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Nationales Nachrichten- und Anzeigenblatt für die OberamtsbezirLe Nagold, Calw, Freudenstodt und Neuenbür^

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NummerlSS ^ Altensteig, Donnerstag, den 22. August 1935 I 58. J«hrr«»>

Einheitliche Autttchlung aller Siieberungen

Berlin, 22. August. DerVölkische Beobachter" mel­det aus München:

Je mehr sich durch die Vergrößerung der Partei als Trägerin der nationalsozialistischen Weltanschauung die Arbeit in den einzelnen Gliederungen und Aemtern der Partei spezialisiert hat, um so dringender stellt sich das Bedürfnis nach einer stetigen einheitlichen Ausrichtung des Kampfes auf allen Fachgebieten der Arbeit der Be­wegung ein.

Um eine enge Kampfgemeinschaft aller Gliederungen der Partei, insbesondere aber auf dem Gebiet der Propa­ganda und Volksaufklärung zu schaffen, hat der Reichs­propagandaleiter Verbindungsleute aus allen Gliederun­gen und angeschlossenen Verbänden der NSDAP, zum R e ich s rin g für nationalsozialistische Propaganda und Volksaufklärung" zusam­mengeschlossen. Organisatorisch gehört dieser Reichsring zum Stabe der Reichspropagandaleitung.

In der am 20. 8. im Hause der Reichsorganisations­leitung in München abgehaltenen ersten Arbeitstagung dieses Reichsringes Umrissen der stellvertretende Reichs­propagandaleiter, Pg. Hugo Fischer, und der Leiter des Reichsringes, Pg. Tießler, den Aufgabenkreis dieser Ar­beitsgemeinschaft. Sie soll in erster Linie dem Ziele dienen, eine noch engere Verbindung zwischen allen Schichten des Volkes und den Propagandisten der nationalsozialistischen Bewegung zu schaffen, deren oberste Aufgabe es ist, getreu dem Wunsche des Reichspropagandaleiters stets das Ohr am Herzen des Volkes zu haben. Die Tagung ergab eine sehr fruchtbare Aussprache über Gegenwartsfragen und Fernziele des nationalsozialistischen Kampfes.

MuMimg des «omInternKonmW

Dimitrosfder neue Steuermann der Komintern"

Moskau, 2i. Aug. Der Komintern-Kongretz hielt am Diens­tag abend seine Schlußsitzung ab. Sie fand ihren Höhepunkt in der Neuwahl des Vollzugsausschusses der Komintern und in dem Schlußwort Timitroffs. Die Ausschutzberichte zu allen Punkten der Tagesordnung wurden ohne Aussprache einstimmig angenom­men. Dabei ist zu bemerken, daß die Komintern sich lediglich den Bericht Dimitroffs uneingeschränkt zu eigen gemacht hat, während die Berichte der anderen Redner zum Teil erhebliche Abänderungen und Berichtigungen erfahren haben.

Von Interesse sind die Angaben des Mandatsausschul- fe s. In ihnen heißt es u. a., daß der Kongreß von insgesamt 810 Sektionsvertretern aus 65 Ländern beschickt gewesen sei. In der Zeit zwischen dem 6. und 7. Kongreß, also in den letzten heben Jahren, sei die Zahl der Mitglieder aller kommunistischen Parteien der Welt von 1 676 000 auf 3 148 000 angewachsen. In der gleichen Zeit sei die Zahl der eingeschriebenen Mitglieder allein in den sog. kapitalistischen Ländern von 445 300 auf 758 500 gestiegen. Zusammen mit den Mitgliedern der kommunistischen Jugendverbände gebe es heute insgesamt 6 800 OOOKommu- nisten auf der Welt.

Da der Kongreß angesichts der Entschließungen, die jeweils nach der Behandlung der einzelnen Punkte gefaßt wurden, auf die Annahme einer allgemeinen Hauptentschließung verzichtete, wurden die Schlußfolgerungen von Dimitroff in einer letzten Ansprache gezogen. Dimitroff erklärte, der 7. Kongreß sei »ein Kongreß des völligen Triumphes der Einheit zwischen dem Proletariat des siegreichen Sozialismus in der Sowjetunion und dem Proletariat der kapitalistischen Welt" ge­worden, das um seine Befreiung ringe. Der Kongreß habe wei­ter eine neue Orientierung der Komintern eingeleitet, die sich auf eine jeweilige Aenderung der Tätigkeit entsprechend der internationalen Lage gründet. Wenn der Kongreß weiterhin auf me Notwendigkeit eines scharfen Kampfes um die innere Ein­heit der kommunistischen Parteien hingewiesen habe, habe er die ^iung der Komintern gestärkt. Damit habe er der Sache der »Revolutionären Erhebung der Welt" (!) einen großen Dienst Seleistet, denn er habe in ungeahntem Maße zur Zusammen­fassung aller Kräfte beigetragen, um denSieg" der proleta- tiichen Weltrevolution (!) herbeizuführen.

Dimitroff zum Generalsekretär der Komintern gewählt Moskau, 22. August. Wie die sowjetamtliche Telegra­phenagentur bekannt gibt, fand am Mittwoch die erste Atzung des neugewählten Vollzugsausschusses der Komin­tern statt. Es wurde ein 19-gliedriger Vorstand des Voll- zugsausschusses gewählt, dem der bisherige Generalsekretär -Nanuilski, Stalin, Lachin, Marty, Pieck, Florin, Ercoli angehören. Zum Generalsekretär des Vollzugsaus­schusses wurde einstimmig Dimitroff gewählt. Damit sind diesem, nachdem er alsSteuermann der Komintern" wie­derholt überschwänglich gefeiert wurde, auch formal die Amtsbefugnisse eines Vorsitzenden der Komintern über­tragen worden.

Ser Wandel der poltlWeil SrimdaMmmm

Staatssekretär Sr. Freister auf dem

Berlin, 21. Aug. Auf der Vormittagssitzung des 11. Inter- ! nationalen Strafrechts- und Eefängniskongresses hielt Staats- s sekretär Dr. Roland Freister einen eingehenden Vortrag ^ über den Wandel der politischen Erundauschau- i ungen in Deutschland und feinen Einfluß auf die Erneuerung j von Strafrecht, Strafprozeß und Strafvollzug, in dem er u. a. j ausführte: Während der Absolutismus das Volk nicht als Wesen, ! sondern als eine Masse von Untertanen betrachtete, wurde in ' der parlamentarischen Demokratie der Einzelne Ausgangs- und ! Zielpunkt. Für das Volk blieb bei solcher Betrachtungsweise ! überhaupt kein Raum. Seine Stelle nahm die menschliche Ge- : sellschaft. also gewissermaßen ein Verein der Individuen ein, der rechtlich zu umreißen ist als die Summe der Stimmberechtigten, s Demgegenüber steht der Nationalsozialismus. Ihm erscheint das s Volk als ein wirkliches Lebewesen. Der Einzelne erscheint dem Nationalsozialismus als Volksglied, dessen Lebens­inhalt in der Erfüllung seiner Ausgabe im Volksganzen besteht, der also im Aufgehen im Volksganzen seinen Lebenssinn erfüllt. Daraus ergibt sich, daß der Staat lebendige Volksgemeinschaft ist. s

Es keuchtet ein, daß eine so veränderte Auffassung von Staat ! und Volk auf den Begriffdes Rechtes von grundlegendem x Einfluß sein muß. Erscheint dem Liberalismus das Recht als Zwangsregel des sozialen Lebens", so bedeutet dem National­sozialismus das Recht die Summe der Forderungen des Volks­gewissen an das Volk und seine Glieder mit dem Ziele der Durchsetzung des völkischen Lebensrechtes. Rechts- und Unrechts­begriffe sind im Nationalsozialismus materiell, im Liberalismus formell bestimmt.

Für den nationalsozialistischen Staat wird das Strafrecht zum Rüstzeug der Volksgemeinschaft, das dem Reinigungs- und Schutzbedürfnis des Volkes dient. Die liberale Blickrichtung wen­det sich der Förderung des Einzelwesens zu. was gerade im Strafrecht sehr leicht zu einer Förderung des der Straftat Ver­dächtigen führt. Die nationalsozialistische Aufastung wendet sich der Eemeinschaftsförderung zu, wobei sie sich dessen bewußt bleibt, daß Gerechtigkeit dem Einzelnen gegenüber auch zur Gemein­schaftsförderung gehört.

Besonders schwer ist es, die Bestrafung des Individuums in der Gestalt der Todesstrafe und der Freiheitsentziehung vom

Strafrechts' und Sefänguittongreß

tiveralen Standpunkt zu rechtfertigen. Bei der zentralen Stel­lung, die das Individuum im Weltbild des Liberalismus ein­nimmt. ist die Auslöschung dieses Individuums durch die Todes­strafe kaum tragbar. Auch schon die Freiheitsentziehung bedeutet einen derartigen Eingriff in eine der wesentlichsten Grundrechte aller liberalen Verfassungen, daß sie für die liberale Staats- siihrung immer ein Problem bleiben mußte. Bei der Einheit von Volk und Staat, von der der Nationalsozialismus ausgeht, und der der Wertung des Einzelnen als Volksglied besteht dagegen eine innere Problematik bezüglich der Berechtigung der Be­strafung nicht Das Sühnebtzdürfnis für Taten von Volksglie­dern empfindet das Volk als eigenes SLHnebedllrfnis: das Volk verlangt sogar von dem Einzelnen, daß er auch seinerseits dieses Bedürfnis zur Sühne hat.

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Entschließungen des Kongresses

Der Internationale Strafrechts- und Eefängniskongreß nahm den Vortrag von Staatssekretär Freisler mit höchstem Interesse und lang anhaltendem Beifall auf.

Entsprechend dem Vorschlag der Sektion III nahm der Kongreß einen Beschluß an. der es als wünschenswert bezeichnet, in die Strafgesetzgebung Vorschriften einzufügen, wonach Personen, die wegen eines mit ihrem Beruf zusammenhängenden Verbre­chens verurteilt worden sind, die Ausübung des Berufs ^ verboten wird. Das Berufsverbot soll zeitlich beschränkt wer- z Len und höchstens fünf Jahre Lauern.

! Angenommen wurde schließlich ein Beschluß, der dafür eintritt, ! daß die Jugendgerichte die Befugnis erhalten, Maßnah- i men sowohl gegenüber moralisch gefährdeten Jugendlichen, als auch gegenüber auf Abwege geratenen und straffälligen Jugend­lichen zu treffen Besondere Organisationen für soziale Fürsorge sollen in jedem Staat mit Liesen Gerichten eng Zusammenarbei­ten. Die Gerichte sollen unter anderem auch über Aberkennung der elterlichen Gewalt oder der vormundschaftlichen Befugnisse unwürdiger oder unfähiger Eltern oder Vormünder entscheiden.

Zwischenstaatliche Etrasrechtsvolttik

Festsitzung -er Akademie für Deutsches Stecht

Berlin, 21. Aug. Zu Ehren des 11. Internationalen Straf­rechts- und Eefängniskongresses hielt am Mittwoch nachmittag die Akadeniie für Deutsches Recht eine außerordentlich stark be­suchte Festsitzung in der Kroll-Oper ab, in dsr->n Mittel­punkt eine Rede de? Präsidenten der Akademie, Reichsministsr Dr. Frank, über zwischenstaatliche Strafrechtspolitik stand. Der stellv. Präsident der Akademie für Deutsches Recht, Ge­heimrat Professor Dr. Kisch-München, cröffneie die Sitzung und entbot im Namen und im Aufträge des Gründers der Aka­demie Reichsminister Dr. Frank einen herzlichen Willkommens­gruß, der besonders den Vertretern der ausländischen Staaten aalt.

Reichsminister Dr. Frank

nahm daraus das Wort zu seinem Vortrage und führte u. a. aus: Das ThemaZwischenstaatliche Strafrechtspolitik" trägt in sich die große Ausgabe der Kulturstaaten, das Problem der Verbrechensbekämpfung in allen seinen Ausstrahlungen zum Gegenstand zwischenstaatlicher Besorgungen zu machen. Zwi­schenstaatliche Strafrechtspolitik ist selbstverständlich umfassender als der Begriff des sogenannten internationalen Strafrechts, also jene Vorschriften, die die Frage beantworten, inwieweit die Strafgewalt eines Staates sich über die Grenzen des eige­nen Staates hinaus erstreckt. Ich möchte dieses sogenannte in­ternationale Strafrecht als ersten Teil der zwischenstaatlichen Strafrechtspolitik deshalb bezeichnen, weil es ganz offensichtlich eine Aufgabe dieses Kongresses sein müßte, die hierfür gelten­den Grundsätze zwischenstaatlich auszugleichen. Unendlich wich­tiger ist der zweite Teil der zwischenstaatlichen Strafrechtspoli- tik, der die Gemeinsamkeit der Verbrechensbekämpfung durch die Staaten in einer Angleichung oder Uebereinstimmung oder gar in einer von einer überstaatlichen Rechtsquelle ausgehenden Gemeinsamkeit auf dem Gebiet der strafrechtlichen Normen als möglich ansieht. Diese Art zwischenstaatlicher Rechtspolitik würde vor allem betreffen das Problem einer zwischenstaatli­chen Regelung der Vorbeugungsmaßnahmen. Zu diesen Vor­beugungsmaßnahmen gehören

die Erziehung d>-r Jugend zum Treuegedanken ge­genüber der Gemeinschaft und zur Abkehr von den Gefahren der Straffälligkeit:

die ununterbrochene Volksaufklärung über die Ge­fahren, die iedevr Einzelnen aus dem Verbrechen erwachsen und

die eugenischen Maßnahmen zur Verminde­rung der Nachkommenschaft verbrecherischer Elemente.

Zwischenstaatliche Strafrechtspolitik ist nur möglich zwischen weltanschaulich auf dem Gebiet der Strasrechtsgrundsätze im wesentlichen gleichgerichteten Staaten. Diese zwischenstaatliche Strafrechtsarbeit muß eine klare Antiverbrecherfront sein. Zwi­schenstaatliche Strafrechtspolitik ist weiter nur möglich zwischen Staaten mit unabhängiger Strafrechtspflege. Ich schlage vor, daß ohne Tangierung irgendwelcher anderer nnernationaler Einrichtungen als Ergebnis dieses Kongresses ein internationa­ler Arbeitsausschuß errichtet wird, dessen Ausgabe der Ausbau der zwischenstaatlichen Möglichkeiten auf dem Gebiet des Straf­rechts zu sein hätte. Das Deutsche Reich des Nationalsozialis­mus kann aus der Erfahrung mit seinen strafrechtlichen Neu­erungen -rur die eine dringende Bitte an jeden strafrechtlich interessierten Staatsmann und Gelehrten aller Kulturländer richten an Ort und Stelle in Deutschland die Bedeutung und die Auswirkung der nationalsozialistischen Strasrechtspolitik zu untersuchen.

Die Akademie für Deutsches Recht begrüßt alle Versuche einer Förderung der zwischenstaatlichen Strafrechtspolitik, die im we­sentlichen auf den von mir eben vorgetragenen Grundsätzen auf- gebaui ist. Wir denken nicht an ein Weltstrasgesetzbuch: denn, wie schon betont, hat die Verständigung über einzelne Verbre­chens und Vergehenstalbeständs und einheitliche Bestimmung darüber ergeben, daß gerade auf dem Gebiet des Strafrechts eine Abgrenzung selbst innerhalb der Kulturvölker vorhanden ist.

Reichsminister Dr. Frank betont zum Schluß die Notwendig­keit, daß der Kongreß mit einem großen Appell an die Kultur­volle herantreten müsse, die Belange des Strafrechts von den rem polizeilichen Momenten emporzusteigern zu einer großen Gemeinschastsaufgabe der Kulturvölker. Mögen Staaten und Volker verschieden sein, wie sie mögen, in einer Aufgabe müssen sis alle zusammenstehen: in der Verbrechensbekäm­pfung. Da es derzeit an einer allgemeinen Organisation der Staaten fehlt, die den Anspruch aus Anerkennung als über­staatlicher Gesetzgeber erheben könnte, und da der vertragliche Aufbau der Zusammenarbeit der Staaten auf dem Gebiete der zwischenstaatlichen Strafrechtspolitik durchaus nicht vollkommen ist, erwächst hier die große geistig-schöpferische Mission der Juri­sten dieser Zeit im Dienste ihrer Völker und der Eesamtkultur.