unter Lei­tung von Buchhändler Gundert umrahmt. Stadl­schultheiß Conz hatte von seinem Erholungsaufent­halt in Baden-Baden seine Grüße für den Abschieds­abend telegraphisch übermittelt.

Verlustliste des Oberamtsbezirks Calw.

(Amtliche würNembergifchr Berlustlistr Nr. 166 167 und 168.)

Grenadier-Regiment Nr. 119. Stuttgart.

Gren. Josef Nothacker, Weilderstudt, OA. Leonberg, verwundet. Res. Paul Hahn, Dachtel, leicht verwundet.

Infanterie-Regiment Nr. 125, Stuttgart.

Res. Jakob Lörcher, Speßhardt, leicht verwundet. Musk. Christian Blaich, Stammh eim, gefallen. Ers.-Res. Friedrich Reutlinger, Calw, gefallen. Vzfeldw. Wilhelm Schneider, Liebenzell,schwer verwundet. Musk. Georg Barer, Welten-

schwann, leicht verwundet. Ldwm. Johannes Bolz, Hüner berg, leicht verwundet. Utffz. Christian Wiedmayer, Alt­hen g st e t t, schwer verwundet. Utffz. Gotthilf König, Ostels­heim, schwer verwundet. Gefr. Gottlob Weih, Ostelsheim, schwer verwundet. Musk. Wilhelm H eldmaier, Möttlingen, leich t verwundet. Musk. Friedrich Reutter, Altbulach, schwer verwundet.

Drigade-Ersatz-Bataillon Nr. 61.

Res. Georg Hornbacher, Oberkollwangen, l verw Musk. Friedrich Großhans, Aichelberg, gef.

Berichtigungen.

Infanterie-Regiment Nr. 126. Straßburg.

Zu Verlustliste Nr. 2: Musk. Karl Klumppl, Rehmühle, bisher vermiht, gefallen.

Landwehr-Jnfanterie-Regimeut Nr. 121.

Zu Verlustliste Nr. 141: Ldwm. Friedrich Wacker, Holz­bronn, bisher schwer verwundet, gestorben.

Mangel an freiw. Krankenpflegern.

ex. Der für April auf der Karlshöhe in Aussicht genommeneKurs für freiwillige Krankenpflege im Krieg konnte bedauerlicher Weise nicht stattfinden, da sich nur eine kleine Anzahl von Bewerbern einge­stellt hat. Infolgedessen mußten selbst die angelegent­lichsten Bitten der Lazaretverwaltungen um Entsen­dung von Krankenpflegern abschlägig beschieden wer­den. Da nun in nächster Zeit manche Lücken auszu­füllen sind, auch Neuformationen gebildet werden sollten, ist es dringend nötig, daß weitere Kräfte für den Dienst der männlichen Krankenpflege im Krieg vorgeschult werden, und es ist zuversichtlich zu hoffen, daß zu einem im Mai auf der Karlshöhe stattfin­denden neuen Kurs recht zahlreiche Meldungen ein- gehen. Jeder junge Mann sollte sich prüfen, ob nicht auch er imstande und verpflichtet sei, dem Vaterlande an unsern verwundeten und erkrankten Kriegern zu dienen. Ausgenommen werden Männer im Alter von 18 bis 40 Jahren, die völlig militärfrei sind, und von denen man erwarten kann, daß sie den wichtigen Dienst der Pflege unserer verwundeten und erkrank­ten Krieger mit aller Hingebung, Treue und Gewis­senhaftigkeit erfüllen. Der Kurs beginnt am 4. Mai; Meldungen sind bis spätestens 1. Mai einzureichen an das Inspektors Karlshöhe (Lundwigsburg), das über die näheren Bedingungen gerne Auskunft gibt.

Kriegsgemäße Rezepte.

Kochkuchen, als Kriegskuchen für Versand und für Lazarette geeignet. 200 Gr. Butter, 250 Gr. Zucker, 250 Gr. Kartoffel­mehl, 56 Eier, 1 Messerspitze Backpulver, auch etwas mehr, etwas Vanille oder Zitrone. Den Teig anrühren wie bei Sandtorte, die Butter zur Sahne, dann nach und nach den Zucker, Kartoffelmehl und Eigelb, bis der Teig schön schaumig ist und dann Backpulver und den Eierschnee beifügen. Eine Puddingform buttern, den Teig hinein­schütten und im Wafferbad eine starke Stunde gleichmäßig kochen. Ist der Kuchen gestürzt und erkaltet, bestreicht man ihn mit Schokoladenguß. Man ist beim Zubereiten dieses Kuchens unabhängig von Bäcker und Bratofen.

Ein Soldat mit 60 Wunden.

(S.C.B.) Stuttgart, 23. April. Man schreibt demN. Tagbl." aus Ulm: Aus einem in Neu-Ulm durchqekommenen Qazarettzug wurden gestern hier Verwundete ausgeladen, die aus den Kämpfen von Flirey kamen. Darunter befindet sich auch ein Mann, an dem der Arzt gegen 60 Verletzungen feststellte. Die Wunden wechseln von der Größe einer Erbse bis zur Eigröße. Der arme Mensch, der aber guter Dinge ist, erhielt die Verwundungen durch eine Granate, die ihn mit Steinen, Erde und Geschoßteilen über­schüttete.

Herrenberg, 25. April. Wie wir hören, wird der bekannte Konkurs gegen den früher hier, jetzt in Stuttgart wohnhaften Setreidehändler Johann Georg Weil demnächst zu Ende gehen. Die Kon­kursgläubiger können eine Dividende von etwa 5 °/o in Aussicht nehmen.

(S.C.B.) Stuttgart, 23. April. Nach dem amtl. Bericht waren dem 79. Stuttgarter Pserdemarkt am 19. und 20. April auf offenem Markt auf dem Cann- statter Wasen zugeführt etwa 420 Pferde, gegen 1100 im Vorjahr. Die Preise bewegten sich in Bahnen von 1502800 Mk. für ein Pferd. Umsatz des dies­jährigen Pferdemarktes etwa 375 000 Mk., im Vor­jahr 536 000 Mk. Der Gesundheitszustand der auf offenem Markt aufgestellten Tiere war gut.

Für dir Echriftl. oerantwortl.: Otto Seltmann, Calw. Druck u Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei, Tal«.

Reklameteil.

MleckenpknlÄik

«Ls best» UienmikkÄrik»

L L», R»ck«l»«u1, Xu »»»»^